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man leicht annehmen, daß auch Qain seine Tat mit eben dem Schwert vollführte, dessen Bestimmung es eigentlich war, den heiligen Ort vor Eindringlingen zu schützen. Die Motive durchkreuzen sich ja, wie im Reich der Sage überhaupt, so auch in den Drachenmythen aufs merkwürdigste. Der Beweggrund zur Vaterrache, der bei Qain aus späteren Quellen erst erschlossen werden muß, ist bei Sigurd deutlich ausgesprochen: er rächt Odin, der ihn zu diesem Zweck ins Dasein gerufen, dafür, daß derselbe von Fafnir, Regin und ihrem Vater Hreidmar schimpflich gefesselt worden war1. Dem Umstand, daß Qain ein Jahwe ein durch die Luft fahrender ist, entspricht bei Sigurd, daß er auf dem Rosse Grani in den Kampf zieht. Dasselbe stammt von Sleipni ab, auf dem Odin durch Luft und Meer reitet 2: natürlich ist es mit ihm identisch. Der von Sigurd getötete „funkelnde Wurm" Fafnir haust in einer Höhle, in der ein schimmernder Schatz liegt 8: auch der Ausdruck „die chawwa lagert vor der Tür" (Gen. 4, 7) muß so gedeutet werden, daß der Aufenthaltsort der Schlange eine Höhle war. Nach der Tötung des Drachen badet sich Siegfried in seinem Blut, wodurch seine Haut unverwundbar wird bis auf eine Stelle. Aber es gibt auch eine Auffassung, wonach der „gehörnte Siegfried" mit Hörnern versehen war. Diese Auffassung ist zwar erst sehr spät bezeugt, doch scheint es nicht ausgeschlossen, daß sie auf mehr, als einem bloßen Mißverständnis beruht 5. Dann hätten wir allerdings eine ganz genaue Analogie zu der talmudischen Angabe, wonach das Qainszeichen in Hörnern bestanden hätte. Aber auch, wenn wir zu jener Annahme nicht berechtigt wären, so hat doch das Zeichen Qains faktisch die Bedeutung, daß er dadurch unverwundbar gemacht wird. Und wiederum ist auch bei ihm die Unverwundbarkeit keine vollständige. Wie Siegfried durch Hagen, so wird Qain, wie wir sehen werden, durch Lamekh getötet. In den Umständen, unter denen dies.

1) Gering, Edda 195 f. 366 f.) Skaldskaparmal 1 (Gering, Edda S. 357). — 3) Grimnismal 13. 4) Nibelungenlied 101. 842. 845. — 5) Vgl. Siecke, Drachenkämpfe 103 A. 2.6) Siegfrieds Naturbedeutung schwankt (nach Siecke, Drachenkämpfe 99) zwischen der eines Mond- und eines Sonnenheros.

geschieht, trifft die Qainsage mit einem anderen wichtigen germanischen Mythus zusammen, dem von Baldr.

Was noch speziell das Moment der Vaterrache anlangt, so scheint hier die Qainsage auch überzugreifen in die verbreitete Mythengruppe von „den drei Schmiedebrüdern", von denen einer, gewöhnlich der jüngste, den Vater rächt1. Man könnte sogar an die Möglichkeit denken, daß Qain mit Qēnan und Thubalqain einmal eine Dreiheit bildete. Der Umstand, daß sie jetzt getrennt sind und Thubalqain als ein Nachkomme Qains, Qenan dagegen als Enkel von Qains Bruder Šet erscheint, spräche noch nicht dagegen; man weiß ja, wie bunt und willkürlich diese mythischen Namen später durcheinandergewürfelt worden sind. Jedenfalls aber, auch wenn diese Vermutung nicht begründet sein sollte, ist die Sage von Qains Vaterrache aufs nächste verwandt mit der iranischen von dem durch die Schlange Dahaka (später Zohak) getöteten Jama (Dschemschid), der dafür von den im Verhältnis von Enkeln zu ihm stehenden Helden Thraetana (Fredun) und Krsâspa (Sama) gerächt wird. Jener verbündet sich mit dem Schmied Kaweh und schlägt den Zohak mit einer Keule (dieselbe war mit einem Ochsenkopf versehen und glänzte wie die Sonne am Himmel), tötet ihn aber nicht, sondern fesselt ihn an den Berg Demawend. Nachdem der Drache wieder freigekommen, wird er durch Sama Krsâspa getötet2 (vgl. Apok. 20, 1-3. 10). Ebenso gehört in diesen Kreis der ägyptische Horus, der den Set besiegt und seinen Vater Osiris rächt. Endlich bietet uns auch hier wieder Südamerika Parallelen, sofern dort in vielen Mythenkreisen ein Bruderpaar erscheint, dessen Mutter auf geheimnisvolle Weise geschwängert, aber vor der Niederkunft durch einen Jaguar, der hier also die Stelle des Drachens vertritt, getötet wird. Die Kinder werden gerettet (vgl. Apok. 12, 5 f.), wachsen heran und rächen die Mutter. Statt der Vaterrache, die übrigens auch vorkommt, haben wir hier also die Mutterrache.

1) Vgl. Hüsing, Beiträge zur Kyrossage S. VI, 24 f. und sonst. 2) Vgl. Windischmann, Zoroastrische Studien 19 ff.; Siecke, Drachenkämpfe 23 ff. — 3) Über ihn s. Siecke, Drachenkämpfe 5 A. 1. - 4) Vgl. Ehrenreich, Die Mythen und Legenden der südamerikanischen Urvölker 47 f.

4. Qains Nachkommen und Ende.

Nach Gen. 4, 17 hatte Qain einen Sohn Namens Henoch. Derselbe ist natürlich im Grunde identisch mit dem gleichnamigen Nachkommen von Qains Bruder Šet, der 5, 18-24 erwähnt ist. Sein Name bedeutet wörtlich „Gaumen", was ein Bild der Mondsichel ist. Auch sein Wandel in Gemeinschaft mit Jahwe und sein schließliches Verschwinden stimmt zu seiner Mondbedeutung. Jahwe ist hier Sonnengott und die Gemeinschaft Henochs mit ihm geht auf die Konjunktion 1. Wahrscheinlich ist auch Henoch, nicht Qain, der eigentliche Erbauer der nach ihm benannten Stadt (4, 17). Zwar berührt sich ja die Rolle des Mondes als Baumeister nahe mit der des Schmieds, aber zum unsteten und flüchtigen Qain paßt der Städtegründer jedenfalls nicht. Von Henoch stammt Irad der Flüchtige, also vielleicht eine Dublette zu Qain. Zwischen diesem und Lamekh kommen zwei Generationen, deren Vertreter die kaum mit Bestimmtheit zu erklärenden Namen Mehujael und Metušael führen. Lamekh klingt stark an das griechische Lamachos an; aus dem Semitischen ist noch keine befriedigende Erklärung beigebracht worden. Seine beiden Weiber, 'Ada Schmuck und Silla Schatten, bedeuten vielleicht die helle und die dunkle Seite des Mondes, während die Namen der Söhne Jabal und Jubal und die erste Hälfte von Thubalqain möglicherweise zu einer Wurzel mit

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„Das Brüderpaar leitet gewöhnlich seine Deszendenz von der Sonne her. Entweder ist die Sonne oder der Sonnen- und Kulturheros ihr Vater (bei Peruanern, Osttupi oder Guarayo), oder die Mutter gehört zum Geschlecht der Sonne, während der Vater, soweit er nicht ein lunares Wesen ist, unbestimmt bleibt usw." Letzteres trifft ja z. B. auch beim Vater des Kindes in Apok. 12, 1 ff. zu. — 1) Vgl. meine Sintflutsage ARW VI, 10 A. 1. 2) Mehujael kann von Gott Vertilgter oder von Gott Geschlagener bedeuten. Statt ist vielleicht zu vokalisieren, was die Bedeutung „Mann der Unterwelt" ergäbe und den Mondgott nach der chthonischen Seite seines Wesens bezeichnen könnte.—3) Lamache kommt als weiblicher Eigenname in der Argonautensage vor. 4) Übrigens könnte V hergeleitet werden, worauf vielleicht speziell von der Monatsperiode der Frauen (Jes.

statt von auch von zurückgeht, vgl. Zeit, 64, 15).

der Bedeutung „stark fließen" 1 zu stellen sind, zu der auch das Wort mabbul Sintflut gehört. In diesem Falle wäre vielleicht an den Mond in seiner Beziehung zum Himmelsozean zu denken 2. Naă ma, die Liebliche, wie Lamekhs Tochter heißt, wäre wäre vollends eine für eine Mondgöttin passende Bezeichnung. Wenn Jubal ein Stammvater derer heißt, die sich mit Zither und Schalmei befassen 3, so können das wohl mythische Bilder sein, die auf den als ein Saitenoder Blasinstrument gedachten Mond gehen. Über die Beziehungen des Mondgottes zur Viehzucht, als deren Stammvater Jabal und zum Schmiedehandwerk, als dessen Patron Thubalqain genannt wird, war im bisherigen schon mehrfach die Rede. Wir heben dies alles hier nur hervor, um die Möglichkeit darzutun, daß wofür von vornherein eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht die Naturbedeutung der Nachkommen Qains dieselbe ist, wie die ihres Ahnherrn. Um mehr zu sagen, ist abgesehen von Henoch und Lamekh das Material viel zu dürftig.

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Die Hauptperson für uns ist nun aber in der ganzen Stammtafel Qains sein Nachkomme im sechsten Glied Lamekh. Von ihm ist uns das kurze Lied überliefert:

'Ada und Silla, höret meine Rede;

Ihr Weiber Lamekhs vernehmet meinen Spruch!
Einen Mann (iš) erschlug ich zu meiner Wunde
Und einen Jüngling (jeled) zu meiner Strieme.
Wird Qain siebenfältig gerächt,

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So Lamekh siebenundsiebzigmal (Gen. 4, 23 f.). Man pflegt neuerdings in diesem Lied nur eine Kundgebung der Rachsucht in ihrer höchsten Potenz zu sehen und darum auch zu übersetzen für meine Wunde, für meine Strieme", obwohl die Übersetzung zu meiner Wunde, Strieme" dem gewöhnlichen Sprachgebrauch mehr entspricht. Nun ist ja kein Zweifel, daß das Lied in seinem Schluß grimmigste 2) Siehe meine Sintflutsage ARW VI, 39 ff. 3) Das Wort gehört wohl zu krumm sein. von dem schallnachahmenden Stamm . 4) Vgl. z. B. die Lyra des Orpheus nach Siecke, Drachenkämpfe 16, wohl eine alte Bezeichnung der Mondsichel und das sicher den Mond bedeutende Blashorn Heimdalls.5) Auch die LXX übersetzt εἰς τραῦμα ἐμοί, εἰς μώλωπα ἐμού.

.יבל (1

für Schalmei

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Zither kommt כִּכּוֹר

Rachsucht atmet, aber damit, daß man dies ausspricht, ist noch nicht sein ganzer Sinn erschöpft. Es enthält in seinem ersten Teil vielmehr auch eine schmerzliche Klage; die Klage: „ich habe einen iš getötet, der dazu eigentlich fast noch ein Kind war und mir selbst dabei eine schwere Wunde geholt“. Ja allem nach wird die Wunde nicht bloß als eine schwere, sondern sogar als eine tödliche anzusehen sein, denn der Sinn des Schlusses ist wohl der, daß Lamekh seine Weiber auffordert, ihm in seinen Söhnen Rächer aufzuerziehen. Eben im Schluß deutet Lamekh aber auch an, wer der iš denn ist, den er getötet hat: es ist Qain, der ja in v. 1 von seiner Mutter so emphatisch als iš bezeichnet worden ist.

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Diese Auffassung des Lamekhlieds wird bestätigt durch einen jüdischen Midrasch, der uns, mit kleinen Abweichungen im einzelnen, im wesentlichen doch ziemlich gleichlautend an verschiedenen Stellen überliefert ist. Er findet sich in einem Brief des Kirchenvaters Hieronymus an den römischen Bischof Damasus', in der „Schatzhöhle", im Christlichen Adambuch des Morgenlands, in apokryphen gnostischen Adamsschriften, in den Annalen des Eutychius 5, bei arabischen Autoren und in einer Anzahl rabbinischer Schriften. In der Schatzhöhle" lautet die Sage folgendermaßen: „Und in den Tagen des Enos, in seinem 820. Jahre, tötete Lamech, ,,der Blinde", den Mörder Kain im Gefilde von Nod. Und also war sein Tod: Es stützte sich Lamech auf seinen Sohn, einen kleinen Knaben, und dieser Knabe lenkte ihm seinen Arm gegen das Wild, so oft er welches sah. Und er hörte die Stimme Kains, der im Walde umherstreifte, da er nirgends einen Rast- und Ruheort fand. Und Lamech der Blinde hielt ihn für ein Tier, das im Walde umherjage; und erhob seinen Arm, hielt seinen Bogen bereit, spannte ihn und schoß gegen den Ort und traf Kain zwischen die Augen, da fiel dieser hin und starb. Und Lamech glaubte, er habe ein Wild getroffen und sprach zu dem Knaben: Gehe hin, damit wir das

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1) Ep. ad Damasum CXXV.—2) Deutsche Übers. v. Bezold S. 11. 3) Übers. v. Dillmann S. 85. 4) Aus dem Arm. übers. v. Preuschen, 1, 5. 5) Annal. I, 22. — ) Aufgeführt bei Grünbaum, Neue Beiträge zur semit. Sagenkunde S. 70.

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