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thätig schaffenden Phantasie in das des erklärenden und zergliedernden Verstandes geworfen worden. Die Naturnothwendigkeit als solche ist nicht poetisch. Die Naturmacht, welche das Kind so in Aufregung brachte und welcher es endlich unterlag, mußte vielmehr gegenständlich dargestellt werden, als ein persönliches Wesen an das vom Schauer der Nacht ergriffene Kind herantreten, um es aus dem Leben wegzulocken, faßlich genug für die Anschauung mit der Krone als dem königlichen Attribut geschmückt und unbestimmt genug, um der Phantasie vollsten Spielraum zu lassen — endigend in einem Dunstschweif.

Der dämonischen Kraft kommt das Mysteriöse zu, sie entzieht fich dem Greifbaren und Faßlichen. Wenn Erlkönig selber trot feiner glänzenden Erscheinung dieses nebelhafte Wesen nicht verleugnet, so mußten seine Töchter um so mehr „am düstern Ort" im Hintergrunde bleiben.

Drittens durfte der Vater keine Geister sehen. Das erschreckte, bei ihm Hülfe suchende Kind schmiegt sich ängstlich an ihn an, und er sucht es zu trösten, indem er sich an die nüchterne Anschauung desselben, an seinen Verstand sich wendet. Dies ist von hoher poetischer Wirkung. Die Schrecken der Phantasie werden gerade hierdurch bei dem Leser und Hörer des Gedichts ungemein verstärkt. Daß der Elf nur über die noch nicht zum Muth nnd Selbstbewußtsein des Mannes entwickelte Kinderseele Macht gewinnt, für den klar verständigen Mann aber nicht vorhanden ist, das gibt uns erst das sichere Gefühl vollster poetischer Wahrheit dieser Elfengestalten, denn sie sind eben damit psychologisch motivirt. Unsere moderne Weltanschauung ist befriedigt, das Gedicht ist unserer Bildung nahe gerückt und versetzt uns doch zugleich mit aller Macht in jene poetische Region des Kindergemüths, wo die Mährchen und Wunder noch ganze volle Wirklichkeit sind. Indem neben dem Gespräch zwischen

Vater und Sohn eine zweite Stimme vernehmbar wird, die dem Vater ganz verschlossen bleibt, und so eine zweite, dem nüchternen Verstande verborgene Welt sich aufthut: erhält in diesem Kontraste des nüchternen Verstandes und der überwältigenden Phantasie die Elfenstimme erst ganz ihren geheimnißvollen Zauber und wird zur Geisterstimme. Würde der Vater auch den Elfenkönig sehen und hören, dann wäre Alles unmotivirt, wir hätten eine Gespenstergeschichte, aber keine Ballade. Es wäre dann auch der ebenso spannende als rührende Dialog zwischen Vater und Kind weggefallen, der uns nicht beschreibend oder erzählend, sondern in Gesprächsform den ganzen Vorgang enthüllt und stufenweis die Scene entfaltet.

Diese dramatische Form der Entwickelung ist es, was wir viertens als hohen Vorzug des Gedichtes hervorheben müssen, woran wir einen charakteristischen Zug der echten Ballade erkennen. Die Ballade gewinnt dadurch ihre schlagende Kürze; denn indem die Personen redend ihren Willen, ihr Gefühl, ihren Zustand enthüllen, schildern sie uns zugleich, was geschehen ist, was geschieht und geschehen wird. Sie gewinnt aber auch ihre das Gemüth erregende Spannung; denn wir werden nicht bloß bei der Anschauung, sondern zugleich bei der Empfindung gefaßt, sympathetisch mit unserem Gemüth an die lebendig vor uns hintretende Katastrophe gefesselt. In der lockenden süßen Stimme des Elfen fühlen wir das zauberisch Reizende und Hinreißende des Dämons, wie in den Trostworten des Vaters die ganze zärtliche Sorge und Liebe desselben. Der Gegensatz zwischen dem tückischen Naturgeist und dem fürsorglichen Vaterherzen, das zuletzt selbst mit in's Grausen hineingerissen wird, dieses Miteinanderspielen zweier ganz entgegengesetter Stimmen, die an die Kindesseele sich wenden und um ihren Besitz ringen: das gibt dem ganzen Gedichte etwas Magisches, Hinreißendes einen Ton, wie er ohne die dramatische Einkleidung nimmer erreicht worden wäre.

Nur die erste und letzte Strophe sind erzählend; jene gibt in vier kleinen Zeilen die ganze Exposition, diese in eben so prägnanter Kürze die Schlußkatastrophe.

Die Exposition, d. h. In-Scene-Sehung könnte nicht spannender und ergreifender sein. Wie in der Ballade „Edward" die erste Zeile: ,,Dein Schwert, wie ist's vom Blut so roth!" Scene, Begebenheit, Ton des Ganzen schon im Keim enthält, so rollt der erste fragende Sat in unserem Gedicht: „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?" mit Einem Schlage das Nachtstück vor uns auf, dem die nachfolgenden Zeilen gerade so viel Bestimmtheit geben, um eine schauerliche Entwickelung ahnen zu lassen und das Interesse auf das Folgende zu spannen. Die kalte windige Nacht, in der wir den Vater wie auf der Flucht erblicken, die Sorgfalt, mit der er den Knaben festnimmt und warm hält deutet es nicht auf eine Gefahr, die im Anzuge ist? Die Vermuthung wird zur Gewißheit schon in der zweiten Strophe. Die besorgte Frage des Vaters: „Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?" signalisirt den Feind, und die Gegenfrage des Kindes: „Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?“ verkündet seine Gegenwart, obwohl in dieser Frageform erst das Kommen des Feindes angedeutet ist, ein Ahnungsvolles, das unsere Erwartung viel mehr spannt, als wenn das Kind gesagt hätte: Ich sehe ihn, da ist er! Es ist ganz aus dem Leben genommen, daß, wenn uns eine Erscheinung ganz unerwartet auffällt, so daß wir es selber kaum zu glauben wagen, obwohl wir's sehen, daß wir dann unsern Begleiter fragen: siehst du nichts? oder: hast du nicht eben den Ton gehört? Und durch die nochmalige Betonung mit Angabe von Merkmalen-,,den Erlenkönig mit Krone und Schweif" will das Kind „den zeigen, daß es deutlich gesehen habe, während der Dichter zugleich der Phantasie des Hörers das entsprechende Bild gibt, das, weit entfernt, durch die abkühlende Antwort des Vaters,mein Sohn,

es ist ein Nebelstreif!" geschwächt zu werden, erst recht unsere Phantasie spannt und aufregt.

Ehe wir uns noch besinnen können, was es mit der Gestalt für eine Bewandtniß habe, ertönt schon die feine gleißende Schmeichelstimme des Dämons. So folgt Alles Schlag auf Schlag.

Dreimal spricht Erlkönig zu dem Kinde, und zwar in fortgehender Steigerung des Affekts, der von der sinnbethörenden Macht des Wortes bis zur Thätlichkeit, zum Todesstoß fortschreitet. Dreimal gibt die besänftigende Antwort des Vaters einen neuen charakteristischen Pinselstrich zu der Staffage des Nachtbildes, das mit der individuelleren Zeichnung nur noch mehr sein Unheimliches, Schreckhaftes entfaltet.

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Man übersehe nicht in den Reden Erlkönigs den Fortschritt von der fein und zart überredenden einschmeichelnden Bitte in der dritten Strophe, welche mit dem, was ein Kinderherz am meisten erfreuen kann, auch zuerst vorrückt — schöne Spiele, bunte Blumen, goldenes Gewand; als aber dies nicht verfängt, aus der anfänglich noch ruhigen bittenden Anrede: Du liebes Kind, komm, geh' mit mir!" schon zur mehr drängenden Bitte in Frageform fortschreitet: „Willst, feiner Knabe, du mit mir gehen?" mit dem noch mehr umstrickenden und das Verhältniß zum Vater lockern sollenden Bezug auf die Töchter: fie wiegen und tanzen und singen dich ein!" Als das Gemüth des Knaben auch dieser zweiten dringenderen Aufforderung noch Widerstand leistet, da bricht der grausame Egoismus in der Liebe Erlkönigs zum Knaben in seiner Leidenschaftlichkeit völlig hervor: Mich reizt deine schöne Gestalt!" und wie dem Schmeichellaut das Drohwort, so folgt diesem die Gewaltthat, die wir mit schrecklicher Klarheit aus dem Nothschrei des Kindes erkennen.

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In der dänischen Ballade empfängt Herr Oluf einen Schlag auf die Brust; die verderbliche Einwirkung der Elfenjungfrau auf

den starken Mann ist da in sehr drastischer Weise hervorgehoben worden; bei dem zarten Kinde bedurfte es nicht der näheren Angabe des Angriffs. Der Ruf: „Erlkönig hat mir ein Leids gethan!" sagt uns schon Alles und um so ergreifender, als unsere Phantasie auch hier auf geheimnißvolle Weise erregt wird.

Die achte und letzte Strophe enthält die tragische Lösung. Nachdem unsere Theilnahme, unsere Besorgniß, unsere Furcht und Angst immer heftiger erregt ward, nachdem der Vater selber trotz des Kampfes, den sein Verstand gegen die Phantasien des Kindes kämpft, in Mitleidenschaft gezogen, von Furcht und Grauen erfaßt wurde und unsere Phantasie sympathetisch mit dem Reiter dahin jagt, um das Kind wo möglich noch im elterlichen Hause von den Nachstellungen des grausamen Naturgeistes befreit zu sehen: kommt mit den wenigen schweren Worten in seinen Armen das Kind war todt!" das Ende des angstvoll beschleunigten Rittes und der Schluß der ganzen Handlung.

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Der Schluß der Ballade, so tragisch düster er ist, hat doch nach der furchtbaren Aufregung unserer Phantasie und Empfindung etwas Beruhigendes, denn wir gönnen der bestürmten und gepeinigten Seele des Kindes den Todesschlaf. Schubert in seiner genialen Komposition des Erlkönig hat mit sicherer Meisterhand nach den immer leidenschaftlicher in g-Moll fortstürmenden, zu dem vollen Dur-Dreiklange auf As hindrängenden Oktaven plößlich Halt gemacht, um mit einem sanften, klagenden und beruhigenden Recitativ - Andante, das wieder nach g-Moll zurückgreift, die letzte Verszeile zu geben.

Diese Schubert'sche Komposition ist bei aller Treue im Anschluß an den Text fast ein selbständiges Tongemälde geworden, aber sie hat doch die dramatische Bewegtheit der Göthe’schen Ballade treu wiedergegeben und erst recht in's Licht gestellt. Die innere Unruhe und Angst des Kindes, die Hast des Vaters, das wirre In

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