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Leben verlieren will, wird es erhalten," während der Theist, indem er die Tugend zum Werkzeug künftigen Lohnes und Gott zum Bürgen seiner schlechten finnlichen Persönlichkeit mache, „sein Leben erhalten wolle," um es nach eben jenen Worten zu verlieren". Der Karthäuser, welcher eine Spanne Zeit mit Selbstquälereien zubringt, in der Aussicht, für diese Spanne ein ewiges persönliches Vergnügen einzutauschen, ist für Schleiermacher ein Egoist; Spinoza ist ihm ein Heiliger, der in der Geschichte der Religion Wenige seines Gleichen gehabt hat. Und in der That, vergleichen wir den hohen Seelenadel und die tiefe Uneigennüßigkeit des Gottglaubens bei Spinoza mit den sinnlichen Vorstellungen von persönlicher Fortdauer, welche sich manche der berühmten Heiligen des Christenthumes gemacht haben, so können wir Schleiermacher in der lezten Beziehung nur Recht, in der ersteren nicht unbedingt Unrecht geben.

Wenn wir dem Pantheismus weiter einwerfen, daß eine solche Weltanschauung wohl für einzelne große Gemüther, aber nicht für die Massen möglich sey, so kann er uns entgegnen, daß der Buddhismus, welcher auf dieser Anschauung beruht, unter allen Religionen der Erde vielleicht die größte Zahl von Bekennern zählt. Er kann auch entgegnen, die christliche Mystik selbst habe von jeher ähnliche Anschauungen ausgesprochen, und es ist nicht zu läugnen, daß jenes leßte Ziel, welches der Apostel Paulus in einer berühmten Stelle aufsteckt: „Gott einst Alles in Allem," Tausenden von frommen Christen als das höchste Ziel ihres Glaubens vorgeschwebt ist.

Gleichwohl liegt die Unvereinbarkeit dieser Anschauung mit den Bedürfnissen des reifer gewordenen menschlichen Gemüths,

und namentlich mit dem modernen menschlichen Selbstgefühl, so sehr auf der Hand, daß es kaum einen Europäer von reiferem Alter geben wird, der sie nicht selbst peinlich empfände. „Wir existiren nicht, wir und Alles, was uns umgibt, ist Schein und Täuschung; das Leben ist in Wahrheit nur Tod, der Tod allein das wirkliche Leben." Eine solche Anschauung kann der Mensch in der Jugend hegen, wo der höchste Aufopferungstrieb ihm den Verzicht auf sich selbst mit einem Reiz umkleidet, der um so lockender ist, als die Ueberfülle des Lebens ihm den wirklichen Begriff des Todes verdeckt und statt seiner das Gefühl unterschiebt, daß er, selbst in Nichts aufgelöst, dennoch unvertilglich bleibe. Der Mensch wehrt sich nicht für seine Unsterblichkeit, so lange er sich den Untergang selbst nicht denken kann, ohne ihn unwillkürlich in Leben umzuwandeln; er wehrt sich aber mit Macht, wenn er, älter geworden, die Todesmöglichkeit praktisch empfindet. Der erwachsene Mann wird daher jener Anschauung stets das einfache Bewußtseyn entgegenhalten: ich bin" - ein Bewußtseyn, deffen innere Gewißheit ihm kein spekulativer Zweifel erschüttern kann.

Eine solche Anschauung konnte auch von der Menschheit nur in ihrer Jugendzeit, und kann heute noch nur unter Völkern gehegt werden, welche, im Wachsthum erstarrt, auf unsere Zeit als alte Kinder herübergekommen sind. Aber sie kann, troß einzelner durch ihre besondere Organisation dazu geneigter Individuen, nicht mehr Plaß greifen in der europäischen Menschheit.

Wir heutigen Menschen können allerdings jene Worte Jesu: „Wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren; wer es verlieren will, wird es erhalten," sehr wohl als das Wahr

zeichen der ächten Religiosität begreifen. Wir sehen ein, daß eine Moral, welche Gott nur als Garanten der persönlichen Fortdauer, und die Unsterblichkeit nur als Reizmittel der Sittlichkeit gebrauchen würde, das Gegentheil von Moral wäre. Aber wir sehen nicht ein, wie Jemand „sein Leben verlieren“ solle, ohne „es wieder zu gewinnen". Wir begreifen die Aufopferung des endlichen Selbsts an's unendliche, wenn das unendliche seinerseits wieder in's endliche übergeht; wir begrei= fen sie nicht, wenn das endliche einfach verschwindet. Die Hingabe an ein Weltwesen, dessen Umarmung, statt Leben auf uns zurückzuströmen, uns in ihren Gluten verzehrt, weil es nur aus unserem Tode sein Leben schöpft, ist die indische Form des nämlichen längst überwundenen kindlich-jugendlichen Standpunktes in der Religion, der sich in ganz anderer, mehr egoistischer Weise als rein sinnliche Erwartung von Lohn und Strafe im Judenthum ausgeprägt hat. Und wir erkennen, was wir auch sonst vom Christenthum halten mögen, gerade darin das Große des Christenthums, daß es troß seiner Protestation gegen die egoistische Fassung der Unsterblichkeit den Selbsterhaltungstrieb des Menschen und sein Selbstständigkeitsgefühl im Verhältniß zu Gott vollständig anerkennt.

Die pantheistische Anschauung, welche wir bisher zer= gliedert haben, ist also, obwohl keineswegs irreligiös, doch ebensowenig gesund religiös. Sie ist übertrieben religiös und hebt, wie alle Uebertreibung, durch ihr Unmaß sich selbst auf. Der oberste Grundzug der Natur, von dem sämmtliche theistische Religionen ausgehen die natürliche Selbstliebe jedes lebendigen Wesens wird von ihr ausgestrichen; die Natur wird nicht geläutert, sondern ertödtet. Der christliche Karthäuser,

wenn er nur seine Regel nicht als blos äußeres Unterpfand der künftigen Seligkeit, sondern als inneres Mittel einer mora= lischen Vervollkommnung erfaßt, welche schon diesseits den Keim der Seligkeit enthält, ist troß der Strenge seiner Regel doch ein Mann von erhabener Bestimmung und Selbstständigkeit im Vergleich mit dem buddhistischen Büßer, der auf Alles_ver= zichtet, ohne in irgend Etwas Ersaß zu finden; ein Mann, der mit seinem Gott bei aller Demuth von Angesicht zu Angesicht rechten kann, indeß der Buddhist sich wehr- und willenlos dem seinigen ergibt.

Stumpfe Resignation des Gemüths, träges Brüten des Geistes, socialer Stillstand, politische Knechtschaft und selbst körperliche Entnervung sind die Früchte, welche dieser Pantheismus in den buddhistischen Völkern Asiens hervorgebracht hat. Da die Ausübung eines der Natur widersprechenden Systems der Masse der Menschen schlechthin unmöglich ist, so ist seine wirkliche Praris einem besondern Stande, dem Stande der Geistlichen, vorbehalten, der sich für den Verzicht auf's Irdische durch den Genuß einer unbegrenzten geistigen Herrschaft ent= schädigt, während das laiische Volk um den Preis unbedingten Gehorsams der Unwissenheit und Sinnlichkeit überlassen wird. Und gleichwohl wird der wirkliche Bestand dieser Religion erst dadurch ermöglicht, daß die pantheistische Grundanschauung im Leben verdeckt und ermäßigt wird durch einen polytheistischen Kultus von Dämonen und Heiligen. Dieser Kultus ersetzt dem Volke einigermaßen die moralischen und religiösen Wohlthaten, welche das theistische System seinen Bekennern bietet; ohne einen solchen könnte der Pantheismus niemals und nirgends als Volksreligion bestehen.

2. Europäischer Pantheismus. Atheismus. Gefahren für die

Praris.

Ganz anders der europäische Pantheismus, von der griechischen Philosophie an bis zur heutigen. Nach ihm geht die Welt als Vielheit der Erscheinungen ohne Ende aus sich selbst hervor. Die einzelnen Erscheinungen wechseln, die Vielheit der Erscheinungen bleibt. Die Welt ist also nicht Schein, sondern sie ist die im Einzelnen vergängliche, im Ganzen ewige Erscheinung des Absoluten.*) Das Absolute, welches in der Welt als Grund derselben enthalten ist, sezt sich beständig steigend in immer neuen Entwickelungen (Einzeleristenzen). Die Welt ist Gott, aber Gott in einem endlos fortschreitenden Wachsthum begriffen. Diese in sich selbst gegründete Welt entwickelt sich nach ihrem eigenen Vermögen, ordnet sich nach ihren eigenen Geseßen und regelt, um uns der Worte des Klarsten der neueren Pantheisten zu bedienen, „ihre einzelnen Theile, die Individuen, wie der Organismus des Menschen seine Glieder regelt".

*) Das Absolute, wörtlich das Losgelöste, heißt in der philosophischen Sprache das, was uns übrig bleibt, wenn wir, von allem Seyenden, welches seinen Grund nicht in sich selbst hat, absehend, den Grund alles Seyns zu erkennen streben. Von einer bedingten Erscheinung zur andern, von einer Mittelursache zur andern fortschreitend, ge= langen wir zu einer lezten, von allen Wirkungen losgelösten, in fich unbedingten Ursache. Da der Pantheist die Welt aus sich selbst entstehen, d. h. Grund ihrer selbst seyn läßt, so enthält nach ihm die Welt diesen lehten Grund, „das Absolute," nothwendig in sich selbst.

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