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terie, von einem Kampf innerer Gegensäße nicht das Mindeste weiß, er verlangt von uns, dem lebendigen Spiel schneidender Gegensäge, daß wir „vollkommen seyn sollen, wie er voll

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Wo ist da Gerechtigkeit, wo auch nur Billigkeit? Ist es nicht, als ob ein Vater, der niemals in seinem Leben eine Regung von Jähzorn empfand, weil die Natur ihn_phleg= matisch organisirt hat, von einem Sohn, der mit dem heißesten Blut geboren ist, verlangen würde, daß der Sohn gerade so empfinden solle, wie er selbst? Wenn ein solcher Vater seinen Sohn auffordert, den Jähzorn zu beherrschen, wie er, der Vater, seiner Zeit andere fehlerhafte Neigungen beherrschen gelernt habe; so wird der Sohn das nur gerecht finden. Wenn er aber dem Sohn jenen Affekt schon an sich zum Verbrechen macht, weil er, der Vater, ganz ohne sein Verdienst nie das Mindeste davon gespürt hat, so wird der Sohn sich gegen eine solche Ungerechtigkeit empören.

Der Theismus selbst kann sich, wenn er Einwürfe dieser Art hört, nicht verhehlen, daß das natürliche Billigkeitsgefühl des Menschen schlechterdings eine Beruhigung darüber verlangt. Um diese zu erzielen, hat er dann eine lezte Antwort bereit.

Wenn Gott, sagt er den Menschen in den Gegen„saß von Gut und Bös gestellt hat, so hat er dieß lediglich „zum Besten des Menschen gethan. Eine Unschuld, welche „nicht fündigt, weil sie nicht fähig ist, zu fündigen, hat keinen „Werth. Die wahrhafte Unschuld ist die, welche siegreich aus „dem Kampfe hervorgeht. Gott ließ den Menschen fallen, um „ihn zum Sieger zu machen. Von vornherein gut zu seyn,

„weil man nicht böse seyn kann, ist keine Kunst. Die ächte ,,Tugend muß sich am Bösen erproben."

Gott hätte demnach in seiner Weisheit eingesehen, daß die wahre moralische Vollkommenheit nicht in einer von vorn= herein fertigen Vollendung, sondern in einer den Gegensaß überwindenden Vervollkommnung besteht.

Wenn aber Gott dieses einsah, so muß es ja auch so seyn; vor allem bei ihm so seyn, der das Urbild aller Vollkommenheit ist.

Entweder hat er gegen alle Billigkeit uns eine Aufgabe gestellt, von der er für sich selbst nichts wissen will; oder er selbst ist nicht fertige Vollendung, sondern steigende Vervollkommnung. Dann freilich würde er in Wahrheit unser moralisches Urbild seyn telbar nachahmen könnten, statt

ein Urbild, das wir unmit

durch eine unübersteigliche Denn sein Anspruch an uns

Kluft von ihm getrennt zu seyn. bestände einfach darin, daß wir in unserer Sphäre thun, was er in der seinigen thut, d. h. uns in relativer Weise überwinden, wie er sich in absoluter überwindet. Aber dann wäre Gott eben jene wirkliche organische Persönlichkeit, gegen welche der Theismus protestirt; denn Selbstbeherrschung setzt einen Gegensaz im Innern voraus, der zu beherrschen ist. Mit jener Antwort verwirft also der Theismus, ohne es zu wollen, seinen eigenen Gottesbegriff. Er konstatirt damit, daß Gott moralisch entweder gar nicht oder anders zu denken ist, als jenes in sich unbewegliche Wesen, welches er Gott nennt.

Die moralischen Folgerungen, welche die Menschen je nach ihrem Naturell aus dem geschilderten Contrast zwischen

den Ansprüchen Gottes und der menschlichen Unvollkom= menheit ziehen, sind kaum weniger gefährlich, als die des Pantheismus. Sie stellen sich praktisch in zwei sehr ver= schiedenen jede in ihrer Art höchst einflußreichen Verirrrungen dar.

Die erste Verirrung entsteht dadurch, daß der Mensch auf Grund des verlegten Billigkeitsgefühles nicht blos gegen das Uebermaß der an ihn gestellten moralischen Anforderung, sondern gegen die Anforderung selbst reagirt. Die schlechten Naturen thun dieß, wenn sie einigermaßen kühn sind, offen und geradezu. „Da ich, sagt sich diese Klasse, von Haus aus „reizbar, habsüchtig und wollüstig geschaffen bin, wohlan, so ,,mag der Schöpfer selbst die Verantwortung für sein Geschöpf ,,übernehmen; ich brauche die Triebe, womit er mich ohne „mein Zuthun ausgestattet hat;" sie gelangt also praktisch eben dahin, wohin der Atheist gelangt.

Die unentschiedenen, in sich getheilten Naturen thun das Nämliche auf einem Umweg. Sie sagen sich und diese Anschauung ist in den Mittelklassen aller Confeffionen nur zu verbreitet: „Ich gebe die Nothwendigkeit, das Unrecht zu mei„den, zu, weil mein Gewissen mich zum Rechten drängt. „Wenn ich aber troß meines guten Willens von Zeit zu Zeit „Unrecht thue, so kann es die Absicht des Schöpfers, der mich „geschaffen hat, nicht seyn, mich dafür ewig zu strafen. Ist „er gerecht und gütig, so kann er nur die beständige Verbesse= ,,rung, nicht die Verschlimmerung meiner Lage wollen.

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Eine ewige Hölle ist ein Unding. Gibt es überhaupt ein „anderes Leben, so ist es der Himmel, dem ich entgegengehe,

„und ob ich dazu auf ein paar Stufen mehr oder weniger, „durch ein kürzeres oder längeres Fegfeuer komme, gilt mir „gleich. Mag ich also immerhin zuweilen sündigen: weun „ich mich nur einigermaßen zusammenhalte und nicht absichtlich „schlechter mache, als ich bin, wird es nicht gefehlt seyn.“

Die Strafe, wie sie der Theismus verkündigt, widerstrebt dem Billigkeitsgefühl; der Lohn schmeichelt der Eitelkeit; der Mensch adoptirt also von der ganzen Religion nur den legteren. Er gebraucht sie als ein Pflaster, das ihm auf die bequemste Weise seine Gewissensbisse beschwichtigt, und läßt sich von ihr die ewige Fortdauer eines sinnlichen Glückes gutschreiben, auf das er gerade verzichten muß, wenn er sich wahrhaft gewinnen will.

Die Gläubigen dieser Klasse, sowie diejenigen, welche lediglich durch die Furcht vor der Hölle regiert werden, find, wie man sieht, die moralischen Materialisten innerhalb des Theismus, wie die vulgären Atheisten die Materialisten des Pantheismus sind. Es ist klar, daß der Mann von Ehre, der einfach aber ernstlich der Stimme des Gewissens und dem Trieb der Selbstvervollkommnung folgt, wenn er auch sonst an Allem zweifelt, moralisch ohne Vergleich weiter kommen wird, als diese Gläubigen mit ihrem Glauben kommen.*)

*) Von dieser Klasse gelten die harten Worte, welche Spinoza am Schluß der Ethik spricht, indem er mit den zwei berühmten Propofitionen: „Wenn wir auch Nichts von der Ewigkeit unseres Geistes „wüßten, würde uns doch die Moralität, die Religion und Alles und „Jedes, was zur Rechtschaffenheit und Seelengüte gehört, das Beste „bleiben", und: „die Seligkeit ist nicht der Lohn der Tugend, sondern

Die zweite Verirrung ist das Gegentheil der ersten, obwohl fie, wie diese, aus dem vom Theismus behaupteten moralischen Mißverhältniß zwischen Schöpfer und Geschöpf entspringt. Ein großer Theil gerade der religiösen Naturen sagt sich nämlich:

„die Tugend selbst; und wir erfreuen uns ihrer nicht, weil wir die „Leidenschaften bezähmen, sondern umgekehrt, wir sind nur deßhalb ,,im Stande, die Leidenschaften zu bezähmen, weil wir uns ihrer erfreuen," die folgende Erläuterung verbindet:

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„Die Ansicht des gemeinen Haufens scheint eine andere zu seyn. „Die Meisten scheinen nämlich der Meinung zu seyn, sie seyen inso„weit frei, als sie sich der Begierde überlassen dürfen, und inso„weit aus ihrem Recht gesezt, als sie nach der Vorschrift des „göttlichen Gesezes leben müssen. Moralität, Religion und „Alles, was zur Tüchtigkeit der Seele gehört, halten sie „demnach für Lasten, welche sie nach dem Tode abzulegen „und dafür den Preis der Lastträgerei, d. h. der Moralität und „Religion, nämlich die Seligkeit, zu erhalten hoffen. Nächst dieser „Hoffnung ist es auch und noch mehr die Furcht die Furcht, von „entseglichen Qualen nach dem Tode gepeinigt zu werden, was sie „treibt, nach dem göttlichen Gesez zu leben, soweit ihre dürftige „Natur und ihr impotentes Gemüth ausreicht. Wäre diese Hoffnung „und diese Furcht den Menschen nicht eingeprägt, würden sie im „Gegentheil überzeugt seyn, daß die Seele mit dem Leib untergeht, „und daß ihnen, den armen, von der Last der Moralität aufgerie„benen Schluckern, kein längeres Leben übrig bleibt, so würden sie zu ihrer Neigung zurückkehren, der Begierde den Zügel schießen „lassen und lieber dem Glück als sich selbst gehorchen wollen.“ Was Spinoza vergessen hat, ist nur, daß Hoffnung und Furcht troßdem unentbehrliche Bildungsmittel der Seele find, und zwar nicht blos für den gemeinen Haufen.

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