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VI. Die Ethik der älteren Stoa.

Das Denken der Stoa ist in erster Linie auf das sittliche Handeln, auf die praktische Bewährung gerichtet, und zwar in noch höherem Grade als dies bei Sokrates der Fall war. Es ist also ganz natürlich, dafs sie die höchste Aufgabe der Philosophie nicht in der Logik oder Physik, sondern in der Ethik findet. Hinsichtlich der Frage, welche Unterabteilungen innerhalb der Ethik zu machen seien, herrschte aber, wie es scheint, grofse Meinungsverschiedenheit. Nach einer Mitteilung des Diogenes von Laerte unterschieden die Anhänger des Chrysippos und anderer Schulhäupter die Lehre von den Trieben, von den Gütern und Übeln, von den Affekten, von der Tugend, vom Endziel, vom höchsten Gut, von den Handlungen und Pflichten, während Zenon selbst einfacher verfahren haben soll. Allein die Einteilung Zenons ist uns nicht näher bekannt und die vorhin erwähnte einiger seiner Nachfolger ist so durcheinander geworfen, dafs sich so gut wie nichts damit anfangen läfst. Ich lege deshalb die in der neueren Ethik übliche Dreiteilung zu Grunde und spreche zuerst von den Gütern und Übeln, dann von den Tugenden und Lastern und zuletzt von den Pflichten.

1) Nichts ist dem Menschen tiefer eingeprägt und deshalb nichts berechtigter als der Trieb sich selbst zu erhalten, glücklich zu sein. Unter allen Gütern

des Lebens ist daher auch die Glückseligkeit das höchste. Worin besteht aber die Glückseligkeit? Diese Frage haben die Stoiker dem Wortlaute nach verschieden, der Sache nach aber gleich beantwortet. Die nächstliegende Antwort war die, dafs der Mensch mit sich selbst, mit seiner eigenen Natur in Übereinstimmung leben müsse. Da jedoch nach der stoischen Grundanschauung der Mensch nur dann das Richtige trifft, wenn er den Naturgesetzen gemäfs handelt, unter die er gestellt ist, so konnte man die Übereinstimmung mit sich selbst ebenso gut auch Übereinstimmung mit der Natur des Ganzen nennen und also denjenigen für glücklich erklären, welcher dieser Natur des Ganzen gemäfs lebe und folglich nichts thue, was mit dem Weltlauf, mit den Naturgesetzen oder, was für die Stoa dasselbe ist, mit dem Willen der Gottheit im Widerspruch steht. Dieses naturgemässe und deshalb vernünftige Leben ist aber nichts anderes als das tugendhafte Leben; die Glückseligkeit besteht daher, kurz gesagt, in der Tugend. Die Tugend nämlich hat nicht nötig, ihren Lohn aufser sich zu suchen, sie trägt ihn in sich selbst, ihr Besitz ist unmittelbar beseligend. Sie ist deshalb, wie die Stoa es auszudrücken pflegt, zur Glückseligkeit vollkommen ausreichend. Tugend und Glückseligkeit sind eines und dasselbe.

Fragen wir nun näher, wie sich die Glückseligkeit äussere, so wollen die Stoiker im Gegensatze zu Aristippos und Epikuros jedes Lustgefühl von vorn herein ausgeschlossen wissen; denn die Lust versetze Weygoldt, Philosophie der Stoa.

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uns in einen Zustand des Leidens und der Abhängigkeit und könne somit niemals ein Gut für uns sein. Allerdings sei es unvermeidlich, dafs wir nach jeder tugendhaften Handlung ein Gefühl des Genusses, der inneren Befriedigung empfinden. Allein diese Befriedigung dürfe weder der Grund sein, weshalb wir Tugend üben, noch sei sie das Endziel unseres Naturlebens, welches nur auf Selbsterhaltung, nicht auf Lust abzwecke. Sie sei blofs ein Zuwachs, ein zu unserm sittlichen Handeln zufällig Hinzukommendes, das wir dankbar hinnehmen, ohne unsere innere Freiheit aufzugeben. Der Höhepunkt des Glückes stelle sich nicht als Hingabe an den Genufs dar, sondern als Unabhängigkeit von demselben, als Freiheit von den Begierden, als Erhabenheit über alle Unruhe, mit welcher das Trachten nach Lust unser Gemüt zu erfüllen pflegt. „Das glückliche Leben", sagt Seneca) echt stoisch,,,besteht darin, dafs der Geist frei und hochgesinnt ist, und unerschrocken und standhaft, von Furcht und Begierde unangefochten, dem es nur ein Gut giebt, die Sittlichkeit, und nur ein Übel, die Unsittlichkeit, dem alles andere wertlose Dinge sind, weder schmälernd das glückliche Leben noch es fördernd, kommend und scheidend, ohne dass das höchste Gut vermehrt oder vermindert würde. Wer solchen Grund in sich hat, dem mufs, sie mag wollen oder nicht, ununterbrochene Heiterkeit zur Seite gehen und hohe Freudigkeit, die aus dem Innersten stammt und sich nur

*) Vom seligen Leben, 4.

dessen freut, was ihr Eigentum ist, und nichts Grösseres wünscht als was sie selbst hat."

Die Glückseligkeit ist das höchste und, weil sie mit der Tugend zusammenfällt, das einzig wahre Gut. Was ihr widerspricht, ist ein Übel. Was weder ein Gut noch ein Übel ist, bezeichnet die Stoa als Adiaphoron, als Gleichgültiges. Zu den gleichgültigen Dingen zählt sie alles, was nicht völlig von uns selbst abhängt, also die Schönheit, die Ehre, den Reichtum und die Gesundheit so gut als die Häfslichkeit, die Schmach, die Armut und Krankheit. Ja selbst das Leben ist nach dieser Voraussetzung kein Gut und ebensowenig der Tod ein Übel. Diese schroffe Unterschätzung alles dessen, was die Menschen gewöhnlich zu den höchsten Gütern zu rechnen pflegen, musste natürlich auf Schwierigkeiten stofsen, sobald man daran ging, sie praktisch durchzuführen. Sie war überdies auch in den Voraussetzungen des Stoicismus nur schlecht begründet; denn er selbst hat, wie wir vorhin sahen, das Streben nach Glückseligkeit auf den Selbsterhaltungstrieb stützen und damit zugestehen müssen, dass auch diejenigen Dinge wünschenswert seien, welche der sinnlichen Seite unsers Daseins zur Förderung gereichen. Die Stoiker fingen deshalb schon frühe an, die sogenannten gleichgültigen Dinge abermals in drei Klassen einzuteilen, nämlich erstens in begehrenswerte, wie Geistesgaben, Gesundheit, Schönheit, Reichtum, Ehre, zweitens in nicht begehrenswerte, wie geistige Beschränktheit, Krankheit, Häfslichkeit, Armut und Schande, und drittens in völlig

gleichgültige Dinge, also Adiaphora im engern Sinne, wie z. B. die Frage, ob ich den Becher mit der rechten oder linken Hand zum Munde führen soll.

Die Zulassung von begehrenswerten Dingen, also von Gütern zweiten Ranges und Wertes, wurde aber für die stoische Philosophie äusserst verhängnisvoll. Man verwahrte sich nämlich wohl gegen den Einwand, dafs der Begriff des Begehrenswerten die Selbstgenügsamkeit und Unabhängigkeit des Weisen beeinträchtige, und man half sich dabei mit dem Satze des Chrysippos, dass der Weise von den begehrenswerten Dingen zwar Gebrauch mache, ihrer aber nicht bedürfe und sie also auch nicht entbehre, wenn sie ihm nicht zur Verfügung seien. Allein trotzdem kamen schon manche der älteren Stoiker in Gefahr, Dinge für wünschenswert, beziehungsweise für zulässig zu erklären, die sich mit ihren eigenen Voraussetzungen nur schlecht vertrugen. Und wenn wir bei Lukianos wiederholt lesen, dafs seine Zeitgenossen aus der Stoa trotz ihrer sonstigen Sittenstrenge und Achtbarkeit doch gerade so geldgierig und gerade so grofse Schmarotzer waren als die Angehörigen der übrigen Philosophenschulen, so war dies vielfach auf Rechnung der Begriffsverwirrung zu setzen, die infolge der Annahme von begehrenswerten Dingen neben dem eigentlich einzigen Gute der Tugend entstehen musste.

2) Mit der Lehre von den Gütern und Übeln sind bei den Stoikern die Begriffe von Tugend und Fehler aufs engste verknüpft. Die Glückseligkeit soll, wie wir wissen, im naturgemäfsen Leben bestehen. Dieses

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