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sein Kind wie die wohlgenährteste Gesundheit ihn anlachte. Wenn man ihn nun ob seiner schlechten Wirthschaft manchmal ausschalt, so versicherte er immer, man möge ihm nur genug Branntwein zu trinken geben, und sein ganzer Haushalt würde bald ein glänzenderes Ansehen gewinnen. Statt Branntwein war es Ruhm, Ehrgier und Eroberungslust, was jene Bonapartisten so sehr berauschte, dass sie die wirkliche Gestalt der Dinge während der Kaiserzeit nicht sahen, und jetzt, bei jeder Gelegenheit, wo eine Klage über schlechte Zeiten laut wird, rufen sie immer: Das würde sich gleich ändern, Frankreich würde blühen und glänzen, wenn man uns wieder wie sonst zu trinken gäbe: Ehrenkreuze, Epaulette, Contributions volontaires, spanische Gemälde, Herzogthümer, in vollen Zügen."

Wie dem aber auch sei, nicht bloß die alten Bonapartisten, sondern auch die große Masse des Volks wiegt sich gern in diesen Illusionen, und die Tage des Kaiserreichs sind die Poesie dieser Leute, eine Poesie, die noch dazu Opposition bildet gegen die Geistes nüchternheit des siegenden Bürgerstandes. Der Heroismus der imperialen Herrschaft ist der einzige, wofür die Franzosen noch empfänglich sind, und Napoleon ist der einzige Heros, an den sie noch glauben.

Wenn Sie Dieses erwägen, theurer Freund, so begreifen Sie auch seine Geltung für das französische Theater und den Erfolg, womit die hiesigen Bühnendichter diese einzige, in der Sandwüste des Indifferentismus einzige Quelle der Begeisterung so oft ausbeuten. Wenn in den kleinen Vaudevillen der Boulevards-Theater eine Scene aus der Kaiserzeit dargestellt wird, oder gar der Kaiser in Person auftritt, dann mag das Stück auch noch so schlecht sein, es fehlt doch nicht an Beifallsbezeugungen; denn die Seele der Zuschauer spielt mit, und sie applaudieren ihren eigenen Gefühlen und Erinnerungen. Da giebt es Kouplets, worin Stichworte sind, die wie betäubende Kolbenschläge auf das Gehirn eines Franzosen, andere, die wie Zwiebeln auf seine Thränendrüsen wirken. Das jauchzt, Das weint, Das flammt bei den Worten: Aigle français, soleil d'Austerlitz, Jena, les pyramides, la grande armée, l'honneur, la vieille garde, Napoléon . . oder wenn gar der Mann selber, l'homme, zum Vorschein kommt am Ende des Stücks, als Deus ex machina! Er hat immer das Wünschelhütchen auf dem Kopfe und die Hände hinterm Rücken, und spricht so lakonisch als möglich. Er singt nie. Ich habe nie ein Vaudeville gesehen, worin Napoleon gesungen. Alle Andere singen. Ich

habe sogar den alten Frit, Frédéric le Grand, in Vaudevillen singen hören, und zwar sang er so schlechte Verse, dass man schier glauben konnte, er habe sie selbst gedichtet.

In der That, die Verse dieser Vaudeville sind spottschlecht, aber nicht die Musik, namentlich in den Stücken, wo alte Stelzfüße die Feldherrngröße und das fummervolle Ende des Kaisers besingen. Die graciöse Leichtfertigkeit des Vaudevilles geht dann über in einen elegisch-sentimentalen Ton, der selbst einen Deutschen rühren könnte. Den schlech= ten Texten solcher Complaintes sind nämlich alsdann jene bekannten Melodien untergelegt, womit das Volk seine Napoleonslieder absingt. Diese lezteren ertönen hier an allen Orten, man sollte glauben, sie schwebten in der Luft oder die Vögel sängen sie in den Baumzweigen. Mir liegen beständig diese elegisch-sentimentalen Melodien im Sinn, wie ich sie von jungen Mädchen, kleinen Kindern, verkrüppelten Soldaten, mit allerlei Begleitungen und allerlei Variationen singen hörte. Am rührendsten sang sie der blinde Invalide auf der Citadelle von Dieppe. Meine Wohnung lag dicht am Fuße jener Citadelle, wo sie ins Meer hinausragt, und dort auf dem dunklen Gemäuer saß er ganze Nächte, der Alte, und sang die Thaten des Kaisers Napo

leon. Das Meer schien seinen Gesängen zu lauschen, das Wort Gloire zog immer so feierlich über die Wellen, die manchmal wie vor Bewunderung aufrauschten und dann wieder still weiter zogen ihren nächtlichen Weg . . . Wenn sie nach Sankt Helena kamen, grüßten sie vielleicht ehrfurchtsvoll den tragischen Felsen oder brandeten dort mit schmerzlichem Unmuth. Wie manche Nacht stand ich am Fenster und horchte ihm zu, dem alten Invaliden von Dieppe. Ich kann seiner nicht vergessen. Ich sehe ihn noch immer sigen auf dem alten Gemäuer, während aus den dunklen Wolken der Mond hervortrat und ihn wehmüthig beleuchtete, den Offian des Kaiserreichs.

Von welcher Bedeutung Napoleon einst für die französische Bühne sein wird, lässt sich gar nicht ermessen. Bis jezt sah man den Kaiser nur in Vaudevillen oder großen Spektakel- und Dekorationsstücken. Aber es ist die Göttin der Tragödie, welche diese hohe Gestalt als rechtmäßiges Eigenthum in Anspruch nimmt. Ist es doch, als habe jene Fortuna, die sein Leben so sonderbar lenkte, ihn zu einem ganz besonderen Geschenk für ihre Kousine Melpomene bestimmt. Die Tragödiendichter aller Zeiten werden die Schicksale dieses Mannes in Versen und Prosa verherrlichen. Die französischen

Dichter sind jedoch ganz besonders an diesen Helden gewiesen, da das französische Volk mit seiner ganzen Vergangenheit gebrochen hat, für die Helden der feudalistischen und kourtisanesken Zeit der Valois und Bourbonen keine wohlwollende Sympathie, wo nicht gar eine hässliche Antipathie empfindet, und Napoleon, der Sohn der Revolution, die einzige große Herrschergestalt, der einzige königliche Held ist, woran das neue Frankreich sein volles Herz weiden kann.

Hier habe ich beiläufig [von einer anderen Seite] angedeutet, dass der politische Zustand der Franzosen dem Gedeihen ihrer Tragödie nicht günstig sein kann. Wenn sie geschichtliche Stoffe aus dem Mittelalter oder aus der Zeit der letzten Bourbonen behandeln, so können sie sich des Einflusses eines gewissen Parteigeistes nimmermehr erwehren, und der Dichter bildet dann schon von vorn herein, ohne es zu wissen, eine modern-liberale Opposition gegen den alten König oder Ritter, den er feiern wollte. Dadurch entstehen Misslaute, die einem Deutschen, der mit der Vergangenheit noch nicht thatsächlich gebrochen hat, und gar einem deutschen Dichter, der in der Unparteilichkeit Goethe'scher Künstlerweise auferzogen worden, aufs unangenehmste ins Gemüth stechen. Die lezten Töne der Marseillaise müssen verhallen, ehe Autor und

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