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mich im Labyrinthe der Politik leiten; ich will für die europäische Freiheit leben und für die Völker denken!" Daher war Müller, wenngleich Republikaner von Geburt, doch gar nicht blinder Bewunderer von Republiken. Die Weltgeschichte führte ihn früh zu der Ueberzeugung, daß dieselbe Verfassung nicht für alle tauge und das Glück der Völker keinesweges an eine Form wie überhaupt am wenigsten an Formen gebunden sei. Der Held des Jahrhunderts, der Glanz seiner Monarchie, in der hohe Geistesfreiheit mit autokratischen Formen gepaart war, wirkte außerdem mächtig auf ihn ein, so daß er es selbst wünschenswerter finden konnte, unter Friedrichs Scepter als im freien Vaterlande zu leben. Stets ehrte und achtete er die Einrichtungen der Staaten, deren Bürger er war, wie sehr er auch bis zum lezten Athemzuge an dem geliebten Vaterlande hieng. Indem er so sich die freie Ansicht von dem Wert der Verfassungen erhielt, konnte auch die Würdigung grosser Männer nicht darunter leiden. Er pries sie, wo die Geschichte oder die Gegenwart sie ihm zeigte; sie zogen ihn an, gleichsam mit magnetischer Kraft; einen aufrichtigern Bewunderer als ihn haben sie nicht gehabt und können sie nicht haben. Doch war es politische Grösse, der er diese Bewunderung am ersten und am bereitwilligsten zollte, vielleicht selbst da, wo sie nicht mit dem moralischen Adel verbunden war, ohne welchen das unverdorbene Gefühl ihr nur ungern huldigen mag. Politisch groß aber war in seinen Augen alles, was die Völker und die Staaten hebt; groß und herrlich vor allem jedes ihrer Veredlung durch Unterricht und Bildung gewidmete Bestreben, groß die Schöpfer und Beförderer von diesen, bei deren Lobe er so oft mit Vorliebe verweilt. Diese Hoheit des Gefühls, die dem Ganzen seines Werkes einen erhabenen Character gab, ward bei Müller von einer lebendigen Imagination unterstützt. Sie vergegenwärtigte ihm die Scenen, die er be schrieb, und auch von Seite der Darstellung gebührt seiner Geschichte ein hoher Platz.

Müller's Imagination war bei all ihrer Lebhaftigkeit dennoch ganz die des Historikers, nicht die des Dichters. Sie war mehr stark und wahr, als üppig und verschönernd. Er blieb ganz ihrer Herr; nie hat sie bei seinen Schilderungen ihn weder zum Schwulst noch zur Künstelei geführt. Das ist das Eigentümliche der historischen Schilderung, wodurch sie sich von der poëtischen unterscheidet, daß nie geschildert werde, um zu schildern, sondern um deutlicher zu belehren. Ist und bleibt Belehrung Hauptzweck der Geschichte, so muß auch die Darstellung als Hilfsmittel derselben ihr untergeordnet bleiben. Wer darüber Högelsberger, d. Sprachwissenschaft.

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hinausgeht, straft unfehlbar sich selbst, indem er das Zutrauen des Lesers verliert, der es bald empfindet, daß sein Führer aus dem Character fiel. Aus diesen Bemerkungen geht ein ewiges Gesetz für den Geschichtschreiber als Darsteller hervor: er folge seinem Stoff. Mit ihm hebe, mit ihm senke sich der Vortrag. Nur vergesse der Historiker nie, was der Zweck seiner Schilderung sein soll: Vergegenwärtigung des Geschehenen, so wie es geschah. Die Geschichte der Schweiz ist nicht arm an Gegenständen für die historische Malerei. Müller hat sie nicht ängstlich gesucht, aber, wo er auf sie stieß, sie nicht verschmäht. Auch ist es nicht eine Art von Schilderungen, die ihm vorzugsweise gelänge; sein Werk ist gleich reich an Idyllenstücken, wie an Schlachtenstücken. Man kann nicht sagen, der Geschichtschreiber habe bei diesen lezteren mit Vorliebe verweilt. Bemerken müssen wir aber auch hier seinen tiefen Wahrheitssinn. Als er sich zum Historiker bildete, empfand er es früh, wie unentbehrlich ihm Kenntnis der Kriegskunst sei, um mit Gerechtigkeit und mit Treue darstellen zu können. Er strebte sich diese zu verschaffen, so weit es seine Lage erlaubte. Die Schlachten, die er uns schilderte, forderten freilich nicht die Kunde der neuern Tactik. Sie fallen noch ins Mittelalter, mehr den homerischen ähnlich, wo nicht die Masse, sondern der Mann galt. Welche Muster dieser Schilderungen gibt nicht in seinem lezten Theile die Geschichte des Burgunderkriegs? Aber wie gern sein Geist bei den stillern und friedlichern Scenen verweilte, wie die sonst so kühne und kurze Manier, wo patriarchalische Scenen sich darboten, sich fast der herodotischen Redseligkeit nähert, zeigen es nicht in eben diesem Theile jene Schilderungen der wechselseitigen Freudenbesuche der Cantone? jenes Gemälde des frommen Einsiedlers Claus, des Friedenstifters, der, mit verdienter Glorie umstrahlt, jezt durch ihn seinen Platz im Tempel der Geschichte hat? Wer kann von dem Maler sprechen, ohne seiner Farben, wer von dem Geschichtschreiber, ohne seiner Sprache zu gedenken? Müller's Sprache ist ihm eigen. Sie ist dieses in einem gewissen Grade jedem grossen Schriftsteller, aber Müllern in einem höhern Grade. Er fand sich in der Nothwendigkeit, sich selber seine Sprache zu bilden. Als er als deutscher Geschichtschreiber in die Laufbahn trat, war zwar die deutsche Litteratur schon reich an Werken der Forschung, aber durchaus arm an Werken des historischen Styls. Er muste sich diesen also zugleich mit seinem Werke schaffen. Kürze und Gediegenheit sind sein Character, Neuheit und Kühnheit in der Wortstellung, oft nicht ohne Gefahr der Härte und selbst der Dunkelheit. Es ist schon sonst gesagt, daß man diesen Styl schwerlich

kürzer und richtiger characterisiren kann, als wenn man ihn einen veredelten - Chronikenstyl nennt. Weit entfernt, dadurch Tadel auszudrücken denn was ist Chronikenstyl anders als Styl der einfa chen Erzählung? schließt er vielmehr das Lob in sich, daß dieser Styl in einer innern Harmonie mit dem Stoff stand, den der Geschichtschreiber behandelte. Das Mittelalter wollte er schildern; ist es zu tadeln, wenn auch seine Sprache die Farben davon trug? Aber sichtbar ist zugleich dieser Styl lateinischen Schriftstellern nachgebildet, Die römische Kürze und Bestimmtheit des Ausdrucks auf die deutsche Sprache zu übertragen, so weit es möglich schien, ohne offenbare Gewalt, ist sein Streben. Wer mag läugnen, daß ihm dieses oft herrlich gelungen sei? wer mag läugnen, daß er unsere Sprache, den historischen Styl von der Weitschweifigkeit und Schwäche zu der Kürze und Kraft zurückführend, auf eine höhere Stufe hob? Wie oft reißt er dadurch uns mächtig mit sich fort, überrascht, erschüttert und eilt schon weiter, während wir, noch halb bewegt, halb betäubt, ihm nachsehen? Aber hätte er das gekonnt, wäre seine Sprache blosse Nachbildung gewesen, wäre sie neben dem Studium nicht zugleich aus seinem Innern hervorgegangen? Nur dadurch, nur durch die ihm selber inwohnende Kraft ward es ihm möglich, in der selbstgewählten Rüstung, wenn nicht mit Leichtigkeit, doch mit Würde und freiem Anstande einherzugeben. Seine Sprache nachbilden wollen, ohne gleiche Eigentümlichkeit mit dazu zu bringen, führt zur Einförmigkeit, zum Zwang und zur Künstelei. Will man aber gar sie als das einzige Muster aufstellen, will man die Werke anderer, die, ihrem Genius folgend, auch ihre Schreibart sich bilden, darnach messen, so ist es geschehen um unsern historischen Styl. Es gibt nicht eine Norm der historischen Schreibart; nur der historische Styl taugt nichts, der nicht Styl der Belehrung ist. Aber der belehrende Styl läst viele Verschiedenheiten des Styls zu und, mehr im Allgemeinen darüber zu sagen, ist beinahe unmöglich. Schrieb denn Thukydides wie sein Vorgänger Herodot, schrieb Cäsar wie Sallust, Livius wie Tacitus? Und wer wird aufstehen und sagen, einer von ihnen habe schlecht ge

schrieben?

In vielfachem Sinn wird also Johann von Müller ein Muster der Historie genannt! Er schrieb einen Theil der deutschen Geschichte in deutscher Zunge und mit deutschem Gemüth. Alle edlen Grundzüge des deutschen Characters: reiner Wahrheitssinn, Freiheitsliebe mit Ordnung, tiefes und inniges Gefühl für alles Herrliche und Grosse sprechen sich laut darin aus. So steht es da, ein Nationalwerk im höhern Sinn,

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eine deutsche Eiche auf deutschem Boden. Laut und dankbar nahm es selbst mitten in ihren Verirrungen über das Wesen der Geschichte, gleichsam sich selbst widersprechend die Mitwelt auf; daß die kommenden Geschlechter es nicht vergessen, dafür hat der Geschichtschreiber gesorgt. (A. H. L. Heeren.)

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Ueber Niebuhr.

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Man vergönne mir hier einige Worte über den Mann, der als der vorzüglichste Begründer unserer modernen deutschen Geschichtswissenschaft zu betrachten ist. Ich habe kaum zu bemerken, daß ich Niebuhr meine. Woher er den Anstoß und die Kraft zu seiner römischen Geschichte gewann, sagt er selbst: Es war die Zeit, da wir Unerhörtes und Unglaubliches erlebten, eine Zeit, welche die Aufmerksamkeit auf viele vergessene und abgelebte Ordnungen durch deren Zusammensturz hinzog und unsere Seelen durch die Gefahren, mit deren Dräuen wir vertraut wurden, wie durch die leidenschaftlich erhöhte Anhänglichkeit an Landesherrn und Vaterland stark machte.“ Einer solchen Zeit," sagt er, „vermochte die alte Geschichte nicht mehr zu genügen, wenn sie sich nicht an Klarheit und Bestimmtheit neben die der Gegenwart stellen könnte." „Und indem der Historiker sich," fährt er fort, „jene vergangene Welt auf das anschaulichste vergegenwärtigt, fühlt er über Recht und Ungerechtigkeit, Weisheit und Thorheit, die Erscheinung und den Untergang des Herrlichen wie ein Mitlebender, und so beredt reden seine Lippen darüber, obwohl „Hecuba dem Schauspieler nichts ist.“ Ja fürwahr, Niebuhr lebte mitten in diesem Römervolk, er durchlebte mit ihm seine ganze Geschichte, die erst in seinem Geiste sich als eine zusammenhängende, fortlaufende Entwicklung in organischer Einheit gestaltete, erst durch ihn diese Gestalt für uns gewann. Nicht die äußere Geschichte des Volks allein betrachtet er, bei weitem mehr noch beschäftigt ihn das Wachstum desselben von innen heraus: die ursprüngliche Bildung aus verschiedenen Bestandtheilen, die Veränderungen der staatlichen Institutionen, die agrarischen Verhältnisse, Handel und Wandel, Kunst und Litteratur. Die gesamte nationale Entwickelung wird uns von ihm in einem eben so reichen als lebensvollen Gesamtbilde vorgestellt. Vom nationalen Standpunct aus schreibt Niebuhr die Geschichte Roms, aber zugleich ist seine Auffassung doch durch und durch universell. Wie zieht er unablässig die Geschichte aller Völker herbei, um die Geschichte des einen Volkes zu begreifen! Und wer wüste nicht, wie fruchtbar dieses Buch für eine richtigere Behandlung der allgemeinen Geschichte geworden ist? Man kann sagen, er

durchlebt in der Geschichte Rom's die Weltgeschichte und wir mit ihm, Das war ein ganz anderes Ideal, dem Niebuhr nachstrebte, als einst dem Livius oder irgend einem andern Römer vorgeschwebt hatte, und schon deshalb muste Niebuhr mit der ganzen alten Tradition brechen. So ist es überhaupt; unsere moderne Geschichtswissenschaft muß über die Ueberlieferung hinausgehen, weil die Zielpuncte derselben nicht an ihr Ideal hinanreichen, nicht hinanreichen können. (W. Giesebrecht. *)

Anmerkung. Daß Schriftsteller wie Herder, Schiller und andere unter den

Geschichtschreibern nicht aufgeführt werden, hat seinen Grund lediglich darin, weil jeder Autor dort genannt wird, wo er die meisten Lorbern erntete.

II. Subjective Prosa.

§. 342. (Lebensphilosophen (Kalobiotiker) und Kritiker.)

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Jacob Böhme (1575-1624): Aurora, oder die Morgenröthe im Aufgange, 1612.

Von wahrer Busse und wahrer Gelassenheit, 1624.

J. Arnd (1555–1621): Vier Bücher vom wahren Christentum, und: Paradiesgärtlein, 1844.

Von 1620-1720.

Friedrich Spee von Langenfeld (1591-1635): Goldenes Tugendbuch, 1829.

Chr. Thomasius (1655-1728): Historie der Weisheit und Thorheit, 1693. 3 Theile.

Freimüthige Gedanken oder Monatgespräche, 1690.

Chr. Freih. v. Wolff (1679-1754): Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes (Logik), von Gott, der Welt und der Seele des Menschen (Metaphisik), von der Menschen Thun und Lassen (Moral), vom gesellschaftlichen Leben der Menschen, 1712-1733.

Von 1720-1780.

A. G. Baumgarten (1714-1762) und G. F. Meier (1717 bis 1777): Anfangsgründe aller schönen Wissenschaften, 1748 bis 1750. 3 Bde.

*) Von Giesebrecht erscheint seit 1855: Geschichte der deutschen Kaiserzeit.

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