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Augustin kennt nur die Stadt Gottes oder des Himmels, und die Stadt der Welt oder des Teufels; die Bürger der einen sind Gefäße der Barmherzigkeit, die der andern des Zorns. Abel und Kain bezeichnen beide. Die Stadt der Welt findet im babylonischen, assyrischen, römischen Reich ihre Größe; die Stadt Gottes ist mit Abraham heller hervorgetreten, ihr Centrum ist Christus. Sie wird sich im Himmel vollenden, die andere in der Hölle. Die Wiederbringung aller Dinge hat er nicht gelehrt, da bleibt ein unüberwundener Rest des manichäischen Dualismus.

Gerade hier wird Augustinus durch die Schriften ergänzt welche im 5. oder 6. Jahrhundert verfaßt und mit dem Namen m des von Paulus bekehrten Dionysius, des Areopagiten, bezeichnet worden sind. In neuplatonischer Weise reden sie von der über allen Verstand und Geist erhabenen Heimlichkeit Gottes und verlangen, daß der Mensch sich zu ihr in einer mystischen Einigung des ganzen Gemüths erheben soll. Wir erkennen Gott als die Ordnung alles Seienden, die sein Abbild trägt, als die Ursache von allem, indem wir uns über alles erheben. Er hält alle Principien des Seienden in sich, wie die Einheit alle Zahlen, das Centrum alle Radien; er ist die Sonne, die Welt der Lichtfreis, der ihm entstrahlt. Als die Ursache von allem ist er alles und erkennt alles in sich, von seinem Grunde, von innen heraus. Die Weltidee, die zu seinem Wesen gehört, läßt er in Gegensähen hervortreten, bleibt aber über allem Unterschied als wandellos eine Gottheit stehen, unbewegt im ewigen Bewegtsein immer er selbst. Er ist die Liebe, die alles wirkt und nicht will daß etwas verloren werde, sondern jegliches erhält und auch das was sich verirrt, wieder auf den rechten Weg ruft, das Gefallene wieder aufrichtet und erlöst. Er ist der Gute, der sein Heil für alle will. In Christus ist sein Licht aufgegangen, das alles erleuchtet. Christus führt alles zum Sein und will daß alles ihm ähnlich werde und mit ihm Gemeinschaft habe. In ihm geht Gott denen liebend nach die sich von ihm entfernen. Gott weiß nicht blos das Böse zum Guten zu wenden, auch die Bösen zu befehren durch Erleuchtung, durch Erweise der Liebe; nicht wider ihren Willen, sondern mit ihrem Willen soll am Ende jede freie Creatur zur Gemeinschaft mit Gott, zur Seligkeit kommen.

Die religiöse Dichtung.

Für die ersten Christen war das Ueberirdische ins Irdische eingetreten, der Unterschied des Natürlichen und Wunderbaren wie verschwunden; in allem sahen sie Gottes Finger, und seine Engel schwebten schirmend und wachend über der Gemeinde. Als die Erfüllung jener Hoffnung sich vertagte daß der Heiland auf den Wolken wiedererscheinen werde um sein Reich auf Erden zu errichten, so war der Glaube um so überzeugter daß der Tod für die Menschen der Eingang zu seiner himmlischen Herrlichkeit sei. Die ganze Stimmung war damit eine ideale phantasievolle. Schon in der Bibel begegnete uns die religiöse Dichtung, sowol in den Parabeln Jesu wie in der Offenbarung Johannis, sowol in den Mythen welche die Synoptiker überlieferten wie in der kunstvollen Composition des vierten Evangeliums. Der einmal erwachte sagenbildende Trieb wucherte im 2. und 3. Jahrhundert weiter; die von der Kirche nicht in die Bibel aufgenommenen apokryphen Evangelien geben Zeugniß davon, und wir erkennen auch hier das Naturgesetz der Legende: die ersten Wundergeschichten, von Nahestehenden erzählt, sind so daß sie nicht aus dem Möglichen heraustreten, daß sie wesentlich einer gesteigerten Einbildungskraft zugeschrieben werden können; daran reihen sich sinnvolle Erzählungen von sittlichem, geistigem Gehalt, in denen der Eindruck den eine große geschichtliche Persönlichkeit gemacht hat, sich zu einzelnen strahlenden Bildern verdichtet; hernach aber verläuft sich das Spiel der Phantasie ins Abenteuerliche, in das Seltsame und Uebertriebene, ja ins Abgeschmackte und Anstößige. Oder was soll man sagen, wenn der heilige Bernhard, von dessen Reisen der Begleiter nur einige Heilungen Nervenleidender berichtet, nach späterer Erzählung die Mücken excommunicirt welche die kirchlich Gläubigen beunruhigen, worauf sie todt herabfallen. und man sie mit Schaufeln fortschafft, so viele waren ihrer? So ist das älteste der Apokryphen, das Vorevangelium des Jakobus, so genannt weil es durch einen Vorbericht von den Aeltern und der Jugend Jesu die Evangelien ergänzt, auch das anziehendste. Es beginnt mit den Aeltern Maria's, Joachim und Anna, und erzählt daß sie hochbetagt und fromm in kinderloser Ehe gelebt; damit wollte das jüdische wie das christliche

Alterthum ein spätgeborenes Kind nicht wie die Frucht sinnlicher Lust, sondern wie ein Geschenk des Himmels erscheinen lassen. Joachim's Opfer wird schnöde zurückgewiesen weil er keine Nachkommenschaft habe; darob begibt er sich fastend und klagend in die Wüste. Mit wem soll er sich vergleichen? Mit den Vögeln unter dem Himmel, mit den Thieren des Feldes? Sie alle sind fruchtbar, ja auch das Meer gebiert Well' auf Welle, und die Erde erzeugt ihre Gewächse. Da verkündet ihm der Engel des Herrn Erhörung seines Gebets. Er findet Anna unter der Pforte des Hauses, umhalst sie, und weiß nun daß der Herr ihren Leib fegnen wird. Maria wird geboren, dem Herrn geweiht und vom dritten Jahre an im Tempel erzogen. Als sie zur Jungfrau ge= reift, entbietet der Priester unbeweibte Männer daß sie kommen und jeder einen Stab mitbringe, an welchem Gott offenbaren werde wer Maria haben soll. Aus Joseph's Stab erblüht eine Lilie, entflieht eine Taube. Maria soll dann Purpurfäden spinnen für den Vorhang im Tempel; da verkündet ihr der Engel des Herrn daß sie die Mutter des Messias sein werde. Als sie schwanger geworden trinkt sie nebst Joseph das Fluchwasser, von welchem die Unreinen bersten müßten; sie aber bleiben heil. Joseph wandert nun mit ihr nach Bethlehem, wo sie des Kindes in einer Höhle genest, die zuerst von einer Wolke verschlossen, dann von innen erleuchtet wird. Die Wehmutter kommt, sie zweifelt daß Maria bei der Geburt Jungfrau geblieben, aber ihre Hand verbrennt wie im Feuer als sie Untersuchungen anstellt.

Dagegen sind im Evangelium des Thomas die vielen Wunder des Christkindes bald läppische Taschenspielerei, bald bösartig rächerischer Art. Das Knäblein knetet Vögel aus Lehm, die Juden tadeln das weil es sich am Feiertag nicht schicke, da flatscht der Kleine in die Hände, und die Thonklümpchen fliegen lebendig in die Luft. Er läßt einen Spielkameraden verdorren, weil der ihm etwas Wasser verschüttet; einem andern, der im Lauf an ihn gestoßen, sagt er: du sollst nicht weiter gehen! und sogleich fällt der Arme todt nieder. Jesus soll Wasser holen und bringt es in einem Tuch, da ihm der Krug zerbrochen. In dem Evangelium der Kindheit geschehen die Heilungswunder durch das Waschwasser und die Windeln während der Flucht nach Aegypten; der Ernst ist dem märchenhaften Flitter des Uebernatürlichen ganz gewichen. Dagegen gibt das Evangelium des Nikodemus ein vollständiges Protokoll von dem Proceß Christi vor Pilatus, wie

denn frühe schon Acten des Pilatus erschienen, die dieser an Tiberius eingesandt habe.

Zunächst werden die Jünger Jesu in den Kreis der Sage gezogen, vornehmlich Petrus und Johannes. Als die Gemeinde der Hauptstadt die angesehenste geworden, da lag es nahe sie für eine Stiftung des Apostelfürsten zu erklären, und so sollte dieser auch in Rom, wo er schwerlich jemals gewesen, den Märtyrertod gestorben sein. Er wollte der Gefahr entfliehen, da begegnete ihm der Heiland vor der Stadt. Herr, wohin gehst du? fragte Petrus. Nach Rom um noch einmal gekreuzigt zu werden, versezte Jesus. Da wandte Petrus sich zurück, und ward, weil der Jünger weniger sei denn der Meister, so gekreuzigt daß der Kopf nach unten hing. Thomas bringt das Evangelium nach Indien. Wie er dort hin kam ward gerade die Hochzeit der Königstochter gefeiert, und er aufgefordert die Brautleute zu segnen. Diesen erschien dann in der Nacht Jesus selbst und ermahnte sie rein zu bleiben und der Sorgen des sterblichen Lebens sich zu entschlagen. So saßen sie denn am andern Morgen wie Geschwister nebeneinander, und die Jungfrau erklärte dem Vater daß sie die Verlobte des Königs der Himmel sei. Man glaubte daß der Fremde sie verzaubert habe und wollte ihm nachsehen, aber sie predigte so eindringlich von Christus daß das Volk sich bekehrte. Der Apostel erhielt darauf vom Könige Geld zu einem großen Palastbau, gab es aber den Armen, und den zürnenden Fürsten belehrte ein Traumgesicht daß ihm dadurch ein herrliches Haus im Himmel bereitet sei. Wo Thomas Gößenbilder traf da zwang er sie selbst Zeugniß zu geben daß sie die Behausung von Dämonen und daß nur Ein wahrer Gott sei. Als Johannes sich zu Ephesos weigerte Christus zu verleugnen, da ward er in einen Kessel siedenden Dels getaucht, ging aber unverbrannt und wie ein Faustkämpfer gesalbt daraus hervor. Auf einer Reise empfahl er einen schönen aber leidenschaftlichen Jüngling ganz besonders dem Bischof. Doch der Jüngling gerieth in schlechte Gesellschaft, versank in Ausschweifungen, zweifelte an Gott und wurde der Führer einer Räuberbande. Johannes kehrte wieder um das anvertraute Gut vom Bischof zu fordern, und ritt nach dem Verlorenen ins Gebirge. Der Räuber wollte fliehen, aber der Apostel taufte ihn von neuem mit seinen Thränen und rettete ihn vom Verderben. In Ephesos liebte der reiche Jüngling Kallimachos die schöne Frau Drusiana, die weil sie ihre Seele Jesu

geweiht, dem eigenen Gatten wol die Liebe des Herzens bewahrte, aber keine eheliche Gemeinschaft weiter mit ihm pflog. Wie sie nun entdeckte daß der Jüngling für sie in sträflicher Lust entbrannt war, da wollte sie lieber sterben als daß sich ein anderer in sündiger Leidenschaft sich um ihretwillen verzehrte. Sie ward dann in einem Gruftgewölbe beigesezt, aber Kallimachos bestach den Hausmeister daß er ihm den innigstgeliebten Körper preisgebe. Doch wie er die Leiche entblößte, da erhob sich eine Schlange gegen ihn, und legte sich auf ihm nieder, als er vom Gift ihres Bisses in Todesstarre gefallen war. Johannes besuchte nun die Gruft mit Drusiana's Gemahl; da erschien ihm Jesus und hieß ihn den Todten erwecken. Johannes gebot der Schlange zu entweichen und rief den Jüngling ins Leben zurück; dieser bekannte sein frevelhaftes Gelüsten; wie er der Todten habe nahen wollen, da habe ein schöner Jüngling sie mit seinem Gewande bedeckt und gesprochen: Kallimachos sterbe auf daß du lebest. So wolle er nun gestorben sein als ein sündiger Heide, und auferstanden als ein reuiger und reiner Christ. Nun ward auch Drusiana auferweckt, und alle lebten keusch und treu dem Herrn. Die Erzählung trägt deutlich genug das Gepräge novellistischer Erfindung; die deutsche Nonne Hrotsvita von Gandersheim hat sie später dramatisirt. Der Verfasser der Erzählung von Paulus und Thekla war bekanntlich geständig daß er sie zu Ehren des Apostels gedichtet habe; doch hat die Kirche die Novellenfigur unter ihren Heiligen behalten, das Erbauliche galt für das Prüfmal der Wahrheit.

Dann wurden die Märtyrer Gegenstand der Legende. Redner und Dichter priesen vornehmlich als der Friede gewonnen war die Streiter Christi und Blutzeugen der Religion, und das bildlich Ausgedrückte ward wieder wörtlich und eigentlich genommen zur Wunderfage. Hatte die Unerschrockenheit der Seele und die Begeisterung des Herzens mitten unter den Martern und gegenüber dem drohenden Tode sich leuchtend auf dem Angesicht ge= spiegelt, so sollte ein himmlischer goldener Schein es umflossen haben; das Richtschwert ward stumpf an dem heiligen Nacken, siedendes Pech ward zu kühlendem Thau, und die Löwen legten sich denen zu Füßen die sie zerreißen sollten. Trauben wuchsen auf Dornen um den Hungernden zu laben und eine Spinne wob ihr Nez vor die Höhle in welche der Verfolgte geflüchtet war, sodaß die Feinde meinten Felix könne nicht darinnen sein; die

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