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SO

tief und frei ist er, wenn die Seele gelobt oder ermahnt worden ist, wenn sie als Beobachterin und zugleich Richterin über ihre eigene Aufführung erkennt!" Gegen beharrliche Übel gilt es dann, besonders strenge zu sein.,,Verfolge die Laster ohne Mass, ohne Ende; denn sie selbst haben weder Ende noch Mass; wirf sie von dir, wenn sie dein Herz zerfleischen, und können sie nicht anders ausgerottet werden, so reisse das Herz selbst mit ihnen heraus!" Wer denkt hier nicht an Jesu *) Wort: „Ärgert dich dein rechtes Auge, so reifs es aus und wirf es von dir"? Aber wie der Christ nicht ohne höheren Beistand wiedergeboren wird, sieht sich auch Seneca **) nach fremder Hilfe um; ,,denn niemand ist von sich aus kräftig genug, um herauszukommen; er mufs jemand haben, der ihm die Hand darbietet, ihn herauszieht". Zu diesem Zwecke ,,muss man irgend einen guten Mann sich auswählen und immer vor Augen haben, so dafs man gleichsam unter seinen Augen lebt und alles thut, wie wenn er es sähe"; man mufs sich also, wie schon Epikuros riet, einen ,,Sittenwächter“ und „Erzieher" bestellen. Der Erwählte mufs natürlich wo möglich ein Mustermensch sein und Seneca selbst zeichnete das Bild eines solchen mit Farben, die auch die Propheten zum Bilde ihres Messias verwendet hatten. ,,Niemals", sagt er ***),,,hat jener vollkommene Mann dem Schicksale

*) Matth. V. 29.

**) 52. und 11. Brief. ***) 120. Brief.

geflucht, niemals, was ihm zustiefs, mit Unmut aufgenommen. Indem er sich als Bürger der ganzen Welt und als Kriegsmann betrachtete, hat er die Arbeit über sich genommen, als wäre sie ihm befohlen. Was immer ihn treffen mochte, hat er nicht als Übel und als etwas zufällig ihm Zustossendes verschmäht, sondern gleichsam für einen Auftrag gehalten. Wie derselbe auch beschaffen sein möge, sprach er zu sich selbst, werde ich ihn erfüllen; sollte er schwierig, sollte er hart sein, so will ich gerade daran alle meine Kraft setzen. So mufste er notwendig grofs erscheinen, weil er niemals über das Übel seufzte, niemals sein Geschick beklagte. Er machte sich vielen bemerkbar und strahlte nicht anders als wie ein Licht in der Finsternis, und wandte die Aufmerksamkeit aller auf sich, weil er ruhig und sanft war, gleichmütig gegen Menschliches und Göttliches. Er besafs eine vollkommene Seele und war zur höchsten ihm bestimmten Höhe emporgestiegen, über welche hinaus nichts mehr ist als nur der Geist Gottes, von welchem ein Teil auch in diese sterbliche Brust sich ergossen hat."

Im gebesserten Menschen schlägt dann Gott selbst seine Wohnung auf und treibt ihn zu guten Werken an. „Er kommt zu den Menschen, ja was noch mehr ist, er kommt in sie. Es giebt kein gutes Herz ohne Gott. Göttliche Samenkörner sind in die Menschen ausgestreut und wenn der Ackersmann danach ist, so bringen sie Früchte hervor ähnlich ihrer Abkunft." *)

*) 73. Brief.

seiner Schule und braucht weder im einzelnen noch im ganzen aus einer fremden Quelle erklärt zu werden. Er verbindet überdies mit seinen angeblichen christlichen Ideen alle jene Grundvorstellungen der Stoa, die dem Christentum direkt widersprachen. Sein Gott ist ein geistiges. Wesen, aber auch wieder identisch mit der Welt. Sein Tugendideal ist sündlos wie Jesus, aber nichts weniger als ein für die Menschheit geopferter Messias. Sein Weiser ähnelt dem Christen, ist aber durch seine Meinung, selbst der Gottheit ebenbürtig zu sein, von der wichtigsten Eigenschaft des Christen, der Demut vor Gott, himmelweit entfernt. Eben dieser Weise fügt sich zwar dem Willen der Gottheit, greift ihm aber durch den Selbstmord vor. Von den symbolischen Handlungen der Taufe und des Abendmahls endlich, die neben der Vorstellung eines gekreuzigten und auferstandenen Heilandes das Denken und Fühlen gerade der ersten Christen am meisten beschäftigten, weifs er gar nichts. Es ist also freilich denkbar, dafs Seneca um die Person des Apostels wufste, aber höchst unwahrscheinlich, dafs er vom Christentum mehr kannte als die landläufigen Gerüchte über den Messiasglauben und die kultischen Absonderlichkeiten der Christen, und schlechterdings unerweisbar endlich, dafs sein Stoicismus durch Paulus oder überhaupt durch das Christentum irgendwie beeinflusst sei.

Anders fällt die Entscheidung, wenn wir umgekehrt fragen: „Ist vielleicht das Christentum durch den Stoicismus beeinflusst worden?"

Auf einen ursprünglichen Zusammenhang mit der Stoa weist schon das Johannesevangelium, wenn im Eingange desselben gesagt ist: ,,Im Anfang war der Logos und der Logos war bei Gott und der Logos war Gott. Derselbe war im Anfang bei Gott. Alles ist durch denselben geworden und ohne ihn ist nichts geworden, was geworden ist." Die Bildung der Welt ist nach dieser Vorstellung also nicht von Gott selbst besorgt worden, sondern von einem Wesen, das von Ewigkeit her bei Gott wohnte und ihm wesensgleich ist. Diese Auffassung ist den drei übrigen Evangelisten völlig fremd und hat deshalb der Kritik zu den widersprechendsten Vermutungen Anlass gegeben. Heute kann jedoch als erwiesen betrachtet werden, dafs die Logosidee wie so manches, was im Zusammenhang mit ihr im vierten Evangelium sowie auch im Hebräerbrief und vereinzelt im Epheser- und Kolosserbrief*) vorgetragen wird, aus dem Gedankenkreise der alexandrinischen Philosophie herübergenommen wurde. Es war namentlich Philon, der, um seine streng jenseitige Gottheit in eine wirksame Beziehung zur Materie zu bringen, zwischen beide ein Mittelwesen einschob, das einerseits als Abbild Gottes, andrerseits als Urbild und gestaltende Kraft der Welt gelten konnte. Zur Annahme eines solchen Mittelwesens lagen nun allerdings schon im alten Testamente gewisse Voraussetzungen vor. Allein Philon ist unzweifelhaft nicht nur von dieser Seite, sondern

*) Hebr. I, 1 ff.; Ephes. III. 9; Kol. II. 9. Weygoldt, Philosophie der Stoa.

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auch, und zwar in noch höherem Grade, vom Дóyos σлεQuaτinós der Stoa angeregt worden, der ganz wie der seinige die der Welt zugekehrte Seite der Gottheit darstellt und die Materie belebend und gestaltend durchdringt. Die Gottheit Christi beruht also in der Bibel selbst auf Voraussetzungen, die letzten Endes auf die Stoa als ihre vornehmste Quelle zurückweisen.

Ebendahin weist auch die paulinische Allegorik. Schon vor Zenon empfand man das Bedürfnis, den zumteil läppischen Göttersagen einen tieferen Sinn unterzulegen; doch waren die bezüglichen Versuche selten und noch höchst unvollkommen. Erst die Stoiker haben in ihrem Bestreben, die dem Untergange verfallene Volksreligion zu retten, das Geschäft der Umdeutung in dem Masse planmässig und umfassend betrieben, dafs sie mit Recht als die eigentlichen Väter der Allegorik gelten können. Zeus bedeutet ihnen den Äther, Hera die Luft, Aphrodite die Unbesonnenheit, Athene die Vorsehung, Athenens Beiname Tritogeneia die drei Teile der Philosophie, die man übrigens auch in der Dreiköpfigkeit des Höllenhundes vorgebildet fand; kurz, alle Götter, Göttinnen und Heroen werden von ihnen samt ihren Eigenschaften und Verrichtungen in sittliche oder physikalische Begriffe aufgelöst. Von den Stoikern ging dann die Allegorik auch auf die alexandrinischen Religionsphilosophen über, die nun das alte Testament durch dieselbe Brille ansahen, wie jene die homerischen, orphischen und hesiodischen Gedichte. In Adam erblickt Philon die irdische Vernunft, in Abel die Frömmig

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