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Horace Vernet.

Der hat auch nicht mit lauter echten Steinen den diesjährigen Salon geschmückt. Das vorzüglichste seiner ausgestellten Gemälde war eine Judith, die im Begriff steht, den Holofernes zu tödten. Sie hat sich eben vom Lager desselben erhoben, ein blühend schlankes Mädchen. Ein violettes Gewand, um die Hüften hastig geschürzt, geht bis zu ihren Füßen hinab; oberhalb des Leibes trägt sie ein blassgelbes Unterkleid, dessen Ärmel von der rechten Schulter herunterfällt, und den sie mit der linken Hand, etwas meßgerhaft, und doch zugleich bezaubernd zierlich, wieder in die Höhe streift; denn mit der rechten Hand hat sie eben das krumme Schwert gezogen gegen den schlafenden Holofernes. Da steht fie, eine reizende Gestalt, an der eben überschrittenen Grenze der Jungfräulichkeit, ganz gottrein und doch weltbefleckt, wie eine entweihte Hostie. Ihr Kopf ist wunderbar anmuthig und unheimlich liebenswürdig; schwarze Locken, wie kurze Schlangen, die nicht herabflattern, sondern sich bäumen, furchtbar graciös. Das Gesicht ist etwas beschattet, und füße Wildheit, düstere Holdseligkeit und sentimentaler Grimm rieselt durch die edlen Züge der tödlichen Schönen. Besonders in ihrem Auge funkelt süße

Grausamkeit und die Lüsternheit der Rache; denn sie hat auch den eignen beleidigten Leib zu rächen an dem hässlichen Heiden. In der That, Dieser ist nicht sonderlich liebreizend, aber im Grunde scheint er doch ein bon enfant zu sein. Er schläft so gutmüthig in der Nachwonne seiner Beseligung; er schnarcht vielleicht, oder, wie Luise sagt, er schläft laut; seine Lippen bewegen sich noch, als wenn sie küssten; er lag noch eben im Schoße des Glücks, oder vielleicht lag auch das Glück in seinem Schoße; und trunken von Glück und gewiss auch von Wein, ohne Zwischenspiel von Qual und Krankheit, sendet ihn der Tod durch seinen schönsten Engel in die weiße Nacht der ewigen Vernichtung. Welch ein beneidenswerthes Ende! Wenn ich einst sterben soll, ihr Götter, lasst mich sterben wie Holofernes!

Ist es Ironie von Horace Vernet, dass die Strahlen der Frühsonne auf den Schlafenden, gleichsam verklärend, hereinbrechen, und dass eben die Nachtlampe erlischt?

Minder durch Geist, als vielmehr durch kühne Zeichnung und Farbengebung, empfiehlt sich ein anderes Gemälde von Vernet, welches den jetzigen Papst vorstellt. Mit der goldenen dreifachen Krone auf dem Haupte, gekleidet mit einem goldgestickten weißen Gewande, auf einem goldenen Stuhle sigend,

wird der Knecht der Knechte Gottes in der Petersfirche herumgetragen. Der Papst selbst, obgleich rothwangig, sieht schwächlich aus, fast verbleichend in dem weißen Hintergrund von Weihrauchdampf und weißen Federwedeln, die über ihn hingehalten werden. Aber die Träger des päpstlichen Stuhles find stämmige, charaktervolle Gestalten in farmoisinrothen Livréen, die schwarzen Haare herabfallend über die gebräunten Gesichter. Es kommen nur Drei davon zum Vorschein, aber sie sind vortrefflich gemalt. Dasselbe lässt sich rühmen von den Kapuzinern, deren Häupter nur, oder vielmehr deren gebeugte Hinterhäupter mit den breiten Tonsuren im Vordergrunde sichtbar werden. Aber eben die verschwimmende Unbedeutenheit der Hauptpersonen und das bedeutende Hervortreten der Nebenpersonen ist ein Fehler des Bildes. Lettere haben mich durch die Leichtigkeit, womit sie hingeworfen sind, und durch ihr Kolorit an den Paul Veronese erinnert. Nur der venezianische Zauber fehlt, jene Farbenpoesie, die, gleich dem Schimmer der Lagunen, nur oberflächlich ist, aber dennoch die Seele so wunderbar bewegt.

In Hinsicht der kühnen Darstellung und der Farbengebung, hat sich ein drittes Bild von Horace Vernet vielen Beifall erworben. Es ist die Arre

tierung der Prinzen Condé, Conti und Longueville. Der Schauplatz ist eine Treppe des Palais-Royal, und die arretierten Prinzen steigen herab, nachdem sie eben, auf Befehl Annens von Österreich, ihre Degen abgegeben. Durch dieses Herabsteigen behält fast jede Figur ihren ganzen Umriß. Condé ist der Erste auf der untersten Stufe; er hält sinnend seinen Knebelbart in der Hand, und ich weiß, was er denkt. Von der obersten Stufe der Treppe kommt ein Officier herab, der die Degen der Prinzen unterm Arme trägt. Es sind drei Gruppen, die natürlich entstanden und natürlich zusammengehören. Nur wer eine sehr hohe Stufe in der Kunst erstiegen, hat solche Treppenideen *).

Zu den weniger bedeutenden Bildern von Horace Vernet gehört ein Camille Desmoulins, der im Garten des Palais-Royal auf eine Bank steigt und das Volk haranguiert. Mit der linken Hand reißt er ein grünes Blatt von einem Baume, in der rechten hält er eine Pistole. Armer Camille! dein Muth war nicht höher als diese Bank, und da wolltest du stehen bleiben, und du schautest dich um. „Vorwärts, immer vorwärts!" ist aber das

*) Die nächsten zwei Abfäße fehlen in den franzöfischen Ausgaben.

Der Herausgeber.

Zauberwort, das die Revolutionäre aufrecht erhalten kann; bleiben sie stehen und schauen sie sich um, dann sind sie verloren, wie Eurydice, als sie, dem Saitenspiel des Gemahls folgend, nur einmal zurückschaute in die Greuel der Unterwelt. Armer Camille! armer Bursche! Das waren die lustigen Flegeljahre der Freiheit, als du auf die Bank sprangest und dem Despotismus die Fenster einwarfest und Laternenwige rissest; der Spaß wurde nachher sehr trübe, die Füchse der Revolution wurden bemooste Häupter, denen die Haare zu Berge stiegen, und du hörtest schreckliche Töne neben dir erklingen, und hinter dir, aus dem Schattenreich, riefen dich die Geisterstimmen der Gironde, und du schautest dich um.

In Hinsicht der Kostüme von 1789 war dieses Bild ziemlich interessant. Da sah man sie noch, die gepuderten Frisuren, die engen Frauenkleider, die erst bei den Hüften sich bauschten, die buntge= streiften Fräcke, die kutscherlichen Oberröcke mit kleinen Kräglein, die zwei Uhrketten, die parallel über dem Bauche hängen, und gar jene terroristischen Westen mit breitaufgeschlagenen Klappen, die bei der republikanischen Jugend in Paris jet wieder in Mode gekommen sind und gilets à la Robespierre genannt werden. Robespierre selbst ist ebenfalls auf dem Bilde zu sehen, auffallend durch seine

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