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Verstande, erläutern“ können; es enthüllt uns seinen Grundgedanken nur in der Unmittelbarkeit der Anschauung und Empfindung. Das darf uns aber nicht abhalten, nach der zu Grunde liegenden Idee" zu fragen und sie, soweit es mit wenigen Säßen möglich ist, in Worte zu fassen. Wir haben den Eindruck empfangen, genossen, uns seiner gefreut, warum sollten wir uns nicht über ihn Rechenschaft geben? Also: was will der Dichter im Erlkönig uns darstellen? Ist es bloß eine Phantasmagorie, welcher das „Bewußtsein" des Knaben unterliegt? Stirbt das Kind an bloßer Einbildung? Aber schon die Ueberschrift des Gedichtes: Erlkönig weist uns ja auf die gegenständliche Seite. Dieser Erlkönig ist jedenfalls eine objektive reale Naturmacht, welche den Menschen= kindern an's Leben geht und nicht bloß in ihrer Phantasie vorhanden ist. Nach dem Volksglauben unserer Altvordern konnte schon die bloße Berührung, ja der Anhauch der Elfen Menschen und Thieren den Tod bringen *). Herr Oluf in der nordischen Ballade hat das gleiche Schicksal, wie das Kind, obgleich er der Lockung der Elfentochter mit selbstbewußter sittlicher Kraft Widerstand leistet. Sie droht ihm nicht bloß, sie gibt ihm einen Schlag auf die Brust; und Erlkönig drohet auch nicht bloß, er faßt das Kind leiblich an und thut ihm ein Leids. Es handelt sich nicht bloß um die Vernichtung des „Bewußtseins“, sondern des „Menschenlebens“, um die Auflösung desselben in's Naturleben. Wenn ein Bräutigam ausreitet, um die Gäste zur Hochzeit zu laden, und dann krank heimkehrt und plöglich stirbt: so ist es ihm von einer neidischen Elfenjungfrau, der er begegnete, angethan worden. Und wenn ein Vater in den Armen sein Kind todt vom nächtlichen Ritt heimbringt, so ist das junge Leben vom tückischen Elfenkönig geraubt worden. Diese gegen

*) Vgl. J. Grimm, deutsche Mythologie, I. S. 430.

ständliche Macht darf aber nicht bloß physisch auf den Menschen wirken, sie muß sein Gemüth ergreifen, seine Seele zu einem Kampfe herausfordern. Wie in der oben angeführten dänischen Ballade die Liebe des Elfenmädchens zum Jüngling, so wird in der Göthe'schen die Liebe Erlkönigs zum Knaben die bewegende Kraft. Denn diese Liebe ist es, welche auch auf die Seele des Menschen zu wirken fähig ist, welche einen Zwiespalt in's Gemüth und einen inneren Kampf zu erzeugen vermag, zugleich aber auch die Katastrophe, nämlich die Vernichtung des Menschenlebens, herbeiführt.

Hierdurch wird die Naturmacht, welche Gesundheit und Leben raubt, uns menschlich persönlich nahe gebracht als eine nicht bloß physische, sondern als eine das Gemüth des Menschen ergreifende, fein Gefühl und seinen Willen, seine Empfindung und Phantasie aufregende Gewalt, deren für Leib und Seele gleich verderblichen Einfluß wir ahnen, sobald sie sich zeigt. Damit, daß der Elf redet, schmeichelt, liebt, drohet, in Zorn geräth, wird seine Gestalt erst brauchbar für die Poesie. Der im feuchtkalten Nebel an das zarte Kind herantretende Erdgeist lockt das warme Leben hinweg, die überreizte Phantasie des Knaben ist bereits Todeskampf, der Sieg des tückischen Dämons über das zarte Leben; aber im Gedicht entwickelt sich dieser Kampf und Sieg auf ideale Weise im Phantasieleben des Kindes, in seinem Bewußtsein. Wir erleben diesen Kampf innerlich mit, empfinden aus der Seele des Kindes heraus den Zauber des Elfen, und zwar um so inniger, als wir zugleich die zärtliche Liebe des schüßenden Vaters, wie sie der dämonischen Liebe Erlkönigs gegenüber doch ohnmächtig ist, mit empfinden. Hierin hat das Göthe'sche Gedicht entschiedene Vorzüge vor dem dänischen; es hat den wärmeren Pulsschlag der Empfindung wie die schärfere Zeichnung vor ihm voraus. Herr Oluf ist zwar selbstbewußter, aber ebendeshalb auch kühler; er sett den Verlockungen der Elfentochter

immer nnr sein: ich mag nicht! und ich darf nicht! entgegen. Dazu kommt, daß die Gestalt Erlkönigs viel mehr mit dem Naturbilde zusammenstimmt, auf dessen Basis sie in eindringlichster Weise sich abhebt, so daß uns schon die ganze Naturscenerie schauerlich stimmt.

Es ist also in der Göthe’schen Ballade die stürmische feuchtfalte Herbstnacht, wie sie die Phantasie des auf nächtlichem Ritte in den Armen des Vaters heimgetragenen Kindes fieberhaft erregt und in ihren Schauern das junge Leben vernichtet, zum vollendeten poetischen Ausdruck gebracht in der Gestalt des Elfenkönigs, der schmeichelnd und tückisch den Knaben verfolgt, um ihn für sein elementares Reich zu gewinnen.

Damit haben wir die „Idee" des Gedichtes angegeben, insofern sie konkreter Inhalt desselben, dieser besondere individuelle Gegenstand ist. Das ist sie in jedem wahrhaften Dicht- und Kunstwerke; man darf nicht glauben, daß dem Dichter erst ein ,,allgemeiner Gedanke" in abstracto, d. h. abgelöst von der individuellen Erscheinung vorgeschwebt habe. Das war auch bei Schiller, der in seinen Romanzen z. B. sittliche Ideen der Ehre, Freundschaft, Selbstüberwindung zc. zur Darstellung bringt, nicht der Fall. Er schaute vielmehr in seinem Möros das Urbildliche aufopfernder Freundschaft und Treue, im Rhodiser Ritter den christlich de= müthigen Helden, er erkannte und faßte in dem ihm vorkommenden Stoff die poetische Seele und verklärte diese zum Geist des allumfassenden Gedankens. So spricht auch aus dem „Erlkönig“ der Geist zu unserm Geist, und das klar und scharf gezeichnete Bild, das der Anschauung vorgehalten wird, führt den allgemeinen. Gedanken mit sich. So tritt uns im Kinde die Menschheit entgegen, wie sie noch nicht zum Selbstbewußtsein, das der eigenen Persönlichkeit gewiß ist, aufgeschlossen, den feindlichen Ein

wirkungen der Natur preisgegeben ist. Im Elfenkönig und seiner Familie erscheinen die dämonischen, die Freiheit des Geistes vernichtenden, für das Menschenleben verderblichen Naturkräfte. Die Elemente hassen nicht bloß, wie Schiller singt, „das Gebild von Menschenhand", sie führen auch ohne Unterlaß Krieg mit dem Menschen selber. Es ist ein ewiger Gegensatz zwischen Natur und Geist, Bewußtem und Unbewußtem, und da der Menschh nicht absoluter, vollkommener Geist, sondern zugleich Natur, bedingter, an die Materie gebundener Geist ist, da er den Gegensatz und Widerspruch in sich selber trägt: so ist er, mag er sich sträuben wie er will, nach der sinnlichen Seite seiner Existenz auch stets der Natur preisgegeben, und selbst für den klaren Verstand, für den durch Erfahrung gereiften muthvollen besonnenen männlichen Geist, wie ihn der Dichter im Vater darstellt, behält die Natur noch ihre Schauer, ihren dämonischen Hintergrund. Das Aechzen und angstvolle Stöhnen des Kindes erweckt auch dem Vater ein Graufen. Je mehr aber der Mensch nur mit seiner Empfindung der Natur gegenübersteht und seine Phantasie von ihren Eindrücken hinreißen läßt: desto gewaltsamer dringt sie auch mit ihren Reizen auf ihn ein, und desto sicherer wird er ihre Beute.

Das ist der Grundgedanke, abstrakt gefaßt.

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Sie fang zu ihm, sie sprach zu ihm:
,,Was lockft du meine Brut
Mit Menschenwiß und Menschenlist
Hinauf in Todesgluth?

Ach, wüßtest du, wie's Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,

Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gefund.

Grube, Aesthet. Vorträge. I.

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