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Diesen Sinn hat es bei Goethe, wenn Faust Helena beschwört und von Begeisterung für sie ergriffen mit Hülfe des Homunculus sich in die alte Welt zurückverseßt. Erst nachdem er diese Bildungsstufe durchgemacht, erreicht er in uneigennüßiger Thätigkeit die Befriedigung, woran es ihm bisher fehlte.

Er erwacht in herrlicher Gegend. Die in ihm selbst vorgegangene Umwandlung, seine Läuterung durch bittere Reue zu neuem Leben und richtiger Einsicht in die Schranken seiner Natur - alles das wird durch die ihn umtönenden Elfenchöre und die begleitenden Naturerscheinungen (den Schlummer bringenden Abend, die sternklare Nacht, das Nahen des Tages, den Sonnenaufgang) angedeutet. Nicht in die Sonne selbst vermag Faust zu schauen, aber der ewig vorwärts strebende, das Licht wiederspiegelnde Wasserfall wird ihm zum Sinnbild des menschlichen Lebens. Die Terzinen, welche ihm hier in den Mund gelegt sind, gehören zum sprachlich Schönsten, was Goethe gedichtet hat. Darauf versezt ihn der Dichter an den kaiserlichen Hof. Hier krankt Alles an innerer Zerrüttung; es droht Krieg, Unzufriedenheit des Volks, vor Allem Geldmangel. Der Kaiser empfindet die Uebelstände eigentlich nur, weil sie ihm den Carneval verderben. Daher kommt ihm Mephistopheles gelegen, der an die Stelle des früheren Hofnarrn tritt. Als Hülfe in der Noth lehrt er die Kunst, Geld aus Papier zu machen, und zwar läßt er seine Gedanken, um ihnen bei den Hofleuten mehr Glauben zu schaffen, durch den von ihm inspirirten Astrologen aussprechen. Das Project, erst im Allgemeinen vorgetragen, versezt den Kaiser sofort in bessere Laune; er feiert jezt den Carneval und giebt dadurch den Beiden willkommene Gelegen= heit, durch ihre Künste sich so viel Vertrauen zu erwerben, daß ihnen der Auftrag ertheilt wird, neues Geld zu creiren. Hier ließ sich mithin ein sinnreich componirter Maskenzug anbringen und dergleichen liebte Goethe außerordentlich. Was im Einzelnen durch die verschiedenen Masken und ihre Verse ausgedrückt werden soll, ist meist leicht verständlich. Der Grundgedanke ist die Verherrlichung des Reichthums, der als Gott Plutus vorgeführt wird. Ihn leitet der Knabe Lenker, der Genius der Poesie, der das Ganze in Scene gesezt hat. Den Plutus spielt Faust; als Gott Pan erscheint der Kaiser; ihm legt jener alle möglichen Schäße zu

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Füßen und bestimmt ihn dadurch, die Urkunde zu unterzeichnen, vermöge deren die von Mephistopheles vorgeschlagenen Assignaten Gesezeskraft erhalten. Mit Geist und Humor zeigen die folgenden Scenen die Wirkung, welche das neue Geld thut; sie reihen sich in den Zusammenhang des Ganzen so ein, daß sie die durchaus faulen Zustände des Reichs erkennen lassen und für Fausts spätere Wirksamkeit die Anknüpfung bieten. Zugleich läßt der Dichter Streiflichter auf seine eigene Zeit fallen, die ja auch genug politische Fäulniß und gewissenlose Papiergeldfabrikation gesehen hatte.

Ist so der dringenden Geldnoth gesteuert, so fordert nun der Kaiser, ähnlich wie im alten Faustbuche, die Erscheinung der Helena. Aber für dieses Ideal plastischer Schönheit ist in der wirklichen Welt des Mittelalters keine Stätte; nur aus der Ideenwelt fann sie Fauft beschwören. Diese hatte schon Plato als eine ganz für sich bestehende jenseitige Region aufgefaßt, in der es keine Dinge, sondern nur Urbilder der Dinge giebt, vermöge deren dann die wirklichen Dinge erst ihre Wesenheit haben. Auch ist es an sich ein schöner und wahrer Gedanke, daß die einmal vom Menschengeist geschaffenen Vorbilder der Schönheit, ob auch zuweilen lange verborgen und ungekannt, doch noch nach Jahrtausenden auf spätere Generationen erfreuend und bildend wirken. So mag es denn auch scheinen, als würden sie von höheren Mächten gewissermaßen in den geheimnißvollsten Tiefen des Weltalls behütet. Diese Mächte personificirt Goethe, einer neuplatonischen Vorstellungsweise gemäß, als die Mütter. Zu ihnen muß Faust hinabsteigen und kehrt dann mit Paris und Helena wieder. Während aber alle Andern in dieser Erscheinung eben nur ein interessantes Schauspiel sehen, wird er auf das allertiefste davon ergriffen. Ihm geht in der Herrlichkeit des klassischen Alterthums eine ganz neue Welt auf; ihn ergreift das lebhafte Verlangen, die unendliche Schönheit, die er eben im Bilde geschaut hat, festzuhalten. Da dieselbe aber nur eine Idee ist, so kann er sie nicht unmittelbar ergreifen; wie er sie fassen will, zerrinnt sie in Duft. Wie kann er sie nun troßdem erlangen? Die Menschheit hat sich die verloren gegangene Antike durch die Gelehrsamkeit wieder erobert. Diesen Weg muß auch Faust einschlagen. Deßhalb führt uns der Dichter zu dem Repräsentanten der Schulweisheit, zu Wagner, zurück. Dieser hat

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inzwischen Fausts Lehramt übernommen. Zu ihm, also in sein eignes altes Studirzimmer ist Faust verseßt; noch betäubt von dem eben Vorgefallenen schlummert er auf dem Ruhebette. Mephistopheles legt, wie bei der ersten Unterredung mit dem Schüler, seinen Pelz an. Alsbald erscheint Wagners Famulus, Nicodemus; durch ihn läßt sich Mephistopheles bei Wagner anmelden, der noch immer auf seinen alten Herrn und Meister wartet. Inzwischen naht ein Baccalaureus. Es ist derselbe junge Mann, der einst an dieser Stätte von dem vermeintlichen Fauft gute Lehren empfing. Diese haben denn aus ihm eines jener rohen Kraftgenies entwickelt, welche alle Erfahrung verachten und sich in jeder Hinsicht „absolut" wissen. Es ist sehr liebenswürdig vom greisen Goethe, daß er auch in dieser arroganten Naseweisheit, die ihn selbst so oft ge= ärgert hat, den bessern Kern anerkennt und einen guten Wein nach der Abklärung des gährenden Mostes erwartet. Dann treten wir in Wagners Laboratorium. Selbst er ist dahinter gekommen, daß sich die Wissenschaft nicht damit begnügen dürfe, todten Stoff aufzuhäufen, sondern etwas Lebendiges produciren müsse. Deßhalb ist er damit beschäftigt, auf chemischem Wege einen Menschen zu schaffen. Mephistopheles hilft ein wenig nach und der Homunculus wird fertig. Aber etwas wirklich Lebendiges von Fleisch und Blut ist er nicht; er ist, als Erzeugniß der todten Gelehrsamkeit, eine bloße Abstraction und bleibt deßhalb als ein nur in der Luft schwebendes Wesen in der Phiole eingeschlossen. Aber er empfindet doch den Drang, in seine wahre Heimat, d. h. nach Hellas, zurückzukehren. Die dicke Luft des Nordens paßt nicht für seinen ätherischen Leib. Indem er aber über Faust schwebt, weiß er als ein Geist auch, was in dessen Seele vor sich geht und daß auch sein Verlangen ihn nach Griechenland zieht. Dort wird eben von den Heren Walpurgisnacht gefeiert; drum ist auch Mephistopheles zur Reise erbötig. Auf der Ebene von Pharsalus in Thessalien spielt nun die klassische Walpurgisnacht, entschieden derjenige Theil der Dichtung, den wohl die meisten Leser überschlagen. Hat doch der Dichter selbst einmal geäußert, es werde Niemand wissen, was er eigentlich gemeint habe. Es versammeln sich auf der Wahlstatt, wo einst Pompejus dem Cäsar erlag, — so nimmt der Dichter an in der Nacht des jährlich wiederkehrenden Schlachttags mythologische

Gestalten der griechischen und orientalischen Vorzeit. Da erscheinen die Sphinge, Arimaspen, Ameisen, Greife, Sirenen, die gespenstischen Lamien, die häßliche Empuse mit dem Eselsfuß. An diesen widrigen Gestalten hat Mephistopheles seine Freude und entlehnt von einer der Phorkystöchter das Kostüm, das er nachher am Hofe der Helena braucht. Faust erkundigt sich nach Helena. Erst an den Centauren Chiron verwiesen, läßt er sich von diesem zur Manto tragen, einer Priesterin in einem Apollotempel auf der Stelle, wo 168 v. Chr. Perseus von Macedonien von Aemilius Paullus besiegt wurde. Manto, als Tochter des Heilgottes Aesculap, durchschaut Fausts Liebeskrankheit richtig und weist ihn auf einem dunkeln Pfad zur Unterwelt. Dort kann er sich, wie einst Orpheus die Eurydice, die Helena von der Persephone, der Herrin der Schatten, erbitten. So weit ist in der Handlung ein gewisser Zusammenhang. Aber außerdem sind viel moderne Anspielungen eingeschaltet. Goethe war ein heftiger Gegner des Vulcanismus, d. H. derjenigen Lehre, welche die Geschichte der Erde durch Einwirkung des Feuers erklärte. Auch auf diesem Gebiete waren ihm die Revolutionen zuwider, durch welche diese Theorie das Einzelne erklärte, wenn sie z. B. die Berge durch das im Innern der Erde glühende Feuer in die Höhe getrieben werden ließ. Er war Neptunist - er leitete die Veränderungen der Erdoberfläche von der Einwirkung des Wassers her. Um nun die Gegner zu verspotten, erdichtete er im Seismos (Erdbeben) eine in ihrem Sinne schaffende Kraft. Durch diese wird mit Rütteln und Schütteln gleich ein Berg emporgehoben; aus ihm kommt das fingerlange Volk der Pygmäen und Daktylen hervor, die als Vulcanisten sofort in Kampf gerathen mit den Reihern, den Neptunisten. Leztere werden besiegt, aber von den Kranichen gerochen (daher denn diese die Kraniche des Jbykus heißen). Ein ähnlicher Gedanke liegt zum Grunde, wenn Homunculus, um wirklich zu entstehen, sich an zwei Philosophen wendet. Von diesen streitet Thales für das Wasser, Anaxagoras für das Feuer. Alle Zaubereien des legteren bewirken nur, daß ein Meteorstein niederschlägt. Homunculus aber folgt dem Rathe des Thales und begiebt sich zum Meere, um durch Auflösung in das Wasser selbst zu werden. Dort erfolgen allerlei Aufzüge von Meeresgottheiten. Das Einzelne entzieht sich hier fast jeder Deutung. Die Scene

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schließt mit einem Lobgesange auf das Meer und mit der Erscheinung der Galatea, der Meeresgöttin, welche als Offenbarung der höchsten Schönheit dargestellt ist. An ihrem Wagen zerschellt Homunculus. Der dritte Act ist nun die Helena. Aus der Vermählung Fausts mit ihr also der Verbindung des Mittelalters mit dem Alterthum soll der Genius der neuern Poesie geboren werden, Euphorion; bei ihm erinnerte Goethe an Lord Byron. So verbindet sich hier mit den bekannten Gestalten der griechischen Sage allerlei allegorische Beziehung zu einem wunderbar phantastischen Ganzen. Der Gang der Handlung ist folgender. Helena, aus der Unterwelt eben zum Lichte zurückgekehrt, wird in dem Augenblicke gedacht, wo sie wieder in Sparta landet, nachdem sie durch Menelas (in dieser Form erscheint hier der Name überall) von Troja zurückgesandt ist. Er hat sie beauftragt, ein feierliches Opfer vorzubereiten. Sie ahnt den eigentlichen Zweck desselben nicht. Aber schon auf der Fahrt hat des Gatten finstres, verschlossenes Wesen sie geängstigt. Beim Eintritt in ihr Haus findet sie Alles öde; nur kauert in der Asche des Herdes ein häßliches Weib. Es ist Phorkhas oder vielmehr Mephistopheles, der diese Maske angenommen hat. Von ihr wird nun Helena mit harten Scheltworten empfangen; sie erfährt, daß sie selbst zum Opfer bestimmt sei, während die Dienerinnen wie Drosseln, gleich den Mägden des Odysseus, an langer Schnur gehenkt werden sollen. Sie bestürmen die alte Sibylle (so heißt Phorkyas als die allein Wissende), ob es keine Hülfe gebe, und hören, daß sich im Gebirge nördlich von Sparta ein kühnes Geschlecht unter einem schönen und tapfern Führer angesiedelt habe. Es ist Faust, bei dem Helena Zuflucht sucht. Faust naht alsbald, da sie mit den Frauen in den Hof der Burg gelangt ist. Er führt den Thurmwächter Lynkeus gefeffelt mit sich Helena soll ihm das Urtheil sprechen, denn er hat es versäumt, die Ankömmlinge anzukündigen. Doch verantwortet er sich und macht sich dabei als einen Repräsentanten des mittelalterlichen Minnedienstes kenntlich. Im Geiste überschwänglicher Frauenverehrung sind die Worte gehalten, durch die er seine Begnadigung von Helena bittet und erhält. Zugleich geht das Metrum aus den feierlich antiken Trimetern in die weicheren Reimzeilen der modernen Lyrik über. Dann legt Lynkeus ihr alle inzwischen (in den Zeiten

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