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Christentum und Stoizismus.

Von

Lic. Dr. Johannes Leipoldt,

Privatdozenten an der Universität Leipzig.

Es ist eine alte Wahrheit, dafs das Christentum in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens sehr enge Beziehungen zum Griechentume unterhalten hat, besonders zur griechischen Philosophie. Den ersten hervorragenden Gegnern des Christentums, Celsus und Porphyrius, aber auch den christlichen Theologen selbst stand diese Tatsache klar vor Augen. Das Mittelalter vergafs sie. Aber in der Reformationszeit ward sie wieder entdeckt. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde sie gar auf den Gassen gepredigt und von den Freunden und Feinden des alten Glaubens lebhafter erörtert, als je zuvor.

Heute scheint jene alte Wahrheit allerdings unmodern geworden zu sein. Die neu aufgegangene Sonne Babyloniens, Persiens, Indiens hat den Hellenismus überstrahlt. Das ist psychologisch sehr verständlich. Alle neuen Erkenntnisse fesseln uns zunächst so stark, dafs wir die alten leicht über ihnen vergessen. Gleichwohl will es mir sehr merkwürdig erscheinen, dass jetzt die hellenistischen Einwirkungen auf das Christentum so sehr in den Hintergrund getreten sind. Es liegt mir ferne, die Verdienste der Orientalisten um die älteste Kirchengeschichte zu schmälern. Aber wie ich glaube, haben orientalische Einflüsse, wenn man von den jüdischen absieht, immer nur in der Peripherie des Christentums sich

Zeitschr. f. K.-G. XXVII, 2.

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geltend gemacht. Nur einmal hat der Orient deutlich in die Geschicke der Gesamtkirche eingegriffen: damals, als die dualistische Gnosis ihren Siegeslauf durch die Mittelmeerländer nahm. Aber was der Gnostizismus an Orientalischem enthielt, war fast alles schon durch das Medium des Griechentums gegangen und so erst hellenisiert worden, ehe es christlich ward. Unmittelbar beeinflusst hat der Geist des Morgenlandes nur die orientalischen Volkskirchen, die im 3., 4. und 5. Jahrhundert entstanden. Sie sind leider bisher nur ungenügend erforscht, und über die Wirkungen, die sie vielleicht auf die Grofskirche ausgeübt haben, können wir zur Zeit wenig Sicheres sagen. Bedeutungsvoller sind jedenfalls die Berührungsflächen zwischen Hellenismus und Christentum. Hat man doch z. B. wagen können, die gesamte Weltanschauung Jesu als ein Erzeugnis des jüngeren Stoizismus zu bezeichnen (Bruno Bauer). Es ist deshalb vielleicht gerade in unserer mit der Weisheit des alten Orients durchtränkten Zeit gerechtfertigt, wieder einmal von der alten Wahrheit zu reden, dafs zwischen Griechentum und Christentum sehr viele Beziehungen bestehen. Ich greife aus. dem unerschöpflichen Materiale ein Teilstück heraus, das verhältnismässig wenig umfangreich ist und noch nicht oft. systematisch behandelt wurde: die Beziehungen des Christentums zur stoischen Philosophie 2.

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Es kann kein Zweifel sein, dafs solche Beziehungen vor-

1) Allerdings darf nicht vergessen werden, dafs der Hellenismus: kein reines Erzeugnis des Griechentums ist, sondern mancherlei Morgenländisches in sich aufgenommen hat. Das gilt z. B. von der stoischen Philosophie, die hauptsächlich von Männern vertreten ward, dienicht reine Griechen waren, und orientalische Einflüsse wohl nicht nur in der Gesamthaltung, sondern auch in Einzelheiten (Schutzengel der Menschen, in der Luft hausende Dämonen) erkennen läfst.

2) Vgl. Feine, Stoizismus und Christentum, in Hölschers Theo-logischem Literaturblatte XXVI, 1905, Sp. 65-69. 73-80. 89-91.. 97-102 (auf Grund von: Stoicorum veterum fragmenta collegit Joannes ab Arnim, Leipzig 1903, II und III). Dazu: Theodor Zahn, Der Stoiker Epiktet und sein Verhältnis zum Christentum, 2. Auflage, Erlangen und Leipzig 1895 (vgl. Wendland, Theologische Literatur-zeitung XX, 1895, Sp. 493-495).

handen waren. Sie werden durch die sichersten äusseren Zeugnisse als wirklich erwiesen. Erstens haben die Stoiker selbst sich mit den Christen verwandt gefühlt. Zwei ihrer bedeutendsten Vertreter, Epiktet und Mark Aurel 2, rühmen die Furchtlosigkeit und Todesfreudigkeit der christlichen Blutzeugen. Nur das finden sie auszusetzen, dass die Tugend der Christen mehr durch das Herkommen veranlafst ist, als durch philosophische Erwägungen 3. Und zweitens haben die Christen selbst gefühlt, dafs die Stoiker mit ihnen in manchen Dingen übereinstimmen. Justin der Märtyrer, und viele andere mit ihm, rühmen den Stoizismus, besonders seine Ethik. Die Christen späterer Zeiten sind sogar vor Fälschungen nicht zurückgeschreckt, um die stoischen Philosophen Seneka und Epiktet zu Vertretern ihrer eigenen Religion zu machen. Sie erfanden den bekannten Briefwechsel zwischen dem Apostel Paulus und Seneka und veröffentlichten christliche Bearbeitungen von Epiktets Handbüchlein (Encheiridion) 5.

In der Tat mufste schon der Uneingeweihte, der im 2. oder 3. Jahrhundert die Christen und die Stoiker aus

1) Dissert. IV, 7, 6: εἶτα ὑπὸ μανίας μὲν δύναταί τις οὕτω διατεθῆναι πρὸς ταῦτα καὶ ὑπὸ ἔθους οἱ (ich vermute (ὡς οἱ) Γαλιλαῖοι· ὑπὸ λόγου δὲ καὶ ἀποδείξεως οὐδεὶς δύναται μαθεῖν, ὅτι ὁ θεὸς πάντα πεποίηκεν τὰ ἐν τῷ κόσμῳ καὶ αὐτὸν τὸν κόσμον ὅλον μὲν ἀκώλυτον καὶ αὐτοτελῆ, τὰ ἐν μέρει δ ̓ αὐτοῦ πρὸς χρείαν τῶν ὅλων;

2) Εἰς ἑαυτόν ΧΙ, 3: οἵα ἐστὶν ἡ ψυχὴ ἡ ἕτοιμος, ἐὰν ἤδη ἀπολυθῆναι δέῃ τοῦ σώματος καὶ ἤτοι σβεσθῆναι ἢ σκεδασθῆναι ἢ συμμεῖναι. τὸ δὲ ἕτοιμον τοῦτο, ἵνα ἀπὸ ἰδικῆς κρίσεως ἔρχηται, μὴ κατὰ ψιλὴν παράταξιν, ὡς οἱ Χριστιανοί, ἀλλὰ λελογισμένως καὶ σεμνῶς καὶ ὥστε καὶ ἄλλον πεῖσαι (!), ἀτραγάδως. Tertullian (Apol. 50) sagt:,, Plures efficimur quotiens metimur a vobis; semen est sanguis Christianorum." Durch dieses Wort, dem die Erfahrung von Jahrhunderten zur Seite tritt, wird Mark Aurels Kritik gerichtet.

3) Es ist wohl auch kein Zufall, dafs Lucian von Samosata den Zyniker Peregrinus Proteus eine Zeitlang Christ sein läfst (die späteren Stoiker [Epiktet] waren von den Zynikern kaum verschieden). 4) Apol. II, 7. 13.

5) Die christlichen Scholien zu Epiktets Diatriben (Ausgabe von Schenkl, Leipzig 1894, S. lxxix und lxxxiii) behaupten, Epiktet habe die Evangelien gelesen (ebenso neuerdings Zahn a. a. O.).

der Ferne betrachtete, auf eine gewisse Verwandtschaft der beiden schliefsen. Beide vertraten Weltanschauungen, die nicht an- und abgelegt werden konnten, wie ein Kleid, sondern den ganzen Menschen verwandelten. So kam es, dass sie beide der grofsen Masse als Sonderlinge galten. Es ging ihnen, wie es allen geht, denen das Leben mehr ist als ein Vergnügen ohne Zweck und Ziel: man brachte ihnen selten Verständnis entgegen, sondern hatte nur spöttische Sticheleien für sie übrig. Die Heiden urteilten über einen christlichen Bekannten:,,Lucius Titius ist ein guter Mensch; wenn er nur kein Christ wäre"; ", ich wundere mich, dass Gajus Sejus ein Christ wurde; er war doch ganz vernünftig." Dieselben Worte konnte man hören, wenn irgend jemand sich den stoischen Philosophen anschlofs. Da hiefs es wobl: Da ist uns ja ein Philosoph vom Himmel gefallen"; ", woher hast du denn nur diese gerunzelte Stirn?" 2 Und wie das Volk, so urteilte auch die Regierung: sie betrachtete die Christen wie die Stoiker als Menschen, die der Wohlfahrt des Staates nicht gerade förderlich seien. Kaiser Nero hat beide verfolgt: selbst Seneka, der doch ein recht weltlicher Stoiker war, konnte sich nicht vor ihm retten 3.

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Sehen wir näher zu, so gewahren wir, dafs die Verwandtschaft der Christen und der Stoiker sich keineswegs auf ihre äufsere Erscheinung beschränkt, sondern auf einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Weltanschauung sich erstreckt. Wir verfolgen diese inneren Beziehungen in ihrer geschichtlichen Entwickelung.

I.

Dabei werden wir sofort vor eine auffallende Tatsache gestellt. Berührungspunkte zwischen Christentum und Stoizismus finden wir nicht erst in dem Augenblicke, in dem die Boten des Evangeliums unter Griechen auftreten. Nein:

2) Epict. enchir. 22.

1) Tertull. ad nat. I, 4. 3) Die Verwandtschaft der Stoiker mit den Christen erschien vielleicht deshalb noch grösser, weil die staatlich angestellten Lehrer der Philosophie in Athen, wie die Christen, auf bestimmte Lehrbekenntnisse verpflichtet wurden.

schon die Predigt Jesu zeigt eine unleugbare Verwandtschaft mit der Philosophie der Stoiker.

Es möchte auf den ersten Blick vermessen erscheinen, beide überhaupt zu vergleichen: auf der einen Seite eine nur lose verbundene Reihe religiöser und sittlicher Wahrheiten und Tatsachen, auf der anderen ein wissenschaftliches System. Aber wir dürfen eines nicht vergessen: der jüngere, römische Stoizismus, der in dieselbe Zeit wie das Urchristentum fällt und deshalb allein mit ihm verglichen werden darf, unterscheidet sich in seiner Gesamtstimmung sehr scharf von dem älteren, dem hellenistischen. Die römischen Stoiker L. Annäus Seneka († 65), Musonius Rufus († um 100), Epiktet (um 120) und Kaiser Mark Aurel († 180) sind noch viel einseitiger praktisch interessiert als Zeno und Chrysipp, die Väter des hellenistischen Stoizismus 1. Sie sind von teils bewufster, teils unbewusster Abneigung erfüllt gegen alle Wissenschaft, gegen Logik und Physik, ja selbst gegen die Theorie der Ethik. Sokrates und den Zynikern gleichen sie darin mehr als den Begründern ihrer eigenen Schule. Ja man sieht es dem alternden Stoizismus bereits an, dafs die Zeit nahe ist, in der die ethische Philosophie durch die Religionsphilosophie abgelöst wird. Sogar der Begriff der Erlösung war dem Stoizismus nicht ganz fremd. Er findet sich freilich dem Wortlaute nach wohl bei keinem ihrer Vertreter. Aber das will wenig sagen: auf das Wort kommt schliesslich nichts an, sondern nur auf die Vorstellung. Und dafs die Vorstellung von der Erlösung den römischen Stoikern nicht fremd war, lehrt z. B. die Tatsache, dafs Epiktet den Herkules schilderte fast wie die Christen. ihren Heiland: er ist der wahre Gottessohn, der durch sein Tun und Leiden alle gerecht und fromm macht. Die Vorstellung der Erlösung musste sich ja den Stoikern aufdrängen, sowie sie mit ihrem Determinismus einmal Ernst machten; das ist freilich selten genug geschehen. Jedenfalls ist so

1) Von den hellenistischen Stoikern kann nur der Chier Aristo mit den römischen verglichen werden.

2) Auch die Kirche hat eine begrifflich klare Vorstellung vom Wesen der Erlösung wohl erst im Laufe des Kampfes gegen die Gnosis

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