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Möchten doch diese Anschauungen neuerdings recht bald für den Judeneid überhaupt Platz greifen und der jetzt bestehende aus der österreichischen Gesetzgebung schwinden, so daß die Juden wieder wie in alter Zeit schwören: „So wahr mir Gott helfe." Zunz schließt seine bereits angeführte Schrift über Eidesleistung mit den Worten: An schlechten Gesezen darf man nicht flicken, sie müssen verbrannt werden." Dieser Satz bedarf im Rechtsstaate keiner besondern Empfehlung.

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Voraussetzend, daß der Leser uns diese Abschweifung zu Gute halten, da sie überdieß dazu beitragen wird, die Wirksamkeit Mannheimer's bei dieser Angelegenheit in das rechte Licht zu sehen, kehren wir zur Biographie zurück.

Fassen wir das Wirken Mannheimer's kurz zusammen:

Mannheimer hat mit großem Verständniß und tiefer Erkenntniß den Grund und Boden zu einem segenreichen Gemeindeleben gelegt; er hat mit geläutertem Geschmacke und mit künstlerischem Maße die Säulen und Wände der gottesdienstlichen Ordnung und der humanitären Anstalten aufgeführt und durch hinreißende Beredtsamkeit das Gebäude mit der Kuppel der Eintracht gekrönt. Sein praktischer Blick bewahrte ihn davor, nach Idealen zu jagen, deren Realisirung in der gegebenen Zeit und in den bestehenden Verhältnissen unmöglich war; die freilich wohl deßhalb nicht für alle Zeit unmöglich sind, denn das, was gestern unerreichbar war, kann heute oder morgen möglich und erreichbar sein, und dazu hat er den Boden wir möchten sagen — geschaffen und geebnet, und ist es sein unvergängliches Verdienst, wie wir bereits bemerkt, den Frieden in der Gemeinde stets erhalten zu haben. In der Ansprache, die er bei dem Festmahle

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vorauszugehen hat, ohnehin durch ihre würdevolle Einfachheit geeignet ist, die Pflicht, redlich zu schwören, zum lebendigen Bewußtsein zu bringen." ‚Es genügt, wenn der Israelite die rechte Hand bis an den Ballen auf die Thora 2. B. M. 20. Cap. 7. V. legt, das Haupt bedeckt, und dem Vorsitzenden folgende Worte nachspricht:

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„Ich N. N. schwöre, so wahr mir Gott der Allmächtige, Herr der Heerschaaren, Adonaj, Elohe, Zebaoth, dessen unaussprechlicher Name geheiligt werde, in allen meinen Geschäften beistehen, in allen meinen Nöthen helfen möge." Im gegebenen Falle behielt man die Eidesformel mit der sprachlichen Unrichtigkeit bei.

der Chevra-Kadischa am 19. April 1863 gehalten, spricht er sich über diesen Punkt folgendermaßen aus:

„Wissen Sie, was mir immer in dieser Versammlung zunächst Herz und Sinn erhebt? Wenn ich sehe, wie alle die Gegenfäße, die das heutige Judenthum in sich trägt, sich da zusammenfinden und fügen, wie da Alles sich befreundet im brüderlichen Bunde; wie der Orient mit seiner tausendjährigen Ueberlieferung, der Occident mit seinen modernen Anschauungen, die starre Observanz von ehedem und der forschende, bildende Geist, wie ihn die neue Zeit in sich trägt, sich da begegnen, befreunden, die Hand reichen im und zum brüderlichen Bunde - so schwillt mir das Herz. Namentlich wenn ich daran denke, wie anderswo die Parteiungen um sich gegriffen und die Gemeinde Gottes in zwei und wie da alles brüHälften zerklüftet, zerspalten, zerrissen derlich zusammenhält in brüderlicher Eintracht und Verständigung so schwillt und hebt sich mir das Herz!

Es ist die Aufgabe, die ich mir einst gestellt, und es gereicht mir zur Beruhigung und thut mir wohl, daß ich jetzt in meinen alten Tagen auf mein früheres Wirken und Streben zurückschauen kann, und das Bewußtsein mit in mein Grab nehme, daß ich den Frieden in der Gemeinde Gottes nie gestört, sondern ihn oft mit Aufopferung und Verleugnung meiner selbst gewahret habe."

Viele Momente vereinigen sich, die Mannheimer zu einer der bedeutendsten Celebritäten als Prediger machen. Vor Allem müssen wir seine vorzügliche Exegese hervorheben. Bekannt und vertraut mit der Bibel und ihren Auslegern nach allen Richtungen, weist er nach, welche Fülle von göttlicher Weisheit jeder Abschnitt der heiligen Schrift enthält. Mit seltener Meisterschaft versteht er es, die Erhabenheit der Bibel zur Anschauung zu bringen. Stoffe, die sonst ganz brach lagen, schmückte er wahr. haft poetisch aus. Wir erinnern nur an Predigten, wie die über den „Aussag“ 2c. Wir müssen dabei besonders hervorheben: die Predigt der Neuzeit unter den Juden entwickelte sich aus der protestantischen. Man suchte daher durch salbungsreiche Moral, oft ohne alle confessionelle Färbung, das Publikum zu belehren. Mannheimer gehörte zu den ersten, die Talmud und Midrasch auf

die Kanzel brachten, und die Schäße, die diese enthalten, streute er mit vollen Händen unter das Publikum.

Seine Predigten sind nicht nach einer Schablone gearbeitet und bewahren nicht ängstlich die Form. Sie geben jedoch stets Zeugniß von einem genialen Geist, der nach classischen Mustern sich gebildet hat. Auf eine nähere Würdigung der Predigten, die auch gelesen wirkungsvoll sind, können wir hier nicht eingehen, da diese eine besondere Abhandlung erfordern würden. Jedenfalls gehören die Predigten Mannheimer's zu den bedeutendsten Leistungen auf homiletischem Gebiete.

Das Sprachorgan ist in den Mitteltönen noch heute fräftig. Selber erglüht von der Sache, die er vertritt, weiß er die Glut in den Herzen seiner Zuhörer anzufachen. Von außerordentlicher Kraft ist sein Vortrag, wenn er erzählt, da herrscht eine künstlerische Plastik. Bekannte Erzählungen aus der Bibel, die Jedem geläufig sind, weiß er so vorzutragen, daß sie wie neu klingen. Scharf und äßend wird der Vortrag, wenn es gilt, die Thorheiten und Schwächen des Lebens zu geißeln. Eben so wie er zu den Zeiten der strengsten Censur das Recht seines Volkes wahrte, unbekümmert um die Folgen, die ihm daraus hätten entstehen können; so scharf trat und tritt er gegen die Schwächen seines Volkes auf, um dessen große Tugenden zu wahren.

Am ergreifendsten waren seine Predigten bei Confirmationsfeierlichkeiten, und im vollen Sinne des Wortes könnte man sagen, daß kein Auge trocken blieb. Den Confirmanden und Confirmandinnen selbst ist dieser Eindruck gewiß unvergeßlich geblieben. Eine besondere Meisterschaft bewährt Mannheimer bei Casualreden, troßdem er manche, wie Grabreden 2c. nach einem gewissen Schema hält. Seine Tischreden, von welchen manche gedruckt sind, zeichnen sich durch Humor, Wit, Geist aus, und reißen gewöhnlich das Publikum hin.

Was unsere alten Weisen den Lehrern in Israel zur Pflicht machen: „Stellet viele Schüler aus," hat er erfüllt, troßdem er keine Schüler im eigentlichen Sinne des Wortes hat. Es gibt in Desterreich selten einen jungen Rabbiner, der sich nicht bestrebt hätte, Mannheimer predigen zu hören, und so praktisch zu lernen,

wie man predigen müsse. Freilich gibt es manche, von denen man sagen könnte: wie er sich räuspert" 2c.

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Von nachhaltiger, dauernder Bedeutung für den Gottesdienst war die Uebersetzung des Gebetbuches (Sidur) und die Regelung der Liturgie für die Festtage (Machsur) und die Uebersehung derselben. Wir verkennen nicht den Werth mancher guter Uebersetzungen des Gebetbuches; dem Geiste der deutschen Sprache ist jedoch keine so gerecht geworden, ohne die Originalbedeutung zu verkürzen, als eben die Mannheimer'sche Uebersetzung. Freilich läßt es sich nicht in Abrede stellen, daß diese Ueberseßung nicht wortgetreu ist. Dieses beabsichtigte jedoch der Verfasser nicht, und er hat, unserer Meinung nach, gut daran gethan, da es sich hier nicht um eine streng philologische Arbeit handelte, sondern dem Publikum eine Uebersetzung in die Hand zu geben, welche geeignet ist, der Wortbedeutung zu genügen und die Andacht zu erwecken.

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Was das Machfur betrifft, so ist es keine Frage, daß vom Standpunkte eines streng purificirten Gottesdienstes aus manches in demselben noch füglicher Weise hätte wegbleiben können. Mannheimer hat jedoch das große Verdienst, daß er eben nicht theo-. retisch zu Werke ging; er berücksichtigte die Bedürfnisse des Publikums, und das jüdische Publikum, selbst das vorgeschrittene, so es noch im Judenthum stehet, hängt an gewissen Dingen, wenn sie auch sonst keinen positiven Werth haben, und der Mann, dem es nicht darum zu thun ist, ein System zu bereiten," wird diesen Anforderungen oder, wie es richtiger ist, Stimmungen Rechnung tragen. Wir erinnern daran, daß nach der Ansicht von Maimonides der ganze Opfercultus eine Concession von Moses an die Anschauungen der damaligen Zeit war, und es ist kaum anzunehmen, daß die Anordnungen über den Afasel aus der innersten Ueberzeugung von Moses hervorgegangen sind*). — Daß Mannheimer den rechten Griff in's praktische Leben gethan, gehet aus Folgendem hervor: Während die Liturgien, die in andern Gemeinden entworfen wurden, bloß in der betreffenden Gemeinde praktische Bedeutung erlangten, hat die Wiener Liturgie in ver

*) Vgl. Dr. B. Beer: „Die freie chriftliche Kirche und das Judenthum." S. 21.

schiedenen andern Gemeinden Anerkennung gefunden und bürgerte sich daselbst ein.

Wer es weiß, wie in manchen jüdischen Gemeinden der Beamte in moralischer Beziehung gestellt ist, wo er „Meschubod,“ Knecht, heißt, der wird es zu würdigen wissen, daß Mannheimer hier dem Beamten eine gewissermaßen unabhängige Stellung verschaffte. Freilich können wir auch dabei des Vorstandes nicht vergessen, der stets einen Adel der Gesinnung in sich trug und dem Beamten der Gemeinde, der für sie seine beste Kraft hergab, nicht zum Diener herabwürdigen wollte.

Mannheimer hat diese Stellung begründet, indem er in seiner Amtswirksamkeit ferne von jedem selbstsüchtigen Interesse ist und war. Er hat auch das Beispiel gegeben, unverdrossen Tag und Nacht zu arbeiten und das Wohl der Gemeinde zu fördern.

Voll edlen Gemüthes nimmt er Theil an jedem menschlichen Leide. Wer wollte all die Leidenden und Armen zählen, die durch seine Beihilfe getröstet; denen durch ihn oft nachhaltig geholfen wurde.

Das öffentliche Wohlthätigkeitswesen in der Wiener israelitischen Cultusgemeinde, welches bekanntlich zu den hervorragendsten Lichtseiten derselben gehört, hat zumeist durch ihn die Organisation erhalten, oder wurde durch ihn und mit ihm in's Leben gerufen. Er ist auch Vorsteher mehrerer Vereine: der Armenanstalt, des Handwerkervereines, des Taubstummeninstitutes, des Vereines zur Unterstützung mittellofer israelitischer Studirender. Er ist ferner Mitglied des christlichen Kreuzervereines und des Vereines für entlassene Sträflinge. Er ist Curator der Feitteles'schen Stiftungen 2c. Er wendete viel Zeit und Kraft diesen Ver. einen zu und haben sie sich durch seine Mitwirkung zu der Höhe emporgeschwungen, auf welcher wir sie jetzt finden.

Wie sehr Mannheimer's Wirken im Allgemeinen anerkannt wurde, geht auch daraus hervor, daß er im Jahre 1848 als Abgeordneter für Brody in den österreichischen Reichstag gewählt wurde. Wir wollen nicht unerwähnt lassen die Reden, die er bei der Frage der Judensteuer am 5. October 1848 (s. oben S. 7), und bei der Aufhebung der Todesstrafe am 29. Januar 1849, wo er zum Generalredner gewählt wurde, gehalten hat.

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