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Der Talmud. Das Christentum.

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schriftgelehrte, thorabeflissene Pharisäismus hat der weitern Entwicklung des Judentums seinen Stempel aufgeprägt. Sein Geist hat dieses erstaunliche Werk des Talmud erzeugt, welches ebenso durch seinen Scharfsinn in der Behandlung des Schriftbuchstabens wie durch seinen Mangel an geistigem Verständnis des Sinnes der hl. Schrift überrascht. Dieses Gesetz, das manche Observanzen enthält, welche auch nach der Auflösung des jüdischen Staates noch ausgeübt werden konnten, hat das über alle Kulturländer versprengte Volk fortan beherrscht und sein religiöses Interesse absorbiert, aber auch seinen nationalen Typus ihm erhalten trotz aller Berührungen mit den verschiedensten Völkern. Erst in unserm Jahrhundert hat die europäische Civilisation, welche den Juden Gleichberechtigung gewährt und sie in die christlichen Nationen eingliedert, die alten Übungen ernstlicher gefährdet, als die grausamsten Verfolgungen zu thun vermochten, und so eine stärkere Amalgamierung der Israeliten mit den Landesbewohnern veranlasst. Eine Reaktion gegen diesen Prozess stellt der heutige „Zionismus“ dar, welcher das Nationalbewusstsein durch Anstreben politischer Unabhängigkeit im alten Land der Verheissung neu zu beleben

sucht.

Während so der pharisäische Gesetzesgeist das jüdische Volk gefangen genommen und zum grossen Teil bis heute nicht mehr aus seinen Fesseln entlassen hat, ist die Verbindung, welche es um die Zeit der Entstehung des Christentums in Alexandrien mit griechischer Philosophie und Bildung eingegangen war, und wovon noch die Philosophie eines Plotin, die Theologie eines Philo, aber auch einige apokryphische" alttestamentliche Schriften wie die Weisheit Salomos" Zeugnis geben, ohne nachhaltigen Einfluss auf das Judentum geblieben, das dem Hellenismus gegenüber sich auf die Dauer ablehnend verhalten hat.

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V. Das Christentum.

In Bezug auf das Christentum, dessen Darstellung der gesamte historische und der systematische Teil der christlichen Theologie zur Aufgabe haben, beschränken wir uns auf einige wenige Leitsätze:

Das Christentum hat sich nicht für eine völlig neue Religion ausgegeben, sondern erklärt sich für die wahre, volle Ausbildung der prophetisch-israelitischen Religion, wie sie von Abraham und Mose bis zum Erlöschen des prophetischen Geistes sich entwickelt

PRE XVIII, 297 ff., Art. Thalmud. Schürer a. a. O. Ferd. Weber, System der altsynagogalen palästinischen Theologie, Lpz. 1880; 2. Aufl. 1897.

hat. Ja, es macht bei seinem ersten massgebenden Auftreten seine Berechtigung und Geltung davon abhängig, dass es zu den dort gegebenen Offenbarungen sich wie die Krone des Baumes zum Stamm verhalte bezw. davon, dass Jesus der Christ sei. Das wahrhaft und wesenhaft Neue, was Jesus von Nazaret bringt, ist nach seinem Wort die Erfüllung des von Mose und den Propheten Geweissagten und Vorabgebildeten. Diese Erfüllung besteht aber im Kommen seiner Person, in welcher das „Reich Gottes", dieser Inbegriff der prophetischen Verheissungen, auf die Erde gekommen ist, und durch welche ausschliesslich der Anteil an diesem Reich, dieses höchste Gut, den Menschen vermittelt wird. Mehr als irgend eine andere Religion ist darum die christliche an die Person ihres Stifters gebunden und hat an ihr ihren charakteristischen Inhalt, wie anderswo näher dargelegt wurde 1).

Durch die Person und das Werk Jesu Christi wird das Verhältnis der an ihn Glaubenden zu Gott ein neues (Versöhnung, Rechtfertigung, Innewohnen des hl. Geistes); ebenso bewirkt dieser Glaube an ihn eine neue Gemeinschaft mit den andern Gläubigen. Da dieser Glaube eine tief innerliche Bedingung der Zugehörigkeit des Einzelnen zu dieser Gemeinschaft ist, so ist das Christentum auch insofern von Haus aus eine persönliche Religion, welche in ihrer Herzensstellung zu Christo gleichartige Individuen umfasst, so zwar, dass die Unterschiede des Alters und Geschlechts, des Standes und Bildungsgrades sowie auch der Nationalität diese Gleichartigkeit nicht hindern und neben ihr nicht in Betracht kommen. Person und Werk Christi gehen nach ihrer Bedeutung über das Volk der Juden hinaus und zielen auf die ganze Menschheit ab. Durch Christum ist die nationale jüdische Religion in eine universale umgewandelt worden, welche in einem Mass wie keine andere erobernd auftrat. Der Buddhismus bietet zwar hiezu eine Analogie, insofern er den nationalen Brahmanismus, aus dem er hervorgegangen, zu einer auf persönliche Geistesart gegründeten Religion umwandelte, welche ebenfalls missionierend auftrat und universale Geltung anstrebte. Allein schon äusserlich angesehen, ist trotz der ungeheuern Ausdehnung, welche auch diese Buddhagemeinschaft gewann, der Unterschied in die Augen fallend, dass das Christentum geistig ungleich bedeutendere und unter sich verschiedenartigere Völker sich zu eigen machte und bei diesen eine unvergleichlich reichere Entfaltung fand als die Buddhalehre, deren innere Verschiedenheit vom Christentum wir später darthun werden. Vom semitischen Stamm ging letzteres hauptsächlich auf die arischen Völker über, deren Geisteswelt es völlig umgestaltete; von ihnen aus aber dringt es unaufhaltsam mit unverkennbarer innerer Überlegenheit unter allen Himmelsstrichen siegreich gegen die heidnischen Religionen vor, wie die Missionsgeschichte lehrt. Aller

1) C. v. Orelli, Christus und andere Meister, Rektoratsrede,

Basel 1893.

Das Christentum. Der Manichäismus.

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dings fehlt es, wie die Kirchengeschichte genugsam zeigt, auch beim Christentum nicht an Ausartungen und Entstellungen seines ursprünglichen Wesens und Charakters. Allein diesen gegenüber haben je und je wieder Reformationen stattgefunden, welche die Religion reinigten und verjüngten. Darin äussert sich eine unverwüstliche Lebenskraft, welche diese Religion vor dem geistigen und äusserlichen Absterben bewahrt.

Während das Christentum mit der alttestamentlichen Religion sich nicht nur geschichtlich verwachsen, sondern wesensverwandt weiss, verhält es sich gegen die sämtlichen ausserbiblischen „heidnischen Religionen" im allgemeinen ablehnend. Zwar finden die ersten und kompetentesten Zeugen der christlichen Wahrheit auch bei den Völkern noch deutliche Spuren der Offenbarungen des Einen, wahren Gottes in Natur, Geschichte und Gewissen, an welche sie gelegentlich anknüpfen. Aber die einzelnen historischen Religionen gelten ihnen mit gutem Grund nicht als elementare Vorstufen für das Christentum, sondern als Verbildungen und Verzerrungen der göttlichen Wahrheit durch Verirrung und Schuld der Menschen.

VI. Der Manichäismus 1).

Eine eigenartige für die Religions- und Kirchengeschichte bedeutsame Religionsbildung trägt nach ihrem Schöpfer, dem wenig bekannten Mani, einem im 3. Jahrhundert n. Chr. in Babylonien geborenen Perser, den Namen Manichäis mus. Dieses Lehrsystem weist zwar manche Ähnlichkeit mit dem Parsismus auf, wie denn auch Mani es besonders auf Persien abgesehen hatte, wo er aber den Tod fand. Doch scheinen die Grundzüge seiner streng dualistischen Anschauung babylonischer Herkunft zu sein, wie denn manches an die alte babylonische Mythologie erinnert. Von einer babylonischen Gemeinde ausgegangen, als deren Nachfolger man die spätern Mandäer ansehen kann, hat Mani deren Ideen selbständig systematisiert und darein parsische, aber namentlich auch jüdische und christliche Ideen und Figuren verwoben, um seine Universalreligion zu bilden, welche

1) Besonders zu beachten: F. Chr. Baur, Das manichäische Religionssystem, Tübingen 1831 (jetzt grossenteils veraltet). Gustav Flügel, Mani, seine Lehre und seine Schriften. Aus dem Fihrist . . Text nebst Übersetzung, Kommentar u. Index, Leipz. 1862. - Fr. Spiegel, Eran. Altertumsk. II, 195-232. K. Kessler, Untersuchungen zur Genesis des manichäischen Religionssystems, 1876. - Derselbe, Mânî oder Beiträge zur Kenntnis der Religionsmischung im Semitismus, Bd. I, Lpz. 1882. Derselbe, PRE2 Art. Mani, Manichäer. Siehe dort auch sonstige Litteratur.

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die Wahrheiten aller Bekenntnisse enthalten sollte. Bei ihrem spekulativen und streng asketischen Charakter konnte freilich diese Lehre nirgends volkstümlich werden. Doch hat der Manichäismus gerade unter den Ernsteren und Gebildeten in verschiedenen religiösen Gemeinschaften vielen Anklang gefunden und bildete für diese Religionen (insbesondere das Christentum) ein gefährliches, zersetzendes Element, das unter dem Schein einer gewissen Übereinstimmung und Vergeistigung ihr wahres Wesen völlig zu zerstören drohte.

Was die Quellen betrifft, aus welchen wir diese Lehre zu schöpfen haben, so sind es lauter sekundäre, da Mani selbst zwar manche Schriften und Briefe verfasst hat, diese aber samt denen seiner Anhänger verloren gegangen sind. Nur Bruchstücke davon finden sich in den Berichten morgenländischer und abendländischer Gewährsmänner. Die morgenländischen verdienen in Bezug auf den ursprünglichen Manichäismus, der uns hier angeht, den Vorzug, da sie diesem geographisch näher stehen und die Muhammedaner, von welchen sie stammen, weniger polemische Tendenz zeigen als die Christen. Am wichtigsten ist hier das Zeugnis des Fihrist el Ulumi (Verzeichnis der Wissenschaften) von Abulfaradsch Muhammed Ibn Ischaak en-Nedim, der gewöhnlich Ibn Abi Jakub el-Warrak (= Papierhändler) genannt wird 1). Seine Angaben haben um so mehr Gewicht, da er selbst früher Anhänger des Mani war und dessen Schriften wie solche seiner Schüler benützen konnte. Sein Buch ist im J. 987-88 n. Chr. zu Bagdad geschrieben. Später hat al-Schahrastâni († 1153 n. Chr.) in seinem für den Islam wichtigen Buch über die Religionsparteien) die Manawija (Manichäer) ebenfalls behandelt, etwas minder ausführlich und zuverlässig. - Diese beiden Autoren sind die wichtigsten. Unter den abendländischen Quellen seien genannt die sog. Acta disputationis Archelai et Manetis 3), nach Kessler 4) um das Jahr 320 verfasst. Von besonderem Wert für die abendländische Gestalt des Manichäismus sind die Schriften Augustins, der ja 9 Jahre lang der Sekte sich angeschlossen hatte und später öfter Anlass fand sie zu bekämpfen. Aber auch manche andere Kirchenväter wie Epiphanius (adv. haer. 66), Cyrill von Jerus., Photius u. a. haben sich einlässlich mit diesen gefährlichen Häretikern beschäftigt.

Die abendländischen Quellen leiten die Lehre des Mani von zwei Vorgängern ab. Ein gewisser Scythianus aus Arabien. habe die heidnisch-griechische Litteratur und Weltbildung in Ägypten (zu Hypsela in der Thebais) kennen gelernt und nach um

1) Flügels Ausgabe des betr. Stückes s. vorige Seite.
2) Deutsche Übersetzung von Haarbrücker, I S. 285-291.

3) Siehe darüber H. v. Zittwitz in Kahnis' Ztschr. für hist. Theol. 1873, S. 467-528.

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Abendländische Quellen über Mani.

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fassenden Studien die Lehre von den zwei Prinzipien aufgestellt. Er sei auch nach Jerusalem gereist, wo er sich mit der Lehre der damals lebenden Apostel vertraut machte und habe fleissig für sein System disputiert, ohne jedoch viel auszurichten, obgleich er magische Künste zu Hilfe nahm, die er in Indien und Ägypten erlernt hatte. Bei einem solchen Versuch, wo er durch magische Kraft gewisser Namen, die er anrief, schweben wollte, fiel er vom Dache und starb. In Ägypten hatte er eine schöne Buhlerin geheiratet. Da sein einziger Schüler Terebinthus diese Gattin seines Meisters nicht zur Frau nehmen wollte, floh er mit dessen Büchern und Geheimnissen und Schätzen nach Persien, wo er sich „Budda“ nannte. Dort disputierte er mit den Mithrapriestern ohne Erfolg trotz seiner Magie, bei deren Gaukelkünsten auch er vom Dache herabstürzte. Seine Schriften aber kamen so in den Besitz eines Sklaven des alten Weibes, bei dem er wohnte. Dieser Sklave sei Cubricus gewesen, der sich auch Manes nannte". Er versuchte den kranken Sohn des Königs von Persien zu heilen. Da dies misslang, kam er ins Gefängnis, wohin ihm seine Schüler die hl. Schriften der Christen aus Jerusalem brachten, die er studierte und in seiner Lehre mit verwendete. Freigeworden ging er nach der Festung Arabion (unbekannt) am Flusse Stranga (unbekannt). Er disputierte in Kaskar mit einem Christen namens Marcellus, unterlag ihm aber, ebenso einem Presbyter Trypton zu Diodori Vicus. Diesem stand der Bischof Archelaos bei, der schon der Disputation zu Kaskar beigewohnt hatte, und von dem jene "Acta" herrühren sollen. Manes entfloh nach der Festung Arabion; dort wurde er bald vom Perserkönig gefangen genommen und hingerichtet.

Diese Erzählung der Acta, mit welcher die Abendländer meist übereinstimmen, ist fast ganz ungeschichtlich; dies gilt namentlich von der gesamten Vorgeschichte dieser Lehre, wovon die Morgenländer nichts wissen. Baur und Spiegel haben mit Recht die Geschichtlichkeit des Scythianus (nach Spiegel Übs. aus SakjaBuddha?) und Terebinthus verworfen. Kessler erkennt in dem erstern den aus Scythien (für Medien) gekommenen Vater des Mani (siehe unten) und im erstern das Appellativum tarbîtha, Zögling. Auch jene Disputationen sind erdichtet. Richtig ist nur, dass Mani zu Kaschkar, wohin er einen Brief gerichtet hat, Beziehungen hatte. (Kaschkar heisst einmal Südchaldäa von Wasith bis gegen Başra, sodann aber auch der ältere Teil der Stadt Wasith selbst.) Viel glaubwürdiger ist, was der Fihrist anscheinend aus guten Quellen erzählt. Nach ihm war Mani1) der Sohn eines

1) Der Name Mani ist nicht durchsichtig. Ist er iranisch oder aramäisch-semitisch? Die Form „Manichäer" würde eher auf Manik oder Manich führen. Kessler identifiziert ihn mit Mana, dem Namen eines Lichtgeistes bei den Mandäern. Dann wäre, was nicht unwahrscheinlich, Mani der später angenommene Ehrenname. Kessler findet den ur

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