8. Kein Auge wird mich [wieder] erblicken, Du schaust nach mir - und ich bin nicht mehr! 9. Es schwindet die Wolke, und fähret hin, So wer ins Grab finkt, steiget nicht wieder empor. 10. Nicht wieder kehret er in sein Haus, Ihn erkennet nicht mehr sein Wohnort. 11. Drum will ich auch nicht hemmen den Mund, 12. Bin ich ein Meer, ein Ungeheuer, 14. Da schreckest du mich mit Träumen, Und mit Gesichten ångstigst du mich. 15. Lieber wählte mein Herz Vernichtung *), Lieber den Tod, als dieß Gerippe. 26. Ich schwinde **), nicht ewig werd' ich leben: Laß von mir, ein Nichts sind meine Tage! 17. Was ist der Mensch, daß du ihn würdigest, Daß du Acht hast auf ihn, 18. Und nach ihm siehest jeden Morgen, Jeden Augenblick ihn prüfest? 19. Wie lange willst du nicht wegblicken von mir, Mir nicht Ruhe gönnen, einen Athemzug ***)? 20. Hab ich gesündigt, was that ich dir, Menschen : Bes obachter, Warum wählest du mich dir zum Gegenstand †), "Eig. Erstickung. ") And. ich verschmähe (mein Leben.) ***) Eig. So lange als ich meinen Speichel verschlucke. 4) D. h. der Wuth, der Feindseligkeit. And. Aergerniß. 3ter Theil. 1. 21. Barum vergisst du nicht meine Schuld, Und vergissest nicht mein Vergehen? Denn bald lieg' ich im Staube, Du suchest mich - und ich bin nicht mehr. Cap. VIII. Bildad: Hiobs Unglück fey verfchuldet; durch Frömm gkeit könne er sein voriges Glück wieder erlangen; nur der Böse sen 21 17 glücklich.' A 1. Und es antwortete Bildad, der Suchåer, und sprach: 2. Wie lange willst du dergleichen reden, Ein heftiger Sturm die Worte deines Mundes? 3. Soll Gott beugen das Recht, Und der Höchste beugen die Gerechtigkeit ? So wird er sich_dein erbarmen*), Und das Künftige wird sehr wachsen. 8. Denn frage nur das vorige Geschlecht, 9. (Denn von gestern sind wir, und wissen nichts, *) Gew. über dir wachen. **) And. Wär auch dein neuer Anfang klein. ***) And. und merke dir, was ihre Väter erforschten. 11. Siehe es sproßen Binsen im Sumpf, „Es wächset Riedgras am Wasser *), 12. „Noch grünet es, nicht gemåhet ists, „Und doch vor allem Gras welkt es: 13. „Also das Geschick aller Gottvergeßnen, „So schwindet die Hoffnung der Gottlosen; 14. „Vernichtet wird **) sein Vertrauen, „Und Spinngewebe ist seine Stüße. ***) 15. „Er lehnt sich an seine Stüße, und sie wanket, „Er greift darnach, und sie stehet nicht fest. 16. „Saftvoll grünet er im Sonnenschein, „Und über den Garten hin laufen die Ranken; 17. „Aber um Felsen flicht er seine Wurzeln, „Auf Steinschicht dringet er, t 18. „Und reißet man ihn aus seiner Stelle, „So verleugnet sie ihn: „„ich sah dich nicht!" 19. „Siehe! solches ist die Luft seines Geschicks, „Und aus dem Boden sproßen andere." 20. Siehe! Gott verwirft nicht den Frommen, Und reichet nicht den Bösen die Hand. 21. Noch wird er mit Freude füllen deinen Mund, Und deine Lippen mit Jubel; 22. Deine Hasser wird Schande decken, Und die Hütte des Frevlers nicht mehr seyn. *) Elg. Sproßen Binfert ohne Sumpf, wächst Riedgras ohne Wasser? **) Gew. Es ekelt ihn. ***) Eig. Haus. Näml. und verdorret. Und. Halten dieß für Beschreibung des üppigen Bachsthums. 1 Cap. IX. X. Hiob: mit Gott könne freylich der Mensch nichi rechten, ob er fich gleich unschuldig wiffe; aber er getraue sich, mit einem minder Mä ch tigen u rechten. Gott fotte doch sein Ge fchöpf fchonen, deffen Leben ohnehin fura fen. 1. Und es antwortete Hiob, und sprach: 2. Fürwahr! ich weiß es, also ists, Welcher Mensch ist gerecht vor Gott? Nicht antwortet er ihm eins von tausend. 6. Er rüttelt die Erde von ihrer Stelle, 7. Er befiehlt der Sonne, daß sie nicht aufgeht, 8 Er senket den Himmel, er allein, Und wandelt über die Wogen des Meeres; 9. Er schuf den Båren, Orion und die Plejaden, Und die verhüllten Gestirne des Südens. 10. Er that Großes, das nicht zu erforschen, Und Wunderbares, das nicht zu zählen. 11. Siehe! er dringet auf mich ein*) ich seh ihn nicht, Er rennet an **) und ich werde sein nicht ges wahr! 12. Siehe! er packet, wer hålt ihn zurück? Wer spricht zu ihm: was thust du? 13. Gott låßet nicht ab von seinem Zorn, *) And. gehet an mir vorüber. **) And, er gehet vorbey. 14. Und ich, ich sollte mit ihm rechten, Und meine Worte wählen gegen ihn? 15. Obgleich schuldlos, würd' ich nicht rechten, Zu meinem Richter fleht' ich um Gnade; 16. Nief' ich, und er antwortete mir, Doch glaubt ich nicht, daß er mich hörete, 17. Er, der im Sturme mich zerschmettert, » Und meine Wunden mehret unverdient, 18. Nicht mir gestattet Odem zu holen, Und mich sättiget mit bitterm Weh! 19. Gilt es Kraft des Starken: „hier bin ich!" [spricht er], Und gilt es Recht: „wer fodert mich ?« *) 20. Obgleich ich schuldlos, mein Mund würde mich verz dammen, Obgleich unsträflich, er klagte mich an, 21. Obgleich unstråflich, ich verkennte mich selber, **) Gåbe preiß mein Leben. Den Unschuldigen wie den Schuldigen tilgt er. 23. Wenn nur die Geißel tödtete jählings, Aber er spottet des Jammers der Unschuldigen! 24. Die Erde ist preiß gegeben dem Frevler, Den Blick der Richter verhüllet er. Ist Er es nicht, wer ists? 25. Und meine Tage eilen schneller als Läufer, Sie fliehen, und sahen kein Glück; 26. Hinfahren sie gleich Kähnen auf reißendem Strom ***), Wie ein Adler stürzt auf die Beute. *) zum Gericht. **) And. ich kümmerte mich nicht um mein Leben. **) And. Binsenkähne u. f. w. |