ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

tisch, und man sieht, dass aus den trübsinnigen Farben ein lichtes Gemüth hervorbricht, wie Sonnenstrahlen aus Nebelwolken. Sene mürrisch gefegte, gewischte Malerei, jene todmüden Farben mit unheimlich vagen Umrissen, sind in den Bildern von Faust und Gretchen sogar von gutem Effekt. Beide find lebensgroße Kniestücke. Faust sitt in einem mittelalterthümlichen rothen Sessel, neben einem mit Pergamentbüchern bedeckten Tische, der seinem linken Arm, worin sein bloßes Haupt ruht, als Stüze dient. Den rechten Arm, mit der flachen Hand nach außen gekehrt, stemmt er gegen seine Hüfte. Gewand seifengrünlich blau. Das Gesicht fast Profil und schnupftabacklich, fahl; die Züge desselben streng edel. Trotz der kranken Missfarbe, der gehöhlten Wangen, der Lippenwelkheit, der eingedrückten Zer störnis, trägt dieses Gesicht dennoch die Spuren seiner ehemaligen Schönheit, und indem die Augen ihr holdwehmüthiges Licht darüber hingießen, sieht es aus wie eine schöne Ruine, die der Mond beLeuchtet.

Ja, dieser Mann ist eine schöne Menschenruine; in den Falten über diesen verwitterten Augbrauen brüten fabelhaft gelahrte Eulen, und hinter dieser Stirne lauern böse Gespenster; um Mitternacht öffnen sich dort die Gräber verstorbener Wünsche,

bleiche Schatten dringen hervor, und durch die öden Hirnkammern schleicht, wie mit gebundenen Füßen, Gretchen's Geist. Das ist eben das Verdienst des Malers, dass er uns nur den Kopf eines Mannes gemalt hat, und dass der bloße Anblick desselben uns die Gefühle und Gedanken mittheilt, die sich in des Mannes Hirn und Herzen bewegen. Im Hintergrunde, kaum sichtbar und ganz grün, widerwärtig grün gemalt, erkennt man auch den Kopf des Mephistopheles, des bösen Geistes, des Vaters der Lüge, des Fliegengotts, des Gottes der grünen Seife.

Gretchen ist ein Seitenstück von gleichem Werthe. Sie sitt ebenfalls auf einem gedämpft rothen Seffel, das ruhende Spinnrad mit vollem Wocken zur Seite; in der Hand hält sie ein aufgeschlagenes Gebetbuch, worin sie nicht liest und worin ein verblichen buntes Muttergottesbildchen hervortröstet. Sie hält das Haupt gesenkt, so dass die größere Seite des Gesichtes, das ebenfalls fast Profil, gar seltsam beschattet wird. Es ist, als ob des Faustes nächtliche Seele ihren Schatten werfe über das Antlitz des stillen Mädchens. Die beiden Bilder hingen nahe neben einander, und es war um so bemerkbarer, dass auf dem des Faustes aller Lichteffekt dem Gesichte gewidmet worden, dass hingegen auf Gretchen's Bild weniger das Gesicht, und desto mehr

[ocr errors]

dessen Umrisse - beleuchtet sind. Lezteres erhielt dadurch noch etwas unbeschreibbar Magisches. Gretchen's Mieder ist saftig grün, ein schwarzes Käppchen bedeckt ihre Scheitel, aber ganz spärlich, und von beiden Seiten dringt ihr schlichtes, goldgelbes Haar um so glänzender hervor. Ihr Gesicht bildet ein rührend edles Oval, und die Züge sind von einer Schönheit, die sich selbst verbergen möchte aus Bescheidenheit. Sie ist die Bescheidenheit selbst, mit ihren lieben blauen Augen. Es zicht eine stille Thräne über die schöne Wange, eine stumme Perle der Wehmuth. Sie ist zwar Wolfgang Goethe's Gretchen, aber sie hat den ganzen Friedrich Schiller gelesen, und sie ist viel mehr sentimental als naiv, und viel mehr schwer idealisch als leicht graciös. Vielleicht ist sie zu treu und zu ernsthaft, um graciös sein zu können, denn die Grazie besteht in der Bewe= gung. Dabei hat sie etwas so Verlässliches, so Solides, so Reelles, wie ein barer Louisd'or, den man noch in der Tasche hat. Mit einem Wort, sie ist ein deutsches Mädchen, und wenn man ihr tief hineinschaut in die melancholischen Veilchen, so denkt man an Deutschland, an duftige Lindenbäume, an Hölth's Gedichte, an den steinernen Roland vor dem Rathhaus, an den alten Konrektor, an seine rosige Nichte, an das Forsthaus mit den Hirschge

weihen, an schlechten Taback und gute Gesellen, an Großmutters Kirchhofgeschichten, an treuherzige Nachtwächter, an Freundschaft, an erste Liebe und allerlei andere süße Schnurrpfeifereien.

Wahrlich,

Scheffer's Gretchen kann nicht beschrieben werden. Sie hat mehr Gemüth als Gesicht. Sie ist eine gemalte Seele. Wenn ich bei ihr vorüberging, sagte · ich immer unwillkürlich: „Liebes Kind!"

Leider finden wir Scheffèr's Manier in allen seinen Bildern, und wenn sie seinem Faust und Gretchen angemessen ist, so missfällt sie uns gänzlich bei Gegenständen, die eine heitere, flare, farbenglühende Behandlung erforderten, z. B. bei einem fleinen Gemälde, worauf tanzende Schulkinder. Mit seinen gedämpften, freudlosen Farben hat uns Scheffer nur einen Rudel kleiner Gnomen dargestellt. Wie bedeutend auch sein Talent der Porträtirung ist, ja, wie sehr ich hier seine Originalität der Auffassung rühmen muss, so sehr widersteht mir auch hier seine Farbengebung. Es gab aber ein Porträt im Salon, wofür eben die Scheffer'sche Manier ganz geeignet war. Nur mit diesen unbestimmten, ge= Logenen, gestorbenen, charakterlosen Farben konnte der Mann gemalt werden, dessen Ruhm darin besteht, dass man auf seinem Gesichte nie seine Gedanken lesen konnte, ja, dass man immer das Gegen

theil darauf las. Es ist der Mann, dem wir hinten Fußtritte geben könnten, ohne dass vorne das ste= reotype Lächeln von seinen Lippen schwände. Es ist der Mann, der vierzehn falsche Eide geschworen, und dessen Lügentalente von allen aufeinander folgenden Regierungen Frankreichs benutzt wurden, wenn irgend eine tödliche Perfidie ausgeübt werden sollte, so dass er an jene alte Giftmischerin erinnert, an jene Locusta, die wie ein frevelhaftes Erbstück im Hause des Augustus lebte, und schweigend und sicher dem einen Cäsar nach dem andern und dem einen gegen den andern zu Dienste stand mit ihrem diplomatischen Tränklein *). Wenn ich vor dem Bilde des falschen Mannes stand, den Scheffer so treu gemalt, dem er mit seinen Schierlingsfarben sogar die vierzehn falschen Eide ins Gesicht hinein ge= malt, dann durchfröftelte mich der Gedanke: Wem gilt wohl seine neueste Mischung in London?

.

Scheffer's Heinrich IV. und Ludwig Philipp I., zwei Reitergestalten in Lebensgröße, verdienen jedenfalls eine besondere Erwähnung. Ersterer, le roi par droit de conquête et par droit de naissance, hat vor meiner Zeit gelebt; ich weiß nur, dass er

gaben.

*) Hier schließt dieser Absatz in den französischen Aus

Heine's Werke. Bd. XI.

Der Herausgeber.
2

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »