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dieser Glaube in einem System von heiligen Gebräuchen und Satzungen verkörpert ist, welche auch in der Zerstreuung ein festes, einigendes Band bilden.

III. Die Hellenische Religion.

Einleitung 1).

Der indogermanische Stamm, von welchem die arischen Bewohner Indiens und die Iranier sich abgezweigt haben, weist noch weit reichlichere Ausladungen im Westen auf. Zu ihm gehören im Süden Europas die Griechen und Italiker, im Norden die LettoSlaven und Germanen, in Mitteleuropa (von der obern Donau und dem Rhein bis nach Britanien) die Kelten und andere für die Kultur minder bedeutende Völker wie die Thraker, Illyrier u. a. Vom Ursitz dieser Völkersippe und ihren religiösen Stammbegriffen war schon oben S. 392 f. die Rede.

Mit den Italikern weisen die Griechen noch nähere Verwandtschaft auf als mit den übrigen Indogermanen, haben also wohl mit ihnen länger zusammen gelebt. Von der Zeit ihrer Einwanderung in Griechenland wissen die Griechen selbst nichts mehr, während ihnen bewusst ist, dass in diesem Lande bedeutende Wanderungen ihrer Stämme stattgefunden haben, wobei diese im allgemeinen vom Norden (Epirus, Thessalien) nach Süden vordrangen. Aus diesen Verschiebungen erklärt sich das Vorkommen derselben Ortsnamen in verschiedenen Landesteilen. Von einem fremden Volke, welches die Griechen auf diese Weise unterjocht oder vertrieben hätten, wissen sie nichts mehr. Wohl brauchen sie von den frühesten Bewohnern des Landes den dunkeln und verschieden gedeuteten Namen Pelasger. Aber derselbe Herodot, der diese Barbaren nennt und ihnen vermutungsweise eine nichtgriechische Sprache zuschreibt, nennt doch an derselben Stelle ") diejenigen Hellenen, welche bei jenen Wanderungen ihre Wohnsitze nicht wechselten, pelasgische, was darauf führt, dass die ersten griechischen Stämme, die sich im Lande festsetzten, so genannt wurden und der Name weiterhin von dem vor den berühmten Wanderungen liegenden Stadium der nationalen Entwicklung gebraucht

1) Vgl. E. Curtius, Griechische Geschichte, 6. Aufl., 3 Bde., Berl. 1887-89. Max Duncker, Geschichte des Altertums Bd. V-IX (1888). Eduard Meyer, Gesch. des Altert. Bd. II, Stuttgart 1893. G. F. Hertzberg, Geschichte von Hellas und Rom, Bd. I, Berlin 1879 (bei W. Oncken). Derselbe, Griechische Geschichte, Halle 1884. RothWestermayer, Griechische Geschichte, 4. Aufl., München 1891. Jakob Burckhardt, Griechische Kulturgeschichte, Bd. I u. II, Basel 1898.

2) Herodot 1, 56-58.

wurde, so dass z. B. die Städte, die schon früher blühten, als „pelasgische" galten. Im übrigen trug wohl ursprünglich ein einzelner griechischer Stamm den Namen Pelasger, der dann auf das Gesamtvolk übertragen wurde, wie es in etwas spätern Perioden mit den Stammnamen „Achäer" und "Hellenen" geschehen ist.

Nach Mittelgriechenland und in den Peloponnes sind also die einzelnen Stämme nach allen Anzeichen von Norden aus Mazedonien, Epirus und Thessalien eingewandert. Allein auf welchem Wege sie in diese Länder gelangt sind, ist dunkel. In einer Zeit sodann, die noch jenseits der vom Licht der Geschichte beleuchteten Periode liegt, erfolgte von den Seehäfen Griechenlands aus eine umfassende Ansiedelung der hellenischen Stämme (Äoler, Jonier, Dorier) auf den Inseln (Lesbos, Kykladen, Sporaden, Kreta) und an der kleinasiatischen Küste. Hier fanden die Griechen überall schon besiedeltes und wohlbevölkertes Land, und der Austausch, den sie hier mit östlichen Völkern wie den Karern, Phöniziern u. a. pflogen, wurde auch für die griechische Religion bedeutsam, welche übrigens schon früher durch die zu Handelszwecken an den griechischen Küsten niedergelassenen Phönizier mit orientalischen Elementen bereichert worden war.

So finden wir denn an der Schwelle der historischen Zeit das Volk der Hellenen rings um das ägäische Meer gelagert, über welches die politisch zersplitterten, in eine Menge kleiner Staaten und Gemeinwesen zerfallenen Bruderstämme regen Verkehr mit einander unterhalten. Das griechische Mutterland selbst, diese vom Meer beinahe zerrissene, von hohen Gebirgen durchzogene und von tiefen Buchten zerklüftete Halbinsel, war für die Entfaltung des individuellen Stammlebens ebenso günstig wie für politische Centralisation und Machtentfaltung ungeeignet. So führen denn die einzelnen Stämme und Städte ihr Sonderleben, sie sprechen ihre eigenartigen, gegenseitig oft schwer verständlichen Dialekte und hegen ihre eigentümlichen Kulte und mythologischen Vorstellungen. Aber gerade das trennende Meer wird für sie eher ein verbindendes Element, welches sie auch mit den fernen Kolonieen zusammenbringt, und ohne staatlichen Verband sind sie sich doch trotz aller Unterschiede bewusst, Brüder zu sein, welche dieselbe Sprache sprechen und denselben Göttern dienen.

Das schöne, doch nicht üppige Stammland und das zu Unternehmungen stets einladende Meer, welches so reiche Anregungen zu bieten hatte, haben denn auch viel dazu beigetragen, die herrlichen Anlagen zu entwickeln, mit welchen das Volk der Griechen von Natur ausgerüstet war. Wohl sind Temperament, Begabung und Charakter bei den einzelnen Stämmen verschieden gewesen; allein gewisse Züge finden sich bei allen, und die hohe Bedeutung, welche dieses Volk zwar nicht in der Sphäre der Religion, wohl aber in derjenigen der Kultur erlangt hat, dankt es seiner glücklichen Beanlagung. Leiblich und geistig allseitig gut, massvoll und harmonisch ausgestattet, ist es vor allem ein äusserst ge

Geistige Anlage des Volkes.

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wecktes, für alle Eindrücke der Aussenwelt empfängliches und dabei seine geistige Individualität behauptendes Volk. Leicht erregbar in seinen Empfindungen und leidenschaftlich in deren Ausserung, durchdringt es zugleich die Welt mit allen seinen Geistes- und Seelenkräften und macht sie sich so zu eigen. Die nach dem Meere hin offenen Städte Griechenlands sind nicht nur Ausgangspunkte der folgenreichsten Ausdehnung des Stammes gewesen, sondern auch Mittelpunkte eigentümlichen geistigen Lebens geworden, welches nicht minder auch an manchen von den Hellenen besetzten Punkten der asiatischen Küste und auf den Inseln aufblühte. Hier waltet nicht asiatisches Streben nach Gewaltherrschaft über die Welt; hier wird nicht nach phönizischer Weise der Weltverkehr nur zur Steigerung des materiellen Wohlstandes und Genusses ausgebeutet; wohl aber wird das ideale Gebiet mit epochemachendem Erfolg angebaut. Auch die fremden Einflüsse, denen dieses Volk sich gerne hingibt, vermögen seine ideale Eigenart nicht zu stören. Ausländische Bildungs- und Religionselemente nimmt es nicht auf, ohne sie umzugestalten und seiner eigenen Vorstellungs- und Gedankenwelt harmonisch einzugliedern. Mit scharfem Verstand denkt der Hellene die Dinge durch und lernt es bald, von aller fremden Autorität befreit, den Gedanken auf sich selbst zu stellen. Seine Phantasie belebt das All, verliert sich aber nicht ins Ungeheuerliche, sondern führt alles auf das Ebenmass der eigenen Empfindung zurück. Diese seine ideale Harmonie weiss er seinem Heldengesang wie seinen Bauten und Marmorgebilden aufzuprägen. Als der Herr der Schöpfung macht er alles seinem Geiste unterthan. Mit andern Worten, er vollbringt in unerreichter Weise jene Kulturaufgabe, welche nach dem in der Einleitung S. 7 ff. Gesagten dem Menschen von seinem Schöpfer gestellt ist.

Die menschliche Selbst- und Welterkenntnis, aber auch die geistige Weltherrschaft des Menschen ist damit in hohem Masse gefördert worden. Doch hängt mit diesen ungemeinen Leistungen auch der Mangel zusammen, von welchem das Griechentum nicht freizusprechen ist. Über seinem frohen Schaffen und Geniessen der Welt vergisst der Hellene leichter als der Hindu oder Parse, dass dieses menschliche Leben nicht Selbstzweck ist. Vom Kulturdrang absorbiert, entschwindet ihm nicht selten das lebendige Bewusstsein jener völligen Abhängigkeit von einer Macht, welche verlangt, dass der Mensch ihr all sein Werk unterordne. Bald zufrieden mit einer seinem menschlichen Fühlen zusagenden Harmonie, möchte er jenen tiefen Zwiespalt vergessen, welcher das sündige Menschenkind von der heiligen Gottheit trennt und welchen zu überwinden andere Völker mit tragischem Ernst und heroischem Kraftaufwand gerungen haben.

Zwar ist auch das hellenische Volksleben mit all seinen schönen Künsten und muntern Spielen mehr von der Religion beeinflusst, als es oberflächlichem Blicke scheinen mag. Wir haben

schon in der Einleitung darauf hingewiesen, dass die Kunst der Griechen des übermenschlichen Ideals nicht entraten konnte, dass ihre Architektur wie ihre Poesie (man denke an das Drama) von religiösen Motiven durchzogen, ja grossenteils durch solche hervorgebracht sind. Dasselbe liesse sich vom Volksleben und Staatswesen nachweisen. Ohne die mannigfachen heiligen Stätten und Kulte, ohne Orakel und gottgeweihte Spiele hätten sich die einzelnen Freistaaten nicht bilden und entfalten und das nationale Leben nicht einheitlich erhalten bleiben können. Ohne den panhellenischen Zeus, den Vater der Götter und Menschen, dem sie alle seit Menschengedenken dienten, hätten sich die Hellenen nicht trotz aller Zersplitterung als Ein Volk gefühlt.

Aber diese Religion selbst hat sich ganz dem natürlich menschlichen Gefühl angepasst und geht zuletzt fast ohne Rest in den Interessen des irdischen Lebens auf, welches sie durch ideale Motive verschönert. Dass schon in der früheren Zeit die Nation bei weitem nicht so stark vom Verhältnis zum Unsichtbaren beherrscht und erfüllt war wie die Semiten oder die Indier oder Parsen, davon ist schon die bescheidene Stellung der Priester ein Anzeichen und ebenso, was damit zusammenhängt, das Fehlen heiliger Bücher.

Die Quellen, aus welchen die Kenntnis der althellenischen Religion zu schöpfen ist, fliessen deshalb spärlich, und es muss dieselbe auf indirektem Wege gewonnen werden. Die Hauptquelle für die früheste Zeit ist das alte Epos, Homer, wo freilich der mythologische Stoff von den Dichtern mit andern als religiösen Absichten ist verwendet und gestaltet worden, so dass nur mit Vorsicht aus dem Erzählten auf die ernsthaften religiösen Vorstellungen von den Göttern und das Verhältnis der Menschen zu ihnen geschlossen werden darf. Die ältesten Hymnen, welche denen des Rigveda entsprochen hätten, und auch in Hellas nicht fehlten, sind verloren. Die sog. „homerischen Hymnen“ sind jünger als das homerische Epos und teilweise weniger unmittelbare Anrufungen an die Götter, an die sie gerichtet sind, als Erzählungen von Mythen, die mit epischer Breite ausgeführt werden. Ebenso sind die dem Orpheus zugeschriebenen Lieder spätern Ursprungs. Bauliche Monumente, Grabmäler, Tempel und plastische Gebilde, Götterstatuen, Vasen mit mythologischen Abbildungen, welche zum Teil aus sehr früher Zeit vorhanden sind, geben allerdings manchen Wink; desgleichen Inschriften, welche priesterliche Ordnungen oder mantische Regeln oder Orakelsprüche oder sonstige religiöse Kundgebungen enthalten. Aber eine eigentlich heilige Litteratur ist weder in der frühern noch in der spätern Zeit gesammelt und aufbewahrt worden. Hesiods Werke sind gelehrte Arbeit ohne alle kanonische Autorität. Indirekt lässt sich für die geschichtliche Zeit manches den weltlichen Autoren entnehmen, den Historikern (Herodot, Thukydides u. s. w.), den Philosophen (bes. Plato, auch Aristoteles) und den Dich

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tern, namentlich Pindar und den Tragikern. Eine eigene Schriftengattung bildet die Mythographie, welche seit Hesiod in verschiedenem Geist betrieben wurde. Die Mythen wurden nämlich bald nicht nur gesammelt, sondern auch kritisch erörtert. Ein solcher Mythograph war jener Eue meros, von dem in der Einleitung S. 22 die Rede war; sein Buch ist aber nur in Fragmenten erhalten. Von Apollodor (Mitte des 2. Jahrh. v. Chr.) stammt eine noch vorhandene Darstellung der griechischen Mythologie. Unter den Jüngern haben namentlich Plutarch und Strabo schätzbares Material hinterlassen. Aber auch dem Spötter Lucian (2. Jahrh. n. Chr.) verdankt man eine Menge mythologischer

Einzelheiten.

Was den Mythus1) selbst betrifft, so hat er sich bei den Hellenen besonders reich entwickelt. Zwar fanden wir ihn schon bei den Ägyptern, Babyloniern, Phöniziern und fast überall anderswo auch man denke an das indische Epos und die Purana --; ebenso wird er uns bei den Italikern und namentlich bei den nordischen Germanen begegnen. Allein die reichste Fülle dieser poetischen Einkleidung des Göttlichen in menschliche Gestalt bietet Hellas, und zwar nicht zufällig. Denn wir werden sehen, dass die menschliche Gestaltung der Gottheit zum Charakteristischen dieser Religion gehört.

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"Mythos" bezeichnet eigentlich einfach ein Wort", daher auch Kunde, Erzählung, Sage, geheimnisvolle Legende. Den Inhalt bildet besonders häufig eine Naturerscheinung oder ein Naturvorgang, wobei aber die erscheinenden und treibenden Mächte als göttliche empfunden sind. Eine regelmässige Naturerscheinung, welche täglich oder jährlich wiederkehrt (Aufgang und Untergang der Sonne oder ihr Jahreslauf, jährliches Steigen und Fallen des Nils) oder ein unregelmässig eintretender Naturvorgang (Ungewitter, Erdbeben) werden dabei in eine Geschichte umgesetzt, d. h. in ein einmaliges Erlebnis handelnder und leidender göttlicher Wesen. So lesen wir z. B., dass der buhlerische Pan um die Liebe der Pitys warb, dass aber sein eifersüchtiger Nebenbuhler Boreas die Pitys von einem Felsen stürzte, wobei sie sich in eine Fichte verwandelte. Hier ist offenbar Boreas der ungestüme Nordwind, Pan dagegen (nach Max Müller) ein liebenswürdiger, gelinde buhlender Wind, weshalb Pan auch der Geliebte. der Nymphe Echo und der Syrinx (Schilfrohr, vom Wind zum Tönen gebracht) genannt wird. Die Pitys dagegen ist die von beiden umworbene Fichte. Wenn es von ihr heisst, sie sei zuletzt zur wirklichen Fichte verwandelt worden, so wird damit die ursprüngliche Identität des Phantasiegebildes mit der Erscheinung, von welcher es entnommen worden, wiederhergestellt, gleichwie von der Syrinx erzählt wird, sie sei, vor Pan fliehend, in den

1) Siehe bes. Petersen bei Ersch und Gruber und Max Müller,

Essays, Bd. II.

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