ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

2. Die ideale Weimarerbühne und der Hund

des Aubry.

1805-1817.

Göthe, dem man so oft vorgeworfen, daß er die
Schauspieler wie Papageien und Hunde dressiren
wolle, wurde von einem dressirten Pudel aus dem
Felde geschlagen."
Eduard Devrient.

„Selbst bei jenem berühmten vorübergehenden
Zerwürfniß wegen des Hundes auf der Bühne ist
der Schein stets gewahrt worden, als sei nicht das
mindeste vorgefallen, worauf der Riß sich langsam
wieder zuzog."
Hermann Grimm.

Noch zwölf Jahre nach Schillers Tod behielt Göthe die Leitung der Weimarer Bühne und suchte ihre künstlerischen Leistungen auf jener Höhe zu erhalten, welche sie durch seine und Schillers vereinte Thätigkeit errungen hatte. So wenig man seine heidnische Weltanschauung und deren leitende Ideen im Leben wie in der Kunst billigen oder gar anerkennen kann, so liegen doch hier wahre und wirkliche Verdienste vor, welche allgemeine Anerkennung erheischen. Unter treuer Mitwirkung Schillers hat er die Weimarer Bühne zu einem Kunstinstitute erhoben, dessen bildender Einfluß sich über ganz Deutschland erstreckte und nicht nur die Bühne selbst, sondern auch Geschmack, Literatur, Poesie und Sprache wesentlich gefördert hat.

Schillers Wallenstein-Trilogie, Maria Stuart, die Jungfrau von Orleans, die Braut von Messina, Tell, Göthe's Iphigenie, Tasso und der erste Theil des Faust bilden einen Kranz von Stücken, der sich in künstlerischer Hinsicht mit der besten Dramatik aller Zeiten und Völker vergleichen läßt. Die Räuber,

204

Der claffische Bühnencyklus von Weimar.

Kabale und Liebe, Fiesko, Don Karlos, Göt von Berlichingen, Egmont und die Natürliche Tochter reihen sich zu einem zweiten Kranz, der, inhaltlich von zweideutigem Werthe, künstlerisch doch bei Weitem alles überragt, was die neuere deutsche Dramatik bis dahin zu Stande gebracht hatte. Als durchaus gelungene Versuche, bedeutende Stücke ausländischer Literatur in gewandter, bühnengerechter Bearbeitung dem deutschen Theater zu gewinnen, sind auch Schillers Macbeth, Turandot, Iphigenie auf Aulis, Phädra, Neffe als Onkel, Parasit eine werthvolle Beigabe zu den eigenen Werken der beiden Dichter; der Form nach auch Göthe's Mahomet und Tancred. Selbst seine kleineren Dramen und Singspiele entbehren in formeller Hinsicht keineswegs großer Vorzüge, und seine Theaterreden und Maskenzüge sind, wie Schillers Prologe und Huldigung der Künste, von echt dichterischem Geiste durchweht und kunstvoll durchgeführt. Zum Ganzen vereint, wie sie denn größtentheils durch gegenseitige Anregung und unter freundschaftlicher Mitwirkung entstanden sind, bezeichnen die sämmtlichen dramatischen Werke der beiden Dichter wirklich den Höhepunkt der deutschen Bühnenkunst. Wenn man Sprache, Form, Gehalt der unmittelbar vorangehenden Dramatik betrachtet, die Klopstock'schen Bardiete, die Singspiele Wielands, die Komödien Kozebue's, die Rührstücke Ifflands, so kann man nicht umhin, den Genius der Männer dankbar anzuerkennen, welche in drei Jahrzehnten die deutsche Sprache und Literatur, hauptsächlich im Anschluß an das Theater, so vollständig umgestaltet haben. Nur Lessing reicht an sie heran. Doch athmet weder seine Minna von Barnhelm, noch seine Emilia Galotti, noch sein Nathan der Weise jene freudig schöpferische Kraft, welche Göthe's und Schillers Werke an den Tag legen. Das Hauptverdienst fällt allerdings nicht so sehr Göthe zu, als Schiller.

"Durch ihn," sagt Devrient 1, war die Wirkung der Weimar'schen Schule auf ihre Sonnenhöhe geführt worden. Seine

1 Devrient, Geschichte der deutschen Schauspielkunst. Leipzig 1848. II. 266.

Schillers und Göthe's Verdienste um die Bühne. 205

Gedichte hatten in der hohen Sittlichkeit ihrer Tendenz, dem transcendentalen Gedankenschwunge und der begeisterten Schwärmerei so den tiefsten Seelenton des deutschen Volkes getroffen, daß dadurch das ideale Drama, die exclusive und gelehrte Richtung der Wetmar'schen Schule populär geworden war1. Den Bestrebungen Göthe's allein wäre das nie gelungen, wir sehen ihn mit der Aufführung seiner Gedichte immer nur auf Anerkennung eines kleinen Kreises angewiesen.“

Unterschätzen darf man jedoch auch Göthe's Verdienst nicht. Er hat als Director und eigentlicher Leiter der Weimarer Bühne den Wallenstein flügge gemacht und die weitere dramatische Thätigkeit Schillers beständig gefördert; er hat dafür gesorgt, daß das Repertoir der Bühne sich auch sonst entsprechend er weiterte; er hat hauptsächlich die Schauspieler herangebildet, welche dieser höheren, idealen Dramatik zum Erfolg verhalfen, und er hat endlich nach Schillers Tod das verdienstvolle Werk beharrlich fortgeführt.

Beiden gemeinsam war noch der Plan, durch Uebersetzung und Bearbeitung der besten alten und fremden Meisterwerke die Bühne auf dem gewonnenen höheren, echt fünstlerischen Standpunkt zu halten 2. So kamen neben den schon genannten Be

1 „Schiller," so meint auch Grillparzer, „war der leķte populäre eigentliche Dichter, und selbst der Wortüberfluß, den ihm der lesende Kritiker zum Vorwurf macht, ist für den Zuseher die ver= mittelnde Brücke, mittelst der er die Höhen der schwierigsten Situa= tionen und Charakteräußerungen, Schritt für Schritt, ohne An= strengung erklimmt." Göthe mag ein größerer Dichter sein und ist es wohl auch. Schiller aber ist ein größeres Besigthum der Nation, die starke, erhebende Eindrücke braucht, Herzensbegeisterung in einer an Mißbrauch des Geistes leidenden Zeit. Er ist nicht zum Volke herabgestiegen, sondern hat sich dahin gestellt, wo es auch dem Volke möglich wird, zu ihm hinaufzugelangen." Grill= parzer, Sämmtliche Werke. Stuttgart 1872. IX. 187. 230; X. 170.

2 Devrient a. a. O. III. 261 ff. — Göt he's Werke [Hempel]. XXVII. 50. 52. 71. 73. 81. 119. 146. 189. 195. 198. 205. 212. 213. 220.

206

Erweiterung des classischen Bühnencyklus.

arbeitungen der beiden Dichter auch die Brüder, der Eunuch, die Andria und der Heautontimorumenos des Terenz, Holbergs Don Ranudo de Colibrados, Shakespeare's Cäsar, Racine's Mithridate auf die Weimarer Bühne. Göthe hielt hieran fest. Bald nach Schillers Tode wurde Shakespeare's Othello gegeben, dann Corneille's Rodogune und Cid; König Johann, Hamlet, Romeo und Julie und der Kaufmann von Venedig in Schlegels Uebersetzung; die Antigone des Sophokles, das Gespenst des Plautus, Voltaire's Zaïre, der Saul des Alfieri, und einige der schönsten Stücke Calderons: „Der standhafte Prinz", „Das Leben ein Traum“ und „Die große Zenobia". Schiller und Göthe bestanden so gleichsam die Feuerprobe, indem die classische Bühne des Alterthums und des Auslandes in gewählten Mustern ihnen zur Seite gestellt ward. Göthe nahm sich der meisten dieser Aufführungen, besonders jener Calderons, mit großem Eifer an. Er hatte Mühe, den Standhaften Prinzen beim Publikum einzuschwärzen", aber er hielt Calderon für „unendlich groß im Technischen und Theatralischen“. „Seine Stücke," sagt er 2, „sind durchaus brettergerecht, es ist kein Zug in ihnen, der nicht für die beabsichtigte Wirkung calculirt wäre. Calderon ist dasjenige Genie, was zugleich den größten Verstand hatte." Bei der Aufführung des Standhaften Prinzen im Januar 1811 weinte er laut vor Ergriffenheit. Er hat also unzweifelhaft die Meisterschaft des großen spanischen Dramatikers tief erfaßt, wenn auch nur von der künstlerischen Seite, ohne auf den religiösen Kern derselben irgendwie einzugehen *.

1 Eckermann, Gespräche. II. 183.

2 Ebdf. I. 151. 175. Vgl. Göthe-Jahrbuch VII. 217.

3 Dünger, Charlotte von Stein. II. 342.

4 Die hohe Weihe und Bedeutung, welche die Religion auch der dramatischen Kunst gewährt, erkannte er niemals an. Er betrachtete Religion und Theater als geschworene Feinde. „Das Theater hat drei Hauptgegner, die es immer einzuschränken suchen: die Polizei, die Religion und einen durch höhere sittliche Ansichten gereinigten Geschmack." Werke [Hempel]. XXVIII. 705.

Zeitgenössische Novitäten. Bildung der Schauspieler. 207

Wie Göthe Lessings Hauptstücke in das Weimarer Repertoir aufnahm, so schenkte er auch neueren Leistungen, wenn sie ihm bedeutend erschienen, die freundlichste Beachtung: so A. W. Schlegels Jon, Friedrich Schlegels Alarkos, Collins Regulus; so später dann der Wanda und dem Vierundzwanzigsten Februar von Zacharias Werner, dem Jephta von Robert, dem Zerbrochenen Krug von Heinrich von Kleist, der Schuld von Müllner. Er war durchaus nicht engherzig und noch weniger einseitig für seine eigene Dramatik eingenommen. Wohl selten hat eine Bühne in so kurzer Zeit so viele literaturgeschichtlich merkwürdige Novitäten zu verzeichnen gehabt und in ihren Aufführungen überhaupt so viel Ausgezeichnetes geboten.

Ein anderes Hauptverdienst Göthe's liegt in der technischen Bildung, welche er seinen Schauspielern angedeihen ließ. Man kann sagen, daß er darauf ebenso viel, ja mehr Sorgfalt wandte, als irgend ein anderer Theaterdirector jener Zeit. Er gab sich ungemein Mühe, gute Kräfte heranzuziehen, sie in Weimar festzuhalten, sie ihrer besonderen Befähigung gemäß auszubilden, alle zu einem gemeinsamen Zusammenwirken einzuschulen. Schon Wahl und Anpassung der Stücke nahm er mit Umsicht und vielem Fleiße vor. Genaue Leseproben - oft in Gegenwart des Herzogs weihten die Mitspielenden in ihre Aufgabe ein. Die Hauptrollen wurden einzeln vorgenommen, die Zeit für die Proben nicht geschont. Die meiste Mühe kostete es, die an Ifflands natürlichste Alltagsprosa gewöhnten Schauspieler auf den Vortrag des dramatischen Jambus einzuüben. Noch Don Karlos und die Mitschuldigen mußten in Prosa umgeschrieben werden, damit sie in Leipzig aufgeführt werden konnten. In Bezug auf Gestus, Stellung, Gruppirung hatte ebenfalls als Grundsatz die nachlässigste Natürlichkeit gegolten; es forderte harte Anstrengung, in all diesen Rücksichten eine eigentliche Kunstübung durchzuführen und statt der Effectjägerei der einzelnen Rollen ein harmonisches

1 Weber, Zur Geschichte des Weimarischen Theaters. Weimar 1865. S. 1 ff.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »