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HARVARD COLLEG
Cur8.1925

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Prep Ephraims Emertens

Vorwort.

Der Mensch ist selbst Natur, Gemüth und Geist, ein sinnlich reales, sich fühlendes und seiner bewußtes Wesen. Er steht anfangs unter der Herrschaft der Natur und entwickelt sich im Kampf mit ihr, in ihren wohlthätigen oder überwältigenden Erscheinungen erfaßt und gestaltet er sich zunächst den Gedanken des Göttlichen, und das Naturideal erschien danach als das Ziel des Alterthums, das in Hellas und Rom auf der Grundlage der vorangegangenen Culturergebnisse des Orients erreicht ward. Zugleich aber begann schon in der jüdischen Religion wie in der indischen und griechischen Philosophie die Erhebung über das Sinnliche eine neue Epoche in der Geschichte der Menschheit einzuleiten, ein Weltalter des Gemüths, welches das sittliche Ideal zu verwirklichen hat. Zwei neue Religionen, auf die Verehrung des einen geistigen Gottes gegründet, und neue Völker, die semitischen Araber und die arischen Slawen, Kelten, Germanen treffen hierfür zusammen, und wenn Muhammed aus seinem Stamm hervorwächst und denselben erst zur Nation macht, so sind die genannten Zweige der europäischen Völkerfamilie durch ihre ursprüngliche Anlage für das Christenthum bestimmt und von der Vorsehung so lange in ihrem Naturzustande aufbewahrt bis sie mit der Aufnahme des Christenthums in ihr Gemüth zugleich in die weltgeschichtliche Culturarbeit eintreten. Statt der Leibesschönheit und dem in der Außenwelt verwirklichten Geiste wird nun die Seelenschönheit, das Herz mit seinen Gefühlen, der Ausdruck des innern Lebens die Auf

gabe der Kunst, und an die Stelle der Plastik, die in Hellas zur Vollendung kam und tonangebend war, tritt nun die Malerei und später die Musik, statt der epischen Gegenständlichkeit und klaren Anschaulichkeit wird nun die subjective Empfindung, die Chrische Stimmung mit ihrem Träumen und Sehnen der Ausgangspunkt der Poesie; die Liebe wird als das Wesen Gottes erkannt, und in ihren mannichfaltigen Offenbarungen wird sie die Seele des Lebens und der Kunst.

Das Gemüthsideal wird im Mittelalter noch nicht vollendet. Die Architektur mit ihrer Gliederung des Innenraums und ihrem Aufstreben zum Unendlichen, das volksthümliche und ritterliche Epos, Dante und Petrarca, der Meister des Kölner Dombildes und Fiesole im Abendlande, Firdusi, Dschelaleddin Rumi und Hafis im Morgenlande bieten uns des Herrlichen viel, aber ge= rade für die classische Gestaltung der Innenwelt nach ihrer Fülle und Tiefe wird das Studium der Formenklarheit und objectiven Geschlossenheit des Alterthums nöthig, und so wird erst in der Renaissance die Malerei durch Rafael, Michel Angelo und Tizian, durch Dürer, Rubens und Murillo zu ihrer rechten Höhe emporgeführt; erst als das Mittelalter überwunden war konnte Cervantes dessen Gegensatz zur Neuzeit humoristisch auffassen; und erst als im Protestantismus die äußere Autorität gebrochen war und der Mensch sich auf die Innerlichkeit seines Glaubens und Gewissens gestellt hatte, konnte die ganze Gewalt der Leidenschaft in Kampf und Versöhnung durch Shakspeare's Dramen ausgesprochen. werden, konnte das Herz seine Sehnsucht nach dem Heil, sein Gottvertrauen und seine Freude in Bach's und Händel's Tonwerken vollkräftig ausströmen.

Seit Newton und Kant beginnt ein neues Zeitalter, das des Geistes, dem die Aufklärung und die Französische Revolution die Bahn bricht, und wenn wir zugleich festhalten daß erst das Gemüthsideal durch Mozart und Beethoven in der Musik seine menschlich freie Verwirklichung findet, so wogt und ringt der Kampf des Geistes auch wortlos in den Symphonien des leßtern; auch Goethe's Lyrik wie seine Frauengestalten gehören zu den

reinsten Blüten der Gemüthswelt, aber sein Faust und Wilhelm Meister, Lessing's Nathan und Schiller's Gedankendichtung sind Früchte des Geistes und eines künstlerischen Selbstbewußtseins, in welchem die zur Macht des Jahrhunderts gewordene Wissenschaft waltet; die Poesie, die Kunst des Geistes, wird tonangebend auch in der Musik und Malerei.

Dies glaubte ich zu vorläufiger Orientirung vorausschicken zu sollen, da der Plan meines Werks sich daraus ergibt. Der dritte Band zerfällt dem Stoffe nach in zwei größere Abtheilungen; die erste schildert das christliche Alterthum und den Islam, die zweite das europäische Mittelalter seit dem Eintritt der neuern arischen Völker in die Weltgeschichte. Ein vierter Band soll die Kunst der Renaissance und Reformation behandeln, und so das Weltalter des Gemüths abschließen, während der fünfte das Welt= alter des Geistes im Aufgang darstellen wird. Ich brauche nicht zu wiederholen daß im Leben wie in der Kunst Natur, Gemüth und Geist stets zusammen sind, daß aber das Vorwalten einer dieser Potenzen die Unterschiede der Zeiten wie der Künste bedingt.

In der vorliegenden Abtheilung galt es zunächst das sittliche Ideal in Christus zu zeichnen und darzuthun wie es neben seiner geschichtlichen Gestalt auch eine dichterische im Gemüthe der Gläubigen und eine plastisch anschauliche durch die Kunst ge= winnt. Das Irdische und Sinnliche gilt nicht mehr für das wahre Sein, der Zweck des Lebens ist das Heil das durch die gute Gesinnung und die Liebe Gottes gewonnen wird, in der Ueberwindung des Fleisches triumphirt der Geist und strahlt die Schönheit der Seele hervor. Das Gotteshaus wird zur Versammlungsstätte der gläubigen Gemeinde, darum wird nicht das Aeußere, sondern das Innere schmuckvoll gegliedert und steigt der Bau mit der Sehnsucht der Andacht selber himmelan.

Muhammed erscheint nach unbefangener Forschung als ein Mann der Wahrhaftigkeit und der Kraft, als ein gottbegeisterter Prophet, der sein Volk durch die Religion vom Aberglauben be freit, zur That beruft und für Jahrhunderte zum Culturträger der Menschheit macht. Was die Araber selbst in Dichtung und

Wissenschaft leisten und was der Islam unter den Persern in der epischen und lhrischen Poesie reich und tiefsinnig entfaltet, das wird zu einem unvergänglichen Besitzthume der Bildung. Der Kampf der christlichen und muhammedanischen Welt beginnt und schließt mit Karl dem Großen und mit der Eroberung von Granada und Constantinopel das Mittelalter; die Blüte der Romantik ist in den Kreuzzügen im Zusammenwirken jener beiden. Elemente aufgebrochen. Ich habe angedeutet warum und wie die Gegenwart und Zukunft den christlichen Ariern gehört.

Ich kann mir selber voraussagen daß in meiner Darstellung den einen die reale Gegenwart des selbstbewußten Gottes in Jeju, den andern die Hervorhebung seiner vollen und reinen Menschlichkeit anstößig sein wird. Ich strebe nach Wahrheit, nach philosophischer und geschichtlicher, um der Wahrheit willen; jede wissenschaftliche Belehrung werde ich selbst dankbar annehmen, das Schimpfen aber der Pfaffen des Dogmas und des Materialismus kann ich nicht hindern. Der Gegensatz einer irreligiösen oder gegen das Uebersinnliche gleichgültigen Zeitbildung und einer Fassung des Christenthums in Formeln die der Vernunft wie der Natur- und Geschichtserkenntniß der Gegenwart nicht gemäß sind, dieser Gegensatz und die Kluft die er zwischen den Menschen untereinander wie zwischen Kopf und Herz der Einzelnen befestigt, dünkt mir das tiefste Leiden unserer Tage und der gefährlichste Schaden unserer Cultur. Eine Gottes- und Weltanschauung wie sie auch diesem meinem Buche zu Grunde liegt, halte ich heute wie vor zwanzig Jahren für das versöhnende Heilmittel.

Die Erfahrungswissenschaft zeigt uns heute schon in der Natur wie in der Geschichte einen großen Emporgang; der Kampf ums Dasein treibt zur Selbstvervollkommnung, und diese bedingt durch das Einzelne den Fortschritt des Ganzen. Das wäre nicht möglich in einem zwecklofen Walten blinder Kräfte, das beweist einen Willen der Liebe und eine weltdurchwaltende Vernunft; Vernunft und Liebe aber sind nicht für sich, sondern sie gehören dem selbstbewußten Geiste an, dessen Wesen sie ausmachen. Wie

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