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ob das Herz sich nur im Liebesgefühl regte, und Frauen und Mädchen wurden nun herangezogen, die dem Werben der Männer bereitwillig entgegenkommen, Sarazeninnen zumal, die sobald sie den christlichen Ritter gesehen, ihrem heidnischen Vater oder Bräutigam den Kopf abzuhauen, und dem fremden Geliebten zu folgen, sich von ihm taufen und umarmen zu lassen ohne weite res geneigt und entschlossen sind. Das führte von selbst zu neuen Episoden, zu Thaten des Mannes im Dienste der Minne, um der Damen willen, und die Helden des Volks- und Glaubenskrieges mußten auf eine Zeit lang ihre ernsten Zwecke vergessen und irrende Ritter werden. Nun geht der zürnende Roland nicht blos auf einen Tag oder zwei in sein Zelt, sondern auf Jahre bis ins Morgenland um mit Riesen und Zauberern zu streiten und Liebesabenteuer zu bestehen. Nun wird das ursprüngliche Gedicht oft nur zum Eingang um eine Fortseßung daran zu fügen die so wenig zu jenem paßt wie der Pferdehals und Fischschwanz zum Frauenkopf. Da lesen wir von den treuen Freunden Amicus und Amilius: der Aussäßige, überall ausgestoßen findet nicht blos Aufnahme bei seinem Bundesbruder, sondern dieser heilt auch den Kranken mit dem Blute seiner eigenen Kinder, die Gott wieder belebt, da sie aus Liebe geopfert waren. Dann aber wird die Geschichte dieser Kinder fortgesponnen: nach des Vaters Tod von der bösen Mutter ins Wasser ausgesezt, von Schwänen gerettet, werden sie von einem Affen aufgezogen, der ihren Stiefvater bekämpft, und als Sieger von Karl dem Großen umarmt wird! So beginnt auch Hüon ganz episch. Der alte Karl gibt seinem misrathenen Sohn gute Lehren, um ihn der Krone würdig zu machen. Da will sich der böse Amaurh an dem verstorbenen Herzog von Bordeaux noch dadurch rächen, daß er dessen Söhne verleumderisch für Rebellen erklärt. Naimes vertheidigt die Jünglinge. Sie werden vor den Kaiser beschieden und kommen, aber Amaurh beredet den Sohn Karl's ihnen heimtückisch im Wald aufzupassen, und der überfällt den jüngern Bruder, erliegt aber dem rächenden Schwert des ältern, Hüon's. Dieser weiß nicht wen er getroffen, und wie er vor Karl steht wird eine Leiche gebracht, er des Mordes angeklagt, und der Kaiser erkennt im Todten das eigene Kind. Hüon vertheidigt und rechtfertigt sich durch das Gottesurtheil des Zweikampfs mit Amaurh; er kniet dann vor Karl nieder und bittet um Versöhnung; er sei bereit alles für den Kaiser zu thun. Da kommt plößlich das

ganz Grillen- und Launenhafte aus den Feengeschichten und aus dem entarteten Minnedienst herein, wenn Karl sagt: Nun gut, so gehe nach Babylon zum Sultan Gaudiß, haue dort einem Muselmann den Kopf ab, küsse seine Tochter Esklarmonde und verlange und bringe mir den weißen Bart und vier Backenzähne des Sultans! Der Elfenkönig Oberon schenkt nun dem Ritter seine Gunst, und wir verzeihen dem mittelalterlichen Poeten seine sinnlosen Fabeleien dafür daß er diesen aus dem Volksglauben in der Dichtung erhalten, daß er für Shakspeare, Wieland, Weber den Ausgangspunkt unsterblicher Werke gegeben hat. Er erstattet uns 3. B. über Oberon's Herkunft folgenden absurden Bericht: Judas Makkabäus hat die Sarazenen besiegt, und ihrem König seine Tochter vermählt. Das Kind beider, ein Mädchen, wird der Liebling der Feen, und bekommt später den Julius Cäsar zum Sohn; der gelangt auf seinen Kriegsfahrten an den Hof von Arthur, wird dort der Gatte von dessen Schwester, der Fee Morgane, und hat von ihr zwei Söhne, den heiligen Georg, und den wunderschönen Zwerg Oberon! Zu solchen abgeschmackten Phantastereien wurde die Geschichte und der Mythus verkehrt. Sie machen es erklärlich daß die Renaissance auf Jahrhunderte die mittelalterliche Dichtung beiseiteschob, und mit den sinnlosen Fabeleien auch das Kernhafte, Echte verwerfen und vergessen konnte. Die Neuzeit wendet diesem nach Deutschlands Vorgang nun auch in Frankreich ihre Aufmerksamkeit zu; die ältesten Handschriften werden veröffentlicht und Gelehrte wie Paris der Vater und Sohn, wie Gautier erschließen der Gegenwart das Verständniß des mittelalterlichen Nationalgeistes.

Man sieht leicht: das Publikum der Sänger wollte Neues und wieder Neues hören, und die Trouveres wie die Jongleurs verdarben die volksthümlichen Dichtungen, indem sie dieselben mit eigenen Erfindungen im Ton der von den Kelten entlehnten Abenteuer, des Minnedienstes und der höfischen Unterhaltung durchflochten. Und während ursprünglich jeder Stoff seine eigene innere Construction und Gliederung mit sich brachte und das Gedicht dadurch wie ein originaler Organismus erschien, hatte man jezt eine übereinkömmliche Schablone der Composition, indem stets eine Hofhaltung Karl's und eine Berathung beginnt, wo treue und falsche Männer sich bekämpfen; daraus entwickelt sich daß ein Held auf Abenteuer ausgesandt wird, und er besteht sie in der Regel mit Hülfe einer hübschen Sarazenin, die sich ihm

an den Hals wirft. Und diese so umgestalteten Geschichten aus der Karlsage haben sich dann über Europa verbreitet, und sind namentlich in Italien eingedrungen, wo sich später aus ihnen eine feinere epische Kunstdichtung entwickelte. In Frankreich selbst schrieb man sie in dicken Büchern für den Zeitvertreib müßiger Stunden nieder, bis mit der Thronbesteigung der Valois (1328) die ritterliche Romantik erlosch und der nüchterne, realistisch bürgerliche Sinn die Verse in Prosaromane auflöste.

Der Süden Frankreichs übertrug in seine klangvolle Mundart die Sagen des Nordens wie die Erfindungen willkürlicher Einbildungskraft, aber die Troubadours, fruchtbar in der Lyrik, waren im Epos minder schöpferisch. Wenn sie z. B. auch die Haimonskinder nach dem Süden führten, so wiederholen sich in der zweiten Hälfte zu Montalban doch wesentlich dieselben Ereignisse, die uns bereits die erste in den Ardennen berichtet hat. Indeß bot das Leben der Troubadours selbst der Dichtung manchen Stoff, und unter einem poetisch gestimmten Geschlecht konnte das große Ereigniß des Albigenserkrieges nicht vorübergehen ohne eine dichterische Darstellung zu finden. Allein gerade hier sehen wir daß die Zeit der mündlichen Ueberlieferung und Sagenbildung im Verfließen ist und daß die schriftliche Aufzeichnung der Thatsachen beginnt, indem die Erzählung weit mehr das Gepräge der factisch glaubwürdigen Reimchronik als das des Epos annimmt, das dem Geist der Geschichte aus den Eindrücken der Begebenheiten auf das Gemüth einen idealen Leib erschafft.

Ein Troubadour überträgt den Stil, die Form der durch einen und denselben Reim gebundenen Tiraden der chansons də geste in seine klangvolle Mundart. Er steht auf der Seite der Nordfranzosen, die durch den Kreuzzug im eigenen Lande die Keßerei vertilgen und die Provence dem Könige von Frankreich völlig zu eigen machen wollen; er steht auf seiten des kirchlichen und weltlichen Feudalismus gegen die Freiheit des Geistes, gegen das Volk welches sich emporarbeitet und durch die angesehenen Bürger der Städte zunächst mit den Rittern sich eint, die ein heiteres glänzendes Leben führen. Das Volksgewissen das sich so kampfmuthig in einem Peire Cardinal und andern Sängern gegen die Entartung der Geistlichkeit empörte, der evangelische Sinn der Kezer hat den Troubadour gleichgültig gelassen, mit Waffenluft und unbefangener Gläubigkeit an Rom erzählt er Schlachten, Belagerungen, Nicdermegelungen, und verherrlicht den

gewaltigen Grafen von Montfort, den Besieger Raimund's von Toulouse. Aber wie mit der Rückkehr von dessen Söhnen und mit Montfort's Tod ein Stern dem Süden aufging, und die Sache desselben eine Zeit lang zu triumphiren schien, da ändert sich der Ton des Gedichts, und zwar so sehr daß Guibal gewiß mit Recht einen neuen Dichter eintreten läßt, der diese glückliche Wendung nun in einer schwungvollen Weise mit innigem Herzensantheil feiert. Er trägt freimüthig die Klagen des Volks dem Papste vor und ladet die Geistlichkeit vor den Richterstuhl Gottes; er sieht in dem Umschwung des Kampfes die Hand der Vorsehung, und spricht den Gedanken des Epos ganz bestimmt aus:

Gott und das Recht sie herrschen, bestehn in Wirklichkeit;
Lug, Trug und Stolz sie haben das Feld wol einige Zeit,
Am Ende doch überwindet sie die Gerechtigkeit.

,,Herr, nun gib mir Sieg oder wirf mich zu Boden" betet Graf Montfort als seine Genossen um ihn fallen, da löst Frauenhand die Wurfmaschine auf der Mauer, und der Stein fliegt wohin er sollte, und trifft das Haupt des Belagerers. Der Kampf um Toulouse und die Befreiung der Stadt, sowie der Charakter des ehernen Gegners und seiner ebenso kirchlich from= men als stolzen und unbeugsamen Seele sind Gegenstände die den Dichter zu höherm Schwung erregen; da erzählt er nicht mehr blos die äußern Ereignisse, er weiht uns in die Stimmungen der handelnden Menschen ein, er läßt ihre Gesinnungen, ihre Leiden= schaften sich aussprechen und die Handlungen begründen. Der Glanz seiner Heimat leuchtet in seinem Gesang noch einmal würdig auf, ehe die Inquisition ihr Zerstörungswerk vollführt.

Spanische Nationalpoesie.

Meerumflossen, durch den Wall der Pyrenäen gegen das übrige Europa begrenzt, durch die von Afrika her eingedrungenen Mauren mit neuen Bildungselementen begabt und zugleich nach Süden und Westen hin in den Kampf für die Nationalität und den christlichen Glauben hineingezogen, während Frankreich, Italien,

so

Deutschland die Kreuzzüge nach Osten hin unternahmen, mußte Spanien sich eigenartig entwickeln, und doch beweist nichts so sehr die gemeinsame Culturarbeit und die lebendige Wechselbeziehung der neuen Völker als daß auch hier die Einflüsse der provenzalischen Lyrik, des nordfranzösischen Epos nicht minder zur Geltung kamen wie die Grundzüge des romanischen und gothischen Stils in der Baukunst, und bedeutsamer einwirkten denn die Araber selbst. Ritterlicher Stolz und edle Aufopferungsfähigkeit eignete schon den alten Keltiberen; dann war römische Bildung tief eingedrungen; dann kamen die Gothen und unter der Herrschaft des Christenthums verschmolzen die germanischen Elemente mit der leidenschaftlichen Glut des Südens. Indem die Spanier mit ihrer Unabhängigkeit zugleich ihren Glauben vertheidigten, ward ein kirchlich frommer Sinn ihrem Thun und Dichten eingeprägt, und vornehmlich stellten sie die Jungfrau Maria wie die Göttlichkeit Jesu dem reinen Theismus der Muhammedaner gegenüber; in dem Gelingen ihrer Thaten sehen sie die Hand Gottes, den Beistand der Heiligen, und wo auch die Einbildungskraft der Helden sich nicht bis zur Vision derselben gesteigert hatte, da halfen die Sänger leicht nach. Auch die Könige, die das Land befreiten und das Christenthum wieder zur Herrschaft brachten, gewanen dadurch einen Glorienschein, eine unantastbare Weihe, die sich lange im Leben und in der Poesie erhielt. Der Spanier räumt den Regeln der Sitte wie den Standesverhältnissen auch über die Regungen des Herzens eine große Macht ein, die Satzungen des Glaubens wie der Ehre werden nicht bestritten noch angezweifelt. Daneben aber kam ein freier demokratischer Zug dadurch in die Geschichte daß bei der Rückeroberung des Landes von den afturischen Bergen aus durch kleine Christenscharen ein jeder die Waffen trug und den Genossen gleich stand; nur Tapferkeit und Ruhm konnten die Führerschaft erwerben und behaupten. Dann genügten zum Schutz gegen die Mauren keine vereinzelten Burgen, sondern es bedurfte der festen Städte, die sich selber rathen und schüßen mußten, sich selber regierten und ihre Rechte sicher stellten. So war jeder Spanier wehrhaft, der Bürger welcher sich als Reiter ausrüstete galt auch hier für ritterbürtig und altadelige Geschlechter strebten nach der Vorstandschaft der Städte. Dieser Kern des Volks war im Mittelalter der Träger des Nationalgefühls, und hat die Thaten seiner Helden in sagenhafter Form besungen; er hat sich in Bernardo del

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