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Siebenter Abschnitt.

,,Sie rückt und weicht, der Tag ist überlebt."

Goethe in seinem einundachtzigsten Jahre. Die Juli-Revolution und der wissenschaftliche Streit zwischen Cuvier und St. Hilaire. Goethe's einziger Sohn stirbt. Funfzehn Engländer schicken Goethe ein Zeichen ihrer Huldigung. Aus Thackeray's Jugenderinnerungen an Weimar und Goethe. Der Dichtergreis; Zeichen des Verfalls; Goethe stirbt

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. 367

Fünftes Buch.

Krystalle.

1779 bis 1793.

Wenn sich der Most auch ganz absurd geberdet,
Es giebt zulezt doch noch 'nen Wein.

Von der Gewalt, die alle Wesen bindet,
Befreit der Mensch sich, der sich überwindet.

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Die Entwicklung des Charakters, wie er in langsamer Wandlung aus der Regellosigkeit der Jugend zur klaren Stetigkeit des Mannesalters übergeht, läßt sich dem wachsenden Glanz der Morgenröthe vergleichen, die zuerst allmälig und dann in schweigender Schnelle die Finsterniß der Nacht zurückscheucht und endlich mit einem Fluthstrom von Licht den Himmel ruhig in Besitz nimmt. Mit solchem Bilde sei es gestattet, den Anbruch einer neuen Epoche in Goethe's Leben zu bezeichnen. Er tritt nun in eine Zeit, wo die Ausschreitungen einer erregbaren Natur immer mehr in dem Kreise der Regel sich halten, wo Ziele, unbestimmt bisher, klar werden, wo in den Tiefen seines Geistes vieles, das noch flüssig war, durch den Ernst, der dem Leben eine feste Richtung setzt, sich krystallisirt. Alle genialen Männer machen diesen Krystallisationsproceß durch; ihre Jugendzeit wird von dem Gewirr der Irrthümer und Leidenschaften getrübt, aber wenn sie diese Irrthümer überleben, so werden sie ihnen zu Gewinn. Wie die Abhänge großer Bergesrücken von Spalten zerklüftet sind, die geschmolzene Felsmassen füllen, und wie diese Spalten, nachdem die Lava sich abgekühlt hat, den Dienst colossaler Pfeiler leisten, welche die Gebirgsmassen stüßen, so wirken bei genialen Männern die Leidenschaften: erst zerklüften, dann festigen sie das Leben. Der Diamant, wie man weiß, kann nur mit seinem eigenen Staube geschliffen werden: ist das nicht ein rechtes Bild für die Wahrheit, daß das Genie nur durch seine eigenen Abfälle wahrhaft belehrt werden kann?

,,Geniale Menschen, sagt Friedrich von Müller, schweifen leicht über die Grenzen der Wirklichkeit hinaus; im Gefühl, Außerordentliches leisten zu können, verschmähen sie oftmals die eng gezogene Schranke bürgerlicher Ordnung und, einer einseitigen Richtung aufs Ideelle hingegeben, das Studium der wirklichen Welt und ihrer Anforderungen. In Goethe dagegen finden wir von früh an zwei oft sich widerstrebende Eigenschaften innig verschwistert: eine überschwänglich produktive Phantasie und einen kindlich reinen Natursinn, dem überall ein Lebendiges begegnet und der überall thätig ins Leben einzugreifen strebt. Diese unvertilgbare Liebe zur Natur und zum praktischen Wirken schlingt sich das ganze Gewebe seines Lebens hindurch, sie schärft sein Auge für jede äußere Erscheinung, leitet die oft unruhige Thätigkeit seines Geistes zum Realen hin, wird ihm zum Gegengewicht und Heilmittel der Leidenschaften und bewahrt ihn, wie ein schüßender Genius mitten unter gefahrvollen Abwegen vor Verirrung, mitten unter Abenteuern vor abenteuerlicher Richtung."

Goethe trat jezt (1779) in sein dreißigstes Jahr. Sein Leben erhob sich nun aus den träumerischen Nebeln, die es bisher umhüllten; an die Stelle jugendlicher Zerfahrenheit trat der feierliche Mannesernst und gipfelte sein Dasein zu imposanter Einheit. Er faßte den Entschluß, sich vom Halben zu entwöhnen,

und im Ganzen, Guten, Schönen,
resolut zu leben.

Die Ursache dieser Aenderung wird gewöhnlich in seinem Aufenthalte in Italien gesucht, aber der wahre Grund lag in der nothwendigen Entwicklung seines Geistes. Daß er diesen Fortschritt lange vor seiner italienischen Reise gemacht hatte, das zu beweisen genügt die oberflächlichste Bekanntschaft mit der Zeit, die uns jetzt beschäftigt. Eine Stelle aus seinem Tagebuch, die ungefähr dies Datum trägt, ist dafür besonders bezeichnend. „Zu Hause aufgeräumt, meine Papiere durchgesehen, und alle alte Schalen verbrannt. Andere Zeiten, andere Sorgen! Stiller Rückblick aufs Leben, auf die Verworrenheit, Betriebsamkeit, Wißbegierde der Jugend; wie sie überall herumschweift, um etwas Befriedigendes zu finden. Wie ich besonders in Geheimnissen, dunklen imaginativen Verhältnissen eine Wohllust gefunden habe; wie ich alles Wissenschaftliche nur halb ange= griffen und bald wieder habe fahren lassen; wie eine Art von demüthiger Selbstgefälligkeit durch Alles geht, was ich damals schrieb; wie kurzfinnig

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