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getötet und ebenso ein gewisser Senecio, der auf den Wunsch der Fannia, der Witwe des Helvidius Priscus, das Leben des letzteren beschrieben hatte. Noch viele" andere sollen nach dem Berichte des Dio Cassius unter diesem Kaiser ein Opfer der ,,Philosophie" geworden sein und im Jahre 94 erschien ein Dekret, welcher,,alle übrigen" nochmals aus Rom verbannte.

Unter den tüchtigen Regenten, welche auf Domitianus folgten, lag ein dringender Grund zur Opposition nicht mehr vor; andrerseits gewannen Musonius und Epiktetos, welche den Rückzug aus dem politischen Treiben predigten, einen massgebenden Einfluss innerhalb der Schule. Der stoisch-republikanische Widerstand gegen die Staatsgewalt, der über hundert Jahre gedauert hatte, brach deshalb jetzt in sich selbst zusammen. Man hat neuerdings im Bemühen, gewisse römische Kaiser gegen Tacitus in Schutz zu nehmen, über die ganze stoische Opposition abfällig geurteilt. Vom politischen Standpunkte aus mag das nicht unberechtigt sein. Dass aber in den Zeiten der ärgsten Despotie der Stoicismus allein den Mut des freien Wortes hatte, wird ihm gleichwohl stets zur Ehre gereichen.

XII. Die jüngere Stoa. Senecas Leben.

Das politische Treiben, in das sich der Stoicismus seit Cato verloren hatte, die Missliebigkeit bei Hofe, der Druck, der unter Nero in offene Verfolgung überging, das immer engere Verwachsen mit dem Geiste und den Neigungen des Römertums, dies alles konnte nicht verfehlen, auf den Stoicismus selbst eine mächtige Rückwirkung zu äussern. Dazu kamen noch drei weitere Gesichtspunkte.,,In der Zeit eines schaudererregenden Sittenverfalls, schwerer Bedrückung, despotischer Willkürherrschaft mufste es sich für den ernster Denkenden vor allem darum handeln, dass er einen festen Grund in sich selbst gewinne und sich gegen das Verderben seiner Umgebung wie gegen die Macht des Schicksals eine unüberwindliche Zuflucht in dem eigenen Inneren gründe. Wandte er sodann andern seine Aufmerksamkeit zu, so mussten einesteils alle äusseren Unterschiede unter den Menschen ihre Bedeutung verlieren, wo man jeden Tag die grellsten Glückswechsel mit ansah, wo alle nationalen und gesellschaftlichen Gegensätze in gemeinsamer Erniedrigung untergingen, wo die Verworfensten so oft vom Glücke aufs höchste begünstigt waren, die Besten dem Unrecht erlagen; und es musste insofern der Grundsatz, alle Menschen als solche sich gleichzustellen und nur ihrer sittlichen Ungleichheit einen Wert beizulegen, neue Nahrung gewinnen. Andrerseits aber mussten die sittlichen wie die gesellschaftlichen Zustände der

Zeit ein lebhaftes Gefühl der menschlichen Schwäche und Hilfsbedürftigkeit hervorrufen, die stoische Strenge mufste gegen das Mitleid mit den Gebrechen der Menschheit, die stoische Selbstgenügsamkeit gegen die Forderung menschenfreundlicher Teilnahme und Hilfeleistung zurücktreten, der Kosmopolitismus der Schule musste hauptsächlich nach der Seite des Gefühls, in der Form allgemeiner Menschenliebe ausgebildet werden. Je weniger endlich die Verhältnisse dem einzelnen zu thatkräftigem Eingreifen in den Weltlauf Gelegenheit boten, je schwerer das gemeinsame Verhängnis auf allen lastete und je unaufhaltsamer es sich erfüllte, um so mehr musste die Neigung zum öffentlichen Leben sich verlieren und die Vorliebe für die Ruhe des Privatlebens zunehmen, um so stärker aber auch die Notwendigkeit der Ergebung in das Schicksal und der Zusammenhang der sittlichen Haltung mit der religiösen Überzeugung sich aufdrängen." *)

Der Mann, der wie kein andrer alle diese Einflüsse und Wandlungen an sich selbst erfuhr und zur schriftlichen Darstellung brachte, war Seneca, die bekannteste Gestalt in der Geschichte des römischen Stoicismus.

Lucius Annäus Seneca wurde zwischen 3 vor und 2 nach Christo zu Corduba in Spanien aus ritterlichem Geschlechte geboren. Er war der Sohn des bekannten Rhetors Seneca, von dem wir noch mehrere Schulreden besitzen, und der Helvia, einer, wie es

*) Zeller, Ph. d. Gr. III. a. 720 f.

scheint, gemütlich und geistig hochveranlagten Frau. Frühzeitig kam er nach Rom und genofs daselbst des Unterrichtes der Philosophen Attalos und Sotion, deren er in seinen Schriften ehrenvoll gedenkt. Obwohl ihn die philosophischen Studien von Jugend auf am meisten angezogen, widmete er sich doch dem Berufe eines Sachwalters und zwar so erfolgreich, dafs Caligula auf seinen rednerischen Ruhm eifersüchtig wurde und ein schon ausgefertigtes Todesurteil nur deshalb zurückgehalten haben soll,,,weil ihn eine der Damen, mit denen er Umgang hatte, glauben machte, dafs Seneca an der Auszehrung leide und es nicht mehr lange treiben werde".*) Auch am Hofe des Claudius spielte er eine Rolle, wurde aber durch Messalina gestürzt. „Sie klagte ihn an, dass er mit der berüchtigten Julia, der Tochter des Germanicus und der schamlosesten Buhlerin Roms, ein Liebesverhältnis gehabt habe. Die Beschuldigung ist doppelt komisch, weil sie von einer Messalina ausgeht und weil wir uns den moralischen Seneca als Don Juan zu denken haben. Was an der Skandalgeschichte wahr sei, ist ungewifs; aber Rom war frivol und es giebt nichts Bizarreres als seine Charaktere. Julia wurde beseitigt, der Don Juan Seneca aber unter die Barbaren nach Corsica verbannt“ **), wo er acht Jahre verbringen musste und sich die Zeit ab

*) Dio Cassius LIX. 19.

**) Gregorovius, Corsica. 3. Aufl. 240.

wechselnd mit philosophischen Betrachtungen und unmännlichen Wehklagen vertrieb.

Nach dem Sturze Messalinens liefs ihn Agrippina, die neue Gemahlin des Claudius, zurückrufen, um ihren elfjährigen Sohn Nero zu erziehen.,,Giebt es etwas Tragikomischeres als Seneca in der Gestalt eines Erziehers des Nero? Er kam, den Göttern dankend, dafs sie ihm den Beruf auferlegt, einen Knaben zum Fürsten der Welt zu bilden. Er dachte nun die Erde mit seinem Geiste zu erfüllen, indem er ihn dem jungen Nero eingab. Welch' ein Bemühen, ein tragisches und lächerliches zugleich! Er wollte eine junge Tigerkatze in stoischen Grundsätzen erziehen! Übrigens fand Seneca an seinem hoffnungsvollen Zögling einen von Schulmethoden noch ganz unverpfuschten Stoff vor; denn er war in göttlicher Unwissenheit aufgewachsen, und bis zu seinem zwölften Jahre hatte er den innigsten Umgang genossen mit einem Barbier, einem Kutscher und einem Seiltänzer. Aus deren Händen übernahm Seneca den Knaben, welcher bestimmt war, über die Götter und Menschen zu herrschen." *) Als der Schüler Kaiser geworden, verwandelte sich auch der Lehrer nach oben, nämlich in einen allmächtigen Minister, dessen Fürsprache die römische Welt manche gute Mafsregel des jungen Herrschers zu verdanken hatte. Allein nach einer fünfjährigen vielversprechenden Regierung warf der Fürst die Maske der nur schwer verhaltenen Mässigung

*) Gregorovius, a. a. O. 253.

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