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durch das Labyrinth dieses Lebens leiten wird; an einem Garnknäuel fehlt es ihr nicht, denn sie ist eine Nähterin.

Die Violinisten sind in Amerika, und wir erhielten die ergöglichsten Nachrichten über die Triumphzüge von Ole Bull, dem Lafayette des Puffs, dem Reklamenheld beider Welten. Der Entrepreneur seiner Successe ließ ihn zu Philadelphia arretieren, um ihn zu zwingen, die in Rechnung gestellten Ovationskosten zu berichtigen. Der Gefeierte zahlte, und man kann jetzt nicht mehr sagen, dass der blonde Normanne, der geniale Geiger, seinen Ruhm Jemandem schuldig sei. Hier in Paris hörten wir unterdessen den Sivori; Porzia würde sagen: „Da ihn der liebe Gott für einen Mann ausgiebt, so will ich ihn dafür nehmen." Ein andermal überwinde ich vielleicht mein Missbehagen, um über dieses geigende Brechpulver zu referieren. Alexandre Batta hat auch dieses Jahr ein schönes Koncert gegeben; er weint noch immer auf dem großen Violoncello seine kleinen Kinderthränen. Bei dieser Gelegenheit könnte ich auch Herrn Semmelmann *) loben; er hat es nöthig.

*),,Seligmann" steht in der Augsburger Allgemeinen Zeitung, Selighausen" in der französischen Ausgabe. Der Herausgeber.

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Ernst war hier. Der wollte aber aus Laune kein Koncert geben; er gefällt sich darin, bloß bei Freunden zu spielen [und den wahrhaft Kunstverständigen zu genügen]. Dieser Künstler wird hier geliebt und geachtet [wie wenige]. Er verdient cs. Er ist der wahre Nachfolger Paganini's, er erbte die bezaubernde Geige, womit der Genueser die Steine, ja sogar die Klöße zu rühren wusste. Paga= nini, der uns mit leisem Bogenstrich jetzt zu den sonnigsten Höhen führte, jezt in grauenvolle Tiefen blicken ließ, besaß freilich eine weit dämonischere Kraft; aber seine Schatten und Lichter waren mitunter zu grell, die Kontraste zu schneidend, und seine grandiosesten Naturlaute mussten oft als künstlerische Missgriffe betrachtet werden. Ernst ist harmonischer, und die weichen Tinten sind bei ihm vorherrschend. Dennoch hat er eine Vorliebe für das Phantastische, auch für das Barocke, wo nicht gar für das Skurrile, und viele seiner Kompositionen erinnern mich immer an die Märchenkomödien des Gozzi, an die abenteuerlichsten Maskenspiele, an „venezianischen Karneval." Das Musikstück, das unter diesem Namen bekannt ist, und unverschämterweise von Sivori gekapert ward, ist ein allerliebstes Kapriccio von Ernst. Dieser Liebhaber des Phantastischen kann, wenn er will, auch rein poetisch sein, und ich habe

jüngst eine Nocturne von ihm gehört, die wie aufgelöst war in Schönheit. Man glaubte sich entrückt in eine italiänische Mondnacht, mit stillen Cypressenalleen, schimmernd weißen Statuen und träumerisch plätschernden Springbrunnen. Ernst hat, wie bekannt ist, in Hannover seine Entlassung genommen, und ist nicht mehr königlich hannöverscher Koncertmeister. Das war auch kein passender Plaß für ihn. Er wäre weit eher geeignet, am Hofe irgend einer Feenkönigin, wie z. B. der Frau Morgane, die Kammermusik zu leiten; hier fände er ein Auditorium, das ihn am besten verstünde, und darunter manche hohe Herrschaften, die eben so kunstsinnig wie fabelhaft, z. B. den König Artus, Dietrich von Bern, Ogier den Dänen u. A. Und welche Damen würden ihm hier applaudieren! Die blonden Hannoveranerinnen mögen gewiss hübsch sein, aber sie sind doch nur Heidschnucken in Vergleichung mit einer Fee Melior, mit der Dame Abunde, mit der Königin Genevra, der schönen Melusine und andern berühmten Frauenspersonen, die sich am Hofe der Königin Morgane in Avalun aufhalten. An diesem Hofe (an keinem andern) hoffen wir einst dem vortrefflichen Künstler zu begegnen, denn auch uns hat man dort eine vortheilhafte Anstellung versprochen.

Zweiter Bericht.

Paris, den 1. Mai 1844.

Die Académie royale de musique, die fogenannte große Oper, befindet sich bekanntlich in der Rue Lepelletier, ungefähr in der Mitte, der Restauration von Paolo Broggi gerade gegenüber. Broggi ist der Name eines Italiäners, der einst der Koch von Rossini war. Als Letterer voriges Jahr nach Paris kam, besuchte er auch die Trattoria seines ehemaligen Dieners, und nachdem er dort gespeist, blieb er vor der Thüre lange Zeit stehen, in tiefem Nachdenken das große Operngebäude betrachtend. Eine Thräne trat in sein Auge, und als Jemand ihn frug, wesshalb er so wehmüthig bewegt erscheine, gab der große Maestro zur Antwort: Paolo habe ihm sein Leibgericht, Ravioli mit Parmesankäse, zubereitet wie ehemals, aber er sei nicht im Stande

gewesen, die Hälfte der Portion zu verzehren, und auch diese drücke ihn jezt; er, der ehemals den Magen eines Straußes besessen, könne heut zu Tage kaum so Viel vertragen wie eine verliebte Turteltaube.

Wir lassen dahingestellt sein, in wie weit der alte Spottvogel seinen indiskreten Frager mystificiert hat, und begnügen uns heute, jedem Musikfreunde zu rathen, bei Broggi eine Portion Ravioli zu essen, und nachher ebenfalls, einen Augenblick vor der Thüre der Restauration verweilend, das Haus der großen Oper zu betrachten. Es zeichnet sich nicht aus durch brillanten Lurus, es hat vielmehr das Äußere eines sehr anständigen Pferdestalls, und das Dach ist platt. Auf diesem Dach stehen acht große Statuen, welche Musen vorstellen. Eine neunte fehlt, und ach! Das ist eben die Muse der Musik. Über die Abwesenheit dieser sehr achtungswerthen Muse sind die sonderbarsten Auslegungen im Schwange. Prosaische Leute sagen, ein Sturmwind habe sie vom Dache heruntergeworfen. Poetischere Gemüther behaupten dagegen, die arme Polyhymnia habe sich selbst hinabgestürzt, in einem Anfall von Verzweiflung über das miserable Singen von Monsieur Duprez [und Madame Stolz]. Das ist immer möglich; die zerbrochene Glasstimme von

Heine's Werke. Bd. XI.

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