ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

I. Die Tragödie.

§. 331. Tragisch ist im Allgemeinen jedes herbe Geschick, das dem Menschen nach menschlichem Ermessen im Uebermasse zu Theil wird. Das Tragische erweckt unser Mitleid, erfüllt uns aber, da auch wir mancher Schuld uns bewust sind, zugleich mit Furcht vor der sicher eintretenden Vergeltung. Nur die später kommende Einsicht, daß Gott gerecht, und das von ihm Verhängte der göttlichen Gerechtigkeit vollkommen entsprechen muß, macht endlich die Ruhe wieder in uns einkehren, und mit Ergebung erwarten wir das uns bevorstehende Geschick. Das Gefühl des Mitleids und der Furcht wird übrigens nur stark rege bei zur Anschauung kommendem Uebel, und dieser Umstand ist es, der für das Tragische die dramatische Form am geeignetsten erscheinen läst: die Handlung, die Mitleid mit dem handelnden Character erregen soll, muß als eine gegenwärtige vor unsern Augen zur Darstellung kommen. Aber nicht alles Tragische ist gleich gut dramatischer Behandlung fähig; es muß eben eine tragische Handlung sein, weniger eine tragische Begebenheit für leztere eignet sich mehr die epische Form-, eine Handlung von sittlicher Erhabenheit, eine Handlung, die uns den Helden im Kampfe gegen die sittlichen Weltmächte zeigt.

Jede Handlung findet unter gewissen Bedingungen auf bestimmte Veranlassung statt. Man sagt da, derjenige Character, der handeln soll, sei in eine gewisse Situation, in eine gewisse äußere Lage, gerathen. Es ist klar, daß ein und derselbe Character je nach der Verschiedenheit der Situation, in die er geräth, auch verschieden sich benehmen wird. Daraus folgt, daß der Character, den sich der Mensch erwirbt, und die Situ ation, welche von der Vorsehung bereitet wird, zusammen die Handlung erklären.

Das Wesen des Characters ist Freiheit; das der Situation Nothwendigkeit. Das Ideal des Tragikers muß es nun sein, zwischen diesen Factoren der Handlung eine gerechte Ausgleichung zu treffen; neigt er sich mehr auf die Seite der Situation, so nähert sich seine Darstellung der epischen, da der Ausgang weniger durch den Character der betheiligten Personen, als durch die Macht des allwaltenden Gottes herbeigeführt erscheint; legt er auf der andern Seite das Hauptgewicht auf die Charactere,

so wird die Situation und die Katastrophe ohne sichtbares Eingreifen einer höheren Macht blos durch psichologische Entfaltung der Charactere zuwegegebracht. Auf diese Weise erhalten wir zwei Formen des dramatisch Tragischen: die des einfachen Conflicts und die der sittlichen Collision. Jene beruht vorzugsweise auf dem Character, diese auf der Situation. Das Tragische des einfachen Conflictes liegt darin, daß der Character durch seine Fehler, durch das Dämonische seiner Natur, durch seinen leidenschaftlichen, inneren, glühenden Drang in Kampf mit der Welt und in Empörung mit der bestehenden Weltordnung geräth und so untergeht; das der sittlichen Collision besteht darin, daß der sittlich freie Character sich für eine der in der Welt herschenden sittlichen Potenzen entscheidet und so im Kampfe gegen eine andere untergeht oder siegt. Wir würden auf diese Weise eine Charactertragödie und eine Situationstragödie unterscheiden können; in beiden kann der Stoff erfunden oder gegeben, historisch, religiös oder romantisch sein. Eine Situationstragödie mit einem für den Helden glücklichen Ausgange pflegt der Deutsche wohl auch Schauspiel zu nennen, während alle übrigen ihm als Trauerspiel gelten.

Was die Diction der Tragödie betrifft, so muß sie Wohllaut, Adel, Würde und Pathos besitzen. Ausführliche Vergleiche passen nicht für das tragische Pathos, während hingegen schlagende Metaphern und organisch aus der Situation und dem Character herausgewachsene Sentenzen ganz wohl angebracht werden können. Sentenzen, als Aussprüche, welche auf Allgemeingültigkeit Anspruch machen, als Ausdrücke allgemeiner Wahrheiten entsprechen der die Gedanken concentrirenden Kraft des Drama's. Als dramatischer Vers für die Tragödie ist der fünffüssige reimlose Jambus anzusehen, da er Ungezwungenheit, Kraft, Schwung und Pathos besitzt.

Bruchstücke aus Tragödien:

Aus Schiller's Jungfrau von Orleans.

(Aus dem dritten Aufzuge.)

Talbot (auf Fastolf gestützt und von Soldaten begleitet):
Hier unter diesen Bäumen setzt mich nieder,
und ihr begebt euch in die Schlacht zurück.
Ich brauche keines Beistands, um zu sterben.

Fastolf. O unglückselig jammervoller Tag!

(Lionel tritt auf.)

Zu welchem Anblick kommt ihr, Lionel !

Hier liegt der Feldherr auf den Tod verwundet. Lionel. Das wolle Gott nicht! Edler Lord, steht auf! Jezt ist's nicht Zeit, ermattet hinzusinken.

Weicht nicht dem Tod, gebietet der Natur

mit eurem mächt'gen Willen, daß sie lebe! Talbot. Umsonst! Der Tag des Schicksals ist gekommen, der unsern Thron in Frankreich stürzen soll. Vergebens in verzweiflungsvollem Kampf wagt' ich das lezte noch, ihn abzuwenden. Vom Strahl dahingeschmettert lieg ich hier, um nicht mehr aufzustehn.

so eilt, Paris zu retten!

Rheims ist verloren,

Lionel. Paris hat sich vertragen mit dem Dauphin;

so eben bringt ein Eilbot uns die Nachricht.

Talbot (reißt den Verband ab). So strömet hin, ihr Bäche meines Bluts; denn überdrüssig bin ich dieser Sonne!

Lionel. Ich kann nicht bleiben.

Fastolf, bringt den Feldherrn

an einen sichern Ort, wir können uns
nicht lange mehr auf diesem Posten halten.
Die Unsern fliehen schon von allen Seiten.
Unwiderstehlich dringt das Mädchen vor

Talbot. Unsinn, du siegst, und ich muß untergehn!
Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.
Erhabene Vernunft, lichthelle Tochter

des göttlichen Hauptes, weise Gründerin
des Weltgebäudes, Führerin der Sterne,
wer bist du denn, wenn du, dem tollen Roß
des Aberwitzes an den Schweif gebunden,
ohnmächtig rufend, mit dem Trunkenen
dich sehend in den Abgrund stürzen must!
Verflucht sei, wer sein Leben an das Grosse
und Würd'ge wendet und bedachte Plane
mit weisem Geist entwirft! Dem Narrenkönig
gehört die Welt

[ocr errors]

Lionel. Mylord, Ihr habt nur noch

für wenig Augenblicke Leben
an Euren Schöpfer!

Talbot. Wären wir als Tapfre

denkt

durch andre Tapfere besiegt, wir könnten
uns trösten mit dem allgemeinen Schicksal,
das immer wechselnd seine Kugeln dreht
doch solchem groben Gaukelspiel erliegen!

War unser ernstes, arbeitsvolles Leben

keines ernsthaftern Ausgangs wert?

Lionel (reicht ihm die Hand).

Mylord, fahrt wohl! der Thränen schuld'gen Zoll will ich Euch redlich nach der Schlacht entrichten, wenn ich alsdann noch übrig bin. Jezt aber

ruft das Geschick mich fort, das auf dem Schlachtfeld noch richtend sitzt und seine Lose schüttelt.

Auf Wiedersehn in einer andern Welt;

kurz ist der Abschied für die lange Freundschaft.
Talbot. Bald ist's vorüber und der Erde geb' ich,
der ew'gen Sonne die Atome wieder,

die sich zu Schmerz und Lust in mir gefügt;
und von dem mächt'gen Talbot, der die Welt
mit seinem Kriegsruhm füllte, bleibt nichts übrig,
als eine Handvoll leichten Staub's.
So geht

[blocks in formation]

Aus Göthe's Iphigenie auf Tauris.

(Dritter Aufzug, zweiter Auftritt.)

Orest (aus seiner Betäubung erwachend und sich aufrichtend).
Noch einen! reiche mir aus Lethe's Fluthen

den lezten kühlen Becher der Erquickung!
Bald ist der Kampf des Lebens aus dem Busen
hinweggespült; bald fließet still mein Geist,
der Quelle des Vergessens hingegeben,

zu euch, ihr Schatten, in die ew'gen Nebel.
Gefällig lasst in eurer Ruhe sich

den umgetrieb'nen Sohn der Erde laben!
Welch' ein Gelispel hör' ich in den Zweigen,
welch' ein Geräusch aus jener Dämm'rung säuseln?
Sie kommen schon, den neusten Gast zu sehn!
Wer ist die Schar, die herrlich mit einander
wie ein versammelt Fürstenhaus sich freut?
Sie gehen friedlich, Alt und Junge, Männer
mit Weibern; göttergleich und ähnlich scheinen
die wandelnden Gestalten. Ja, sie sind's,
die Ahnherrn meines Hauses.
Mit Thyesten
geht Atreus in vertraulichen Gesprächen;
die Knaben schlüpfen scherzend um ihn her.
Ist keine Feindschaft hier mehr unter euch?
verlosch die Rache, wie das Licht der Sonne?

Orest.

So bin auch ich willkommen, und ich darf
in euren feierlichen Zug mich mischen.
Willkommen, Väter! euch grüsst Orest,
von eurem Stamme der lezte Mann;
was ihr gesä't, hat er geerntet;
mit Fluch beladen stieg er herab;
doch leichter träget sich hier jede Bürde:
Nehmt ihn, o nehmt ihn in euren Kreis!
Dich, Atreus, chr' ich, auch Dich, Thyesten:
wir sind hier alle der Feindschaft los.
Zeigt mir den Vater, den ich nur einmal
im Leben sah! Bist du's, mein Vater?
und führst die Mutter vertraut mit dir?
Darf Klytemnästra die Hand dir reichen,
so darf Orest auch zu ihr treten

--

und darf ihr sagen: Sieh deinen Sohn!
Seht euren Sohn! Heißt ihn willkommen!
Auf Erden war in unserm Hause
der Gruß des Mordes gewisse Losung,
und das Geschlecht des alten Tantalus
hat seine Freuden jenseits der Nacht.
Ihr ruft Willkommen und nehmt mich auf!
O führt zum Alten, zum Ahnherrn mich!
Wo ist der Alte, daß ich ihn sehe,
das theure Haupt, das vielverehrte,

das mit den Göttern zu Rathe saß.

Ihr scheint zu zaudern, euch wegzuwenden?
Was ist es? Leidet der Göttergleiche?
Weh' mir! es haben die Uebermächt'gen

der Heldenbrust grausame Qualen

mit eh'rnen Ketten fest aufgeschmiedet.

(Dritter Auftritt: Orest, Iphigenie, Pylades.)

Seid ihr auch schon herabgekommen?

Wohl, Schwester, dir! Noch fehlt Electra:

ein güt'ger Gott send uns die Eine

mit sanften Pfeilen auch schnell herab.

Dich, armer Freund, muß ich bedauern!

Komm mit, komm mit zu Pluto's Thron,
als neue Gäste den Wirt zu grüssen.

Iphigenie. Geschwister, die ihr an dem weiten Himmel

das schöne Licht bei Tag und Nacht herauf
den Menschen bringet und den Abgeschiednen
nicht leuchten dürfet, rettet uns, Geschwister!
Du liebst, Diana, deinen holden Bruder
vor allem, was dir Erd' und Himmel bietet,

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »