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Vorhomerische Zeit.

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1. Die historische Entwicklung der griechischen Religion.

a) Vorhomerische Zeit.

Indem wir die Entwicklung der hellenischen Religion nach ihren Hauptphasen skizzieren, beginnen wir mit der vorhomerischen Periode. Wir verstehen darunter die Zeit vor der Entstehung der nach Homer benannten Dichtungen, welche letztere etwa vom Jahr 1000 v. Chr. an zu setzen sein wird. Konnte man sich früher kaum getrauen, diese Zeit als eine geschichtliche zu behandeln, so haben die Ausgrabungen der letzten Jahrzehnte, welche zuerst von Heinrich Schliemann unternommen wurden und zu Hissarlik (Troja), Mykenä, Tiryns, Orchomenos u. a. bedeutende bauliche Überreste zu Tage förderten, dieser Vorzeit wieder eine greifbare Gestaltung verliehen. Auch die Religionsvergleichung hat unterdessen manches gelernt, was zur Bestimmung der frühesten hellenischen Religion mit Nutzen verwendet werden kann.

Schon bei genauerer Prüfung der homerischen Gedichte musste man zu dem Schlusse kommen, dass die dort ganz anthropomorphisch dargestellten, mit ihrem Naturelement nur noch lose zusammenhängenden Götter auf eine Zeit zurückweisen, wo diese in innigerer Verbindung mit der Natur geschaut wurden und denen der bisher behandelten Arier gleichartig waren. Kein Zweifel kann in der That darüber bestehen, dass die Griechen schon aus der Zeit ihres Zusammenlebens mit den übrigen indogermanischen Stämmen gewisse religiöse Grundanschauungen mitgebracht haben, die ihnen nie verloren gegangen sind. Da ist vor allem die sämtlichen griechischen Stämmen eigene Verehrung des Zeus = sanskr. djaus!) zu nennen, welchen sie als ihren obersten Gott nach Griechenland gebracht und stets festgehalten haben. Schon als sie noch wandernde Jäger- und Hirtenvölker waren, verehrten sie diesen Gott des Himmels, der Regen spendet und Blitze sendet, als das höchste Wesen, dem auch sittliche Hoheit nicht abging. Die Identität des Namens mit dem indischen Wort für „Himmel“, welches sonst den Griechen verloren gegangen ist, verbürgt den uralten Besitz dieser Gottheit. Natürlich war auch ihnen Zeus nie identisch mit dem sichtbaren Himmel; aber wie andere alte und älteste Völker schauten sie des höchsten Gottes erhabene, ruhige Majestät wie sein Zürnen am lichten oder wolkigen Himmel. Sie verehrten ihn in vorhomerischer Zeit ohne Tempel und ohne Bild auf den hohen Berggipfeln. Äusserst lehrreich ist aber, dass dieser allbeherrschende Gott von den einzelnen Stämmen zugleich als ihr besonderer Schutzgott verehrt wurde und so trotz seiner Allgemeinheit sich mannigfaltig besonderte. Die einzelnen Königsgeschlechter betrachten ihn Orelli, Religionsgeschichte.

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als ihren Ahnherrn, die verschiedenen Landschaften, auf deren höchstem Berge er thront, als ihren Schutzgott, der ihre besondern Interessen vertritt.

Wie aber in Indien und Iran es nicht bei Einem Gotte blieb, sondern die naturalistische Fassung der Gottheit unerschöpflich neue Götter erzeugte, so verehrten auch die ältesten Hellenen schon eine Fülle von göttlichen Wesen, die immerhin dem erhabenen Vater der Götter und Menschen nicht gleichkamen. Den Ashvin des Rig Veda entsprechen die Dioskuren, eine Lichtgottheit wie diese ist auch Helena. Helios (Sonne) und Selene (Mond) wurden. als Götter angesehn, aber auch schon Apollon (Lichtgott) und Hermes (Luft-, Wind-Gott), Hestia (Feuer) als Göttin. Dem Himmelsgott entspricht eine Göttin der Erde (Gäa, Demeter, Hera) und ein Gott der Tiefe (Pluton). Die Elemente galten als göttlich, besonders auch das Wasser; einzelne Flüsse genossen eigentliche Verehrung. Die Genien der Bäche wurden als Nymphen hochgehalten. Auch die Musen gehören von Haus aus zu diesem Geschlecht der Wassernymphen. Die Göttin des Waldes und der Jagd ist Artemis. Im Meer waltet Poseidon, ursprünglich eine Abzweigung des Himmelsgottes (vgl. Varuna als Meergott). Vielleicht gab es auch schon ehe die Einwirkungen aus dem Morgenlande begannen, eine Göttin der Liebe (Aphrodite) und einen Gott des berauschenden Feuertrankes (Dionysos; vgl. Soma?). Überhaupt aber wurde alles Naturleben als Äusserung göttlicher Kraft angesehen.

Wie nahe auch die eigentliche Götterwelt sich mit der Natur berührte und mit ihr zusammengeschaut wurde, zeigt die in alter Zeit häufige Kombination der Götter mit Tiergestalten. So stellte man sich Apollo (auch Zeus) in Wolfsgestalt vor1), Artemis als Bärin oder Hindin, Hera als Kuh, während Zeus gelegentlich Stiergestalt annimmt; Pan dachte man sich bocksgestaltig, Athene als Eule. Verschiedene Gottheiten, namentlich Athene auf der Akropolis zu Athen, wurden in Gestalt einer lebendigen Schlange verehrt, welche daselbst hauste. Apollo verwandelte sich in einen Delphin, Zeus gelegentlich in einen Schwan u. s. f. Dass es verkehrt wäre, hieraus zu schliessen, man habe ursprünglich das Göttliche bloss in der niedrigen Sphäre der Tierwelt gesucht, leuchtet ein, da ja die Licht- und Himmelsgottheiten schon zum Urbesitz des Volkes gehörten. Möglich wäre, dass es den Zoomorphismus erst in Griechenland vorgefunden und dort auf seine Götter übertragen hätte. Mit der Zeit hat auch die Berührung mit dem Orient zu dieser Annäherung der Tiere an die Götter beigetragen. Jedenfalls aber beweist die frühe Annahme einer besonderen Verwandtschaft zwischen beiden Sphären, dass man die Gottheit ungeschieden von der Natur als das diese beseelende Wesen und Leben auffasste. Auch als der Anthropomorphismus siegreich durch

1) Über den Namen Auxɛios s. unten S. 599.

Vorhomerische Zeit.

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gedrungen war, wirkte jene Ideenassoziation immer noch nach und äusserte sich wenigstens so, dass die ihr verwandten Tiere als einer Gottheit heilig, zugehörig galten und auch als Symbol für sie verwendet wurden. So blieb das Pferd dem Poseidon, die minnige Taube der Aphrodite heilig u. s. f. Aber auch zu gewissen Pflanzen, besonders Baumarten, stehen die Gottheiten in naher Beziehung. So wohnt Zeus in einer Eiche zu Dodona (vgl. die germanische Eiche des Donnergottes), Athene in einem Ölbaum auf der Akropolis, Apollo im Lorbeer, auch in einer Palme auf Delos u. s. f. Auch Natursteine waren heilige Symbole und Denkzeichen der Gegenwart eines Gottes, lange ehe man Kunstbilder von einem solchen anfertigte. Höchstens bezeichnete man eine solche Denksäule mit groben Andeutungen von menschlichem Gesicht und Gliedmassen.

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Schon in dieser vorhomerischen" Periode jedoch sind starke Einwirkungen des Orients auf hellenische Lebensweise und Gedankenwelt nachgewiesen worden, welche nicht erst durch die nach den Inseln und asiatischen Gestaden vorgedrungenen griechischen Kolonisten vermittelt sein können, sondern auf Niederlassungen der Phönizier in Hellas zurückzuführen sein werden. Die Griechen mögen eben erst die östlichen Küsten dieses Landes eingenommen haben, als jenes regsame Handelsvolk an geeigneten Plätzen daselbst sich festsetzte, um seine Jagd auf Purpurschnecken auch an diesen ausgiebigen Gestaden zu betreiben. Sie haben denn auch den Hellenen die babylonischen, hethitischen, ägyptischen Kulturelemente vermittelt, welche in jenen Bauten von Mykenä und anderswo uns entgegentreten. Aus diesen Berührungen erklären sich aber auch unverkennbar morgenländische Mythen und Lokalkulte, die sich noch in spätere Zeit erhalten haben.

Dahin gehört vor allem die thebanische Sage von Kadmos. Selbst wenn die Gleichsetzung des Kadmos mit Baal Melkart unrichtig und Kadmos bloss aus der Burg Kadmeia abstrahiert sein sollte, so ist doch der semitische Ursprung dieses uralten Namens ausser Zweifel und es würde gerade diese Annahme zu der weitern führen, dass jene Burg ursprünglich nicht eine hellenische, sondern phönizische Niederlassung war. Ebenso sind in Attika unleugbare Spuren von einstiger Besiedelung durch die Phönizier in Sage und Mythus anzutreffen. Zwar lässt sich bezweifeln, dass die Amazonen, welche Theseus überwand, eigentlich die männlich gekleideten und bewaffneten Jungfrauen im Dienste der kriegerischen Astarte (Duncker) oder „die Priesterinnen der hethitischen Gottheit“ (Sayce) seien, da die berittenen, streitbaren Amazonen eher bei nordischen Barbaren ihr reales Gegenbild finden. Aber eine andere Partie der Theseussage gehört hieher. Dieser Heros erlegt jenes Ungetüm auf Kreta, dem die Athener in jedem achten Jahr 7 Knaben und 7 Mädchen opfern mussten. Der Minotaurus (Minos-Stier) ist der stierförmige Baal Minos, dem von Karern und Phöniziern

zu Knossos auf Kreta Menschen geopfert wurden. Auf denselben Gott geht der flammenspeiende Stier von Marathon, den Theseus ebenfalls erlegte. Es waren die in Attika niedergelassenen Phönizier, welche die Athener zu solchen Opfern ermunterten, wo nicht gar nötigten, bis diese sich von solcher Bevormundung emanzipierten. Auch die attischen Thargelien mit sühnenden Menschenopfern (ein Mann und eine Frau) gehen wohl auf den Dienst des Sonnenbaal zurück, welcher auf Apollo übertragen war. Ebenso erinnern alte Kulte Lakoniens an Asien. In Amyklä wurde der vor der Zeit durch einen Diskuswurf des Apollo hingeraffte schöne Jüngling Hyakinthus jährlich durch ein Totenopfer gefeiert. Es ist der von der Glut der Sonne getötete Adonis1). In Korinth dienten Dirnen auf syrische Weise der Aphrodite, und zugleich haben sich Spuren davon erhalten, dass Kinder und Jungfrauen einer gestrengen Göttin zu Ehren verbrannt wurden. So mussten 7 Knaben und 7 Mädchen in schwarzem Gewand der Hera Akräa auf Akrokorinth Bussriten vollziehen, worin ein Ersatz für früher übliche Opferung derselben leicht zu erkennen. Auf dem Isthmus wurde als Gott der Seefahrt Melikertes (gräzisiert aus Melkart) verehrt, den ein Delphin hieher getragen und dessen Grab hier gezeigt wurde. Es ist der phönizische Gott, der übers Meer gekommen. Auch Euböa weist viele Anklänge an phönizische Namen auf.

Gerade die Stätten, wo später in besonderem Masse die Kultur gepflegt wurde, waren durch Befruchtung aus Asien dazu vorbereitet. Die Griechen haben solche Elemente von dem ihnen an Kultur noch überlegenen Volke angenommen, doch nicht ohne sie ihrem Geiste anzupassen. Und so blühte zum ersten Mal ein reiches hellenisches Kulturleben zu der Zeit, wo mächtige Königsgeschlechter zu Mykenä, Argos, Theben, Orchomenos und in andern Gaustädten herrschten. Es waren die Wanderungen der Dorier und anderer Stämme, welche diesem Aufschwung ein Ende machten. Zugleich hatten diese Verschiebungen zur Folge, dass manche Verdrängte nach den Inseln des ägäischen Meeres und Kleinasien übersiedelten, welche Bewegung übrigens schon vor jener Wanderzeit ihren Anfang scheint genommen zu haben. Die Äoler" gründeten neue Heimstätten auf Lesbos, Tenedos und in der Troas, die Jonier auf den Kykladen und an der asiatischen Küste von Smyrna bis Milet, die Dorier auf Kreta, Rhodus und um Halikarnassus.

Die Religion dieser ersten Blütezeit war eine Mischbildung, deren Hauptbestand aus den angestammten Begriffen erwachsen war, während den Einschlag die neuen, vom Orient herübergedrungenen Ideen ausmachten, welche immerhin das Wesen der

1) Anders Rhode, Psyche 2 I, S. 137 ff., welcher in Hyakinthos einen unterirdischen Dämon zu erkennen glaubt, der vor Apollo hier verehrt worden sei.

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alten Anschauungen nicht zu zerstören vermochten. Tempel sind in jenen Ruinen der vorhomerischen Zeit nicht nachgewiesen; hingegen Vorkehrungen, um den Toten, die in dieser Periode begraben wurden, Opfer darzubringen. Kultusbilder zur Anbetung hatte man nicht, wenn auch die Künstler auf Ringen, Gefässen u. s. f. mythologische Figuren anbrachten. Dagegen stellte man an geweihten Stätten leere Thronsessel für die unsichtbaren Götter hin1).

b) Homerische Zeit").

Die Hellenen hatten bereits auf manchen Inseln und an der kleinasiatischen Küste, besonders im Nordwesten derselben, festen Fuss gefasst, als der Heldengesang zu hoher Blüte gelangte, dessen vornehmste Erzeugnisse unter dem Namen Homers auf die Nachwelt gekommen sind. Dass diese Epen nicht für Dichtungen eines einzelnen Sängers zu halten seien, sondern einer ganzen Zunft oder Schule von Rhapsoden, die an den Höfen der Könige und Fürsten umherzogen, ihr Dasein verdanken, hat die Analyse der Ilias und der Odyssee längst klargemacht. Das schliesst nicht aus, dass ein Haupt der Schule, vielleicht gar der schöpferische Genius, der diesen Heldengesang erzeugte, kann Homer geheissen haben. Die Odyssee, welche von den Schicksalen des heimkehrenden Helden erzählt, ist im allgemeinen jünger als die Iliade, die den Kampf um Troja berichtet; beide Gedichte aber enthalten ältere und jüngere Bestandteile, deren Enstehung etwa in die Zeit von 1000-700 v. Chr. fallen mag. Ihren Ursprung hat die homerische Dichtung bei den nördlichen Stämmen (Äolern) genommen und ist dann besonders von den Joniern weitergebildet worden.

Ob etwas und wie viel von geschichtlichem Inhalt der Sage von der Belagerung und Zerstörung Troja's durch die verbündeten Fürsten der Achäer (= Hellenen) zu Grunde liegt, wie vieles Reflex von Ereignissen der spätern Zeit ist, wo die Nachkommen der von Homer besungenen Helden an der Küste von Troas sich Heimatrecht erkämpften, das lässt sich noch nicht entscheiden. Jedenfalls spielen im Epos stark mythische Motive herein, wie schon der Raub der Helena zeigt, welcher der Anlass zur ganzen Unternehmung wird. Denn Helena ist, wie schon bemerkt wurde, eine der ältesten Lichtgottheiten. Auch die Helden sind zum Teil halb oder ganz mythische Wesen. So ist Achilleus der Sohn der Meer

1) Vgl. Wolfgang Reichel, Über vorhellenische Götterkulte,

Wien 1897.

2) Karl Friedr. Nägelsbach, Homerische Theologie, Nürnberg 1840; 2. Aufl. herausg. von Autenrieth, Nürnb. 1861. -- E. Buchholz, Die homerischen Realien Bd. III, 1884. - U. von Milamowitz, Homerische Untersuchungen 1884.

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