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ebensowenig ist es ein Zufall, dafs das religiöseste aller philosophischen Systeme des Altertums, der Stoicismus, von einem Halborientalen und das religiöseste aller neueren Systeme, der spinozistische Pantheismus, von einem Semiten erdacht wurde.

Aus der halborientalischen Herkunft der Stoa möchte ich schliesslich zum guten Teile wenigstens auch ihren Kosmopolitismus erklären. In den grofsen Staatsganzen Asiens wohnten die verschiedenartigsten Volksstämme seit Jahrhunderten ebenbürtig neben einander. Das Bewusstsein der Gleichheit ihrer Rechte oder Rechtlosigkeit, ihrer Freuden und Leiden lehrte sie sich gegenseitig ertragen, sofern nicht religiöse Bedächtigkeit, wie in Palästina, künstliche Schranken zog. Es ist namentlich das Verdienst der persischen Ära, dass der Gedanke der Gleichberechtigung, der Duldung und gegenseitigen Achtung unter den Völkern des Morgenlandes verhältnismässig tiefe Wurzeln schlug. Den Bewohnern von Hellas war dieser Standpunkt bis in die Zeiten des grofsen Alexandros fremd. Der Mensch fängt nach ihrer Auffassung erst mit dem Griechen an, die Nichtgriechen sind Barbaren und noch Aristoteles findet es billig, dafs der Hellene über die Asiaten wie über Sklaven gebiete. So viele und grofse Ideen von Athen, dem geistigen Mittelpunkte des Hellenentums, ausgehen mochten, die Idee des Weltbürgertums war eine von aufsen eingeführte Ware.

Freilich hat der Stoicismus in Griechenland für vieles auch einen wohlvorbereiteten Boden gefunden.

Was zunächst den Gedanken des Kosmopolitismus betrifft, so hatte schon der König Philippos die griechische Selbständigkeit gebrochen und eine Annäherung der Vollgriechen und der halbbarbarischen Stämme des Nordens angebahnt. Alexandros hatte dann das persische Weltreich niedergeworfen und den Prozess einer dauernden Verschmelzung der griechischen und asiatischen Kultur eingeleitet. Mochte auch seine makedonische Umgebung sich gegen die Fremdlinge vornehm und mifsmutig abschliefsen und mochte es der hellenischen Eitelkeit schwer fallen, die Überwundenen als gleichberechtigte Glieder desselben Staatsganzen zu achten, durch den Siegeslauf des ruhmgekrönten Helden war und blieb die Scheidewand niedergerissen, die das Morgen- und Abendland bisher getrennt hatte. Zenon brachte den weltbürgerlichen Standpunkt schon aus seiner Heimat mit; allein er kam in einer Zeit nach Athen, in welcher diese Idee ganz Griechenland beschäftigte und bei manchem hochgebildeten Hellenen schon zur Lieblingsidee geworden war. Der Stoicismus leistete theoretisch und wissenschaftlich, was Alexandros und seine Nachfolger praktisch durchführten. Aus diesem glücklichen Zusammentreffen erklärt sich der günstige Eindruck, den der stoische Kosmopolitismus auf die Zeitgenossen machte, und teilweise wohl auch die auffallende Vorliebe des makedonischen Königs Antigonos für unsern Philosophen.

Ähnlich verhält es sich mit der religiösen Richtung der Stoa und ihrer allegorischen Deutung des Götter

glaubens. Als Zenon auftrat, war die naive Auffassung der alten Zeit, dafs es eine Vielheit von Göttern gebe, welche das Gute belohne und das Böse ahnde, längst hinfällig geworden. Der Bruch hatte sich in der Mitte des fünften Jahrhunderts eingeleitet. Schon Euripides läfst Bedenken laut werden, ob sich alles, was die Sagen berichten, in Wirklichkeit so zugetragen habe, ob der Zeus der Volksreligion überhaupt existiere, ob der Glaube an Weissagung und an das Jenseits sich mit der Vernunft vertrage. Aristophanes bekämpft in seinen Lustspielen die Aufklärung seiner Zeit und steht nicht an, sogar einen Sokrates vor dem Pöbel zu verdächtigen. Allein ,, er selbst giebt nicht bloss in einzelnen Äusserungen, sondern auch in ganzen Auftritten und Stücken die Götter samt ihren Priestern mit so übermütiger Ausgelassenheit preis, er zieht sie mit so derber Kritik nicht bloss ins Menschliche, sondern recht ausdrücklich ins Niedrige und Gemeine herab, er hebt die moralischen Blöfsen ihrer Menschenähnlichkeit so nackt und geflissentlich hervor, er lässt die Götter- wie die Menschenwelt in einem so tollen Wirbel sich herumdrehen, dass es weder dem Zuschauer, der sich an dieser verkehrten Welt belustigt, noch dem Dichter mit der Ehrfurcht vor Wesen sehr ernst sein kann, welche seiner Phantasie so bereitwillig und rückhaltlos zu Diensten sind". *) Und was die Dichter nur behutsam andeuteten, wurde von den berühmtesten Sophisten

*) Zeller, Phil. d. Gr. II. a. 25.

und ihren Jüngern ohne Umschweife ausgesprochen. So beginnt Protagoras ein Buch mit den Worten, er wisse nicht, ob es Götter gebe oder nicht; denn vieles verhindere dies zu wissen, die Dunkelheit der Sache selbst und die Kürze des menschlichen Lebens. Prodikos erklärt den Götterglauben aus der Gewohnheit der früheren Geschlechter, Sonne, Mond, Wasser, Brot, Wein, Feuer, kurz alles, was sich als nützlich erwies, als göttliche Wesen zu verehren. Kritias endlich, das sophistisch geschulte Haupt der dreifsig Tyrannen, macht gar kein Hehl aus seiner Ansicht, dafs die Götter die Erfindung irgend eines schlauen Staatsmannes seien, der den grofsen Haufen zum Gehorsam gegen die Gesetze habe bringen wollen.

Im vierten Jahrhundert hatten besonders die Anhänger der kynischen und kyrenaischen Schule die Bekämpfung der herkömmlichen Religion sich zur Aufgabe gemacht. Die freie und nicht selten polemische Haltung, die ein Diogenes gegenüber den Priestern und Opfern einnahm, haben wir schon früher kennen gelernt. Was andrerseits die kyrenaische Schule betrifft, so liegt auf der Hand, dass Männer, die nur den Augenblick geniessen und sich dabei weder durch Vergangenes noch Zukünftiges stören lassen wollten, auch von allen religiösen Rücksichten und Bedenken sich gänzlich frei halten mussten. Theodoros aus Kyrene verkündete demgemäfs unverhohlen, dafs es keine Götter gebe, und erhielt dafür den Beinamen des,,Atheisten". Den härtesten Stofs erlitt die Volksreligion aber durch Euemeros, den man gleichfalls

zur kyrenaischen Schule zu rechnen pflegt und der als Typus der Freigeisterei jener Zeit die besonderste Beachtung verdient. ,,Ein kenntnisreicher Mann voll Witz und Lebenserfahrung, der wie Pyrrhon den grofsen Alexandros auf seiner morgenländischen Heerfahrt begleitete und dann von dem makedonischen König Kassandros an die Spitze einer Entdeckungsreise vom südlichen Arabien nach dem indischen Weltmeer gestellt wurde, benutzte Euemeros nach seiner Rückkehr seine vielfachen Erfahrungen und Kenntnisse zu einem wohlvorbereiteten Sturmanlauf gegen den morschen Volksglauben. Er verfafste nämlich ein Werk mit dem Titel „,Heilige Geschichte“, in welchem er durch angebliche Urkunden und Inschriften, die er auf seinen Reisen in einem Tempel der glückseligen Insel Panchäa entdeckt haben wollte, den Beweis zu geben suchte, dafs die im griechischen Volkskultus verehrten Wesen nur vergötterte Menschen, die gesamte hellenische Götterwelt somit nur ein Erzeugnis der List, des Betrugs und Unverstandes seien, eine Ansicht, die dem Polytheismus alle tiefere Bedeutung und ideale Unterlage raubte, den heidnischen Volksglauben zu einem Gaukelspiel, zu einem glatten, inhaltsleeren Formelwesen herabwürdigte, und das geheimnisvolle Band zwischen Glauben, Wissen und sittlichem Gefühl zerrifs. Die anziehende Darstellung des in volkstümlicher Sprache verfassten, mit vielen Götter- und Heldensagen bereicherten Werkes mit dem romantisch ausgeschmückten orientalischen Hintergrund und der reichen Farbenpracht der indischen

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