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war Li, sein Kindername Öll, sein Männername Pě-jang, sein Ehrenname nach dem Tode Tan. Lao-tse, d. h. „der alte Meister“, ist sein geschichtlicher Name geworden. Er bekleidete das Amt eines Archivars des Kaiserhauses Tscheu in dessen Residenzstadt, wo ihn der reichlich 50 Jahre jüngere Kong-tse besucht haben soll). Die Zerrüttung der öffentlichen Zustände bewogen ihn nach dem Bericht des Ssematsian, in hohem Alter sein Amt niederzulegen und nach dem Westen auszuwandern. An der Landesgrenze sei der dort stehende Oberbefehlshaber in ihn gedrungen, er möge doch, wenn er durchaus fort wolle, ihm wenigstens seine Weisheit in einem Buche aufgezeichnet zurücklassen. Deshalb schrieb dann Laotse ein Buch in zwei Teilen, die seine Gedanken von Tao und der Tugend aussprechen, in mehr als 5000 Worten, und ging fort. Niemand weiss, wo er geendet. Lao-tse war ein verborgener

Weiser."

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Die so entstandene Schrift Tao-te-king) ist die einzige, welche man von ihm hat, zugleich die am ehesten systematisch geordnete in der altchinesischen Litteratur, wenn auch mehr in einzelnen Intuitionen als in dialektischer Entwicklung seine Grundanschauungen darlegend. Die Übersetzung und Deutung ist freilich wie überall, wo es sich um abstrakte Begriffe der Chinesen handelt, dehnbar und streitig. Dies gilt gleich von dem ersten Grundbegriff:

Tao bedeutet eigentlich den Pfad, Weg; es wird oft mit Vernunft, oder auch Natur, oder Urgrund, oder endlich Gott übersetzt. Letzteres ist nicht zutreffend, da Ti, der höchste Herr = Gott (nur einmal in dieser Schrift vorkommend) vom Tao unterschieden wird. „Ich weiss nicht, wessen Sohn Tao ist. Er scheint vor Gott (Ti) dagewesen zu sein“ (K. 4.). Tao ist nicht der persönliche Gott des alten Volksglaubens, der dem weisen Lao teils wegen seiner Beziehung zum sichtbaren Himmel, teils aber auch wegen seines persönlichen Wesens und Waltens schon allzusehr verendlicht erscheinen mochte, sondern das Göttliche als abstraktes Prinzip. Unterschieden wird übrigens zwischen dem (unergründlichen) Tao an sich und dem offenkundigen. So gleich zu Anfang der Schrift: Tao (der Pfad), der begangen werden kann, ist nicht

1) Siehe über die für beide charakteristische Begegnung unten S. 63 f. 2) Chines. und französ. Ausgabe von Stanislas Julien: Lao Tsen, Tao te king, Le Livre de la voie et de la vertu, Paris 1842. Engl. Übersetzungen von J. Chalmers 1868 und von J. Legge SBE Bd. XXXIX, 1891. (S. dort Seite XII f. über die älteste lateinische Übersetzung.) Deutsche Übersetzungen von V. von Strauss, Laotses Taoteking, Leipz. 1870. Reinhold von Plänckner, Taoteking (Leipz. 1870); letzteres ist aber unzuverlässige Paraphrase. Vgl. ferner Abel Rémusat (der zuerst auf Lao-tse aufmerksam machte), Mémoire sur la vie et les opinions de Lao-tseu 1820. W. Rotermund, Die Ethik Lao-tses mit bes. Bez. auf die buddhist. Moral, Gotha 1874. V. von Strauss, Essays 1879 S. 75 ff.

der ewig unveränderliche Tao. Der Name, der genannt werden kann, ist nicht der ewig unveränderliche Name. So wie er nicht benannt werden kann, ist er der Erzeuger von Himmel und Erde. So, wie er einen Namen hat, ist er die Mutter aller Dinge." Hier spaltet sich also das Wesen, das an sich Eins ist, in ein Nichtseiendes und ein Seiendes. Alle Dinge unter dem Himmel sind entsprungen aus Tao als dem Seienden; dieses seiende Tao selber ist hervorgegangen aus dem Nichtseienden“ (K. 40).

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Tao wird näher beschrieben K. 25: „Es gibt ein Etwas, das unbegreiflich und vollkommen ist, ins Dasein getreten vor Himmel und Erde. Wie ist es so still und formlos, steht allein fest, ohne Veränderung, reicht überall hin, ohne sich zu gefährden! Man kann es als die Mutter aller Dinge ansehen. Ich kenne seinen Namen nicht; aber ich nenne es Tao. Sollte ich es weiter benennen, so würde ichs „das Grosse" heissen . . . Der Mensch empfängt sein Gesetz von der Erde, die Erde das ihrige vom Himmel, der Himmel das seinige vom Tao. Tao ist sich selbst Gesetz." Tao erhält auch alle Dinge. K. 34: „Alles durchdringt das grosse Tao. Man findet es zur Linken und zur Rechten. Alle Dinge hangen von ihm ab für ihre Hervorbringung, die es ihnen gewährt, indem keines ihm den Gehorsam versagt (?). Wenn das Werk vollbracht ist, so beansprucht Tao nicht den Namen, es gethan zu haben. Es bekleidet alle Dinge mit einem Gewand und macht nicht den Anspruch geltend, ihr Herr zu sein." K. 51: Alle Dinge sind durch Tao hervorgebracht und genährt durch sein überschwengliches Wirken. Sie empfangen ihre Formen entsprechend der Natur eines jeden und werden vollendet nach den Umständen ihrer Verhältnisse. Deswegen ehren alle Dinge ohne Ausnahme Tao und preisen sein überschwengliches Wirken. Diese Verehrung des Tao und dieses Preisen seines Wirkens sind nicht die Folge irgend eines Befehls, sondern stets ein freiwilliger Tribut. So bringt Tao alle Dinge hervor, nährt sie, bringt sie zu ihrem vollen Wachstum, pflegt sie, vollendet sie, bringt sie zur Reife, erhält sie und beschirmt sie. Es bringt sie hervor, ohne Anspruch auf ihren Besitz zu erheben. Es führt sie durch ihre Entwicklungen hindurch, und rühmt sich nicht seiner Geschicklichkeit bei solchem Thun. Es bringt sie zur Reife und übt keine Kontrolle über sie: Das heisst seine geheimnisvolle Wirksamkeit." Ebenso kehren dank dem Walten des Tao alle Dinge wieder zu ihrem Ursprung zurück (K. 16 und 34).

Schon aus diesen Stellen geht hervor, dass das göttliche Wesen eine eigenartige Weise hat zu handeln. Unscheinbar, ohne Aufsehen zu erregen, völlig selbstlos, ohne Ansprüche zu erheben, ganz ohne Affecte und Begierden, ohne Motive und Zwecke waltet es und vollbringt es, was es vollbringt. Dies fasst sich zusammen in dem paradoxen Satz: Das Tao thut nichts, und so ist nichts, was es nicht thut. Damit soll nicht träge Unthätigkeit ihm beigelegt, sondern nur das willkürliche, selbstsüchtige,

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absichtsvolle Thun nach Menschenweise von ihm ausgeschlossen werden. Eben weil es absichtslos und selbstlos handelt, vollbringt es alles, und kann ihm nichts widerstehen. So bewegt sich das Walten Taos in Widersprüchen: Es erfüllt alles unter dem Schein der Leerheit; es wirkt alles unter dem Schein der Unthätigkeit; es beherrscht alles unter dem Schein der Ohnmacht: es ist gross über alles, und doch anscheinend klein und geringfügig.

Eben weil Tao eigentlich den „Pfad", ein Prinzip, nicht eine Person bedeutet, ist nun aber leicht verständlich, dass die Menschen daran teilhaben sollen. Dies ist in der That ihre Bestimmung und ihr höchstes Gut. Das Gesetz, das Tao dem Himmel und der Erde gegeben, soll der Mensch zu dem seinigen machen. Dieses auf den Menschen angewandte, durch ihn praktisch gewordene Tao heisst Te, Tugend, und bildet den zweiten Hauptgegenstand des tao-te-king. Nach dem oben vom Tao Gesagten lässt sich schon denken, nach welcher Seite hin von Laotse der Begriff der Tugend besonders entwickelt, ja in welches Verhalten er von ihm einseitig verlegt wird.

Vor allem ist die Leerheit des Gemüts anzustreben, damit es, unbeirrt durch das Vielerlei der Welt, Tao erfassen möge. Des letzteren Selbstlosigkeit sodann, wie Himmel und Erde es zeigen, ist zu lernen und führt zu dauerhaftem Bestand. Himmel und Erde dauern ja so lange, weil sie nicht von und für sich selbst leben. „Deswegen stellt der Weise seine Person zu hinterst und befindet sich doch auf dem ersten Platz. Er behandelt seine Person, als wäre sie ihm fremd, und doch wird sie bewahrt. Ist es nicht so: weil sie keine persönlichen und privaten Zwecke hat, werden eben deshalb solche Zwecke verwirklicht?" (K. 7). Besonders wird auch das Wasser als Abbild des Tao und Vorbild des Menschen hingestellt, welches Allen wohlthut und, ohne sich zu streiten, stets den untersten Platz sich wählt. K. 8 und 61.

Auch der Mensch, wenn er weise ist, folgt der Regel des Tao, ohne jenen Widerspruch zu scheuen. Ob er gleich stark und hochgestellt ist, lässt er sich zu den Schwachen und Kleinen gütig herab und gewinnt sie damit. Lao-tse weist zum Belege dafür auch auf die Macht des Weiblichen hin, welches durch seine sanfte, stille Art, die auch eine Selbstbescheidung ist, das Männliche leicht beherrscht. Auch der mächtige Staat soll durch freundliche Behandlung die kleinen Nachbarn gewinnen; er wird sie so sicher an sich ziehen wie der mächtige Strom die kleinen Nebenflüsse. Wie Tao durch seine scheinbare Unthätigkeit alles vollbringt und durch seine anscheinende Kleinheit gross ist, so der Mensch, der seinem Gesetz und Vorbild folgend, zurückkehrt zu der unabsichtlichen, uneigennützigen Einfalt des unschuldigen Kindes. Er wird sich bescheiden, nicht zu wissen, auch wenn er etwas weiss, nicht zu können, auch wenn er viel kann, nicht zu besitzen, auch wenn er reich ist. Die drei Haupttugenden, die K. 67 empfiehlt, sind daher 1) Gütigkeit (die den Sieg behält), 2) Sparsamkeit (die um

so freigebiger ist, je weniger sie prunkt), 3) Bescheidenheit, die sich selbst erniedrigt (und so erhöht wird).

Wenn die diesbezüglichen Worte des Laotse an solche des Evangeliums erinnern, wie namentlich Matth. 5, 3. 5. 9; 23, 12, so erreicht seine Moral ihren Höhepunkt in der Berührung mit Matth. 5, 44 ff. Er lehrt nämlich K. 49: „Gegen die, welche gut (gegen mich) sind, bin ich gut; und gegen die, welche nicht gut (gegen mich) sind, bin ich auch gut; so werden Alle gut. Gegen die, welche aufrichtig (gegen mich) sind, bin ich aufrichtig; und gegen die, welche nicht aufrichtig (gegen mich) sind, bin ich auch aufrichtig; so werden Alle aufrichtig." Es gehört ja zum Wege des Göttlichen (Tao), Ungerechtigkeit zu vergelten mit Gütigkeit (K. 63).

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Sein Leben im Einklang mit Tao zu führen sichert vor den grössten Gefahren. K. 50: Ich habe gehört, wer geschickt sei in der Führung des Lebens, könne über Land reisen, ohne dem Nashorn oder Tiger auszuweichen und in den Krieg ziehen, ohne Lederkoller und Waffen anzulegen (?). Das Nashorn findet keine Stelle, um sein Horn hineinzustossen, und der Tiger keine, um seine Klauen einzupflanzen, die Waffen keine, um ihre Spitze einzusetzen. Und warum das? Weil an ihm keine tödlich verwundbare Stelle ist." Positiv versteht es der Weise, sein Leben zu verlängern, indem er seinen Lebenshauch spart, seinen Mund und seine Nasenlöcher geschlossen hält. K. 52. K. 52. Dies scheint auf Zurückhaltung im Reden und Vermeidung überflüssiger Anstrengung zu gehen, wurde aber später von einer besondern Kunst des Athemholens verstanden, wie überhaupt die spätern Tao-sse (Tao-Verehrer) die mystischen Äusserungen des Taoteking grob sinnlich und magisch fassten, und insbesondere sich rühmten, im Besitz von Geheimmitteln zur Verlängerung des Lebens zu sein, die sie mittelst ihrer Alchemie herstellten (Lebenselixir, Unsterblichkeitstrank). Nach anderer Ansicht wäre die künstliche Behandlung des Athems (ähnlich wie bei den Buddhisten?) zum Zweck der Lebensverlängerung schon vor Laotse ein Geheimnis der Taoisten gewesen und von ihm nur vergeistigt worden (?) 1).

Die Fortdauer der Verstorbenen setzt Laotse voraus. K. 60 spricht er vom Einfluss ihrer Geister als einem Übel, welches bei weiser Regierung vergehe. Jener Einfluss höre zwar dabei nicht auf, aber er werde ein guter und darum nicht bemerklicher sein. Der Weise, der Taos teilhaftig ist, hat sich vor dem Tod nicht zu fürchten, da er zu seinem Ursprung zurückkehrt. Doch tritt das Persönliche dieser Fortdauer bei Laotse wenig hervor, wie bei seinem Tao selbst.

Wenn die Lehre Laos sich in gewissen Zügen mit Brahmanismus und Buddhismus berührt (z. B. Vermeidung der Affecte), obwohl sie schwerlich irgendwie von Indien abhängig ist, so ist da

1) Legge, SBE XXXIX, S. 96.

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gegen echt chinesisch, dass Lao wie alle Philosophen und Religionslehrer seiner Nation, es besonders auf die Politik abgesehen hat, und sich seinen Weisen unwillkürlich als Regenten eines Staates denkt. Einem solchen hauptsächlich wird empfohlen, sich nach dem Tao zu richten, sich der Mässigung, Selbsterniedrigung, Freundlichkeit zu befleissigen. Gleich Tao soll er so zu herrschen trachten, dass die Unterthanen nichts davon inne werden, sondern ganz ihrem eigenen Willen zu folgen meinen. Kriege sind durchaus vom Übel und sollen vermieden werden (K. 69). Auch die Todesstrafe ist nur in engen Schranken anzuwenden ratsam (K. 73 ff.). Der Regent soll das Volk zur Genügsamkeit und Einfachheit erziehen, daher ihm nicht viel Wissen beibringen und keine Wünsche in ihm erwecken, sondern die Unterthanen möglichst unwissend und wunschlos lassen, ihren Bauch füllen, nicht ihren Geist, ihre Beine stark machen, nicht ihren Willen (K. 3). Ebenso K. 65: Die Alten, welche in der Anwendung des Tao geschickt waren, pflegten die Leute nicht aufzuklären, sondern umgekehrt sie einfach und unwissend zu lassen. Die Schwierigkeit in der Regierung des Volkes kommt daher, dass es viele Kenntnisse hat. In diesem Stück befindet sich die Lehre des Laotse in striktem Gegensatz zu der des Kong-tse, aber auch überhaupt mit dem Streben, von welchem die Nation schon zu seiner Zeit beherrscht war. Als Ideal gilt dem Lao und den Taoisten eine von der Kultur noch nicht verfeinerte, patriarchalische Urzeit, welche über die vorzeitlichen Erinnerungen der Kongtseaner noch zurückreicht und dem Mythus angehört. Der uralte Hoangti ist ihr Lieblingsherrscher.

Nach einer in neuerer Zeit von V. v. Strauss 1) und Legge') ausgesprochenen Ansicht wäre die Taolehre und Tao-Verehrung älter als Laotse. Dieser hätte sie nur veredelt. Jedenfalls hat er die landläufige Weltanschauung ungemein vertieft und die Moral des Volkes verinnerlicht. Seine Tugendlehre strebt etwas ungleich höheres an, als was die Durchschnittsmoral der Chinesen jener Zeit, die in Kongtse ihren klassischen Prediger fand, als ihr Ideal ansah. Lao schildert K. 38 in charakteristischer Weise den successiven Verfall, in welchen die Tugend geraten sei: „Erst ging Tao verloren; da traten seine Attribute hervor (welche die Inhaber des Tao nicht hervorzuheben nötig hatten und beflissen waren). Als diese Attribute verloren waren, kam Wohlwollen zum Vorschein (welches die Inhaber jener Attribute nicht besonders zu äussern brauchten, da es ihnen von selbst eigen war). Als das Wohlwollen verloren war, kam die Rechtschaffenheit zum Vorschein, und als diese verloren gegangen, kam Wohlanständigkeit, welche nur eine Abschwächung edler Gesinnung und schon der Anfang der Unordnung ist." Man sieht, dass er diese unterste Stufe der Tugend, auf der sich die Chinesen jenes Zeitalters breit einrichteten,

1) V. v. Strauss, Essays (1879) S. 77 f.
2) Legge SBE XXXIX, S. 3.

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