ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

finden; es muß sich Gott selbst als Urheber denken können, ohne an ihm irre zu werden.

Aber nicht genug, daß der moralische Beweis auf diese Weise das Räthsel, das er lösen will, nur umgeht und zugleich (freilich gegen die Absicht des Rationalismus, der sich doch dieses Beweises am häufigsten bedient) der pietistischen Anschauung von der Natur als Quelle alles Uebels den höchsten Vorschub leistet; er entzieht auch, durch den willkürlichen und voreiligen Riß zwischen Gott und Natur, dem Gemüth den einzigen allgemein giltigen, den einzigen durch keinen Zweifel zu erschütternden religiösen Anhaltspunkt. Religion ist Scheu vor einem Göttlichen, von dem wir uns abhängig fühlen, Verpflich= tung gegen dieses Göttliche, Liebe dazu. Nun, welches ist die Macht, von der wir Alle abhängen, in einem Grade abhängen, der uns täglich, ja stündlich fühlbar wird, die Macht, welche wir scheuen, der wir Alle verpflichtet sind, der wir Alle, wenn wir sie auch nicht lieben, wenigstens bewundernd gehor= chen? Die Natur! Wer bringt uns hervor, wer nährt uns, wer kleidet uns, wer gibt uns Alles, was wir sind und ha= ben? Die Natur! Welches ist das allgemeine religiöse Band, das alle Geschlechter und Culte des Menschengeschlechts Weiße und Schwarze, Gebildete und Ungebildete, Christen, Muhamedaner und Heiden, Theisten, Pantheisten und Athei= sten vereinigt, wenn nicht die Pietät gegen die Natur diese Urreligion, welche der erste Gottesdienst der Menschheit war, und welche der moderne Skepticismus selbst, nach Wegwerfung aller überlieferten Vorstellungen, nicht umhin kann als nothwendige Bedingung der Moral einzuschärfen ? Der moderne Theismus freilich hat sich gewöhnt, auf die Na

[ocr errors]

turculte des Heidenthums als eine unbegreifliche Verirrung des Geistes verachtend herabzusehen. Aber worin liegt denn eigentlich diese Verirrung? Was ist es denn, das uns christlich Gebildeten im Heidenthum so weit ab liegt? Es ist dieß, daß das Heidenthum einzelne Stücke der Natur die Sonne, das Feuer, die Erde, den Himmel u. s. w. — anbetet, statt die Natur als Einheit zu erfassen; es ist die mechanische Zerstückelung der Natur, was wir zu verachten berechtigt sind, nicht aber ihre Vergöttlichung.

Denn gefeßt, ein Heide, der die Natur so kennte, wie wir sie jest kennen als ein unermeßliches, troß verschiedener dynamischer Elemente in sich Eines, in ewiger Bewegung beharrliches, in ewiger Wandlung mit sich selbst identisches Ganze

würde diese Natur als seine Gottheit dem theistischen Gott gegenüberstellen: was kann ihm der Theist erwidern? Ist diese Natur nicht allmächtig, nicht allgegenwärtig? Erregt sie nicht in bösartigen Gemüthern Furcht, in gutartigen Liebe, in beiden (und zwar im Theisten selbst, wie unter den Heiden) Bewunderung und Ehrfurcht bis zur Anbetung?

[ocr errors]

Allein diese Natur", entgegnet der Theist, „steht ja zu uns in keinem Verhältniß; sie ist blind, taub und gefühllos; fie hat kein Leben, keine Seele in sich selbst." Wer ist jedoch unter den Theisten selbst, der, wenn er die Natur genau beobachtet, sie nicht voll Zweckmäßigkeit, voll Sorgfalt, selbst voll Güte findet? Spricht nicht der Christ, wie der Heide, unwillkürlich von der weisen, von der gerechten, von der liebenden Natur? Woher weiß der Theist, daß sie keine Seele in sich hat, während sein eigener Eindruck ihm das Gegentheil sagt?

[ocr errors]

„Du behauptest," könnte ihm der Heide erwidern, „daß die Natur in keinem Verhältniß zu uns steht, weil Du Dich in kein Verhältniß zu ihr stellen willst. Ich aber, ich will es. Was soll mir Dein Gott, der hinter den Wolken steht, fern von Zeit und Raum, eine Person, wie ich, und doch keine Person, ein schlechtes Nachbild unserer erbärmlichen menschlichen Beschränktheit, dieser fictive, unfaßbare, in Nichts zerrin= nende Geist? Ich halte mich an die Natur als das Endlich= Unendliche, das jeden Augenblick als allgegenwärtiger Gott mir nahe ist, als lebendiger Gott sich vor meinen Augen, Ohren und Händen entfaltet, als liebender Gott mich nährt und entwickelt, als gerechter Gott mich straft, wenn ich seinen Gesehen zuwiderhandle, als allweiser Gott mich zum rechten Ziele führt, wenn ich seiner Stimme gehorche. Ich begnüge mich nicht, sie zu bewundern und zu lieben; ich bete sie an und verkehre mit ihr, denn wie sie im Sturm und im Säuseln, in der Pracht des Tages und in der Stille der Nacht, in jeder ihrer tausend Erscheinungen vernehmlich zu meinem Her= zen spricht, so darf ich auch hoffen, daß sie mich ihrerseits empfindet, wenn ich zu ihr spreche.“ *)

[ocr errors]

*) Es ist sehr merkwürdig, daß dasjenige Buch der Bibel, welches sich wie der moralische „Beweis“ mit dem großen Problem des Mißverhältnisses von Tugend und Glück beschäftigt das Buch Hiob einen jenem Beweise ganz entgegengesezten Weg der Lösung einschlägt. Bekanntlich tritt in diesem Buche, nach den mannigfachsten Erklärungsversuchen der Freunde Hiob's, Gott selbst auf, um das Räthsel zu lösen. Und wie löst er es? Statt ihm zu sagen, daß die Natur es sey, die ihn elend gemacht, weil sie in ihrer Blindheit Gerechte

So regt der moralische Beweis, weit entfernt, den Theismus gemüthlich festzustellen, bei näherer Zergliederung wieder die tiefsten Zweifel auf. Ist der Theismus im Recht, wenn er für seinen persönlichen Gott den unwiderleglichen Eindruck einer persönlichen Vorsehung geltend macht: so ist der Pantheismus im gleichen Recht, wenn er die Natur als den unmittelbarsten Quell der Religion, als die einzig reale göttliche Macht für das Gemüth festhält. Kann der Theist den pantheisti= schen Naturgott verspotten, der troß seiner materiellen Unermeßlichkeit erst in der Menschennatur zum Bewußtseyn kommt, und in dem also der Pantheist vor Allem sich selbst verehrt, wäh= rend er mit einem fremden Wesen zu verkehren glaubt: so

und Ungerechte zusammenwirft, verweist er ihn im Gegentheil auf die Natur. „Schau' in die Natur," sagt Gott dem Hiob, „schau' dort meine Herrlichkeit, meine Majestät, meine Weisheit! Und wenn Du mit Deinem ganzen menschlichen Scharfsinn nicht im Stande bist, auch nur den Scharfsinn, der sich in der Organisation der Thiere ausspricht, ganz zu erfassen, wenn Du nicht fähig bist, mehr als die ersten Rudimente dieser unermeßlichen Weisheit zu begreifen: dann wirst Du Dich auch nicht verwundern, wenn ich Dir in meinen moralischen Führungen zu hoch bin; Du wirst nicht mehr mit mir rechten, sondern Du wirst mir vertrauen.“ Auch das neue Testament weiß nichts von der dem modernen Theismus so geläufigen Entgegensegung von Gott und Natur. Ist es ja doch der als blinde Natur waltende Gott, den Christus als Vorbild aufstellt, wenn er sagt: „Liebet Eure Feinde, segnet die Euch fluchen, thut wohl denen die „Euch hassen, damit Ihr Kinder Eures Vaters im Himmel seyd. „Denn er läßt seine Sonne über die Bösen und über die Guten „aufgehen und läßt über Gerechte und Ungerechte regnen.“

darf auch der Pantheist über den theistischen Scheingoit lächeln, in dessen zahllosen göttlichen Eigenschaften der Mensch das ideale Spiegelbild seiner eigenen beschränkten Persönlichkeit anbetet, ohne dasselbe nur entfernt zu wirklicher Wesenheit erheben zu können.

So viel ist gewiß: wenn das Problem des moralischen Beweises erklärt werden, wenn das Gemüth Gott als Urheber des in der Welt herrschenden Mißverhältnisses erfassen soll, ohne an ihm irre zu werden, so kann dieß nur durch die Vorstellung eines Gottes geschehen, der wie der biblische Gott geist- und leibhaftige Person zugleich, vollkommen und entwicklungsfähig (d. h. Wandlungen und Affekten ausgeseßt) zu= gleich ist. Ein solcher Gott könnte die Welt als Schauplaz von fruchtbaren Gegensägen geschaffen haben, und in ihre Entwickelung wie ein Vater bald hemmend oder fördernd eingrei= fen, bald sie sich selbst überlassen, um sie seiner eigenen Entwickelung nachzuziehen. Er könnte nicht nur seinen Zorn gegen den Ungerechten besiegen, um durch Duldung des Unrechts neue und höhere Gestaltungen hervorzurufen, und seine Neigung gegen den Gerechten zurückdrängen, um ihn zu prüfen, sondern auch (wie Jehova im Alten Testament thut) sich nicht scheuen, das Böse selbst zu beschließen und dazu anzureizen. Der Theismus ist jedoch unfähig, diesen räthselhaften biblischen Gott dem Gefühl, geschweige denn der Vernunft kar zu ma= chen. Er unterschiebt ihm vielmehr durch künstliche Erklärungen seinen eigenen Gott, der, weil er in sich selbst keine Wandlungsfähigkeit hat, mit den auf der Welt herrschenden Widersprüchen in keiner Art vereinbart werden kann. Noch weniger ist es der Pantheismus fähig, deffen Gott bei

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »