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Allein von zwei Guten ist der reichere darum nicht auch der bessere, sowenig als man von zweien, die sich auf die Kunst des Ruderns gleich gut verstehen, denjenigen für besser erklären wird, welcher das grössere und ansehnlichere Fahrzeug besitzt. Worin geht also Jupiter dem guten Manne vor? Er ist länger gut! Allein der Weise schätzt sich darum nicht geringer, weil seine Tugenden durch eine kürzere Zeit begrenzt sind. Wie von zwei Weisen der, welcher als Greis stirbt, nicht glücklicher ist als der, dessen Tugend auf wenige Jahre beschränkt wurde, so übertrifft auch Gott den Weisen nicht an Glückseligkeit, weil er ihn an Dauer übertrifft. Die Tugend, welche länger währt, ist nicht auch die gröfsere. Jupiter besitzt alles, aber er hat es andern zu besitzen gegeben. Er macht nur den einen Gebrauch davon, dass er es alle gebrauchen läfst. Mit demselben Gleichmut wie Jupiter sieht aber auch der Weise alles in fremden Händen und verachtet es zugleich; ja er stellt sich insofern noch über Jupiter, als dieser es nicht gebrauchen kann, der Weise aber es nicht will."

Angesichts solcher Übertreibungen findet man gewifs die Frage begreiflich, welche Lukianos in seinem ,,Hermotimos" aufwirft: „Hast du jemals einen solchen Stoiker, der den Gipfel der Vollkommenheit erklommen, kennen gelernt, einen Mann also, der sich nie betrübte, nie von Sinnlichkeit hingerissen werden konnte und der über Neid, Zorn und Geldliebe erhaben und so vollkommen selig war, wie das Musterbild sein muss, dessen Leben als Norm eines in Tugendübung ver

brachten Lebens gelten soll?" Und ebenso begreiflich wird man auch die Antwort finden:,,Ich gestehe, dass ich einen solchen Stoiker noch nie gefunden habe". Die Stoiker selbst pflegten auf die Frage, wer denn ihrem Ideale eines Weisen bis jetzt entsprochen habe, nur einen einzigen der ihrigen zu nennen, den jüngeren Cato, ferner allenfalls noch einen Sokrates, Antisthenes und Diogenes und in der mythischen Vorzeit einen Odysseus und Herakles. Die Forderungen, die sie an den Weisen stellten, waren ein Ideal, dem in der Wirklichkeit kaum jemand entsprach oder entsprechen konnte, und die Zurücksetzung der übrigen Menschheit war so mafslos, dafs sie selbst das blödeste Auge beleidigen musste. Sie scheinen dies selbst tief genug empfunden zu haben; denn sie suchen schon ziemlich früh die schroffe Unterscheidung der Menschen in Weise und Thoren dadurch zu mildern, dafs sie zwischen beide eine Klasse von,,Fortschreitenden" einschieben und schon diesen Zustand des Fortschreitens für einen grofsen Gewinn erklären. Sie erlauben sogar dem Weisen den Schmerz zu fühlen und finden nichts Vernunftwidriges darin, wenn, wie Zenon sich ausdrückt, nach Heilung der Wunde noch eine Narbe zurückbleibt. Nur verlangen sie, dass der Weise den Gemütsbewegungen und allen Übeln, die von aufsen an ihn herantreten, die innere Zustimmung versage, ihnen also wenigstens eine Art passiven Widerstandes entgegensetze.

3) Die Idee des Guten ist in den Weltplan eingeschlossen, die Verwirklichung des Guten ist daher

ein Gebot der Natur selbst.

Weil aber der Mensch als Vernunftwesen nur ein Glied in der Kette der Weltordnung darstellt, so entspricht die Idee des Guten auch seinem eigensten Wesen und wird für ihn die Erfüllung dieser Idee zur unmittelbaren Pflicht. Nicht persönliches Belieben oder menschliche Satzung ist es, worauf die Pflicht beruht; es ist ein ewiges Gesetz der Vernunft und folglich, wie Kant es bezeichnet, ein kategorischer Imperativ, dem sich niemand entziehen darf. In der That liegt auch nach der Ansicht der Stoiker in jedem Menschen ein von der Natur eingepflanzter Trieb, der ihn auf die Erfüllung des Guten hinweist, und wenn er in Folge der Schwäche aller menschlichen Einsicht einer falschen Wertschätzung der Dinge und somit einem Affekte nachgeben will, so warnt ihn ein natürliches Widerstreben (apogun), das sich in seinem Innern regt und die Stelle jenes treuen Freundes vertritt, der als Stimme des Gewissens uns allen wohl bekannt ist.

Der Idee des Guten gegenüber giebt es nur entweder Pflichterfüllung oder Pflichtverletzung, keine Halbheit. Die Pflichterfüllung selbst läfst aber zwei Möglichkeiten zu. Wie es nämlich Handlungen giebt, die an sich gut sind und zugleich aus innerer Hingabe an das Gute hervorgingen, und andrerseits Handlungen, die an sich gut sind, jene Hingabe aber nicht zur Voraussetzung haben, so giebt es auch eine Pflichterfüllung, die blofs äufserlich ihrem Gegenstande gerecht wird, und eine solche, die aufserdem auch aus guter Gesinnung entsprang. Nur diese letztere Pflicht

erfüllung ist eine vollkommene, ein Katorthoma, wie es die Stoiker nennen. Kants Unterscheidung des moralischen und des blofs legalen Handelns ist wie so manches, was der grofse Königsberger Philosoph in seiner,,Kritik der praktischen Vernunft" und in seiner,, Religion innerhalb der Grenzen der blofsen Vernunft" sagt, ähnlich schon von der Stoa vorgetragen worden. Was sodann die Zahl und Einteilung der Pflichten betrifft, so sind diese durch die Güter bedingt, auf welche sich die Pflichterfüllung letzten Endes bezieht. Die Stoa kennt nun im Grunde blofs ein Gut, nämlich die Tugend oder Glückseligkeit; sie sollte deshalb auch nur von einer einzigen Pflicht sprechen, nämlich von der Tugendübung überhaupt. Allein schon die ältesten Stoiker haben, wie wir sahen, unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse dem einen und höchsten Gute noch eine unbestimmte Anzahl von wünschenswerten Gütern beigesellt, und im Hinblick darauf musste auch eine Mehrheit von Pflichten angenommen werden. Ich beschränke mich jedoch auf die kurze Angabe, dass man vollkommene" und ,,mittlere" Pflichten unterschied; denn jene Annahme von wünschenswerten Dingen neben dem alleinigen Gute der Glückseligkeit hat wie in der Güterlehre der Stoiker so auch in ihrer Pflichtenlehre eine solche Verwirrung und Unsicherheit hervorgerufen, dass es sich nicht der Mühe lohnt, hier näher darauf einzugehen.

Interessanter dürfte sein zu sehen, wie der stoische Philosoph seine Pflichten gegen sich selbst, gegen die

Mitwelt und gegen die Gottheit praktisch durchführte.

Die Verwandtschaft der Stoa mit dem Kynismus springt nirgends so deutlich ins Auge als da, wo es sich um die Rechte und Pflichten des Menschen als eines Einzelwesens handelt. Das Individuum wird hier gerade so völlig auf sich selbst gestellt und der Gemeinschaft gegenüber gerade so wichtig gemacht als bei Antisthenes. Es wird zwischen dem Äusseren und Inneren, der Gesinnung und der That schroff unterschieden und nur das Innere, die Gesinnung, als massgebend angesehen. Aus dieser Auffassung ergaben sich dann so manche Verstöfse, die sich die stoische Doktrin gegen das Herkommen und die öffentliche Sitte zu schulden kommen liefs. So soll Zenon geraten haben, die Leichname der Verstorbenen den Raubtieren zu überlassen, und Chrysippos soll den Genufs des Menschenfleisches, selbst des der nächsten Verwandten, theoretisch zulässig gefunden haben. Dass sie die Weibergemeinschaft für richtiger als die Ehe hielten, konnte in dem Umstande eine gewisse Entschuldigung finden, dafs sie auch Platon für seinen Idealstaat vorgesehen und dadurch gewissermassen legitimiert hatte. Allein sehr bedenklich war, dafs sie die Ehe unter den nächsten Blutsverwandten, ferner die gewerbsmäfsige Unzucht, ja selbst die Knabenliebe billigten und die Frau hinsichtlich der Kleidung so sehr dem Manne genähert sehen wollten, dass das Schicklichkeitsgefühl hätte verletzt werden müssen. Das alles waren Ausflüsse ihrer Meinung, dafs sich

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