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Publikum in Frankreich sich an den Helden ihrer früheren Geschichte wieder gehörig erbauen können. Und wäre auch die Seele des Autors schon gereinigt von allen Schlacken des Hasses, so fände doch sein Wort kein unparteiisches Ohr im Parterre, wo die Männer sigen, die nicht vergessen können, in welche blutigen Konflikte sie mit der Sippschaft jener Helden gerathen, die auf der Bühne tragieren. Man kann den Anblick der Väter nicht sehr goutieren, wenn man den Söhnen auf der Place de grève das Haupt abgeschlagen hat. So Etwas trübt den reinen Theatergenuss. Nicht selten verfennt man die Unparteilichkeit des Dichters so weit, dass man ihn antirevolutionärer Gesinnungen beschuldigt. „Was soll dieses Ritterthum, dieser phantastische Plunder ?" ruft dann der entrüstete Republikaner, und er schreit Anathema über den Dichter, der die Helden alter Zeit zur Verführung des Volkes, zur Erweckung aristokratischer Sympathien mit seinen Versen verherrlicht.

Hier, wie in vielen anderen Dingen, zeigt sich eine wahlverwandtschaftliche Ähnlichkeit zwischen den französischen Republikanern und den englischen Puritanern. Es knurrt fast derselbe Ton in ihrer Theaterpolemik, nur dass Diesen der religiöse, Fcnen der politische Fanatismus die absurdesten Ar

Heine's Werke. B. XI.

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gumente leiht. Unter den Aktenstücken aus der Cromwell'schen Periode giebt es eine Streitschrift des be= rühmten Puritaners Prynne, betitelt: „Histrio-mastix," (gedruckt 1633), woraus ich Ihnen folgende Diatribe gegen das Theater zur Ergötzung mittheile:

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There is scarce one devil in hell, hardly a notorious sin or sinner upon earth, either of modern or ancient times, but hath some part or other in our stage-plays.

„O, that our players, our play-hunters would now seriously consider, that the persons, whose parts, whose sins they act and see, are even then yelling in the eternal flames of hell for these particular sins of theyrs, even then, whilest they are playing of these sins, these parts of theyrs on the stage! Oh, that they would now remember the sighs, the groans, the tears, the anguish, weeping and gnashing of teeth, the crys and shrieks that these wickednesses cause in hell, whilest they are acting, applauding, committing and laughing at them in the playhouse!"

Sechster Brief.

Mein theurer, innig geliebter Freund! Mir ist, als trüge ich diesen Morgen einen Kranz von Mohnblumen auf dem Haupte, der all mein Sinnen und Denken einschläfert. Unwirsch rüttle ich manchmal den Kopf, und dann erwachen wohl darin hie und da einige Gedanken, aber gleich nicken sie wieder ein und schnarchen um die Wette. Die Wize, die Flöhe des Gehirns, die zwischen den schlummernden Gedanken umherspringen, zeigen sich ebenfalls nicht besonders munter, und sind vielmehr sentimental und träge. Ist es die Frühlingsluft, die dergleichen Kopfbetäubungen verursacht, oder die veränderte Lebensart? Hier geh' ich Abends schon um neun Uhr zu Bette, ohne müde zu sein, genieße dann keinen gesunden Schlaf, der alle Glieder bindet, sondern wälze mich die ganze Nacht in

einem traumsüchtigen Halbschlummer. In Paris hingegen, wo ich mich erst einige Stunden nach Mitternacht zur Ruhe begeben konnte, war mein Schlaf wie von Eisen. Kam ich doch erst um acht Uhr von Tische, und dann rollten wir ins Theater. Der Dr. Detmold aus Hannover, der den verflossenen Winter in Paris zubrachte und uns immer ins Theater begleitete, hielt uns munter, wenn die Stücke auch noch so einschläfernd. Wie haben viel zusammen gelacht und kritisiert und medisiert. Seien Sie ruhig, Liebster, Ihrer wurde nur mit der schönsten Anerkenntnis gedacht. Wir zollten Ihnen das freudigste Lob.

Sie wundern sich, dass ich so oft ins Theater gegangen; Sie wissen, der Besuch des Schauspielhauses gehört nicht eben zu meinen Gewohnheiten. Aus Kaprice enthielt ich mich diesen Winter des Salonlebens, und damit die Freunde, bei denen ich selten erschien, mich nicht im Theater sähen, wählte ich gewöhnlich eine Avantscene, in deren Ecke man sich am besten den Augen des Publikums verbergen kann. Diese Avantscenen sind auch außerdem meine Lieblingsplätze. Man sieht hier nicht bloß, was auf dem Theater gespielt wird, sondern auch was hinter den Koulissen vorgeht, hinter jenen Koulissen, wo die Kunst aufhört und die liebe Natur wieder

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anfängt. Wenn auf der Bühne irgend eine pathetische Tragödie zu schauen ist, und zu gleicher Zeit von dem liederlichen Komödiantentreiben hinter den Koulissen hie und da ein Stück zum Vorschein kömmt, so mahnt Dergleichen an antike Wandbilder oder an die Fresken der Münchener Glyptothek und mancher italiänischer Palazzos, wo in den Ausschnitt-Ecken der großen historischen Gemälde lauter possierliche Arabesken, lachende Götterspäße, Bacchanalien und Satyridyllen angebracht sind.

Das Theatre Français besuchte ich sehr wenig; dieses Haus hat für mich etwas Ödes, Unerfreuliches. Hier spuken noch die Gespenster der alten Tragödie, mit Dolch und Giftbecher in den bleichen Händen; hier stäubt noch der Puder der klassischen Perücken. Dass man auf diesem klassischen Boden manchmal der modernen Romantik ihre tollen Spiele erlaubt, oder dass man den Anforderungen des älteren und des jüngeren Publikums durch eine Mischung des Klassischen und Romantischen entgegen kommt, dass man gleichsam ein tragisches Justemilieu gebildet hat, Das ist am unerträglichsten. Diese französischen Tragödiendichter find emancipierte Sklaven, die immer noch ein Stück der alten klassischen Kette mit sich herumschleppen; ein feines Ohr hört bei jedem ihrer Tritte noch immer ein Geflirre, wie

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