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dem Göttlichen ausdrückt. In obiger Definition ist aber auch die Beschränktheit und der relative Charakter des Verhältnisses zu Gott angedeutet. Religion findet sich auch da, wo der uns Christen bekannte Gott ein unbekannter ist und nur spärliche, sehr getrübte Lichtstrahlen seines Wesens ins Bewusstsein der Menschen gefallen sind. Gerade um seiner Unbestimmtheit und Allgemeinheit willen ist für diese Seite des Lebens der Menschheit der Ausdruck „Religion" unentbehrlich, so wenig er in den kirchlichen Sprachgebrauch gehört, in welchen er seit der Zeit des Rationalismus etwa eingedrungen ist. Treffender als das lateinische religio drückt jenen allgemeinen Begriff aus das hebräische jir'ath Elohim (Gen. 20, 11), „Furcht der Gottheit", welche auch Heiden zugeschrieben wird und auch bei diesen sittlich wirkt (Gen. 42, 18). Doch lässt sich die Unbestimmtheit und Relativität, die in dem hebr. Elohim liegt, nicht übersetzen. Nahe verwandt ist auch das griechische deisidaimonia (Apost. 17, 22; vgl. 25, 19), Ängstlichkeit vor den unsichtbaren Mächten (Dämonen). Doch wäre mit diesem Worte das Relative zu stark ausgesprochen, als dass wir auch die Gottesfurcht der Juden und Christen darunter begreifen könnten.

Schon aus dem bisherigen geht hervor, dass nicht jedes Bewusstsein vom Überirdischen schon religiös ist oder gar das Wesen der Religion ausmacht. Es lässt sich ein blos verstandesmässiges Bewusstsein von einem Unendlichen, Absoluten, Ewigen denken, das durch Operation des Verstandes gewonnen ist. Ein Philosoph, der auf solchem Wege zu einem Gottesbegriff gelangt, hat darum noch nicht Religion. Erst dann wird man ihm solche nicht absprechen können, wenn dieser Gott, den er durch umständliche logische Arbeit gefunden hat, mit unmittelbarer Gewissheit von ihm empfunden und für sein Leben Autorität geworden ist. Nicht selten freilich sind Religionen intellektualistisch geworden; aber durch die einseitige Betonung des Wissens um den Inhalt ihres Glaubens ist jedesmal ihr Leben erstarrt. Darauf folgte etwa eine Reaction, indem ebenso einseitig die praktische Tugend als das wesentliche an der Religion angepriesen wurde, d. h. das Bestimmtsein des Lebens durch die göttliche Norm. Allein so unveräusserlich jeder gesunden Religion die Ausgestaltung im sittlichen Leben ist, so ist doch das sittliche Handeln an sich nicht

(Köstlin). Dass der Übergang der Bedeutungen sehr durchsichtig sei, kann man nicht behaupten. Doch ist diese Ableitung sprachlich immer noch etwas wahrscheinlicher als die des Lactantius, welcher (Instit. div. 4, 28) sagt: Hoc vinculo pietatis obstricti deo et religati sumus; unde ipsa religio nomen accepit, non, ut Cicero interpretatus est, a relegendo. Religion wäre also das Gebundensein, bezw. Sichgebundenwissen, von einer höheren Macht. Der Sinn wäre schön, fast zu logisch. Diese eine Zeit lang ganz fallen gelassene Erklärung findet neuerdings wieder namhafte Vertreter. Dass von religare das Subst. religio gebildet wurde, ist in der That möglich, wie die Beispiele optio, rebellio, internecio, von optare, rebellare, internecare u. a. beweisen.

Die Religion im allgemeinen.

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notwendig religiös. Bekanntlich hat Schleiermacher der intellektualistischen und der moralistischen Fassung der Religion eine dritte gegenübergestellt1), welche sich noch immer des meisten Beifalls. erfreut. Nach ihm ist das Gebiet der Religion das menschliche Gemüt, ihr Wesen ein bestimmtes Gefühl, das er näher als „absolutes Abhängigkeitsgefühl" bezeichnet hat. Sobald man unter diesem Gefühl nicht ein blos zuständliches, sondern ein gegenständliches mit objektivem Inhalt versteht, so leuchtet ein, dass damit eine hohe Wahrheit, wenn auch nicht ohne Einseitigkeit, ausgesprochen ist. Liegt es doch in dem Wesen des Absoluten, Göttlichen, dass es nicht von den Kategorieen des Verstandes erfasst, sondern nur vom Gemüt empfunden werden kann. Gefühle sind die ersten Regungen des Göttlichen im Menschen, und die innigste Art, wie er das Göttliche in sich aufnehmen kann, bleibt bis zuletzt noch Gefühl. Allein darum ist noch nicht die Religion reine Sache des Gefühls oder das blosse Gefühl des Unendlichen, Göttlichen schon Religion. Wir haben das religiöse Gefühl als ein gegenständliches bezeichnet; der Gegenstand, welcher dasselbe hervorruft, muss notwendig ins Bewusstsein treten. Damit ist dem intellektuellen Faktor ebenfalls ein konstitutives Recht in der Religion eingeräumt. Ohne dass dieser den göttlichen Inhalt zu erkennen sich bemüht, kommt es zu keiner Religion. Auch ist nicht richtig, dass, wie man nach Schleiermacher meinen sollte, das Mass der Frömmigkeit blos vom Mass der religiösen Empfindung oder Gefühlswärme abhange. Die Frömmigkeit ist auch durch die Erkenntnis Gottes und nicht am wenigsten durch den Gehorsam bedingt, welchen der Mensch der von ihm empfundenen Gottheit leistet. Daher ist auch diese Darstellung, welche wieder die Religion einem bestimmten psychischen Organ zuteilt oder in eine bestimmte Gattung psychischer Funktionen verweist, einseitig. Das richtige ist, dass die Gottheit am Innersten des menschlichen Personlebens offenbar wird und sich deshalb im Gefühl, Intellekt und Willen auswirkt); dass es verkrüppelte oder doch einseitig entwickelte

1) Siehe besonders seine zweite Rede über die Religion. Die Benennung „absolutes Abhängigkeitsgefühl“ erscheint erst später in seiner Glaubenslehre.

2) Vgl. J. T. Becks Christl. Glaubenslehre I (Gütersloh 1886), 160: „Diese Darstellungen (allgemeinen göttl. Offenbarungen) einer Liebe erweckenden Güte, einer Furcht erweckenden sittlichen Macht, einer alles beherrschenden intelligenten Macht oder Weisheit in Natur und Geschichte sie dringen dem Menschen, bevor er sich noch besinnen kann, ins Herz oder wenigstens an das Herz; sie ergreifen durch ihre Vielseitig keit und Wechsel alle Seiten unseres geistigen Lebens: Gemüt, Gewissen, Willen, Verstand... sie ergreifen alle jene geistigen Lebenspunkte des Menschen einheitlich im tiefen Centrum seines persönlichen Lebens als überlegene höchste Macht." Albr. Ritschl, Rechtfertigung und Versöhnung III, 185: „Die geschichtlichen Religionen nehmen alle geistigen Funktionen in Anspruch, das Erkennen für die Lehrüberlieferung, d. h. für die besondere Weltanschauung, das Wollen für den gemeinsamen

Religionserscheinungen gibt, bei welchen die eine oder andere Seite zu fehlen scheint, kann die Thatsache nicht umstossen, dass diese drei Seiten zu einer gesunden Entwicklung der Religion notwendig sind.

Bei der Macht, mit welcher die Gottheit auf das Innere des Menschen einwirkt, kann es nun nicht anders sein, als dass der Mensch dem Verhältnis, in welchem zu ihr zu stehen er sich bewusst geworden, auch nach aussen Ausdruck giebt. Dies geschieht den Grundanlagen des Menschen entsprechend, auf dreierlei Weise. Die unmittelbare Beziehung des Menschen auf die Gottheit spricht sich unwillkürlich aus in der Anbetung. Die Bezeugung Gottes am Herzen des Menschen lockt von selbst eine Antwort von seiten des Menschen an das höhere Wesen hervor, dessen er bewusst geworden. Ob in blossen Anrufungen oder zugleich in Opfern, es ist dem Menschen ein natürliches Bedürfnis dieser höheren Macht seine Anerkennung auszusprechen, und gerade in diesen Huldigungen wird seine Vorstellung von der Gottheit und seinem Verhalten zu ihr besonders getreu zu Tage treten.

Allein auch nach theoretischem Ausdruck strebt die Religion. Der Mensch besinnt sich notwendig auf den Inhalt seines religiösen Bewusstseins, dessen Gegenstand ihm der ehrwürdigste, wichtigste ist. Aus den religiösen Vorstellungen, Darstellungen und Lehren, die sich unter Mitwirkung der Vernunft gebildet haben und vielleicht mündlich, vielleicht in Symbolen, vielleicht schriftlich überliefert werden, wird sich erkennen lassen, was er sich bei seiner Verehrung eines höheren Wesens denkt.

Endlich aber wird jede lebenskräftige Religion auf Leben und Sitte überhaupt zurückwirken. Denn, ist das göttliche Wesen Autorität, ja höchste Autorität für den Menschen, so wird das Bestreben walten, das Leben nach ihrem Willen oder Wohlgefallen zu ordnen. Also nicht blos die kultischen Gebräuche im engern Sinn, sondern auch die gesamte Lebensordnung ist ein Gebiet, wo der Einfluss der Religion herrscht und ihre Eigenart sich nachweisen lässt. Sehr häufig wird nun freilich gesagt, auf den untersten Stufen der Religion habe diese mit der Ethik nichts zu thun. Erst auf einer höheren Entwicklungsstufe vollziehe sich die Verbindung zwischen beiden. Dies beruht auf einer Verwechslung des Sittengesetzes im allgemeinen mit dem, was für uns Inhalt desselben ist 1). Von der Religion sind gewisse Anforderungen an

Kultus, das Gefühl für den Wechsel der Befriedigung und Nichtbefriedigung, in welchen Stimmungen sich das religiöse Leben von den gewöhnlichen Verhältnissen abhebt." Hier ist nur das Wollen einseitig auf die Handlung nach der Gottheit hin bezogen, während das Handeln nach der Welt hin mindestens ebensosehr in Betracht kommt.

1) So z. B. bei Th. Waitz, Anthropologie der Naturvölker 2 I (Leipzig 1877) S. 323 f.: „Sittliche Vorstellungen pflegen mit den religiösen Ansichten ursprünglich gar nicht in Verbindung zu stehen. Es mag genügen . . . . nur das eine Beispiel der Kamtschadalen zu nennen, denen

Allgemeine Religionsgeschichte.

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das Verhalten des Menschen unzertrennlich. Die Ethik hat allerdings noch eine andere Quelle in den sozialen Beziehungen und Rücksichten. Aber schon auf einer sehr niedrigen Stufe werden auch diese von der religiösen Autorität getragen, wie der nächste Abschnitt zeigen wird1).

Wie oben angedeutet worden, dass die drei Geisteskräfte, in welchen das religiöse Leben pulsiert, nicht überall gleich kräftig davon erfasst werden, so ist hier zu sagen, dass die eine Lebensäusserung auf Unkosten der andern vorherrschen, oder hinter ihnen zurücktreten kann. Es kann die Religion vom kultischen Brauch oder von der Lehre oder auch von einer Moral überwuchert und fast absorbiert werden. Man kann im Zweifel sein, ob eine Norm des Glaubens oder eine Einwirkung desselben auf das Leben überhaupt vorhanden war. Doch werden wenigstens Ansätze zur Ausgestaltung der Religion nach diesen Richtungen allen oder Überreste derselben allenthalben sich finden.

Der Inbegriff dieser Entfaltung und Lebensäusserungen des religiösen Bewusstseins nun nennt man Religion im objektiven, oder positiv-historischen Sinn. Warum es eine Mehrheit solcher positiven Religionen gibt, wird sich alsbald zeigen.

2. Allgemeine Religionsgeschichte.

So nennt man die historische Darstellung des oben bestimmten Verhältnisses zwischen Gott und Mensch, soweit dasselbe als objektive Religion in den einzelnen Teilen der Menschheit Gestalt gewonnen hat. Aus einer Geschichte der Religionen erwächst allmählich eine Geschichte der Religion.

Dass das angegebene Verhalten der Menschen zur Gottheit sehr verschiedene Gestalt annehmen musste, lässt sich im voraus denken. Selbst wenn Gott sich allen Menschen in gleicher Weise offenbarte, wären diese sehr verschieden beanlagt, ihn zu erkennen

einzig die Übertretung ihrer abergläubischen Gebräuche als Sünde gilt: Kohle mit dem Messer zu spiessen, Schnee von den Schuhen mit dem Messer abzuschaben u. dgl. halten sie für grosses Unrecht und leiten die Krankheiten als Folge davon ab, während die gröbsten Laster ihnen als unverfänglich erscheinen." Also Sünde und Unrecht sind ihnen geläufige Begriffe. Welchen Inhalt sie damit verbinden, ist uns hier gleichgiltig.

1) Vgl. Robertson Smith, Religion of the Semites (London 1894) S. 53: So sehen wir, dass die Religion selbst in ihrer rohesten Form eine moralische Macht war; die Mächte, welche Menschen verehrten, standen auf seiten der sozialen Ordnung und des Stammgesetzes, und die Furcht vor den Göttern war ein Motiv, das die Gesetze der Gesellschaft stark machte, welche zugleich die Gebote der Moral waren.“ Und S. 267: „In der alten Gesellschaft waren das im sozialen Gottesdienst ausgedrückte religiöse Ideal und das ethische, das Benehmen im täglichen Leben regierende, Ideal völlig übereinstimmend und alle Moral wie man damals Moral verstand war geheiligt und bekräftigt durch religiöse Beweggründe und Weihen."

und zu empfinden und in ungleichem Masse willig, sich ihm zu unterwerfen. Auch die Befähigung, ihrem Verhältnis zu Gott äusserlich Ausdruck und Gestalt zu verleihen, wäre eine sehr mannigfaltige. Doch haben wir es nicht etwa mit einer Unzahl unzusammenhängender persönlicher Religionen zu thun.

ligionen spricht man überhaupt erst da, wo eigenartige Gestaltungen des religiösen Lebens bei grösseren, durch nationale Einheit oder doch ethnographische Verwandtschaft oder wenigstens durch geschichtliche verbundenen Komplexen auftreten. Gleiche Sprache, gleiche psychische Anlage, gleiches Klima, gleiche Kulturstufe begünstigen gleiche Gestaltung der religiösen Vorstellungen und Gebräuche. Auch ist zu bedenken, dass die Anforderungen der Gottheit, welche mit so überlegener Macht an den Menschen herantreten, notwendig auch auf seine Umgebung sich erstrecken werden, daher er bestrebt sein wird, seinem Hause, Geschlecht, Stamm, Volk dieselbe Erkenntnis und Verehrung der Gottheit beizubringen. Immer werden Einzelne ihre lebendigere Empfindung der Gottheit, ihre tiefere Erkenntnis der Offenbarung, ihren heiligeren Eifer für das göttliche Gebot andern mitteilen und diese sich ihnen unterordnen, indem sie sich von ihnen unterweisen und belehren lassen. Dies ist auch da geschehen, wo nicht ein einzelnes Genie die Religionsgenossenschaft so offenkundig in den Augen der Nachwelt beherrscht, dass man von Religionsstiftern reden kann, wie bei einem Mose, Buddha, Muhammed, Zarathustra u. a.

Ausserdem wird dieses geistige Besitztum sorgfältig den Kindern und Nachkommen übergeben. So lebt die Religion geschichtlich fort. Dass eine Einheit vorhanden sei in dem religiösen Leben der Generationen, das verbürgt diese Vererbung. Aber auch an Bewegung und Veränderung, wie sie zu einer Geschichte" gehören, wird kein Mangel sein. Selbst wenn das von den Vätern Überkommene mit aller Starrheit festgehalten würde, so bliebe es nicht dasselbe; die Tradition würde eine unverstandene und missverstandene, die religiöse Institution eine tote oder auch ihrem ursprünglichen Sinne entfremdete werden. Überdies werden spätere Geschlechter neue Wahrheitsmomente ihrer Religion entwickeln; vielleicht auch wird den Jüngern die Mangelhaftigkeit oder Unhaltbarkeit ihrer religiösen Vorstellungen und Einrichtungen zum Bewusstsein kommen, sie werden den Bestrebungen eines neuen Propheten aus ihrer Mitte zufallen, der als Reformator oder Neuerer auftritt. Auch sind ja die Grenzen zwischen den einzelnen Religionsgebieten nichts weniger als unübersteiglich. Es finden bereichernde oder zerstörende Einflüsse von aussen Eingang, welche sogar dahin führen können, dass die eine Religion die andere aus ihrem Gebiete verdrängt, sei es mit äusserer Gewalt oder durch ihr geistiges Übergewicht. So hat die einzelne Religion ihr Werden und Wachsen, ihre Phasen der Entwicklung, ihre Leiden und Kämpfe, ihren Niedergang und Untergang ganz ähnlich wie die einzelne Sprache. Und wie bei den Sprachen zeigen sich bei den

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