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Göthe nach Christiane's Lod.

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auch, indem ich mich zu zerstreuen suchte, auf das allerfalscheste Mittel gerathen bin, indem ich nämlich mich unfähig fand, irgend eine Production des Augenblicks von mir zu erwarten.“ 1

An Frizz Schlosser meldete Göthe's Sohn August den Todesfall mit der Bemerkung:

Mein Vater sucht durch fortgesetzte Thätigkeit sich aufrecht zu erhalten, und mich belebt der Gedanke, in häuslichen und geselligen Verhältnissen ihm nützlich und angenehm zu sein." 2

Da nichts gedeihen wollte, raffte sich Göthe nun doch zu der geplanten Rheinreise auf. Am 20. Juli früh sieben Uhr fuhr er mit Hofrath Meyer von Weimar ab. Doch um neun Uhr warf der Fuhrknecht höchst ungeschickt den Wagen um und Meyer wurde an der Stirn verletzt. Göthe blieb unversehrt, ließ aber sofort umkehren und gab die Reise auf. Er ging mit Meyer nun nach Tennstedt, einem kleinen Land-Badestädtchen, nur acht Stunden von Weimar, und brachte in diesem heerdenreichen, aber menschenstillen Aufenthalt den Monat August zu. Im September kehrte er dann nach Weimar zurück und suchte in anhaltender Beschäftigung Zuflucht gegen die „ärgerlichen Ereignisse", wie er Todesfälle zu nennen beliebte. Er schrieb hauptsächlich an der „Italienischen Reise“ und an „Kunst und Alterthum". Die Haushaltung führte nach dem Tode der Mutter sein Sohn August.

August von Göthe, des Dichters einziges lebendes Kind, war jetzt 27 Jahre alt. Sein Gesicht, besonders Stirn, Augen und Nase, Wuchs und Haltung, sein ganzes Aeußeres hatten viel Aehnlichkeit mit jenem des Vaters. Nur die sinnlich aufgewor: fenen Lippen erinnerten an die Mutter Christiane Vulpius. An

1 Ebdf. II. 118. Vgl. Briefwechsel mit Zelter. II. 278. An Willemer und Frau wurde der Todesfall nicht gemeldet, dagegen durch Göthe's Sohn August an die Familien Schlosser und Stock. Th. Creizenach, Briefwechsel zwischen Göthe und Marianne von Willemer. S. 87 ff.

2 J. Frese, Göthe-Briefe aus Friz Schlossers Nachlaß. S. 112. 3 Sulpiz Boisserée II. 124. 126. 127. 133. 143.

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August von Göthe und dessen Erziehung.

Unterricht hatte es der Vater nicht fehlen lassen. Schon mit sechs Jahren hatte der Knabe seinen eigenen Hauslehrer, den jungen Eisert, der ihn unter der Aufsicht des Professors Kästner unterweisen mußte. In dem väterlichen Hause traf sich, was an Intelligenz in Weimar vorhanden war. Schiller war oft Wochen lang der Hausgenosse des aufblühenden Jünglings; die ganze Gelehrsamkeit von Weimar und Jena lernte er persönlich kennen. Den Philologen Riemer, der August in die altclassische Literatur einführte, löste der junge Voß ab. 1808 kam August nach Heidelberg, um Jura zu studiren. Unterwegs gab ihm Dalberg, jezt Großherzog, ein Fest in Frankfurt 1. Des Vaters Name zog vor ihm her gleich einem Zauberstern, der alle vornehmen Thüren für ihn öffnete und ihm in Weimar ein glänzendes Lebensloos in Aussicht stellte. Das Studium der Rechte scheint ihm indeß noch weniger behagt zu haben, als einst dem Vater. Schon im September 1809 kam er nach Weimar zurück, studirte in Jena das Cameralfach und ward im October 1810 Kammerassessor, im Februar 1813 Hofjunker 2, 1817 Mitglied der Theaterintendanz und Assistent bei der Oberaufsicht" über die Anstalten für Wissenschaft und Kunst. War er auch im Metrum schwach, so verrieth er doch dichterischen Geist; hatte er auch kein gründliches Wissen erworben, so besaß er doch einen bunten Vorrath von Kenntnissen, den Sammelgeist und die methodische Ordnungsliebe des Vaters, Lust am Theater und an den anderen Künsten, feinen äußern Weltschliff und die Gabe, eine hösische Rolle zu spielen. Doch es war kein Glück, der Sohn dieses hochgefeierten Mannes zu sein.

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Die glühende Sinnlichkeit, in deren Rausch die „Römischen Elegien" gedichtet worden waren, ging von den Eltern auf das unglückliche Kind über. Nackte Götterbilder und Götterstatuen waren die liebste Augenweide des Vaters, Ball und Theater

1 Dünger, Göthe's Leben. S. 553. 561.

2 Dankbrief Göthe's dafür im Briefwechsel Karl Augusts mit Göthe. II. 46.

Ein der Göthe-Forschung verbotenes Kapitel.

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die Lebensfreude der Mutter, Liebespoesie der Ruhm des Hauses, Liebesgeschichten und Galanterien die Würze der häuslichen Unterhaltung. Das Kind wuchs auf in dieser üppigen, heidnischen Luft, ohne christlichen Unterricht, ohne Gewöhnung an Zucht und Sitte, ohne jene ernsten Grundsätze, welche das Fundament aller Erziehung bilden. Mit zehn Jahren zeigte August schon Neigung zum Trunk. Mit neunzehn Jahren wohnte er als Zeuge der Hochzeit seiner Eltern bei; er war alt genug, um die moralische Bedeutung dieses Acts und seiner Antecedentien zu verstehen. Mit 25 Jahren hatte er die Jugendliebschaften seines Vaters ausführlich erzählt im Drucke vor sich, von aller Welt gelesen und bewundert. Gedichte, deren Druck wegen allzu gewagten Inhalts oder verleßenden Angriffen nicht räthlich schien, übergab der Vater ihm zur Aufbewahrung. Ein paar Tage nach dem Tode seiner Mutter kam Frau Kästner, geborene Buff, nach Weimar und wurde als einstige Geliebte seines Vaters gefeiert. Die früheren Beziehungen zu Frau von Stein können ihm nicht unbekannt geblieben sein: sie waren ebenso allgemein offenkundig, wie das Verhältniß Karl Augusts zu der Schauspielerin Jagemann.

Welchen Einfluß alle diese Umstände zusammen auf die Entwicklung des jungen Göthe haben mußten, mag Jeder selbst beurtheilen. Die bisherige Göthe-Forschung hat sich eher bemüht, dieses Kapitel zuzudecken, als aufzuklären 2. Das ist indeß von

1 Sulpiz Boifferée. I. 265.

2 „Der Sohn litt unter dem Drucke, welchen der Vater auf die wichtigsten Verhältnisse in seinem Leben ausgeübt hatte, und unter einer gewissen Unselbständigkeit, in welcher er fortwährend gehalten wurde; auch war er der schwierigen Aufgabe, Sohn eines großen Mannes zu sein, nicht vollständig gewachsen und wählte, anstatt männliche Selbständigkeit auf offenem Felde zu erringen, zur Beseitigung seines Unmuthes Mittel, welche schließlich nur ihm selbst zum Schaden gereichen konnten. Es wäre ein Leichtes, daz hier Angedeutete zu einer eingehenden Schilderung auszudehnen. Dazu liegt aber kein Grund vor; denn

226 Augusts Vermählung mit Ottilie von Pogwisch.

den begeistertsten Götheverehrern zugestanden, daß August ein sinnlicher, derbsinnlicher, ausschweifender Mensch war und daß die Abkunft von Christiane Vulpius es ihm schwierig machte, bei den adeligen Familien von Weimar als Freier aufzutreten. Die Schuld des Vaters rächte sich am Sohne.

Eine glückliche Wendung schien sein Schicksal im Winter 1816 auf 1817 zu nehmen. Mit der Großfürstin Maria Paulowna war 1804 eine Gräfin Hendel von Donnersmark nebst ihrer Tochter, der Majorswittwe Henriette von Pogwisch, und deren. zwei Töchtern, Ulrike und Ottilie, nach Weimar gekommen. Die Großmutter wurde Oberhofmeisterin der Erbgroßherzogin. Ottilie, ein anmuthiges Wesen und gewandte Sängerin, betheiligte sich an den Singconcerten, die häufig in Göthe's Haus gehalten wurden. Er gewann sie lieb, sah sie zur Braut seines Sohnes aus, und es gelang ihm, die Hindernisse zu beseitigen, welche sich der Verbindung entgegenstellten. Am 1. Januar war die Verlobung schon ausgemachte Sache; erst am 17. Juni fand aber im engsten Familienkreise die Vermählung statt. Die jungen Leute," schrieb Göthe an Boisserée 1, sind das eigenste Paar, das es vielleicht gibt, und scheinen wirklich für einander prädestinirt. Es ist mir nicht bang um sie." Ein Brief der Frau von Schardt an Frit von Stein bestätigt Göthe's Ansicht und zeichnet anschaulich die Honigmonate des jungen Ehepaares 2:

"Ich bin es doch gewiß nicht, der Dir gesagt hat, man sei um sein Glück besorgt. Hab' ich es gesagt, so sprach ich von den officiösen Sorgen, die bei der Heirath theils die beliebte Klatschsucht, theils ein bischen Neid erwecken mag, die denn auch hier statthatten. Mich dünkt, ich habe Dir aber von Allem Nichts

von Briefen Göthe's an seinen Sohn ist bis jezt nur wenig bekannt geworden, wenn man auch allen Grund hat, anzunehmen, daß deren noch viele andere vorhanden sind." Strehlke, Göthe's Briefe. I.

212. 213.

1 Sulpiz Boisserée II. 175.

2 Dünger, Charlotte von Stein. II. 451. 452.

Die Flitterwochen des jungen Paars.

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geschrieben, als von dem friedlichen, von Blumen duftenden Zimmer, in dem ich das liebe Paar zuerst besucht habe. Ich habe Ottilie Pogwisch schon als Kind lieb gehabt; sie ist geistvoll und gut, singt ganz himmlisch, versteht Musik auch gründlich. Da ihre Mutter Hofdame ist, so war ihr Leben gestört, daß sie in einem Hause (bei der Großmutter Gräfin Henckel) schlief, bei der Mutter einen Theil des Tages war und bei der Egloffstein in der Kost war zu Mittag. Daß ihr aber das herumirrende Leben fatal war, sieht man daraus, daß sie sich im Himmel dünkt, daß sie auf festem Boden im eigenen Hause nun lebt. Und mit gutem Willen scheint sie sich der Wirthschaft anzunehmen; auch herrscht vollkommene Ordnung in ihren Stuben. Er, der junge Mann, ist ein Ordnungsgeist, welches dem Genie meinetwegen widersprechen mag, doch gewiß zum Lebensglück viel mehr beiträgt. Die Gräfin Henckel und die Herren Söhne hatten ein Kleines gegen die Geburt, die natürliche, welches man denn etwa begreift; indeß ist das Vorurtheil vorüber; denn die jungen Leute sind mit einander zufrieden und glücklich. Der Papa hat die Schwiegertochter sehr lieb; noch in Jena muß sie ihm jede Woche schreiben, und so er an sie. Er theilt ihr alle Schäße mit, die er con amore hegt oder hervorbringt. Da sie geistvoll ist, hat sie gerechte Freude daran, und schmiegt auch ihr Gemüth recht freundlich am Vater hinauf. Sie war schon als Kind in den Singstunden in Göthe's Hause, die mehrere Jahre noch bei Lebzeiten der Frau statthatten. Als sie versprochen waren, sagte einmal der Alte zur Braut: „Höre, Ottilie, ich sage Dir eins. Mein Sohn will immer gern gelobt sein, da mußt Du Nichts widersprechen. Wenn Du Lust hast zum Zanken, so komm zu mir. Zanke mit mir, ich kann's ertragen.

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Ein eigenes Haus hatte das junge Ehepaar nicht; es bewohnte die Dachstuben des väterlichen Hauses, dem Ottilie nunmehr als Hausfrau vorstand. Sie waren viel allein, da Göthe seiner Studien halber Wochen und Monate in Jena zubrachte. Wenn er indeß anwesend war, so entwickelte sich ein gemüthlicheres häusliches Leben als früher. Ulrike, die Schwester Ottiliens,

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