ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

des Hutabnehmens ausbrach, die bekanntlich durch den Patriotismus der Hutmacher wieder vereitelt wurde. Jene Formeln sind uns einmal ans Herz gewachsen und entsprechen unserm ganzen gesellschaftlichen Treiben und Denken. Abstract ist diese Höflichkeit, weil sie völlig davon absieht, daß die Person, die sie gewissermaßen nur mit abgewandtem Gesicht sich anzureden getraut, sich ihr in unmittelbarfter Nähe und zu allem freien Gebrauch der Gegenseitigkeit gegenüberbefindet. Indeß von Abwesenden entweder in der dritten Person der Mehrheit oder mit der Abstraction zu sagen:,,der Herr Geheimerath sind ausgegangen;" Seine Hochwürden haben gestern den Arzt rufen müssen," sollte als lediglich bedientenhaft aus dem Sprachkatechismus jedes Gebildeten verschwinden. *)

[ocr errors]

*) Wie man jedoch aus Höflichkeit auch zur gänzlichen Auslaffung aller Pronomina kommen konnte, bloß der umschreibenden Abstracta sich bedienend, davon führt Günther a. a, D. E. 269 Proben an, indem er bemerkt: „Ganze Briefe (aus dem Anfang des achtzehnten Jahrhunderts) kann man lesen, in welchen kein einziges Fürwort, weder Er noch Sie, vorkommt, 3. V.,,des Herrn günstiges Schreiben habe ich erhalten und daraus ersehen, daß der Herr das Büchlein zurückbegehre, welches ich von dem Herrn geleihet habe“ u. s. f. Um nur richt Er zu sehen, welches damals schon zu gemein schien, aber aber auch, um nicht zu viel zu vergeben, und Sie zu gebrau

Wie die deutsche Höflichkeitssprache mit den wunderlichen Sprüngen eines Tanzbären sich allmählig zu constituiren gesucht, haben wir angedeutet. Wäre sie den bekannten Worten Vorics ge= folgt, die man offenbar für die beste Geselligkeitstheorie halten muß: life is too short to be long about the forms of it, so hätten wir einen Ausdruck unseres Umgangslebens, der auf eine ganz andere Grammatik und Logik begründet sein müßte. Was aber die Ausbildung unserer Umgangssprache gehindert und von dem eigentlichen Ideengehalt unseres Wesens abgesondert hat, ist zugleich der vorherrschend geistige Charakter unserer Sprache überhaupt, die nicht, wie die französische, die Fähigkeit besigt, die cigensten Gedanken sogleich in courante Weltmünze, à la portée de tout le monde, umzuseßen. Man höre zu, wenn ein gebildeter und geistreicher Gelehrter, der wenig aus seinen Ideenkreisen herauszutreten geübt, in den Fall kommt, einem gewöhnlichen Bürger oder Handwerker etwas auseinanderzuseßen, was irgendwie einen ideellen Bezug und keine äußer

chen, welches nur noch für die fürnehmsten Personen bestimmt war, bequemte man sich lieber einstweilen zum steifsten Unsinn." Das abstracte Ceremoniell unseres heutigen Briefstils droht jedoch ebenfalls allem freien Gebrauch der Pronomina den Garaus.

liche Vorstellbarkeit hat; man wird finden, daß er sich bei weitem zu geistig für seinen Zuhörer ausdrückt, zu seiner eigenen Verlegenheit. Diese Trennung der intellectuellen Anschauung und der populairen Umgangssprache liegt bei keinem andern Volke in einem so ungeheuern und beispiellosen Conflict. Deutsche Volksredner, die den populairen Ton zu treffen ein Talent haben, wie es im Durchschnitt bisher unentwickelt unter uns geblieben, würden am besten die Schwierigkeit zu beschreiben wissen, welche ihnen bei augenblicklichen Ideenerörterungen das metaphysische Temperament der deutschen Sprache, ihr tiefsinniger Anflug, ihr Hang zu abstracten Bezeichnungen, ents gegenstellen. Die französische Sprache ist dagegen schon als allgemeines Umgangsmittel und Volksorgan gedacht und gemacht; sie kennt gar nicht einen so ausgebildeten Unterschied zwischen populairem und ideellen Ausdruck. Diese Sprache verbindet die Stände bei weitem gleichartiger, als die unsrige, welche sie vielfach trennt. Die öffentliche Debatte hat dort eine Vermittelung zwischen dem tiefsinnigsten Franzosen und seinem ungebildetsten Zeitgenossen geschaffen, die nicht ohne Einfluß auf die Sprache der Dichter und Denker, der Wissenschaft und der Idee, verbleiben konnte. Jede Gedankenäußerung ers

scheint sogleich mitten hineingestellt in den allgemeinen Verband der Nation, und die Production bringt die Grillen der Einsamkeit und Absonderung, in der ste entstand, wenigstens auf ihrem Antlig, in ihrer Sprache, nicht mit auf den Markt. Wird dadurch die Wissenschaft oft verflacht, das Gefühl entheiligt, so gewinnt doch auf anderer Seite das Umgangsleben an Geist und Gefühl, oder vielmehr es entsteht eine wohlthätige und für das wirkliche Leben ersprießliche Mischung, ein allgemeineres Verständniß durchzieht und umfaßt das Land, und wenn man einen gemeinen Franzosen über Ansichten und Marimen, über Interessen der Allgemeinheit, mit seinem bewußtvollen Anstand reden hört, vergißt man meistentheils gern, daß er nach den bekannten statistischen Berechnungen vielleicht gerade zu denen gehört, die weder lesen noch schreiben können. Dafür kann er hören und sprechen.

Das Verhältniß der deutschen Sprache zum wirklichen Leben ist ein noch unausgebildetes, und daher die künstliche Zwittergestalt unserer Umgangssprache, die, wie wir gesehen, für ihre heimathliche Verlegenheit immer neue fremdländische Wendungen und Verstecke aufsuchte. Unsere Sprache fühlt und gebraucht ihre tiefsten Lebenskräfte in der Ausarbei

tung unseres ideellen Menschen, fte ist ein Monolog unserer Gefühle, eine Selbstbetrachtung unserer Gedanken, ein Gebet unsers Herzens; aber in alle die äußerlichen Verbindungen unserer Wirklichkeit ist ste uns bisjezt so verdrossen und nachlässig gefolgt, wie mancher große Mann, der im Bewußtsein seines innern Werthes wenig bekümmert ist, ob ihm in einer Gesellschaft lauter geistreiche oder lauter triviale Res den entschlüpfen, sich am liebsten aber schweigend darin verhält. So befänden wir uns denn in diefem Augenblick mit unserer Sprache auf der umges kehrten Bildungsstufe, als auf welcher Leibniß zu seiner Zeit in den,,Unvorgreiflichen Gedanken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der teutschen Sprache" sie am geeignetsten für das wirkliche und gewerkliche Leben, am ungeeignetsten für den Gedankenund Gemüthsausdruck bezeichnete, indem er sagte:*) „Ich finde, daß die Teutschen ihre Sprache be= reits hoch bracht, in allen dem, so mit den fünff Sinnen zu begreiffen, und auch dem gemeinen Manne fürkommt; absonderlich in leiblichen Dingen, auch Kunst- und Handwerkssachen, weil nemlichen die Gelehrten fast allein mit dem Latein beschäfftigt

*. Leibnitii Opera, ed. Lud. Dutens. (Genev, 1768.) Tom. VI. Pars 11. p. 959.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »