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und ernten himmlischen Weizen, lustwandeln in schattigen Lauben und baden in Wasserbecken. Auf dem Wege nach dem Sitz der Götter ist die Seele mehr und mehr göttlich geworden. Auf der höchsten Stufe wird sie ganz Vernunft und schaut Gott von Angesicht.

Wird dagegen das Herz zu leicht befunden, so muss die Seele umkehren. Zwar dass diese Scelen wieder als Tiere geboren würden (nach Art der indischen Seelenwanderung), wie Herodot 2, 123 angibt, bestätigt sich nicht durch die einheimischen Quellen. Aber sie werden von ihrer eigenen Vernunft, welche feurig zurückkehrt, angeklagt, gepeinigt, zwischen Himmel und Erde herumgejagt, und suchen sich wohl in Menschen einzunisten; daher die Besessenheit. Oder sie gehen an einen Ort der Verdammnis, wo sie mit allen erdenklichen Qualen gemartert werden, bald durch ein Scheusal mit Nilpferdkopf, bald durch andere Dämonen, welche sie zerfleischen, köpfen, ihnen das Herz ausreissen und ihnen beständig ihre Verbrechen vorhalten.

Wenn aber auch das Volk im allgemeinen von solchen positiven Vorstellungen über das Jenseits beherrscht war, so macht sich doch auch bei ihm eine gewisse Unsicherheit dieser Hoffnungen bemerklich. Was man von der Natur abstrahiert hatte (vgl. den Osiris-Mythus) und was das Gewissen bezeugte, bot doch keine volle Bürgschaft für das Jenseits. Aus der Pyramidenzeit ist das Wort des weisen Ptah-hotep merkwürdig: „Lass fröhlich leuchten dein Angesicht, ist denn je Einer aus seinem Sargkasten wiedergekehrt?" 1) In einer Grab-Inschrift 2) ruft eine verstorbene Frau ihrem Gatten zu: „O Bruder, o Gatte, o Freund! Höre nimmer auf zu trinken, zu essen, den Becher der Freude zu leeren, zu lieben und Feste zu feiern! Folge deinen Wünschen immerdar und lass niemals in dein Herz die Sorge eintreten, so lange du auf Erden weilst. Denn der Ament ist das Land der Schlaftrunkenheit und der Finsternis, eine Wohnung der Trauer für die, welche in ihm weilen. Sie schlafen in ihren körperlosen Gestalten, sie wachen nicht auf, um ihre Brüder zu schauen, sie erkennen weder Vater noch Mutter, es sehnt sich ihr Herz nicht nach ihrer Gattin noch nach ihren Kindern. Ein jeglicher erhält Sättigung vom lebenden Wasser, nur ich dürste. Das Wasser kommt zu dem, welcher auf Erden weilt; das Wasser, wo ich bin, macht mich dürsten. Ich weiss nicht mehr, wo ich bin, seitdem ich in dies Land einzog. Ich weine nach dem Wasser, welches von hinnen gegangen ist. Ich jammere nach dem Lufthauch an den Ufern des Nilstroms, damit er kühle mein Herz in seinem Leid. Denn es haust hier der Gott, dessen Name All-Tod ist. Er ruft alle zu sich, und alle kommen, sich ihm zu unterwerfen,

1) Äg. Ztschr. 1872 S. 51.

2) Maspero, Gesch. S. 41. Brugsch, Die ägyptische Gräberwelt S. 39 f.

Totenkultus und Kultus überhaupt.

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zitternd vor seinem Grauen. Er fragt wenig nach den Göttern und den Menschen. Gross und klein ist gleich vor ihm. Ein jeder fürchtet sich zu ihm zu beten, nicht erhört er ihn. Nicht kommt man ihn zu preisen, denn keinem ist er gnädig, der ihn verherrlicht. Nicht schaut er auf irgend welchen Lohn, der ihm gereicht wird." Aus der 18. Dyn. ist das Lied eines Harfen. spielers1) erhalten, das er für das Totenfest eines angesehenen Amonspropheten gedichtet und dabei vorgetragen hat. Bei diesen wohl in der Vorhalle des Grabes begangenen Feierlichkeiten scheinen die Überlebenden (ähnlich wie die Chinesen) in heiterer Stimmung gewesen zu sein. Dem Toten werden zwar Speisen hingestellt, aber da er davon keine Notiz nimmt, werden die Überlebenden aufgefordert, sich des Lebens zu freuen, ehe der Tag der Reise nach dem Lande des Schweigens komme. Das erinnert an die Erzählung Herodots (2, 78), dass bei den Gastmählern der reichen Ägypter das aus Holz trefflich angefertigte Abbild eines Toten herumgetragen werde und jedem Gaste vorgezeigt mit der Mahnung: „Blicke auf diesen, und dann trink und sei fröhlich; denn nach deinem Tode wirst du sein wie er“ 2).

Der Totenkultus bildete von Anfang an einen wichtigen Teil der Religionsübung. Der Kultus überhaupt vollzog sich in den gewohnten Formen: Hymnen, Opfer3), auch an Weihrauch, Anrufungen und Prozessionen, in welchen die Schicksale des Gottes dargestellt wurden, wobei die Menge sich mit dem sinnlichen. Schauspiel begnügte, während die eingeweihten Priester allein den "mystischen Sinn" kannten. Gewisse Aufzüge und kultische Handlungen wurden auch nur insgeheim vor Eingeweihten vollzogen. Das Menschen opfer wird auf den Denkmälern in der langen Periode, von welcher sie Zeugnis ablegen, nie erwähnt. Doch ist. verdächtig, dass die Opfersiegel das Bild eines gefesselten Mannes mit dem Schwert an der Kehle aufweisen. Es scheint in Ägypten einst im Gebrauch gewesen, aber ausser Gebrauch gekommen zu sein, seitdem man sich auf eine höhere Stufe der Civilisation erhoben; die vereinzelten Spuren, welche sich in griechischen Quellen davon finden, dürften auf fremdländischen (teils phönizisch-semitischen, teils äthiopischen Einfluss) zurückzuführen sein, der da und dort solche Unsitte zeitweise verschulden mochte1). Im Ganzen

1) Äg. Ztschr. 1873, S. 58 ff.

2) Vgl. Plutarch, de Iside c. 17.

3) Dabei sind die Götter als irdische Speise geniessende gedacht. 4) Porphyrius (De abstin. 2, 55) berichtet mit Berufung auf Manetho, Amasis (der Bezwinger der Hyksos) habe zu Heliopolis die dort zu Ehren der Hera vollzogenen Menschenopfer abgeschafft. Plutarch erzählt, De Iside c. 73, ebenfalls nach Manetho, in der Stadt der Eileithyia (beim heutigen Flecken El Kab, südl. von Theben) habe man regelmässig in den Hundstagen Menschen verbrannt, die man typhonische nannte, und ihre Asche mit Wurfschaufeln in alle Winde gestreut. Diodor 1, 88 sagt, die Könige hätten in alter Zeit rothaarige Menschen (welche die Farbe des Typhon trugen) Osiris zu Ehren geschlachtet.

sind die Ägypter zu wenig fanatisch gewesen, um auf diesen Abweg zu geraten.

Von spontaner Ausbreitung der ägyptischen Religion kann bei ihrer innigen Verflechtung mit geographischen Eigentümlichkeiten des Landes und Besonderheiten der ägyptischen Kultur von vornherein kaum die Rede sein. Doch hat ihr geheimnisvolles Wesen auf die abendländischen Völker zu Zeiten eine grosse Anziehungskraft ausgeübt, und gewisse besonders bedeutsame Partieen des ägyptischen Mythus und Kultus, namentlich der Osiris- und Isisdienst mit seinen Prozessionen und Mysterien fanden ihren Weg über Kleinasien und Griechenland bis nach Rom, wo sie unter den fremden Kulten eine hervorragende Stelle einnahmen.

C. Semitische Familie.

I. Religion der Babylonier und Assyrer.

Einleitung1)..

Das Land. Die Wohnsitze der alten Babylonier und Assyrer, von welchen namentlich die erstern eine an Alter und geistiger Bedeutung der ägyptischen ebenbürtige Kultur aufzuweisen haben, lagen im Gebiet der mächtigen Ströme Euphrat und Tigris, welche beide im armenischen Hochgebirge entspringend, der eine erst südwestlich, der andere sogleich südöstlich fliessend, in ihrem weitern windungsreichen Lauf das sog. Mesopotamien (im engern Sinn) umschliessen, sich dann bis auf wenige Meilen einander nähern, um sich darauf nochmals etwas weiter von einander zu entfernen, die babylonische Ebene (Sinear, das heutige Irâk) einfassend, bis sie schliesslich vereinigt in den persischen Meerbusen einmünden. Im Altertum reichte dieser Busen, der jetzt durch weite Strecken angeschwemmten Bodens zurückgedrängt ist, viel tiefer ins Land hinein, und die beiden Ströme mündeten unabhängig von einander.

Auf dem westlichen (rechten) Ufer des Euphrat beginnt bald die syrisch-arabische Wüste, am östlichen (linken) des Tigris das Gebirgsland, aus welchem er manche Zuflüsse empfängt. Da der Regen in der warmen Jahreszeit fast ganz fehlt, hat die jährliche Überschwemmung des Landes durch die beiden Hauptströme (von denen der Tigris zu Anfang März anschwillt bis in den Juni hin

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1) Vgl. die Geschichtswerke von Duncker, Maspero, Ed. Meyer; Fritz Hommel, Semitische Völker und Sprachen Bd. I, Leipzig 1883. Derselbe, Geschichte Babyloniens und Assyriens, Berlin 1885. Mürdter, Geschichte Babyloniens und Assyriens, 2. Aufl., bearb. von Friedr. Delitzsch, Stuttg. 1891. Vgl. auch Friedr. Delitzsch, Wo lag das Paradies? Leipzig 1881. G. P. Tiele, Babylonisch-assyrische Geschichte, 2 Teile, Gotha 1886. 88. Hugo Winckler, Gesch. Babyloniens und Assyriens, Leipzig 1892. George Smith, The History of Babylonia, ed. by A. H. Sayce, Lond. 1895. Derselbe, Hist. of Assyria, Lond. 1890. Ma spéro, Hist. ancienne des peuples de

l'orient 1896.

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ein, der Euphrat einige Wochen später, so dass er im September wieder normal) für die Befruchtung des Landes eine ähnlich hohe Bedeutung wie die des Nils in Ägypten. Diese Überschwemmungen konnten freilich gefährlich werden, und es bedurfte für eine zweckdienliche Bewässerung hier noch mehr als in Ägypten der Nachhilfe durch Menschenhand. So lange als das Land kultiviert war, hat man daher viel Kunst und Fleiss auf Dammbauten verwendet und namentlich durch ausgedehnte Kanäle das Flussnetz bedeutend bereichert, das Wasser besser verteilt und auch den Verkehr zwischen den zahlreichen Städten erleichtert.

Die babylonische Tiefebene war ausgezeichnet fruchtbar. Herodot1) welcher das Land besuchte, Xenophon), der es auch aus eigener Anschauung kannte, und der babylonische Priester Berosus), rühmen einstimmig seine ungemeine Fruchtbarkeit, seinen ausgiebigen Getreidebau (Weizen, Gerste, Hirse, Sesam) und besonders seinen Reichtum an Palmen mit vorzüglichen Datteln. Auch andere Fruchtbäume (wie der Apfelbaum) waren hier heimisch, und Vögel und Fische lieferten reichliche Nahrung. Immerhin erforderte das Land, um seine dichte Bevölkerung zu ernähren, ernste, gemeinsame, geordnete Arbeit. Heute, wo dieselbe seit vielen Jahrhunderten gefeiert hat, die Dämme zerfallen und die Kanäle versandet sind, ist das Land verödet und sein Ertrag recht unbedeutend. Nur längs der Ströme findet sich noch Palmenwuchs wie vor alters; sonst bietet das Land nur noch einförmige Weideplätze für die Nomadenstämme, und da auch von seinen Städten meist nur noch Schutthügel vorhanden sind, entspricht es dem Bilde trostloser Verödung, in welchem ihm die Propheten Israels sein Schicksal vorausgesagt haben. Nur die Chalifenstadt Bagdad am Tigris und das ebenfalls von den Chalifen nach dem persischen Busen hin erbaute Başra haben bis in die Neuzeit eine gewisse Bedeutung sich bewahrt. Das Klima, welches jetzt in diesem südlichsten Landesteil sehr ungesund ist, war im Altertum zwar warm, zum Teil heiss, aber nicht unzuträglich. In dem am obern Tigris gelegenen Assyrien herrschte kühlere, im Winter sogar recht rauhe Temperatur. Auch war die Vegetation hier bei weitem nicht so üppig wie im babylonischen Tiefland.

Es ist begreiflich, dass die uralten städtischen Niederlassungen in diesem Lande sich meist an den beiden Hauptströmen und deren Zuflüssen oder an abgeleiteten Kanälen befanden. Wenden wir uns erst Babylonien zu, so zerfiel dieses Land von frühester geschichtlicher Zeit her in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Der erstere heisst auf den Denkmälern Akkad, der letztere Sumer ( Sinear). Im nördlichen lag die Hauptstadt Babel, in der semitischen Landessprache Bâbîlu (d. h. Thor des Gottes,

1) Herodot 1, 193.

2) Xenophon, Anabasis 2, 3.
3) Ber. ap. Sync. p. 28.

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