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Sittliche Kritik der Götter.

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lieber verschwiegen werden; wäre aber eine Notwendigkeit vorhanden, sie zu sagen, so müssten sie insgeheim so wenige als möglich hören, die nicht bloss ein Schwein, sondern irgend ein grosses und seltenes Opfer geopfert hätten, so dass nur den wenigsten möglich wäre, es zu vernehmen. Dergleichen Sagen dürfen in unserem Staate gar nicht ausgesprochen werden, am wenigsten vor einem jungen Menschen, welcher, wenn er auch das äusserste thäte, ja wenn er auch den Vater auf alle Art wieder züchtigte, von dem er beleidigt worden, nichts ungewöhnliches zu thun meinen würde, sondern nur das auszuüben, was auch die grössten und besten der Götter thun. Auch ist es keineswegs weder schicklich, wenn es heisst, dass Götter mit Göttern kriegen, sich nachstellen und kämpfen, noch ist es wahr, wenn wir nämlich an denen, welche den Staat bewahren sollen, wechselseitige Feindschaften für das abscheulichste halten müssen; noch weniger wird man die Fabeln von den Gigantenkriegen und vielen und mannigfaltigen andern Feindschaften der Götter und Heroen gegen ihre Verwandten und Befreundeten ihnen erzählen und vorsingen dürfen. Vielmehr, wenn wir im Stande sind sie zu überreden, dass nie ein Bürger dem andern feind war, wie denn dies auch gar nicht recht sei, so müssten Greise, Matronen und Erwachsene dies vorzüglich schon gleich den Kindern sagen; die Dichter aber muss man nötigen, auf gleiche Weise zu dichten. Wie dagegen Hera von ihrem Sohne gefesselt worden, wie Hephästos, da er seiner Mutter zu Hilfe kommen wollte, von seinem Vater herabgestürzt wurde, und alle jene von Homer erzählten Götterkämpfe dürfen wir in unserm Staate nicht aufnehmen, mögen sie einen geheimen Sinn haben oder nicht. Denn der Jüngling ist ja nicht im Stande zu beurteilen, was einen geheimen Sinn hat und was nicht."

Dass diese Kritik in jener Zeit keineswegs eine vereinzelte war, beweist die Anklage des Redners Isokrates1) gegen den Sophisten Polykrates:

„Du hast dir die Wahrheit nicht lassen angelegen sein, sondern bist den Lästerungen der Dichter gefolgt, welche abscheulichere Thaten und Züchtigungen von den Kindern der Unsterblichen aussagen, als man sie kaum bei den verworfensten Menschen erwartet. Solche Dinge sogar sagen sie von den Göttern, welche niemand von seinem Feinde zu sagen wagen würde. Denn sie beschimpfen sie nicht bloss durch Beilegung von Diebstahl, Ehebruch und Tagelöhnerei bei den Menschen, sondern auch durch Beilegung von Fressen der Kinder, Verschneiden der Väter, Beschlafen der Mütter und anderer Laster."

Der Widerspruch, dass die Götter alles Unschöne und Schlechte, was die Menschen sich zu schulden kommen lassen, rächen, selber aber noch schlimmeres ungescheut verüben sollten, war doch allzu grell. Die Einen schoben also diese anstössigen Mythen, damit

1) Isokrates in der laudatio Busiridis.

aber zugleich den Nährboden der hellenischen Religion, auf die Dichter ab1). Andere, wie der gottesfürchtige Plutarch, nahmen zu einer allegorischen Deutung Zuflucht. Es fehlte aber nach allem Anschein auch an solchen nicht, denen die Unthaten und Unsitten der Götter zu willkommener Entschuldigung ihres eigenen Leichtsinns dienten. Hatte doch ohnehin das griechische Naturell eine starke Neigung, der Leidenschaft die sittliche Schranke zu opfern. Nicht wenig trug aber auch die Entwicklung des Kultus zum Überwuchern der Sinnlichkeit in Lebensanschauung und Sitte bei. Die Blossstellung der Leibesschönheit, welche sowohl in der Plastik Übung wurde, während die ältern Statuen züchtig bekleidet gewesen waren, als auch bei den gymnischen Spielen zur Sättigung der Augenlust diente, hatte ihre sittlichen Gefahren, denen das Volk trotz seinem Idealismus nicht gewachsen war. Wenn Buhldirnen den Bildhauern als Modelle für Statuen der Göttinnen dienten, so die berüchtigte Phryne dem Praxiteles für seine Venus Gnidia, oder Pankaste, die Buhlerin Alexanders, für eine Venus Anadyomene, so kann man sich denken, wie lockernd solche Vergötterung der Sinnenlust auf die sittlichen wie die religiösen Anschauungen wirkten. Schon in der Blütezeit Athens aber war es mit der geschlechtlichen Moral schlimm bestellt. Unzucht aller Art wurde nicht etwa nur von den gemeinen Elementen des Volkes, sondern auch von den Edelsten und Angesehensten ungescheut getrieben; selbst des garstigen Lasters der Knabenliebe 2) schämten sich feine, philoso phisch gebildete Männer nicht. Solchen Unsitten wehrte kein Verbot; traute man sie doch selbst den Göttern zu. Der rasche Verfall der griechischen Nation war nicht zum wenigsten die Folge dieser moralischen Verderbnis.

Tholuck) hat seiner Zeit die Defekte der griechischen Sittlichkeit in einem Schriftchen scharf beleuchtet, welches zum Teil heftigen Widerspruch von Seiten der Liebhaber des klassischen Griechentums hervorrief und sie veranlasste, den moralischen Charakter des Alten Testaments in Anspruch zu nehmen. Dies war nun freilich keine geschickte Antwort. Denn die Vergleichung des Alten Testaments lässt jenen Mangel der hellenischen Religion nur um so stärker hervortreten. Auch die edelsten und weisesten unter den Griechen kommen an sittlichem Ernst den Trägern der

1) Dass man in der Blütezeit des hellenischen Volkstums sich hüten musste, als Verächter der Götter selber zu erscheinen, beweist das Los des Sokrates, dem die Anklage auf Einführung fremder Götter verhängnisvoll wurde, sowie das des Phidias, der auch im Kerker starb, wohin ihn die Beschuldigung brachte, er habe auf dem Schild der Parthenos sein eigenes Bild und das des Perikles verewigt. Alkibiades wurde desgleichen wegen Sacrilegien verfolgt.

2) Bei Homer findet sich keine Spur dieses Lasters. Dagegen war es in der Blütezeit Griechenlands sehr verbreitet und keineswegs verpönt.

3) A. Tholuck, Der sittliche Charakter des Heidentums, 3. Aufl., Gotha 1867.

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mosaisch-prophetischen Religion von ferne nicht gleich. Und wenn im Alten Testament Vorfälle berichtet werden, welche die menschliche Sünde in abschreckender Weise offenbaren, so wird diese damit eben gerichtet, niemals mit dem verführerischen Zauber der Schönheit umgeben oder gar durch den Nimbus der Gottheit in den Himmel erhoben. Dass tiefere Frömmigkeit auch die Gewissen der Hellenen in Bezug auf die Pflichten des Lebens erleuchten konnte, hat Tholuck namentlich am Beispiel Plutarchs gezeigt. Und dass die gebildeten Griechen der Blütezeit nicht ohne Frömmigkeit waren, hat Schömann1) mit Recht geltend gemacht. Aber es wird dabei bleiben, dass der Mangel an Erkenntnis des wahren Gottes auch sie trotz ihrer feinen Empfindung für alles Menschliche nicht einmal zum wahren Begriff der Menschlichkeit kommen liess, welchen gefunden zu haben man ihnen oft als Verdienst anrechnet. Ihre niedrige Schätzung der Sklaven, der Nichtgriechen, ja des eigenen Weibes, beweist, dass ihnen nicht der reine Begriff der Menschheit, sondern ihr nationales Selbst als das Ideal vorschwebte, welchem sich der Einzelne hinzugeben habe 2). Schon dieses Ideal war nicht frei von Egoismus. Erst das Christentum konnte die wirkliche Menschenliebe bringen, weil es die Liebe Gottes zur Menschheit offenbarte.

IV. Die Römische Religion.

Einleitung 3).

Dem hellenischen Völkerstamme nahe verwandt ist der italische, der jedoch geraume Zeit seine eigenen Wege gegangen war, als er durch die Römer auf die Weltbühne trat, wo er nach einem halben Jahrtausend aufsteigender Bewegung zur eigentlichen Herrschermacht sich erhob, welcher alle erreichbaren Mächte sich

1) G. F. Schömann, Das sittlich-religiöse Verhalten der Griechen in der Zeit ihrer Blüte, Greifswald 1848, wo jedoch der Abstand vom Christentum weniger an der Bibel als an modern verflachter Religiosität gemessen ist.

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2) Von der einheitlichen Auffassung der Menschheit bei den Stoikern, besonders den römischen, können wir hier ohne Unbilligkeit absehen, da ihre Liebe" keine Macht im Volksleben werden konnte.

3) Vgl. zur Einleitung bes. Theod. Mommsen, Römische Geschichte, 5 Bde., 8. Aufl., Berlin 1888. Eduard Meyer, Geschichte des Altertums Bd. II (1893). G. F. Hertzberg, Geschichte von Hellas u. Rom, Bd. II, Berlin 1879 (bei W. Oncken). Marquardt, Römische Staatsverwaltung, Bd. III: Das Sakralwesen, 2. Aufl. von Wissowa, Leipz. 1885. W. S. Teuffel, Geschichte der römischen Litteratur, Leipz. 1870, 5. Aufl. 1890.

unterwerfen mussten, so dass ihr Regiment den eigentlichen Abschluss der Geschichte des Altertums bildete.

Auch diese Italiker waren, gleich den Hellenen, in eine grosse Zahl von Stämmen und Völkerschaften zerfallen, die ihre sprachlichen, politischen und religiösen Besonderheiten aufwiesen. Ja es finden sich in der historischen Zeit auf der grossen italischen Halbinsel noch Völkerschaften, welche überhaupt nicht zum indogermanischen Italerstamm zu gehören scheinen, übrigens nach ihrem ethnologischen Zusammenhang schwer heimzuweisen sind. Dahin gehören die Ligurer in den Seealpen, früher auch in der Poebene und westlich bis nach den Pyrenäen vorgedrungen, und die geschichtlich viel bedeutenderen Etrusker1), welche ebenfalls in der Poebene gehaust haben und bis in die Alpen, wo die Räter zu ihnen zu zählen, namentlich aber südwärts bis zum Tiber vorgedrungen sind und an der Schwelle der geschichtlichen Zeit als das bedeutendste Reich in Italien dastehen. Sie redeten ihre eigene Sprache, die durch zahlreiche Inschriften bezeugt, aber nach ihrem Zusammenhang mit den bekannten Sprachen noch immer ein Rätsel ist. Wenn die Etrusker wirklich, wie die meisten Neuern annehmen 2), mit den Turscha der Siegesinschriften Merneptahs II und Ramses III und die dort in gleichem Zusammenhang genannten Schardana, welche schon in der Garde Ramses II erscheinen, mit den Sardiniern identisch sind, dann haben diese Völker schon im 14. und 13. Jahrhundert sich über die See gewagt und an räuberischen Vorstössen nach Osten gegen das ägyptische Reich sich beteiligt. Auf alle Fälle beherrschten die Etrusker vor der römischen Zeit das nach ihnen benannte „tyrrhenische" Meer, befuhren es als Handelsleute und Seeräuber, und liessen sich sogar auf Lemnos bleibend nieder. Sie hatten auf italischem Boden zahlreiche Städte (Pisä, Volaterrä, Vetulonia, Populonia, Rusellä, Tarquinii, Caere u. s. w.) und erzeugten vor dem Aufblühen Roms eine eigenartige Kultur. Doch zeigt sich diese schon so lange man sie kennt, durch phönizisch-griechische Einflüsse befruchtet. Die Phönizier mögen schon einige Jahrhunderte vor den Griechen diese Küste besucht und ihre Bewohner zu Schiffahrt und Handel angeregt haben. Aber der Haupteinfluss, den vor allem die etruskische Kunst erkennen lässt, war der griechische. Die etruskische Religion trug von Haus aus einen eigenartig ernsten, düstern Charakter und war hieratisch sehr entwickelt; sie ist in gewissen Stücken, so in Bezug auf die Kunst der Haruspices, für die Römer Vorbild gewesen.

Der vielverzweigte Italerstamm dagegen, aus dem die Römer hervorgegangen sind, lässt sich schon aus seiner Sprache mit Leichtigkeit als gut indogermanisch und mit den Griechen näher

1) O. Müller, Die Etrusker, Bresl. 1828, 2. Aufl. von Deecke 1877. 2) Zuerst de Rougé, Chabas. S. W. Max Müller, Asien S. 371 ff. Gegenteilige Ansicht von Brugsch, Gesch. Ag. S. 578.

Italische Völkerschaftén.

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verwandt erkennen. Aber auch diese Italer waren in manche Stämme zersplittert und, anders als bei den Griechen, war das Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen den einzelnen Gruppen sogar ganz erloschen, wenn auch die Sprachdialekte nicht weiter auseinandergingen als bei jenen. Abgesehen von den Illyriern, welche weiter abgezweigt sind, zerfallen die indogermanischen Italer in zwei Hauptgruppen: die umbrisch-sabellische und die latinische. Die erstere umfasst die Umbrer, welche am untern Po und an der Küste des adriatischen Meeres sassen, aber von Etruskern und Galliern zurückgedrängt und auch von der Küste abgesperrt, sich auf die Umbrien" genannte Landschaft zusammenziehen mussten. Nahe verwandt mit diesen sind die Völkerschaften der sabinischen Gruppe, unter dem Namen Sabiner oder Sabeller zusammengefasst; auch Samniter ist eigentlich Weiterbildung dieses Namens. Dazu gehören die Picenter, Marruciner, Marser, Herser, Volsker u. a. Dieser kraftvolle, Landbau treibende und kriegstüchtige Schlag war in stetigem Vordringen nach Süden begriffen. So bemächtigten sich die Samniter eines Teils der Landschaft Campanien und drangen in Unteritalien ein (Lukanien, Bruttierland).

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Der andern Hauptgruppe gehören die Latiner an, ein kleines Volk, das aber der Krystallisationspunkt für ganz Italien werden sollte. Es war am linken Ufer des untern Tibers sesshaft. Ihre Nachbarn, Volsker, Herniker, Äquer, scheinen sabellischen Stammes gewesen zu sein, wurden aber bald von den Latinern aufgesogen. Dagegen mit den Latinern nächstverwandt waren die Falisker und die Ausoner (Ausunker), Osker (so hiessen die Ausoner in Campanien, dann auch die in dieses Ländchen vorgedrungenen Samniter). Auch die Sikuler, die sich auf der Insel Sizilien niederliessen, gehen auf den latinischen Stamm zurück.

Die Römer selbst, über deren Gemeinwesen wir allein ausführlichere und etwas zuverlässige Nachrichten aus der ältern Zeit besitzen, sind aus den alten Latinern nicht ohne starke Mischung mit Sabinern hervorgegangen. Auch sind diese übrigen italischen Stämme von grossem Einfluss auf die Ausbildung der römischen Macht gewesen, so dass auch ihnen ein gewisser Anteil am Charakter der Römer wird zuzusprechen sein. Verglichen mit den Griechen, zeigen sich die Römer als ein zwar ebenbürtiges, aber recht anders geartetes Volk. An Körperkraft und Tüchtigkeit übertreffen sie ihre Vettern in Hellas, ebenso an Willensenergie und zielbewusstem Handeln; ihr Temperament ist ruhiger, ihr Thun und Lassen besonnener und ausdauernder. Dagegen fehlt ihnen die Lebhaftigkeit der Empfindung und geniale Gestaltungsgabe, welche die Griechen in ihrer Kunst, Poesie und Bildnerei bekunden, ebenso sehr wie die originale Macht des Gedankens, womit jene das Universum unter ihren subjektiven Gesichtswinkel zu stellen und geistig zu beherrschen wussten. Bei den Römern ist in allem die Nützlichkeit und Erspriesslichkeit massgebend, was sie zwar Orelli, Religionsgeschichte.

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