ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

hingen am Alten und wollten von demselben nicht ablassen; die Andern hingegen wünschten eine Reform, und zwar aus doppeltem Grunde: weil sie keine Befriedigung ihres religiösen Gefühles in der Art und Weise des damaligen jüdischen Gottesdienstes fanden, und weil sie durch eine Reform auch von Seite der Regierung eine Verbesserung ihrer politischen Lage hofften. Diese lettere und größere Partei wollte jedoch eine durchgreifende Reform und einen Gottesdienst in der Art und Weise, wie er im Hamburger Tempel bestand und noch besteht.

Die Ankunft Mannheimer's in Wien, welcher während seines Aufenthaltes in Berlin aufgefordert wurde, dahin zu gehen, war sowohl der Regierung wie der fortschreitenden Partei erwünscht. Mannheimer predigte an drei Sabaten im Laufe des Monates Juli 1821 in dem alten Dämpfingerhofe, und in vollem Sinne des Wortes enthusiasmirte er seine Zuhörer.

Mannheimer war während seiner Anwesenheit rastlos thätig. Er hatte einen brach liegenden Boden urbar zu machen oder eigentlich nach dem Worte des Dichters „Wasser zu ballen in der Faust!" Die Wiener Tolerirten, welche nach Außen hin kein geschlossenes Ganze repräsentirten, waren nach Innen mannigfach zerklüftet und zerspalten. Sie hatten ihre Heimat in allen öfterreichischen Provinzen und in „Deutschland“; und jeder hatte seine eigenen Traditionen auf religiösem Gebiete aus der Jugend, die er nun geltend machen wollte. Da galt es die schöpferische Kraft zu bewähren. Und Mannheimer hat sie bewährt. Erschuf mit Beihilfe der damaligen Vorsteher und Vertreter eine Gemeinde. Er arbeitete das Programm und das Rituale für den Gottesdienst aus, und zwar auf der breiten Grundlage der Tradition, um in solcher Weise den Vorschriften des „Schulchan Aruch“ zu genügen und das religiöse Bedürfniß zu befriedigen, damit kein Riß in die Gemeinde komme, und überbrückte in solcher Weise die Kluft, welche die beiden Parteien trennte. Er verfaßte für die Gemeinde die nöthigen Eingaben an die Behörden. Er conferirte persönlich mit dem damaligen obersten Kanzler, Grafen Saurau, der eine besondere Theilnahme für Mannheimer's Bestrebungen hatte, die er auch später bewährte, als die Regelung des Gottesdienstes zur Ausführung kam. Die Regierung zeigte sich

auch durch Mannheimer's Wirksamkeit den Wünschen der Israeliten rücksichtlich ihrer politischen Stellung geneigt.

Nachdem Mannheimer von Wien abgereift war, blieb er mit den Vertretern in stetem Verkehre, und in seiner lebhaft geführten Correspondenz betonte er insbesondere, darauf Bedacht zu nehmen, daß die neuen Institutionen nicht für einen Theil, sondern für die ganze Gemeinde sein sollen, und in solcher Weise suchte er den Spaltungen vorzubeugen und das höchste Gut, den Frieden, zu wahren, und dieses Streben bewahrte er bis auf den heutigen Tag, und diesem ist es zu verdanken, daß trok manchen Fractionsgelüften und ehrgeizigen Bestrebungen Einzelner, welche die Gemeinde aus den Angeln heben wollten, dieselbe nach wie vor als Muster der Eintracht gelten kann. — Auf der Rückreise von Wien nach Koppenhagen predigte Mannheimer mit vielem Beifalle in Leipzig. Nach Ablauf des Urlaubes trat er seine ämtliche Stellung im December 1821 in seiner Vaterstadt wie

der an.

[ocr errors]

Da suchte er die Gemeinde zum Bau einer Synagoge anzueifern, (seitdem die Synagoge im Jahre 1795 abgebrannt war, bestanden 13 Minjanim oder Privatsynagogen) wo dem neuen Geist Raum gegönnt werden sollte. Pecuniäre Verhältnisse und Parteistreit ließen kein gedeihliches Aufko mmen dieser Bestrebungen erwarten. In Folge einer Aufforderung von Seite der Berliner Gemeinde, wo die Predigerstelle durch den Abgang des Herrn Dr. Zunz erledigt war, verließ er zum zweiten Male seine Vaterstadt, nachdem er um seine Entlassung beim Könige eingekommen war. Dieselbe wurde ihm gewährt, und er erhielt eine Zuschrift, welche in deutscher Ueberseßung lautet:

„Indem die Kanzlei dienstlich Ihnen die eingeschlossene, durch dieses Collegium ausgefertigte Expedition zustellt, mittelst welcher Sie über Ihr darüber eingereichtes Gesuch in Gnade von Ihrem bisher innegehabten Amte als Katechet der mosaischen Glaubensgenossen zu Koppenhagen entlassen werden, kann die Kanzlei nicht unterlassen, Ihnen die besondere Zufriedenheit dieses Collegiums mit dem Fleiße, den Kenntnissen und der Tüchtigkeit, mit welcher Sie diesem Amte vorgestanden sind, zu erkennen zu geben.“

Als Mannheimer nach Berlin kam, waren die Zustände verändert. Der deutsche Gottesdienst wurde untersagt und der sogenannte Beer'sche Tempel in der Spandauerstraße geschlossen. Noch gab er die Hoffnung nicht auf. Er bestimmte die Gemeinde dahin, die Predigten in der Hauptsynagoge abhalten zu lassen und die neuen Formen an den alten bestehenden Gottesdienst anzuschließen, was auch zu Stande kam. Es wurde also nach dem bestehenden hebräischen Gottesdienste ein deutscher, wobei gepredigt wurde, abgehalten. Das Ministerium bewilligte diesen Vorgang. Doch die "alte" Partei, die sich in ihrem innersten Leben bedroht sah, sette alle Mittel in Bewegung, die Sache rückgängig zu machen. In Folge dieser Bestrebungen kam am 26. December 1823 die königliche Cabinetsordre, in welcher es heißt:

"In Folge dieses allerhöchsten Befehles der königl. Majestät und Anweisung des königl. Ministeriums des Innern und der Polizei wird die den Aeltesten unter dem 30. Sept. und 22. October 1823 ertheilte Erlaubniß zur Veranstaltung deutscher Andachtsübungen und Abhaltung deutscher Reden hierdurch zurückgenommen, und es werden die Herren Aeltesten dafür verantwortlich gemacht, daß diese Andachtsübungen nicht weiter stattfinden, so wie daß dem Willen Sr. Majestät des Königs gemäß der Gottesdienst der Juden nur in der hiesigen großen Synagoge, nur nach dem hergebrachten Ritus ohne die geringste Neuerung in der Sprache, in den Ceremonien, Gebeten und Gesängen, ganz nach dem alten Herkommen gehalten werde.

Berlin, 26. December 1823. v. Esebec." Weitere Gesuche und Vorstellungen wurden neuerdings mittelst Cabinetsordre abgewiesen. Sie lautete:

„Auf die Vorstellung der hiesigen Judenschaft vom 18. d. M. behält es bei der Verfügung, welche am 26. Decbr. v. 3. von dem Polizei-Präsidium wegen des jüdischen Gottesdienstes erlassen worden ist, unabänderlich sein Bewenden. Berlin, 28. Februar 1824.

Friedrich Wilhelm." Somit war der lezte Hoffnungsstrahl verschwunden. Während des Lebens des genannten Königs durfte auch nicht weiter

eine Reform aufkommen. Wir können uns nicht versagen, Folgendes als ein Omen bei dieser Gelegenheit mitzutheilen. Als Mannheimer zum letzten Male als Prediger fungirte, wurde der WochenAbschnitt Waëra gelesen. Er las die Haftora, Ezechiel, 28. und 29. Capitel. Der Schluß derselben ist: „Dir aber will ich das freie Wort geben unter ihnen."

Die Weissagung ging neuerdings bald in Erfüllung. Mannheimer wurde das freie Wort gestattet.

Bei dieser Gelegenheit wollen wir ein Schreiben von dem damals 74jährigen David Friedländer an Mannheimer mittheilen. Es zeigt am besten, welchen Eindruck Mannheimer durch seine Predigten zurückgelassen hat. Der Brief lautet:

„Beide Reden, die Sie, mein verehrenswerther Herr, mir zuzuschicken die Güte hatten, erfolgen anbei mit gebührendem Danke zurück. Ich habe sie mit wahrem Wohlgefallen gelesen und erkannte hieraus mit Vergnügen Ihren Beruf als Redner und Lehrer. Es sind wahre Kunstwerke, und ich wundere mich keinen Augenblick des allgemeinen Beifalles, den Sie sich selbst bei Unkennern erworben haben. Wenn Reden in einer allgemein faßlichen Sprache, voll reiner Wahrheit, obendrein mit Innigkeit und Wärme vorgetragen, einen angenehmen und dauernden Eindruck auf Gemüth und Herz hervorbringen, so ist das der Natur unserer Empfindungen so gemäß und ihre Wirkung so unausbleiblich, daß jeder Tadel unmöglich wird. Sie können so wenig Ihr Ziel verfehlen, wie jedes sichtbare, wohldurchdachte, schön geordnete Werk der bildenden Kunst, das in seinem rechten Lichte dargestellt wird; es vergnügt den Liebhaber und befriedigt den verweilenden Kenner. Es wäre anmaßend, Ihnen darüber gewöhnliche Lobsprüche zu er theilen, aber ich kann aufrichtig sagen, daß mich beide Reden, besonders die zweite Hälfte der ersten, vorzüglich erbaut haben.

Ich bin überzeugt, daß Ihre wahren Freunde Ihnen so wie ich rathen müssen, haushälterisch mit Ihren, wenn auch nur mit Rücksicht der körperlichen Kräfte umzugehen, besonders da Inhalt und Ton einen innig bewegten Mann

verkünden, dem die heiligen Wahrheiten aus dem Herzen strömen und sich dann in feurigen Worten über die Lippen ergießen. Möge nie der scharf geschliffene Stahl die schwächere Scheide verlegen."

Nachdem Mannheimer Berlin verlassen hatte, privatisirte er in Hamburg, predigte während der Messen in einem nach Muster des Hamburger Tempels errichteten Bethause in Leipzig, versah auch durch einige Wochen, während Dr. Salomon ab. wesend war, regelmäßig im Hamburger Tempel den Predigerdienst.

Mit Vergnügen und mit vieler Anerkennung erinnert sich Mannheimer des freundlichen Umgangs und Verkehrs mit den vielen aufgeweckten und strebsamen Männern, an denen eben jene Zeit so ergiebig war. So lebte er in Berlin im vertraulichsten Verkehre mit dem bereits genannten David Friedländer, der als Greis noch die volle Frische hatte, mit Bendavid, besonders aber mit den jugendlich kräftigen Ed. Gans, Jost, Moser und Zunz. Sie fanden sich gewöhnlich in den angesehensten Häusern Berlins zusammen, namentlich in dem Hause des damals sehr bejahrten aber sehr anziehenden Finanzrathes und ehemaligen Consistorialpräsidenten Jakobson, wo sie zu jeder Zeit eine freundliche Aufnahme fanden. Es hatte überhaupt zu jener Zeit das Judenthum und das bewegte Leben auf dem Gebiete viel Interesse, und Männer, die in dieser Richtung sich bemerklich machten, konnten auf Anklang rechnen. Ein Gebrechen der neuesten Zeit ist es, daß in dieser Beziehung keine Verbindung, kein lebendiger Gedankenaustausch stattfindet und Feder seinen eigenen Weg geht.

Der Aufenthalt Mannheimer's in Berlin war für seine wissenschaftliche Richtung und Bildung von besonderem Einflusse.

In Hamburg waren Kley, Salomon, Maimon-Frankel, Haarbleicher und der noch jugendliche, aber schon damals viel versprechende Gabriel Rießer seine steten und vertrauten Freunde und Umgangsgenossen.

Im Jahre 1824 heiratete Mannheimer das herz- und gemüthreiche Fräulein Lisette Damier aus Hamburg, um welche er, wie Jakob um Rachel, sieben Jahre gefreit hatte. Dieses Jahr war aber nicht bloß für sein häusliches Leben entscheidend. Mann

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »