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einanderwogen der Nebelmassen konnte nur auf diese Weise durch den Ton versinnlicht werden. In dem gewaltigen Sturm und Drang, der das Ganze durchwebt, wirken dann die so verschiedenen Stimmen Erlkönigs, des Kindes und des Vaters, die sich in einander schlingen und immer pathetischer wiederholen, um so ergreifender. Wie Göthe's Ballade in dieser kunstvollen Verschlingung kontrastirender Momente ganz modern ist denn die älteren Balladen sind einfacher angelegt, so ist auch die Schubert'sche Komposition über die Einfachheit des Volksliedes hinaus, sie will deklamatorisch gesungen sein. Aber, wenn auch ohne Strophe durchkomponirt", ist sie doch im vollsten Maaße sangbar und melodiös. Als simples Strophenlied komponirt, wird Göthe's Erlkönig, wie alle Versuche zeigen, höchst matt.

Der Dichter selber hat in Sprache und Rhythmus seines Gedichtes bereits eine hohe musikalische Wirkung erzielt, die schon beim bloßen Vorlesen desselben sich geltend macht.

Wie das Volkslied überhaupt eine strenge Abgrenzung der Versfüße nicht liebt, so auch die Ballade, und auch Göthe's Erlkönig hat wohl musikalischen sangbaren Takt mit vier Hebungen, aber zählt nicht ängstlich die Sylben. Der springende Anapäst (~~ — der umgekehrte Daktylus) und der Jambus mit seinem Fortschrittsdrange entsprechen ganz der das Gedicht beherrschenden Eile und Hast. Wenn auch die erste Kürze eigentlich Auftakt ist, so daß man ebensogut von Daktylen statt von Anapästen reden könnte, von Daktylen,

*) Wenn W. H. Riehl die Schubert'sche Komposition tadelnd eine „dramatisch - deklamatorische Koncert-Phantasie“ nennt: so mag das von der Liszt'schen „Bearbeitung" gelten, die Schubert'sche Begleitung schließt sich aber so gut dem Texte an, daß sie den Tadel durchaus nicht verdient.

die mit Trochäen abwechseln, so gewinnt doch der Vers dadurch jambischen Fluß:

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Aber schon in der zweiten Strophe tritt ein langes Wort an die

Stelle des kurzen Auftaktes

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht.

Siehst Va ter du den Erlkönig nicht.

Dies ist jedoch für die Tonwirkung eher ein Vortheil als ein Mangel, denn in diesem Aufprallen wird der mächtig in die Seele. des Kindes fahrende Schreck gut versinnlicht. Sobald Erlkönig zu sprechen begonnen hat, macht sich das noch lebhafter ergriffene und aufgeregte Gemüth des Kindes in lauter Anapästen Luft:

Mein Va ter, mein Vater und hö rest du nicht.

ganz so, wie auch Erlkönig da, wo er all' seine Ueberredungskunst koncentrirt, anapästisch den Redestrom gleiten läßt:

Meine Töch ter führen den nächt li chen Reihn

Und wie gen und tan zen und sin gen dich ein.

Wie dort am Anfang, bekommt in der leidenschaftlichsten Stelle: Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt der Vers sogar im Inneren überzählige Sylben, und da nur vier Hebungen sind, so erhält die Sprache, um das Zeilenmaß einzuhalten, einen stürmischen Drang und Fortschritt:

Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt.

Zum Schluß stellt sich das volltönende lange war bedeutsam in die Stelle der Kürze

In seinen Armen das Kind war todt.

Der Ballade ist der Endreim, und zwar der männliche (mit einer einzigen betonten Sylbe) wesentlich. Die Romanze wechselt lieber mit männlichen und weiblichen, nimmt auch mitunter nur weibliche Reime; ja, sie kann des Reimes ganz entbehren, wie Herder in seinen Cid-Romanzen gezeigt hat. Die Endreime im Erlkönig sind alle vollwuchtig, nur ein einziges Mal wird ein leichteres Wörtchen unter die Arsis (Hebung, Betonung) gestellt.

Aber mit den gereimten Schlußzsylben ist es noch nicht gethan, um die musikalische Wirkung hervorzubringen, die wir vom Erkönig erfahren. Wir begegnen auch zu Anfang des Verses vielen Gleichflängen. So gleich in der ersten Strophe: Werer; in der zweiten: Mein, mein; in der dritten sind nicht bloß die M Konsonanten, es kehrt auch das „manch" zu Anfang des dritten Verses bedeutsam in der Mitte des vierten wieder, so wie in der fünften mit gleicher Wirkung „meine Töchter" sich wiederholen. Ganz besonders ist das sich wiederholende: Mein Vater! des Kindes und das: Mein Sohn, mein Sohn! des Vaters in der sechsten Strophe von hoher ästhetischer Wirkung, indem es mit dem gesteigerten Affekt auch

zugleich dem Gefühl der Liebe und Anhänglichkeit einen affektvolleren Ausdruck verleihet. Da die Seele des Kindes beim ersten Erblicken des Elfen noch ruhiger ist, heißt es: „Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?" Aber da der Dämon herangekommen ist und gesprochen hat, ruft das Kind: „Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht?"

zu dem Eindrucke auf das Auge hat sich schnell der auf das Ohr gesellt, während jener noch in seiner Macht fortwirkt (weshalb das Kind auch elliptisch seine Rede mit bloßem „und“ fortseßt), und dieser doppelt starke Reiz macht sich nun in dem wiederholten Ruf an den Vater Luft.

Des Elfen Rede beginnt mit dem hohen, feinen, schmeichelnden i, das im ersten Verse (der dritten Strophe) vier Mal, im folgenden Verse gar fünf Mal vorkommt:

Du liebes Kind, komm geh' mit mir

Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir!

Diese Assonanz, der Gleichklang der Vokale, geht durch das ganze Gedicht. In der einen Verszeile:

Manch bunte Blumen sind an dem Strand

wiederholt sich zwei Mal das u, drei Mal das a, und zwar letzteres immer mit dem folgenden n. Zur Assonnanz gesellt sich die Alli= teration, der Gleichklang der Konsonanten zu Anfang des Wortes, so das K: Kind, komm! das S: Schöne Spiele! das b: bunte Blumen! das g: goldene Gewand. Und ferner die Annomination, d. h. der Gleichklang von Wörtern desselben Stammes: Spiele, spiel' ich 2c.

In der einen Verszeile:

In dürren Blättern fäuselt der Wind

empfinden wir das Bewegte im sich wiederholenden flüssigen I und

s und zugleich das Schaurige in der Verbindung des s mit dem tonlosen e und n und in den gehäuften Zungenlauten d und t.

Wie die Alliteration darauf ausgeht, die Begriffe, welche der Verstand als zusammengehörig verknüpft hat, auch für die Empfindung in Eins zu schmelzen (schon die prosaische Rede liebt diesen Anreim: Licht und Leben, Mann und Maus, Haus und Hof): so dient das verknüpfende Wörtlein „und“, wenn es schnell sich wiederholt, dem gleichen Zwecke, und der Dichter hat es mit vortrefflicher Wirkung angewandt in der schon oben wegen der Anapästen angeführten Stelle:

Und wiegen und tanzen und singen dich ein —

damit die einladenden anlockenden Thätigkeiten der Töchter sich in Einem Gesammtreiz koncentriren, das Mannigfaltige der Anschauung Eins wird für die Empfindung.

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So hat in dieser Ballade ein hochpoetischer Inhalt die beste Gliederung und den wirksamsten sprachlichen Ausdruck gefunden. Ihr ideales Leben ist mit volksthümlicher Realität gesättigt, und sie wahrt darin den Charakter der älteren Ballade, daß sie bei allem inneren Reichthum Handlung und Schicksal doch in die engste und anschaulichste Form zusammengedrängt hat und deshalb um so energischer wirkt. Erlkönig erfaßt das Gemüth des Kindes und des Mannes, des Volkes und des Hochgebildeten mit gleichem unwiderstehlichen Zauber und wird gelesen und in der Schubert'schen Komposition gesungen werden, so lange es noch Musik und eine deutsche Sprache gibt.

Jedes Gedicht, wie jedes echte Kunstwerk überhaupt, sagt uns unendlich mehr, als wir in Begriffe fassen, mit dem analysirenden

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