3. Schmidt, vor dem die übrigen Romanzen Schiller's keine Gnade finden, bemerkt vom Ritter Toggenburg, es sei „eine Romanze im reinsten Styl, von einem Wohllaut und einer Harmonie, wie wir sie bei Schiller kaum wieder antreffen“; „doch“ fährt er fort ,,ift die Empfindung schwächlich und geziert." Als ob bei „schwächlicher und gezierter Empfindung“ ein reinster Styl, voll Wohllaut und Harmonie möglich wäre! Harmonie ist Uebereinstimmung, Durchdringung von Form und Inhalt. Also auch nach dieser Seite hin trifft der Tadel nicht. Die Macht und Stärke der Empfindung, von welcher der Toggenburger beherrscht ist, wird uns vom Dichter so objektiv, so lebendig und doch wieder so innig und zart in dieser Gegenständlichkeit zu Gemüthe geführt, das ganze Gedicht ist so sehr auf die Empfindung gebauet im Gegensaße zu den übrigen Ritter - Romanzen, welche die aus begeisterndem Gefühle hervorgehende That feiern daß gerade in dieser Romanze die Energie der Empfindung, wie sie das ganze Subjekt in sich hineinzieht und das Gemüth ausschließlich erfüllt, das Charakteristische ist. IX. Der Graf von Habsburg. 1. Bu Aachen in seiner Kaiserpracht Saß König Rudolph's heilige Macht Die Speisen trug der Pfalzgraf des Rheins, Wie der Sterne Chor um die Sonne sich stellt, 2. Und rings erfüllte den hohen Balkon. Und ein Richter war wieder auf Erden, Nicht blind mehr waltet der eiserne Speer, 3. Und der Kaiser ergreift den gold'nen Pokal Und spricht mit zufriedenen Blicken: ད ,,Wohl glänzet das Fest, wohl pranget das Mahl, Doch den Sänger vermiss' ich, den Bringer der Luft, So hab' ich's gehalten von Jugend an, Und was ich als Ritter gepflegt und gethan, 4. Und sieh'! in der Fürsten umgebenden Kreis „Süßer Wohllaut schläft in der Saiten Gold; Er preiset das Höchfte, das Beste, Was das Herz fich wünscht, was der Sinn begehrt; An seinem herrlichsten Feste?" 5. Nicht gebieten werd' ich dem Sänger," spricht Wie in den Lüften der Sturmwind sauft, Man weiß nicht, von wannen er kommt und brauft, Wie der Quell aus verborgenen Tiefen; So des Sängers Lied aus dem Innern schalt Und wecket der dunkeln Gefühle Gewalt, Die im Herzen wunderbar schliefen." 6. Und der Sänger rasch in die Saiten fällt Ihm folgte der Knapp mit dem Jägergeschoß, Ein Glöcklein hört er erklingen fern: Ein Priester war's mit dem Leib des Herrn, 7. Und der Graf zur Erde sich neiget hin, Ein Bächlein aber rauschte durch's Feld, Von des Gießbachs reißenden Fluthen geschwellt, Und beiseite legt jener das Sakrament, 8. Was schaffst Du? redet der Graf ihn an, ,,Herr, ich walle zu einem fterbenden Mann, ད Der nach der Himmelskoft schmachtet; Und da ich mich nahe des Baches Steg, D'rum, daß dem Techzenden werde sein Heil, 9. Da seht ihn der Graf auf sein ritterlich Pferd Daß er labe den Kranken, der sein begehrt Und am nächsten Morgen mit dankendem Blick 10. Nicht wolle das Gott!" rief mit Demuthshinn Das meinen Schöpfer getragen! Und maght Du's nicht haben zu eignem Gewinnst, Von dem ich Ehre und irdisches Gut Ihr seid ein mächtiger Graf, bekannt Und glänzen die spätften Geschlechter!" Grube, Aesthet. Vorträge I. 13 |