ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

beweist, daß Goethe damals die „große Lücke“

-

d. H. also die Partien zwischen den ersten Scenen und derjenigen, wo Mephistopheles im Fragment zuerst erschien bald gefüllt zu haben hoffte. Aus dem Mitgetheilten sieht man, daß die in Prosa stehen gebliebenen Scenen zu den ältesten Bestandtheilen gehören. Aus diesen geht hervor, daß die Absicht, Mephistopheles als Pudel erscheinen zu lassen, von vornherein feststand. „Gretchen im Gefängniß“ muß, wie bereits oben bemerkt ist, dem Inhalte nach bereits in Frankfurt bekannt gewesen sein. Möglicher Weise ist es aber gerade diese Scene, welche Mai 1798 aus der prosaischen Fassung in Verse umgeseßt wurde. Uebrigens hat man die richtige Beobachtung gemacht, daß die Scenen, in welchen der Name Margarete heißt, früher als diejenigen gedichtet sind, worin sie Gretchen genannt wird. Die leßteren sind meist kürzer und können als Einzelbilder angesehen werden, welche in das vorher fertige Gerüst der Handlung nachträglich eingefügt wurden. Die Valentinscene scheint erst 1800 gedichtet zu sein, wie auch auf dem Deckel der in Berlin aufbewahrten Handschrift in Goldbuchstaben zu lesen ist. sprechen für diese Zeitbestimmung auch innere Gründe. Hatte Valentin die Schuld der Schwester zur Kenntniß der ganzen Stadt gebracht, so lag zum Kindesmord keine zwingende Veranlassung mehr vor. Etwas früher, etwa 1797, ist der Prolog im Himmel, wohl auch das Vorspiel auf dem Theater und die Zueignung gedichtet. Für die Walpurgisnacht steht (abgesehen von dem etwas ältern Intermezzo) der Winter 1800—1801 als Entstehungszeit fest.

Auch vom zweiten Theile versichert Goethe, daß er den Plan dazu sehr früh, gleichzeitig mit dem des ersten entworfen habe. Mit Schiller hat er dann auch hierüber verhandelt; 1800 las und bewunderte dieser den großen Monolog der Helena. Uebrigens hatte Goethe eine „Conception" der Helena schon 1780 der Herzogin Mutter vorgelesen. Nach Schillers Tod blieb die Arbeit wieder Jahre lang liegen. Doch äußerte der Dichter im Jahre 1815 gegen Sulpice Boisserée, daß auch das Ende fertig sei, „sehr gut und grandios gerathen, aus der besten Zeit“. Eckermann ermunterte ihn dann von 1824 an zur Fortführung der Arbeit, während er selbst schon daran dachte, den fertigen Plan und die Entwürfe dem noch rückständigen Bande von Dichtung und Wahrheit einzuverleiben.

Im folgenden Jahre erhielt der Dichter den Brief eines stud. Schöne, der sich von ihm den Plan des zweiten Theiles ausbat, um das Werk seinerseits zu vollenden. Das war auch ein kleiner Beitrag zu dem selbstgewissen, „absoluten“ Wesen der damaligen Jugend. Die eigentliche Beendigung des Faust fällt in die Jahre 1826-32. Zuerst wurde die Helena zum Abschluß gebracht. Goethe sprach damals die bestimmte Hoffnung aus, daß sie, sinnlich, auf dem Theater gedacht, jedem gut in die Augen fallen werde. Im Anfang 1827 nahm er dann „Helena, klassisch-romantische Phantasmagorie, Zwischenspiel zu Faust", in den vierten Band der vollständigen Ausgabe letter Hand auf. Nun galt es vor allem, die noch vorhandene Lücke zwischen dem dritten Acte und dem schon vorliegenden Schlusse der Tragödie auszufüllen. Auch der Anfang des zweiten Theils lag fertig da und die erste Hälfte erschien 1828 im zwölften Band der Werke. - Am Carneval (erster Act) wurde Herbst 1827 gearbeitet, aber auch im fünften Manches umgestaltet. In Dornburg gelang im Juli der Schluß des ersten und der Anfang des zweiten Aufzugs. Dann ging es an die klassische Walpurgisnacht; Januar 1831 machte sich der Dichter an den vierten Act; der Anfang des fünften Philemon und Baucis wurde im April vollendet. Im Juli lag das ganze Werk abgeschlossen da. Gedruckt erschien der zweite Theil 1832 in dem vierten Band der Werke (dem ersten der nachgelassenen Werke).

Die alte Sage von Fausts Höllenfahrt hängt mit Religionsvorstellungen des grauen Alterthums zusammen. Sie konnte nur auf dem Boden jener Vorstellung von dem Gegensaße eines guten und bösen Princips entstehen. Orientalische, besonders persische Dämonenlehre drang in das Judenthum und theilte sich von da der christlichen Welt mit. Der Bekehrungseifer der Missionare machte das alte Heidenthum zum Reiche des Bösen und die Gestalt des Teufels wurde mit Attributen ausgestattet, welche den Hauptgöttern des griechischen oder deutschen Heidenthums eigen gewesen waren. Vom Gotte Balder oder Fol erhielt er den Namen Voland; der Pferdefuß ist vielleicht den griechischen Satyrn entlehnt. Man erwartete eine Zerstörung der Welt durch Feuer und sah deßhalb dieses Element als das dem Teufel besonders vertraute an. Hatten die alten Deutschen ihre Verehrung des weiblichen Geschlechts durch

den Glauben an wahrsagende Frauen ausgesprochen, so wurden aus diesen nun Heren, welche mit dem Teufel auf dem Brocken in der Walpurgisnacht, d. h. in der Nacht des ehemals durch Frühlingsfeste ausgezeichneten ersten Mai, wilde ausschweifende Orgien begehen. Auch in den Schrecknissen wilder Stürme meinte man die Nähe des Bösen zu erkennen; er wurde zum wilden Jäger, der an der Spize des wüthenden Heeres Umzüge hält. Die Vorstellung von Heren erhielt manche Zuthat von den Lamien der altrömischen Mythologie. Aus der germanischen Unterwelt, der Helja, ward die Hölle. Wie es endlich dereinst Sitte gewesen war, sein Leben für einen bestimmten Termin einem Gotte zu weihen, so glaubte man nun an Teufelsverschreibungen. Der Böse verpflichtet sich einem Menschen für gewisse Zeit zum Dienst; nach Ablauf derselben fällt ihm die Seele anheim. Oft genug freilich wurde in solchen Sagen dem Teufel durch Intervention von Heiligen, besonders der Jungfrau Maria, seine Beute entrissen. Als aber die Reformation des XVI. Jahrhunderts gegen die Frivolität Opposition machte, mit welcher die Geistlichkeit die Sündenvergebung behandelt hatte, nahm man es auch mit den Teufelsbündnissen ernster. Von der Existenz eines wirklichen Teufels waren die Reformatoren fest überzeugt und man war nur zu geneigt, hervorragende wissenschaftliche Leistungen, zumal im Gebiete der Naturwissenschaft, solchen Einflüssen beizumessen. Der Drang, durch magische Wissenschaft unmittelbaren Einblick in das Wesen der Dinge und die Herrschaft über die Kräfte der Natur zu erreichen, ging eben so durch das XVI. Jahrhundert, wie er die Aufklärung des XVIII. begleitete. Den beiden scheinbar so entgegengesezten Richtungen ist der Zug gemeinsam, daß sie über die hergebrachten Glaubensvorstellungen hinauswollen; die Auflehnung gegen diese bringt den Menschen zum Bunde mit dem Bösen und dadurch in die ewige Verdammniß. Als einen Vermessenen, der die Schranken erlaubten Wissens freventlich übertritt, sah die Sage auch Faust an. Gelebt hat der Mann wirklich. Er stammte aus der Gegend von Maulbronn in Württemberg, beschäftigte sich mit dem Studium der Magie und gab sich wirklich als Zauberer aus. Melanchthon hat ihn gut gekannt; er war jedenfalls ein wüster Mensch und ein unverschämter Prahler. Bon seinem gewaltsamen Tode wurden wunderbare

Dinge erzählt. Von ihm hieß es nun bald, er habe in einem Walde bei Wittenberg einen Teufel beschworen. Dieser wird ihm vom König der Hölle gesandt, erhält Erlaubniß ihm zu dienen und führt den Namen Mephostophiles oder Mephistophiles eines von den Worten, deren Abstammung nicht mit Sicherheit angegeben werden kann. Sie schließen den Contract, den Faust mit seinem Blute unterschreibt. Der Böse führt Faust in die Geheimnisse der Zauberei ein und verschafft ihm alle Genüsse der Welt. Die Zahl der Zauberstücke wird dann in den Volksbüchern vom Faust allmählich immer größer. Namentlich kommt darunter vor, daß er einigen Studenten die schöne Helena von Griechenland erscheinen läßt. Diese wird in der Folge seine Geliebte und er hat mit ihr einen Sohn, Justus Faust. In einem spätern Faustbuche zeigt sich Mephistopheles zum ersten Male als ein Schatten hinter dem Ofen und nimmt erst auf Fausts Beschwörung mensch= liche Gestalt an. Auch von einem schwarzen Pudel mit rothen Augen ist die Rede, den Faust besessen und der wunderliche Kunststücke gemacht habe. Dann hat sich das Puppenspiel des Stoffes bemächtigt, nachdem bereits Shakespeares Vorgänger, der Engländer Marlowe, ihn auf die Bühne gebracht hatte. Jenes hat der junge Goethe unzweifelhaft schon in Frankfurt kennen gelernt. Ueberall fällt das Hauptgewicht auf die eigentliche Höllenfahrt Fausts. Durch übermüthigen Wissensdrang wird er Gott entfremdet; vermessene Neugier nach Dingen, welche für den Menschen zu hoch find, bildet den Grund seines Untergangs.

Dieser Stoff bot nun eine Seite, die den jungen Goethe lebhaft anzog. Rückkehr zur Natur war der Wahlspruch des Jahrhunderts; Alles drängte danach, die natürliche, unmittelbare Empfindung aus den Banden trockner Gelehrsamkeit und Schulweisheit zu befreien; man wollte vom abstracten Wissen zum frischen Leben hinüber und begriff, daß der Mensch nicht gesund ist, wenn nicht auch der Sinnlichkeit ihr Recht wird. Die gelehrte Forschung, welche nur langsam, Schritt vor Schritt, fortschreitet und in den meisten Fällen weit von dem Ziele entfernt bleibt, welches der ideal gerichtete Mensch erreichen zu müssen glaubt, genügte dem Drange einer lebhaft erregten Jugend nicht, und das um so weniger, als sie nur allzusehr in die langweiligste Pedanterie und

Selbstgefälligkeit ausgeartet war. Die natürliche Reaction gegen dieses engherzige und unerquickliche Treiben war, daß man sich aus der beengenden Studirstube in den Strom ungezügelter Leiden= schaften warf; daß der Forscher, dessen innerer Drang einmal auf Erkenntniß gerichtet war, der stufenweise vordringenden Arbeit müde wurde und nach Mitteln suchte, das Höchste und Tiefste auf einmal, in unmittelbarer Anschauung, zu erfassen. Mit allerlei alchymistischen Experimenten hatte sich selbst Goethe eine Zeit lang abgegeben und jedermann weiß, ein wie allgemeines Interesse in jenen Tagen Hellseherei und Geisterbeschwörungen erregten. So ist nun auch in Fausts Seele die leidenschaftliche Sehnsucht erwacht, von der Pein des erfolglosen Studiums und aus der dumpfen Atmosphäre seines Arbeitszimmers erlöst und vom frischen Hauche des Naturlebens „gesund gebadet" zu werden. Daß er aber die geheimnißvollen Willenskräfte der Natur in ihrem lezten Grunde verstehen lerne, dazu, hofft er, sollen ihm die Zauberbücher helfen (das astrologische Werk des im XVI. Jahrhundert lebenden provençalischen Juden Michel de Notre Dame wird namentlich angeführt). Nach deren Anleitung vergegenwärtigt er sich erst das Schauspiel des Makrokosmus, d. h. des großartigen Lebens, welches das Weltganze zusammenhält, dessen ewige Harmonie die Gestirne kreisen läßt und das All durchdringt. Indeß diese Idee, wohl geeignet, den Menschen zu erheben, ist doch viel zu großartig, um ihm dauernd Befriedigung und Freude zu schaffen. Deßhalb wendet sich Faust an den Erdgeist. Das Leben der Natur, innerhalb deren wir selbst stehen, das Spiel der Kräfte, welche das Dasein der Menschheit bedingen, liegt uns entschieden näher; ihn be= schwört Faust, freilich nur, um gleich zu erfahren, daß auch dieser weit über die Fassungskraft des einzelnen Menschen hinausgeht. Aber des Dichters ganze Sympathie hatte entschieden der kühne Geisterbeschwörer, der es nicht aushält, immerfort „am schalen Zeuge zu fleben"; was ihn den Geist zu rufen trieb, war der wohlberechtigte Drang einer idealen und zugleich muthigen Natur, deren ganzen Adel das folgende Gespräch mit Wagner nur noch mehr ins Licht stellt. So ist also Faust, der in seinem innern Selbst Alles genießen will, was der Menschheit zugetheilt ist", auch auf die Gefahr, dabei unterzugehen, ein durchaus heroischer Charakter; zugleich eine

"

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »