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anhebt: Es ist eine Frage." Sehr wirkungsvoll verstand es Eckart, andere Meister und Lehrer anzuführen. Ihre Meinungen stellte er einander gegenüber, oder wies sie selbst zurück und ließ dann am Schluß seine Lehre als die beste, die einzig richtige siegreich über die anderen erscheinen. Sein Schüler pflegt auch vieler anderer Meinungen anzuführen, aber ihm gelingt es nicht, eine Steigerung herbeizuführen. Er läßt nicht einmal immer seine eigne Ansicht hören, läßt Gegensätze zwischen den einzelnen Meinungen ungehoben. In der 10. Predigt1) auf den Tag Johannes des Evangelisten z. B. stellt er auf die Frage, wem der Herr mehr befohlen habe, dem Johannes, dem er die Mutter, oder dem Petrus, dem er die ganze Kirche befohlen habe, die beiden entgegengesetzten Meinungen nebeneinander und läßt die Frage schließlich unentschieden.

Dies alles sind schon Anzeichen dafür, daß dem Schriftsteller die Kraft, scharf zu denken, nicht gerade eigen ist. Dieses Urteil be= stätigt sich noch weiter. Seine Einteilungen, die er zahlreich anwendet, lassen die Klarheit bisweilen vermissen. In der 33. Predigt will er zuerst von dem Fasten reden und dafür aus der Erfahrung, dem Leben Jesu und der Geschichte des Menschengeschlechts Gründe anführen. Aber bei der Aufzählung der Gründe, warum Christus fastete, geht er unbemerkt 2) zu den Gründen über, warum wir fasten, und zählt doch in der Reihe fort, die Ursachen für Christi Fasten namhaft machte. Den Übergang bildete der Ge= danke, daß unser Herr Jesus uns ein Beispiel geben wollte, daß wir fasten. Im 2. Teile derselben Predigt) fängt er die Ursachen an aufzuzählen, um deren willen der heilige Gregor zu loben ist, kommt aber beim Zählen nicht über eins hinaus, da ihn seine Neigung zum Erzählen fortreißt. — In der darauf folgenden Predigt Nr. 34 auf den Tag St. Benedikts gewinnt es den Anschein, als würden zwei einander entsprechende Teile dargeboten, wenn

1) p. 37, 3. 9-18.

2) p. 102, 3. 15 und 18.
3) p. 103, 3. 22.

zuerst 13 Stücke aufgezählt werden, die ein vollkommener Mensch an sich haben muß, und der Übergang zur Legendenerzählung lautet:1) „Diese Stücke kann man alle beweisen aus dem Leben des heiligen Benediktus." Allein man sucht vergebens nach einer wirklichen Beziehung beider Teile aufeinander. In der 16. Predigt auf den 18. Tag nach Weihnachten, erklärt der Verfasser, die Taube, welche auf Jefum in der Taufe herabkam, bedeute Lauterkeit und Gütigkeit. Dies wird der Anlaß zur Erwähnung eines anderen Tieres, nämlich des Lammes, mit dem Christus von Johannes verglichen wird, und es folgt nun2) ein Abschnitt über das Lamm. Die Taufe im Jordan veranlaßt eine längere Auslassung über die heiligen Sakramente. Das Wort:,,Dies ist mein lieber Sohn u. f. w." giebt Anlaß zur Aufzählung von 12 Stücken, die der Mensch an sich haben muß, der Gottes Sohn aus Gnaden sein soll. Schließlich aber fügt der Prediger die 8. und 9. Frage über das Wort, das im Menschen gesprochen wird, bei, ohne daß er etwa Anstoß an der hier gar nicht berechtigten Zählung dieser Fragen nimmt, die dem Traktat von den 9 Fragen entstammt.

Am allerschlimmsten aber steht es mit den Predigten des Heiligenlebens, wenn wir auf die Benutzung der heiligen Schrift sehen. Schon ganz äußerlich läßt es sich erkennen, daß hier nicht mehr diese eingehende Beschäftigung mit der Bibel Sache des Predigers war, wie wir es bei Eckart und Tauler fanden. Fast zwei Drittel aller Predigten entbehren überhaupt eines Textes. Sie begnügen sich mit Legendenerzählungen, denen sie bisweilen noch einige mystische Fragen beifügen. Es ist nicht zu verwundern, daß ein solcher Prediger nun auch mancherlei Verstöße dort macht, wo er die Bibel anführt: Herodes, der Anstifter des bethlehemitischen Kindermordes, wird wie der jüngere Herodes von Würmern ge= fressen.3) Der Spruch Hebr. 4, 12 wird in folgender Form an

1) p. 106, 3. 30 sq.

2) p. 53, 3. 19-34.

3) Apg. 12, 23. Pfeiffer, D. M. I, p. 40, 3. 25 sq. cf. p. 41, 3. 34.

geführt:1) „Die Heiligen sind gestorben durch das Schwert, und das Wort Gottes ist ein Schwert, das da scheidet den Geist von der Seele." Auch wenn man die Anführungsstriche, welche Jesu Thränen am Grabe des Lazarus und über Jerusalem aus Johannes 11, 35 und Lukas 19, 41 in die Korintherbriefe 2) verweisen, als einen Irrtum des Herausgebers ansieht, ist doch ein Fehler des Verfassers an derfelben Stelle offenbar vorhanden; denn ihm kann nur das Wort Hebr. 5, 7 von den Thränen, die Jesus in den Tagen seines Fleisches vergossen hat, vorgeschwebt haben. Einen ähnlichen Spruch sucht man in den Briefen an die Korinther vergeblich. Das Wort: „Wer da nicht alle Dinge läßt, der ist mein nicht wert,"3) ist jedenfalls so nicht biblisch.

Wohl fehlt es nicht an einzelnen Äußerungen über die Bibel, nach denen man denken könnte, es sei nichts mehr zu wünschen von evangelischem Standpunkt aus. In der 46. Predigt wird z. B. ganz richtig gesagt: 4) „Ein jeglicher Prediger soll drei Dinge haben: Er soll die Wahrheit sprechen aus der Wahrheit, d. i. aus der heiligen Schrift und aus dem Christenglauben. So lehrte Christus seine Jünger: Prediget das Evangelium allen Kreaturen. Darum soll man nicht Täuscherei predigen noch Fabeln auf dem Stuhle der Wahrheit, sondern die heilige Schrift." Und die Predigt über Mariä Himmelfahrt 5) fordert wohl auf, daß man es voll und ganz glauben solle, Maria sei mit Leib und Seele gen Himmel gefahren, aber seht hinzu: „Aber wenn jemand daran zweifelte, 6) so wäre es keine Sünde; denn in der heiligen Schrift steht es nicht." Allein auf solche vereinzelte Äußerungen darf man

1) Nr. 84, p. 252, 3. 10-12.

2) p. 160, 3. 17 in Nr. 51.

3) Nr. 62, p. 192, 3. 9 u. 10; cf. Matth. 5, 39. 40; cf. 10, 37. 38.

Nr. 67 am Schluß.

4) p. 145, 3. 25-29.

5) Nr. 58, p. 177, 3. 32-34.

6) Solche Zweifel läßt er, wie es scheint, auch in der 5. Predigt p. 19,

3. 6 sq. zu Worte kommen.

doch in einem Werk keinen großen Wert legen, das aus vielerlei
Büchern zusammengetragen ist und auch in anderen Stücken unüber-
legt Fremdartiges hat stehen lassen. In der That werden die Legen-
den ganz ohne Bibelwort oft zur Anfertigung von Predigten 1) ver-
wendet. In der 72. Predigt wird der Vorgang, wie Paulus zu
Athen predigt,2) mit der Sage von Dionysius so verwoben, daß
niemand merkt, wo biblische Wahrheit aufhört, und wo legendarische
Dichtung anfängt. Wiederholt3) ist von Bildern so die Rede, daß
auch ihre Darstellungen als gleichwertig neben den biblischen Ge-
danken erscheinen. Die Predigt am St. Nikolaustage) verweist auf
die Bilder an den Wänden und die Gesänge der Blinden auf der
Straße. Dadurch soll ersetzt werden, was der Prediger übergeht.

Die Anwendung der heiligen Schrift ist eine sehr bedenk-
liche. Wenn Eckart auf jedes Wort merkte und dabei oft seine
mystischen Gedanken eintrug, so ist das bei Giseler zur Regel ge-
worden. Er legt seinen Text Vers für Vers oder Wort für Wort
aus, so daß er das Bibelwort mit „textus", die Erklärung mit
,,glossa" einführt. Er liebt es auch, mehrere Erklärungen neben=
einander zu stellen. Oft entsteht ein dem Bibelwort ganz fremder
Sinn. Dem Spruch 5) z. B.:,,Denen, die Gott lieben, müssen
alle Dinge zum Besten dienen," gewinnt er als den höchsten Sinn
dies ab: Zum Geschlecht der Tugenden gehören alle die übernatür-
lichen Gaben, damit Gott den Menschen bestimmt zur ewigen Selig-
keit, und daß seine Vollkommenheit der göttlichen Natur vorher be-
stimmt die Übernatürlichkeit der vernünftigen Kreaturen; und das ist

"

1) In den Nrn. 5, 19, 20, 21, 22, 24a, 26, 27, 28, 29, 32, 34, 42,
44, 45, 47, 49, 52, 54, 57, 63, 64, 67, 68, 70, 72, 74, 78a, 80-83,
85, 86.

2) Act. 17, 16 ff.

3) Nr. 46; Nr. 73, p. 219, 3. 21 sq.; p. 221, 3. 12 sqq. Vergl.
auch in Nr. 66 die durch die traditionelle Abbildung veranlaßte Zusammen-
stellung der vier Tiere mit den vier Evangelisten.

4) p. 16, 3. 4 f., Nr. 4.

5) Röm. 8, 28. Pfeiffer, D. M., p. 180, 3. 18 u. 24-28.

das Bild des Sohnes, dazu wir geladen sind."
Es kehren hier
natürlich viele alte Auslegungen etymologischer und allegorischer Art
wieder.

Eins aber findet sich hier, was sonst nur bei Suso sich zeigt,
nämlich, daß mit den Worten, die Schrift sagt":1) Aussprüche
angeführt werden, die der Bibel nicht angehören. Dadurch ist
aber die Grenze zwischen den biblischen und den anderen Schriften
verwischt. Je mehr Wert auf das Studium anderer Bücher gelegt
wurde, und je geringeren Fleiß man auf die Bibel verwendete, desto
eher war dies möglich. Der Prediger will wohl nur auf eine ge=
schriebene Quelle hinweisen, aus der er seine Erzählung schöpft, wie
er auch andere Anführungsweisen kennt, z. B. „man lieset“.2) Öfter
macht er es auch bemerklich, wie das für ihn keine unbedingte
Gültigkeit hat, was er so anführte. Vielleicht ist es ein ganz be=
stimmtes Werk, das er bisweilen dabei im Auge hat. Er führt
z. B. einmal an: Wie die Schrift seines Lebens spricht." 3) So
wird „Schrift“ öfter im Sinne von Vita angewendet. In der
Predigt auf den Laurentiustag heißt es:4) „Dieser Heilige war aus
Spanien, und die Schrift spricht, daß er ein Bruder St.
Vincenzens wäre. Aber das Passional sagt, daß sie beide wären
aus einem Lande, aus Spanien." Dem, was er als „Schrift“
anführt, seßt er das Bibelwort noch entgegen: 5) „Von Marien
Magdalenen haben etliche einen Wahn, daß sie eine Jungfrau
wäre . . . Eine andere Schrift spricht, daß sie voll wäre der
sieben Hauptfünden. Aber St. Lukas sagte in seinem Evangelio,

"

1) Vgl. Sitzungsberichte der Wiener Akademie hist. phil. Abt. Bd. 76
in der Predigt auf den 1. Advent (rot), p. 62-64 und p. 80 im „Buch der
Marter". Pfeiffer, D. M. I, Nr. 7, p. 25, 3. 26; p. 126, 3. 7; Nr. 39;
Nr. 78b, p. 234, 3. 35 sq.

2) Nr. 40, p. 130, 3. 22; p. 173, 3. 4; Nr. 56; cf. p. 108, 3. 36.
Vgl. p. 69, 3. 19: „Man schreibet."

3) Nr. 18, p. 61, 3. 1.

4) Nr. 57, p. 174, 3. 32-34.

5) Nr. 53, p. 164, 3. 13-16. Vgl. Nr. 61, p. 189, 3. 1; Nr. 74,
p. 224, 3. 7-9.

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