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betrachten. Für diesen Gesichtspunkt muss der Wille in der untergeordneten Stellung eines Handlangers verbleiben. Ebenso kann sich, wenn das Wollen als Hemmungsprozess beschrieben wird, der Gedanke, als führe es das Ichbewusstsein mit sich, kaum einstellen. Es ist eine höhere Meinung vom Werte des Willens nötig, damit eine derartige Auffassung reife. Wie Aristoteles waren die Stoiker und Neuplatoniker vorwiegend Intellektualisten. Für Aristoteles darf man nur auf seine Behandlung des Problems der Willensfreiheit verweisen, für die Stoiker auf ihre Tugendlehre, und für die Neuplatoniker auf ihren Begriff vom Nus, der sogar den Simplicius verleitet, bei Aristoteles gelegentlich unter die Erkenntniskraft auch den Willen einzurechnen, 1) den doch der Stagirite deutlich als Art der Strebung anführt. Augustinus 2) ist wohl der erste, der unter dem Einflusse des jüdisch-christlichen Schöpfungsberichtes den Willen zu einer grösseren Bedeutung gelangen lässt. Die Welt ist ihm das Werk der freien Schöpfertat Gottes; dieser freie Wille des Allmächtigen ist zwar ein vernunftdurchleuchteter Wille, aber eine bestimmende Ursache lässt der grosse Afrikanische Bischof für ihn nicht gelten. Den Plan allerdings zum Weltinhalte entnahm Gott seinem eigenen Geiste. Wenn auch hier der Wille als eine Kraft an einem übermenschlichen Wesen auftritt, so lässt sich doch, wie von Hertling hervorhob, nicht verkennen, dass Augustinus sein Verhältnis zu Gott als ein persönliches auffasste, und wir dürfen schliessen, dass ihn die vom menschlichen Willen gewonnene Einsicht bei seinen theologischen Bestimmungen leitete. Nicht nur alle Affekte sind ihm nichts anderes als Willensakte:3) Das Bewusst werden des Empfindungsinhaltes beim Sehen beruht ihm wesentlich auf einer Anstrengung der Seele. Ebenso das Bewusst werden unserer eigenen Zustände und Handlungen, das Sich-Besinnen, die Tätigkeit der künstlerischen Phantasie und die vernünftige Denkbetätigung, die ihre Richtung auf Unterwerfung der singulären Erfahrungsdata unter die logische Allgemeinheit durchaus von ihm empfängt.

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1) Zu An. III 10, 433 a 9 (IX 296, 9 Hayduck ér Sè rũ và từ xa từ tôn λόγον περιείληπται ἡ βούλησις); s. dazu Rolfes, Strebung ὄρεξις. 2) S. zum folgenden die lichtvolle Darstellung bei G. v. Hertling, Augustin. Mainz, 1902. S. 44 ff. 3),,Omnes (affectiones animi) nihil aliud quam voluntates sunt" (De civ. Dei XIV. c. 6). S. Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung. II, S. 234, 1 (= III, 391, 1), ed. Grisebach, und W. Windelband, Gesch. d. Philos. Tübingen, 1900. S. 230 ff.

Unter ähnlicher Konstellation erhebt sich auch bei dem jüdischen Dichterphilosophen Avicebron der Wille zu höherer Würde. Nicht zwar von gleicher Unabhängigkeit des Denkens wie Augustinus, unternimmt es der empfindsame Spanier doch, die neuplatonische Emanationslehre mit dem Glauben vom persönlichen Gott in Einklang zu bringen. An Stelle des neuplatonischen Nus setzt er den göttlichen Willen als Vermittelung zwischen Gott als der ersten Substanz und allen zusammengesetzten Substanzen. Der Wille, der allein wie Gott über Materie und Form erhaben ist, zog das Sein aus dem Nichts und ist somit die eigentliche Quelle alles Lebens; er schafft die Einigung von Materie und Form und wird so der Ursprung der Bewegung. 1) Es scheint, dass Avicebron sich den Willen als eine eigene Macht vorgestellt habe, die Gott zur Erschaffung der Dinge bestimmte, sei es nun, dass er ihn wirklich hypostasierte, wie dies Platoniker getan, sei es, dass er ihn nur vom göttlichen Intellekte und der göttlichen Gestaltungskraft begrifflich loslöste und dann als realiter von beiden geschieden dachte. Auf jeden Fall dürfen wir den Rückschluss machen: Nach Avicebron muss der Wille, wie er das Wesen der Einzeldinge ausmacht, auch im menschlichen Geiste den Primat führen. Ja, den Begriff von dieser metaphysischen Potenz hat er, wie nicht zweifelhaft sein kann, aus der Analyse des menschlichen Bewusstseins geschöpft. Albertus Magnus hat das klar gesehen und entnimmt das Rüstzeug zum Kampfe gegen den vermeintlichen Araber eben den Aussagen der inneren Erfahrung. Der eigentliche Wille lasse über sich nach verschiedenen Richtungen hin disponieren, verschiedenes zu wollen; es sei aber ganz denkwidrig, dass das erste Prinzip alles Wirkens zu seiner verschieden gerichteten Tätigkeit auf verschiedene Weise disponiert werde. Ferner habe das durch den Willen Wirkende zeitlich zur Voraussetzung ein anderes, welches ein durch sein einfaches Wesen Wirkendes sei; auch das könne von dem tätigen Prinzip des All nicht gelten. Endlichund hier verweist Albertus ausdrücklich auf die Vernunft der Worte und die Ordnung des Verstandes", - sei das erste und dem Werke nächste, worin also die Potenz des Handelns zuerst liege, eben jenes, welches dem Werke die Form gibt, und nicht jenes, welches den Befehl und die Vorschrift zur Ausführung des Werkes gibt. Das Licht des auf allgemeine Weise handelnden Intellekts aber sei die Form des Werkes, die das Werk in seinem inneren Gesetz und in

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1) Avence brolis „Fons vitae". V, 43. 338, 21. Ed. Baeumker.

der Form bestimme, der Wille gebe nur den Befehl zum Werden des Werkes. 1st also ein zwischen dem Ersten und den Dingen Vermittelndes nötig, so ist dies eher der Intellekt als der Wille.1)

Es ist wohl dem Einflusse Avicebrons zuzuschreiben, wenn in der Hochscholastik der Primat des Willens Gegenstand der Kontroverse wird. Während Thomas im Willen nur den allgemeinen Beweger der seelischen Fähigkeiten sieht und ihn seine Direktiven von der Vernunft holen lässt, setzt sein grosser Gegner Duns Scotus das Vorstellungvermögen zum Diener herab und erhebt den Willen zum Herrn. 2)

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Das Problem ist in der Folgezeit unter der Vorherrschaft der naturwissenschaftlichen Bestrebungen der Philosophie und des Descartesschen Begriffs der denkenden Substanz zurückgetreten. Es blieb Schopenhauer vorbehalten, die Frage von neuem aufzurollen. Gewiss hätte er Avicebron und Duns Scotus als Vorgänger in seiner Theorie vom Primate des Willens im Selbstbewusstsein" erwähnt, wenn er von ihnen gewusst hätte. Die Stelle, wo er sie auseinandersetzt, ist das 19. Kapitel der „Ergänzungen" zum zweiten Buch seines Hauptwerkes. ) Wenn er auch zugibt, dass vielfach, sowohl bei wirklichen Begebenheiten wie bei blossen Vorstellungen von Zukünftigem oder Vergangenem, so bei der Vorstellung drohender Gefahr oder bei Erinnerung an eine erlittene Beleidigung, der Intellekt dem Willen aufspielt", der Wille dazu tanzen muss",) so trägt er doch eine Fülle von Erfahrungstatsachen zusammen, aus denen zu folgern ist, wie andererseits der Wille auf den Verstand bestimmend einwirkt und eigentlich nie der Wille dem Intellekte gehorcht", sondern dieser nur der Entwürfe vorlegende Ministerrat" eines auswählenden Souveräns" ist. 5) Die Frucht, die Schopenhauer dann vom Baume dieser Erkenntnis gepflückt, ist die Annahme, dass gegenüber dem Intellekte mit seiner „sekundären, abhängigen, bedingten Natur" der Wille das allein Wesen- uud Wurzelhafte sei. Wenn also, wie er sonderbarerweise meint, früher die allgemeine Annahme dahin lautete, der Wille gehe aus der Erkenntnis hervor, ist er umgekehrt davon überzeugt, dass die Erkenntnis aus dem Willen

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1) S. J. Guttmann, Die Scholastik des 13. Jahrh. in ihren Beziehungen zum Judentum usw. Breslau, 1902. S. 84 f., 79. 2) W. Windelband, Gesch. der Philosophie. 1900. S. 268 ff. — 3) Die Welt als Wille und Vorstellung. II, S. 232 ff. ed. Grisebach. 4) A. a. O., S. 241. — 5) A. a. O., S. 259. Vgl. III, S. 292 ff.

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entspringen muss. Das Ding an sich" ist der Wille, der Intellekt nur die Erscheinung, der Indifferenzpunkt beider aber das Ich, welches als gemeinschaftlicher Endpunkt beiden angehört, den zeitlichen Anfangs- und Anknüpfungspunkt der gesamten Erscheinung, d. h. der Objektivation des Willens, bildet, aber, obzwar die Erscheinung bedingend, doch auch durch sie bedingt ist. Das Ichbewusstsein ist somit für den Einsiedler von Frankfurt nicht Sache der Erkenntnis, sondern es entspringt dem Willen und ist nur der Wurzelstock", nicht die Wurzel des Ganzen. 1) Das Ich scheint ihm sonach auf einer Kreuzung von Erkenntnis und Wille zu beruhen, obzwar es der zeitliche Anfangspunkt der Objektivation des Willens ist. Das Bewusstsein der Identität hat das Ich aus dem in sich identischen und zu keiner Zeit, auch nicht im tiefsten Schlafe, pausierenden Willen.2) Das Selbstbewusstsein scheint das Intellekt, Wille und Ich umfassende Ganze zu sein, 3) oder auch die Reibungsfläche, an welcher sich beide Mächte in der angebenen Rangordnung auswirken.

An dieser Theorie ist zunächst zu beanstanden, dass nicht untersucht wird, ob nicht die Einwirkung des Willens auf den Verstand einschränkenden Gesetzen unterworfen ist. Sodann ist die eigentümliche Auffassung des Willens zu beachten.) Aus der Beobachtung des Seelenlebens ist sie jedenfalls nicht entnommen, und bei der Verschiedenheit von Erkennen und Willen ist es schwer erklärlich, wie denn der Wille doch die Erkenntnis aus sich hervortreiben soll. Der Wille ist an sich bewusstlos". 5) Erkennen ist Sache der bewussten. Erscheinung. Wie vermag ein wesentlich Bewusstloses zum Bewusstsein und zum willenlosen Verstand abzufallen? Und dieses Bewusstlose kann nur erkannt werden, aber niemals erkennen. 6) Und doch redet Schopenhauer von einer Selbsterkenntnis des erkenntnislosen“

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2) A. a. O., S. 279.

1) A. a. O., S. 234. 3) Vgl. a. a. O., II, S. 303. *) Vgl. A. Drews, Das Ich als Grundproblem der Metaphysik. Freiburg i. Br., 1897. S. 107 ff. 5) A. a. O., II, S. 232, 323 f. Es ist bei ihm ganz natürlich, dass er, wie später Paulsen, alle Gefühle zu Willensakten verstärkt (III, S. 391, 161); aber III, S. 392 spricht er doch so, dass er eigentlich alle unsere Erlebnisse als Gegenstände des inneren Sinns zu Willensakten machen müsste (auch die Aussenwelt ist ja für die tiefere Betrachtung durch das Bewusstsein) und den immerhin erheblichen Unterschied zwischen Erkenntnis- und Willensakten nicht erklären kann. Uebrigens kommt er dort der Lippsschen Definition des Denkens als gegenständlichen Vorstellens ziemlich nahe; vgl. jedoch II, S. 431 ff. die Annahme gefühlloser Erkenntniszustände, die willenlos sind und doch Objektivationen des Willens sein müssen. 6) A. a. O., II, S. 233 f.

Willens. 1) Auch das ist demnach eine Erkenntnisart, die mit der in der inneren Wahrnehmung erscheinenden und sonach uns allein zugänglichen Erkenntnis 2) keinerlei Verwandtschaft besitzt. Der Wille wird sich Vorstellung" ), und das Ganze, Intellekt und Gehirn eingeschlossen, ist jene Einheit, die wir durch Ich ausdrücken. Wer sähe nicht, dass zur Selbst erkenntnis des Willens vor allem eine von ihm ausgeführte Unterscheidung seiner von sich erforderlich wäre, die also erst zu seiner Objektivation führen könnte. Eine solche Unterscheidung ist aber freilich dem seiner Natur nach stets Erkannten, das nie mit dem Erkennenden identisch werden kann, 4) durchaus unmöglich. Die ungeheuerliche Willens-Metaphysik Schopenhauers wurde, das ergibt sich an diesem Punkte, nur dadurch möglich, dass er ausschliesslich auf die Einheitsfunktion des Selbstbewusstseins sah und die notwendig damit zusammengehende Unterscheidung des einen vom andern ausser acht liess; dass der Wille sich nicht unterscheiden kann, durchschaute er wohl. Die Einheitsfunktion des Ich muss er aber, da ihm nur der unzerstörbare, unveränderlich beharrende Wille die unzerstörbare Grundlage für die Identität der Person") und des Bewusstseins ) ist, als eine bloss pro tempore bestehende ?) ansetzen. Auch hierbei drängt sich der Einwand auf, ob denn der Wille, der seine Objekte fortwährend wechselt, in der Tat als unveränderlich beharrend gelten darf; er mag in seiner Substanz und in seiner Unermüdlichkeit beständig sein, soweit wir ihn im Selbstbewusstsein kennen, ist er durchaus veränderlich in der Richtung auf seine Objekte; seine Identität ist in dieser Bezichung gewissermassen nur eine formale. Die Identität der Person

1) A. a. O., II, S. 240; vgl. S. 261 f. nnd I, S. 229, 375, wo die Abhängigkeit von der Monadenlehre durchschimmert. Wenn es III, S. 390 heisst, das Bewusstsein anderer Dinge oder das Erkenntnisvermögen (Denken) sei mit allen seinen Kräften nach aussen gerichtet, so kann die Erfassung des Selbst nicht Sache des Erkenntnisvermögens sein (vgl. S. 404). III, S. 161 — Satz vom Grunde § 42 ist ziemlich klar gesagt, das Objekt des Erkennens sei als identisch mit dem Subjekt des Wollens unmittelbar gegeben (mit dem „als wollend erkannten“); zugleich aber ist das Ich auch ,,die Identität des Subjektes des Wollens mit dem erkennenden Subjekt". Hier lag es doch sehr nahe, zu sehen, dass eigentlich Subjekt und Objekt des Erkennens identisch sind. 2) A. a. O., II, S. 303. Th. Lorenz (Zur Entwicklungsgeschichte d. Metaphysik Schopenhauers. Leipzig, 1897. Berliner Diss.) betont S. 35, 1, dass das Selbstbewusstsein bei Schopenhauer etwas anders ist als das der modernen Psychologie. Das entschuldigt Schopenhauer aber nicht.) A. a. O., II, S. 304.) A. a. O., II, S. 233. — 5) A. a. O., II, S. 279. — ) A. a. O., II, S. 161. —7) A. a. O., II, S. 234.

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