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JURISPRUDENZ.

LITERATUR-ZEITUNG.

1 8 1 3.

BERLIN b. Mylius: Lehrbuch des Naturrechts, als einer Philofophie des pofitiven Rechts, vom Profeffor Hugo in Göttingen. Dritter ganz von neuem ausgearbeiteter Verfuch. 1809. XII u. 486 S. 8. (1 Rthlr. 12 gr.)

Das Lehrbuch, deffen dritte Ausgabe wir jetzt vor uns haben, erschien zum erften Mal im Jahre 1798 und zum zweyten Male ein Jahr später 1799. Alle drey Ausgaben find von einander fehr verfchieden, und der Vf. hat Recht, wenn er fagt, dafs die drey Auflagen als drey verfchiedene Bücher betrachtet werden können. Dicfe Verschiedenheit liegt jedoch mehr und eigentlich nur in der Ökonomie und 'in der Ausführung, nicht aber in den Grundsätzen und in der Tendenz des Werks felbft. Diese ift im Wefentlichen in allen drey Ausgaben ganz und gar diefelbe, und Rec. ift bey einer, freylich nicht von Wort zu Wort vorgenommenen, Vergleichung kein, Punct von Bedeutung aufgeftofsen, über welchen der Vf. feine Anficht geändert hätte. Auch daraus allein, dafs Manches weggelaffen ift, was in einer der früheren Ausgaben fich fand, darf man keineswegs folgern, dafs der Vf. es ganz aufgegeben oder feine Meinung darüber geändert habe: denn es laffen fich Gründe genug denken, warum in einem Buche, dem durch feine Beftimmung gewiffe, nicht gar zu weite Grenzen gefetzt find, über einen Gegenstand oder vielmehr über eine Masse von Gegenständen von einem sehr grofsen Umfange, etwas weggelaffen wird, und einem anderen Gedanken Platz machen mufs. Auch ift es für einen denkenden reichhaltigen Kopf, der aus fich felbft fchöpft, eben fo reizend, das Bekannte, fchon einmal Gefagte, in einem neuen Lichte aufzufaffen, oder es ganz wegzulassen, und mit einem anderen gleichfalls nahe liegenden Gedanken zu vertauschen, als es ihm unerträglich lift, das, was ein Werk des Geiftes ift und feyn foll, in der Folge zu einem Werke der Hände werden zu laffen. Darum gewähren aber auch die Werke diefer Männer denen, die mit Geilt und für den Geift lefen, einen fo reichen und bey wiederholter Lectüre nicht leicht verminderten, wohl gar noch erhöhten Genufs, und Rec. gefteht es gern, dafs er der wiederholten, oft fragmentarifchen Lectüre der Lehrbücher, wie anderer Schriften, des eben fo geistreichen als gelehrten Prof. Hugo fehr vielen Genufs verdankt, und er weifs von mehreren einfichtsvollen Männern, dafs ihnen diefe Lehrbücher zu belehrenden und unterhaltenden Handbüchern ftets zur Seite liegen.

Zu dem inneren Berufe des Vfs. als Lehrer und Schriftsteller, über die Philofophie des Rechts aufzutreten, kam, wie wir aus mehreren Stellen fehen, noch eine äufsere Veranlaffung durch den ehrwürdigen Feder, welchem der Vf. auch, als feinem ehemaligen Lehrer, Gönner und Collegen und unwan delbaren Freunde, dieses Lehrbuch gewidmet hat. Doch ist dasselbe dem bekannten Lehrbuche dieses verdienkvollen Gelehrten durchaus nicht ähnlich; vielmehr liegt das Eigenthümliche deffelben in der Verschiedenheit von diefem und anderen Lehrbüchern des Naturrechts, welche befonders in dem Jahrzehend, in welches die erften beiden Ausgaben deffelben fallen, in fo grofser Anzahl erschienen. Wie nämlich jenes Decennium dadurch ewig merkwürdig bleiben wird, dass man in der politischen Welt, von metaphyfischen Sätzen ausgehend, ein neues Gebäude aufzuführen versuchte, welches den Foderungen der Vernunft, und folglich, wie man rasch fortfchlofs, auch den Bedürfniffen der Menschheit und der menschlichen Gefellschaft vollkommen genügen, und von ewiger Dauer feyn follte, felten aber nur die erfte Probe auszuhalten" im Stande war, und daher nur zerftörend, nicht hervorbringend fich zeigte: eben fo brachte jegliches Jahr ein oder etliche Syfteme zum Vorschein, in welchen mit mehr oder weniger göttlicher Grobheit und Allgemeinheit die aus den Tiefen der Metaphyfik geschöpften, und aus einem fogenannten höchften Gefichtspunct aufgefalsten Sätze, nicht nur als Wahrheiten, fondern geradezu als die einzig möglichen Wahrheiten gegeben wurden, und in welchen die Befolgung und Anwendung diefer Sätze aufs wirkliche Leben als thunlich und als höchft heilfam angepriefen, ja von denen geradezu und höchft gebieterifch erklärt wurde, dafs deren Übertragung durchaus nothwendig, und dafs jede Abweichung davon nichts weniger fey, als eine Verletzung folcher Rechte, welche ohne eine wahre und gänzliche Entwürdigung des Menfchen, und ohne Verzichtleiftung auf das, was den Menschen gerade zum Menschen macht, nicht veräussert werden könnten, welche daher auch nicht nur durch Mittel jeglicher Art gegen Jedermann vertheidigt, sondern auch zu jeglicher Zeit und unter jeglichen Umständen reclamirt werden könnten, wenn durch die bisher bestandene geiftige und fittliche Barbarey das eine oder das andere derfelben aufgegeben oder beschränkt seyn follte.

Dergleichen Lehren, welche für die Ruhe und für das auf diese Ruhe hauptfächlich fich gründende Glück der Menschheit eben fo gefährlich, als der Wahrheit entgegen waren, droheten dadurch recht tief und zerrüttend in das Innere der Gesellschaft ein

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zudringen, weil 0.33 man fogar den Richtern erlauben wollte, oder fie felbft es fich erlaubten, das, was man Naturrecht nannte, und was man in den Unterfuchungen über diefe Wiffenfchaft als Wahrheit conftruirte, wenigftens dann und wann, noch ehe es promulgirt war, über das promulgirte Gesetz zu ftellen. Diefe Tendenz, welche bey der Mangelhaftigkeit der bestehenden Legislationen lich gar leicht in einzelnen Fällen als zweckmässig darstellen liefs, mufste natür lich den befonnenen, die Grenzen und Zwecke der verschiedenen Difciplinen richtig fchätzenden Gelehrten doppelt auffallen, da auch fo Manches aus Gründen a priori der Verdammnifs übergeben wurde, was Jahrhunderte hindurch nicht nur ohne Nachtheil, fondern zum wahren Heil der Völker beftanden, und den Beyfall der aufgeklärteften und sittlichsten Menfchen erhalten hatte. Zu diesen gehörte auch unfer Vf., der, ehe noch die Erfahrung als Lehrmeisterin auftrat, bemüht war, die Speculation in die ihr gebührenden Schranken zurückzuweifen, und mit Gründen und Beyfpielen darzuthun, dafs die Speculation allein nicht im Stande fey, über die Angelegenheiten endlich und unbedingt zu entfcheiden, über welche fic über welche fic fich eine Entscheidung anmasste. Er ging daher, als er den lange genährten Vorfatz zur Ausführung brachte, über die Jurisprudenz, welche er bis dahin in dogmatischen und historischen Vorlesungen und Schriftenunter welchen das Lehrbuch über die Rechtsgefchichte diefem Zweige des menfchlichen Wiffens eine ganz neue Gestalt gab-bearbeitet hatte, philofophifche Unterfuchungen anzuftellen, und philofophifche Vorlefungen zu halten, nicht davon und danach aus, ein einzig mögliches untrügliches Syftem des fogenannten Naturrechts blofs mittelft abftracter metaphyfifcher Unterfuchungen und Cómbinationen zu ergrübeln, und auf eine den Lehrlingen meistens unverständliche Weise zu demonstriren und zu construiren, fondern fein Streben ging dahin 38, frey von den Feffeln eines Syftems und mit möglichfter Überwindung der Macht der Gewohnheit und des Vorurtheils, unter Leitung einer gefunden und gebildeten Vernunft, mit Rücklicht auf die Geschichte und Erfahrung feine Zuhörer denn auf diese ift befonders bey der erlten Auflage hauptfächlich gerechnet-über den Menschen, über die Gefellschaft und über die rechtlichen Verhältniffe und Grundfätze, wie folche hie und da wirklich find, oder wie folche unter diefem oder jenem Volke einft waren, oder wie folche feyn könnten und feyu follten, zu verständigen, und auf mehrfeitige Anfichten über die wichtigsten Institute und Doctrinen der Rechtswiffenschaft zu leiten, und das bey einer redlichen und befcheidenen Forschung faft nothwendig fich hervorthuende fruchtbare Resultat ihnen recht eindringend zu machen, dafs es bey den Gegenständen, welche in das Gebiet des Rechts gehören, und die eine pofitive Bestimmung zu erhalten pflegen, leicht fey, fich fowohl in Anfehung des Umfanges als des Inhalts derfelben mehrere Geftaltungen zu denken, dass es hingegen oftmals fchwer, ja dem endlichen menfchlichen Verstande faft unmöglich werde, anzugeben, welche von mehreren Modificationen und Bestimmun

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gen, die fich gedenken laffen, oder die einft exiftirt haben oder noch exiftiren, der Vernunft 'nur allein und in jedweder Hinsicht entsprechen, ja daís

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es fchon fchwer fey, zu beftimmen, welche der Vernunft am meisten entsprechen, und zur Erreichung des Zweckes, welchen fie befördern follen, am wirkfamften feyen, und dafs es von einer anderen Seite oftmals fchwer und gefährlich fey, das, was man für vernunftmässig erkennt, anzunehinen, dafs es endlich überhaupt nicht leicht etwas in der Welt gebe, wobey nicht gefehlt werden könne, und wirklich gefehlt werde, fobald die Menfchen fich irren oder gegen ihr Gewiffen handeln (§. 110). Diefes alles führt dann gleichfam von felbft zu der Bemerkung, dafs das dreifte und unbedingte Abfprechen über die Rechtsfatzungen von geringer Einlicht zeuge, und dafs die unerläfsliche Pflicht des Staatsbürgers, lich bey einer bestehenden Gesetzgebung zu beruhigen, und in Allem, hauptfächlich aber in den richterlichen Verhältniffen, fich unter das Gesetz zu ftellen, nicht aber über daffelbe fich zu erheben, von der moralifchen Seite betrachtet, eine fo fchwere Pflicht gar nicht feyn könne, indem die Gewiffenhaftigkeit des Staatsbürgers in Beziehung auf feine äufseren Handlungen ganz und gar unter dem Staate stehen unter anderen §. 11 der ersten, §. 41, 45 der zweyten - §. 380 der dritten Ausgabe. Aber nicht nur für diejenigen, die unter dem Gesetze stehen, und nach demselben leben follen, liegen dergleichen wichtige Lehren in jenen Sätzen; fondern auch der Staat, und diejenigen, welche ihn zu repräfentiren haben, finden darin die höchft wichtigen Wahrheiten, von ihrer Seite recht gewiffenhaft zu feyn, und bey ih ren Satzungen die ewigen Gesetze der Sittlichkeit vor Augen zu behalten, und folche möglichst zu befolgen und zu befördern, wie auch mit Anordnungen und recht einfachen allgemeinen Vorschriften nicht zu sehr bey der Hand zu feyn, fondern das, was da ist, zu achten, den Gewohnheiten den ihnen gebührenden Einfluss zu laffen, §. 120. 122. 130 ff., bey Neuerungen und Abänderungen behutsam zu feyn, und lieber Alles, was nicht ganz nothwendig zerstört werden mufs, unangetaftet zu lassen angetaftet zu laffen §. 125. 133, indem jedes Beftehende, aufser dem Guten, das auch die mangelhaft fcheinende Sache mit fich führe, noch das, was oft mehr als alles Andere entfcheidet, für fich habe, dafs es einmal da ift, und vielleicht lange fchon da ift, dafs die Menfchen daran gewöhnt find, und die damit verbundenen Unbequemlichkeiten und Härten auszugleichen gewulst haben, auch ja felbst der Zufall, durch welchen fo Manches entstanden feyn mag, als Werk der Vorfehung betrachtet werden müffe, §. 107. Es wird mithin der Willkühr, welcher die letzten Grundfätze diefes Systems allerdings ein weit grösseres Feld einräumen, als jene Systeme, die nur von einem möglichen Rechte, von einer allein feligma chenden Form etwas wiffen wollen, ein weit mächtigeres und kräftigeres Bollwerk entgegengesetzt, als das ist, welches durch Gründe a priori auf eine fogenannte innere Nothwendigkeit und auf eine Unmöglichkeit des Gegentheils geftützt wird, die mit der Wirklichkeit in Widerfpruch fteht, und durch That

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