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Tagen. Torquemada spricht von 62 344 solcher Gefangenen. Mag aber auch die Zahl übertrieben sein, so waren es doch jedenfalls viele Tausende. Bei den Jahresfesten der beiden aztekischen Hauptgötter musste immer mindestens ein Menschenopfer fallen. Z. B. beim Maifest Tezkatlipokas1) hatte man dafür den schönsten jungen Kriegsgefangenen oder Sklaven ausgesucht, der den jugendlichen Gott selbst darstellen sollte und schon ein ganzes Jahr vorher als solcher verehrt worden war. Zwanzig Tage vor dem Fest wurde er mit vier schönen Mädchen verheiratet, fünf Tage vor demselben mit prächtigen Mahlzeiten bewirtet. Am Festtage selbst begleitete er das Bild seines Gottes an der Spitze der Prozession eine Meile von der Stadt hinweg und wurde dann dort mit aller Ehrerbietung geopfert. Das Herz wurde ihm zuerst ausgeschnitten und dem Götzenbild, dann der Sonne dargeboten; der Leib wurde von den Priestern heruntergetragen und von den Festfeiernden die Arme und Beine verzehrt.

Dem Kultus des Quetzalkoatl waren Menschenopfer weniger eigen. Doch fehlen sie auch hier nicht. Z. B. finden wir einen dem eben beschriebenen Brauch ganz analogen beim Fest der Kaufleute zu Cholula zu Ehren dieses Gottes 2). Vierzig Tage vor dem Fest kauften dieselben einen fehlerlosen Sklaven. Nachdem dieser in einem See, Göttersee genannt, gebadet worden, wurde er in den Gott Quetzalkoatl verkleidet, den er nun 40 Tage lang vorzustellen hatte. Während dieser Zeit verehrte

ihn mit Blumen und Opfergaben wie den Gott selbst und nährte ihn vorzüglich, doch gab man wohl Acht, dass er nicht entfliehe. Bei seinen Aufzügen durch die Stadt sang und tanzte er. Neun Tage vor dem Termin traten zwei alte Priester demütig zu ihm und sagten mit tiefer Stimme: „Herr, wisse, dass in neun Tagen dein Tanzen und Singen aufhört, denn du musst sterben". Es galt für ein gutes Zeichen, wenn er trotz dieser Mahnung zum . Tanzen und Singen aufgelegt blieb. Man suchte ihm sonst durch ein Getränk von Kakao und Blut Mut zu machen. Am Festtag selbst wurde er mit Musik und Weihrauch hochgeehrt, aber um Mitternacht schnitt man ihm das Herz aus, hielt es dem Monde hin und stürzte den Körper über die Stufen des Tempels hinunter, welcher dann der Zunft der Kaufleute, namentlich den Sklavenhändlern zum Opfermahl diente.

Auch dem alten Wind-, Regen- und Wassergott Tlalok wurden Menschenopfer gebracht 3). So bei einem Wasserfest desselben wurden Kriegsgefangene getötet und am Anfang des Jahres opferte man ihm Kinder, die man gekauft hatte und die von irgend einem feindlichen Volke stammten. Dieselben, noch zu klein um gehen zu können, wurden auf einer Tragbahre unter

1) Siehe J. G. Müller, S. 617.
2) Siehe J. G. Müller, S. 589 f.
3) Siehe A. Réville, S. 88 ff.

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Drommetenschall in der Stadt umhergetragen, und dann in den See geworfen, oder vor der Statue des Gottes geschlachtet, oder auch auf einem Berge getötet, der als Wohnsitz Tlaloks galt. Besonders grauenhaft war auch in der aztekischen Periode wenig stens der Kultus der Maisgöttin, Centeotl, oder Tozi. Längere Zeit vor dem Feste derselben wählte man eine Frau aus, welche dieselbe darzustellen hatte und übergab sie der Hut von vier Hebammen, bezw. Priesterinnen der Göttin und Zauberinnen, welche sie in fröhlicher Stimmung zu erhalten trachteten. Wenn sie zum Abschied auf den Markt kam, wurde sie hoch gefeiert. Auf dem Rückwege säte sie Mais. Man bot immer mehr auf, um sie fröhlich zu machen. Jene Weiber riefen ihr zu: „Beunruhige dich nicht, schöne Freundin, du wirst diese Nacht mit dem Könige zubringen, freue dich nur recht!" Um Mitternacht bekleidete man sie mit Kleinodien der Göttin Tozi, die ihren Brautschmuck vorstellen sollten und führte sie auf die Höhe des nächsten Teokalli. Oben angekommen, wurde sie alsbald von einem Priester gepackt und auf die Schultern genommen. Rasch wurde sie enthauptet. Dann schnitt man ihre Haut entzwei. Die Haut der Schenkel wurde nach dem Tempel des Sohnes der Centeotl getragen, die Haut des Rumpfes schlug ein Priester um sich, der jetzt als Tozi galt, und dieser verfolgte dann zum Schein die anwesenden Priester und Krieger. Nach verschiedenen Ceremonien, die er im Heiligtum des Huitzilopochtli und des Centeotl, Sohn, zu vollbringen hatte, gelangte er ins Heiligtum der Centeotl, Mutter, oder Tozi. opferte er vier Gefangene, denen er nach gewohntem Brauche das Herz ausriss, andere Priester schlachteten andere Opfer. Endlich begab sich jener mit der Haut bekleidete Priester schleunig an die von Feinden gefährdete Grenze und legte dort seine Umhüllung in einem Versteck nieder; sie sollte als Talisman zum Schutze des Reiches wirken!

Diese Beispiele zeigen gemeinsame Züge, die für diese Amerikaner charakteristisch sind. Zu Opfern werden, wenn dieselben recht wirksam sein sollen, stets Menschen gewählt. Man opfert sich aber nicht freiwillig selbst, sondern nimmt dazu Gefangene oder gekaufte Sklaven. Mit diesem relativ geringen Wert der Objekte der Opferhandlung steht in auffälligem Gegensatz, dass dieselben mit der Gottheit, der sie als Opfer fallen sollen, in Eins gesetzt werden. Es findet hier eine eigentümliche Verschmelzung des Gottes mit der ihm geweihten Gabe statt. Damit hängt wieder zusammen, dass nicht nur jener Priester, der die Haut der Geopferten um sich schlägt, den Gott selber darstellt, sondern auch die Gemeinde, indem sie von seinem Fleische isst, den Gott selber isst; dasselbe geschieht, wenn sie das essbare Bild des Gottes 1) verzehrt. Dass das Herz bei allen diesen Opfern als der wichtigste

1) Huitzilopochtli, s. oben S. 788. Dasselbe geschah mit essbaren Bildern des Tlalok.

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Bissen angesehen wird, zeigt, dass man es als die Quintessenz des Menschen, den eigentlichen Sitz der Persönlichkeit ansah.

Zur Erklärung der furchtbaren Häufigkeit der Menschenopfer bei diesem Volke, die wohl alle Analogieen übersteigt, und die bei einem so kultivierten Volke doppelt überrascht, hat man auf die Anthropophagie desselben hingewiesen. Dass diese in der That mit den Opferhandlungen verbunden war, haben die obigen Beispiele gezeigt, die sich leicht vermehren liessen. Auch ausserhalb des Kultus war dieselbe nicht eben selten. Immerhin war sie auch bei den Azteken sonst nicht gerade üblich, sondern kam namentlich nur im Kriege vor, und zwar etwa aus Hunger, besonders aber aus Hass. Dass man die Menschenopfer so häufig brachte, will vielmehr daraus verstanden sein, dass man ihnen die grösste Macht über die Götter zutraute, und dies wieder daraus, dass es sich hier nicht um blosses Fleisch handelte, welches dargebracht wurde, sondern um beseelte Wesen, welche der Gott in sich aufnehmen konnte, wie auch die Gott essen, sich der Gottheit konsubstanzieren. Es handelt sich also um eine Magie der verhängnisvollsten Art.

Dieser grausige Opferkult ist besonders durch die Azteken im Lande zu solcher Blüte gebracht worden. Vorher hat man zwar nach allem Anschein auch schon der Sonne und dem Mond, der Erdgöttin und dem Wasser gelegentlich ein Menschenopfer gebracht. Allein die Azteken selbst rühmen sich dessen, dass sie den ihnen befreundeten Gottheiten viel reichlicheren Tribut an Menschenleben dargebracht hätten, als die Völker neben ihnen, und dass diese eben deshalb ihnen unterworfen worden seien. Sie erzählen verschiedene sagenhafte Anekdoten, worin sie damit prahlen, diese Unsitten eingeführt oder damit den Nachbarn Schrecken eingejagt zu haben. Bei ihnen und durch sie hat die kultische Menschenschlächterei solche beispiellose Ausdehnung angenommen, welche die spanischen Eroberer nicht nur in die grösste Entrüstung versetzte, sondern ihnen auch die Freundschaft vieler Eingeborenen zuwandte. Namentlich die benachbarten Völkerstämme, die fortwährend den kriegerischen Azteken das Material für Menschenopfer hergeben mussten, sahen in Cortez ihren Befreier. Auch fehlte es schon vorher nicht an Widerspruch gegen diese heillose Praxis. Die Priesterschaft des Quetzalkoatl scheint immer eine gewisse Abneigung gegen den blutigen Kult der Aztekengötter gezeigt zu haben. Als Cortez in Cholula, einem Hauptsitz der Verehrung Quetzalkoatls, ein furchtbares Blutbad anrichtete, schob Montezuma die Schuld darauf, dass man dort so wenige Menschenopfer bringe. Es ist nicht ganz undenkbar, dass die Priester jenes Gottes diesen König von energischem Vorgehen gegen die Spanier zurückhielten, indem sie den Fall des blutigen Regiments herbeiwünschten. Als berühmten Träger einer reineren Religion nannte man Nezalhualkojotl, König von Tezkuko, der 1472 starb. Die Azteken waren seine Verbündeten, hatten aber noch nicht eine

massgebende Machtstellung erlangt, sondern waren ihm untergeordnet. Dieser König verehrte den höchsten Gott ohne Bild. Er baute dem höchsten Gott ein die neun Himmel darstellendes Teokalli mit neun Terrassen, deren oberste mit Sternen besät war, und verbot andere Opfer zu bringen als Blumen, Wohlgerüche. Seine Religion schloss sich vergeistigend an den alten Sonnendienst an. Gesetze und Staatseinrichtungen waren von grösster Weisheit. Der König selbst war mild und menschenfreundlich, streng nur gegen die Übertreter des Gesetzes, sogar seine eigenen Söhne, voller Güte gegen die Armen und Schwachen. Er war auch selber Dichter, und es sind von ihm zwei Oden über den Wechsel des menschlichen Schicksals erhalten. Die Wissenschaft, insonderheit die Geschichte der Vergangenheit, wurde von Staatswegen eifrig gefördert. Aber nach dem Tode des Königs erblich der Glanz dieses salomonischen Reiches und die Azteken wurden die Vormacht Mexiko's, deren Regiment zuletzt einem wohlverdienten Gericht erlag.

Blicken wir schliesslich auf die in Mexiko herrschenden Vorstellungen vom Leben nach dem Tode. Die alten Maja glaubten an die Seelenwanderung in dem Sinne, dass die Vornehmen dabei durch die Gestirne in die Sonne gelangen, die Geringern in Tierleiber übergehen sollten. Dabei machte man auch unter den Tieren etwa einen Unterschied, wie die Tlaskalaner, welche dafür hielten, dass die vornehmeren Seelen in lieblich singende Vögel oder in edle Vierfüsser, die des gemeinen Volkes in geringe Tiere wie Wiesel, Käfer u. dgl. übergehen. Die Tiere sind dabei selbstverständlich unsterblich gedacht. Dass die Mexikaner insgesamt ein Fortleben des Menschen nach dem Tod glaubten, ist bestimmt bezeugt1). Das Totenreich wurde aber in verschiedener Weise mit den einzelnen Göttern in Beziehung gesetzt. Wir hörten bereits vom Tlalokan, dem Himmel des Regengottes Tlalok, wohin diejenigen kommen, die ertrunken oder vom Blitz erschlagen worden sind, oder an Wassersucht oder Geschwulsten oder Wunden starben, ebenso die ihm geopferten Kinder. „Tlalokan ist aber ein sehr angenehmer und kühler Ort, und man geniesst dort köstliche Mahlzeiten und alle Vergnügungen, nach Andern eine inhaltlose Zufriedenheit“ 2). Bernal Diaz nennt Tezkatlipoka den Gott der Unterwelt; allein wenn er auch unter anderm Gott

1) Darauf deutet auch die mexikanische Bestattungsweise. Die Priester gaben dem Toten magische Papierstreifen ins Grab; ebenso gab man ihm kleine Götterbilder (Tepitoton) mit, ferner einen Hund, den man am Grabe tötete, dass er jenem den Weg finden helfe. Aber auch Sklaven wurden ihm auf diese Weise nachgeschickt, Vornehmen sogar ein untergeordneter Kleriker, dass er die Gebete und Beschwörungen rezitiere. Beachtenswert ist übrigens auch hier der Übergang des Menschen in den Gott: dem Krieger legte man beim Begräbnis eine Maske des Huitzilopochtli aufs Gesicht, dem Ertrunkenen eine solche des Wassergottes Tlalok.

2) J. G. Müller, S. 500 f.

Mexikanische Religion. Peruaner.

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des Todes zu sein scheint, so haben sich doch die Vorstellungen vom Jenseits weniger an ihn angeschlossen als an Huitzilopochtli, welcher der Gott des Paradieses oder des Himmels als Aufenthalt der Seligen ist. Besonders die Krieger, die im Kampf gefallen sind, nimmt er dort auf mit seiner Gattin, welche ihm in dieser Bedeutung beigegeben ist, Teojamiqui („göttliches Sterben"), wie Odin die Helden in Walhall. Seine Gattin holt auch die herbei, welche in der Gefangenschaft als Menschenopfer sterben. Der Ort der Seligen ist das Sonnenhaus, d. h. die Sonne selbst, welche diese Helden in ihrem Laufe begleiten. Täglich feiern sie deren Aufgang unter Gesängen und Reigentänzen bis an den Mittag, wo ihnen die Seelen der Weiber begegnen, die im Wochenbett gestorben sind. Mit diesen vergnügen sie sich bis zum Sonnenuntergang. Alle vier Jahre verwandeln sie sich in Wolken oder Kolibri des Paradieses, die auch zur Erde fliegen können, wo sie den Honig aus den Blumen naschen. Die grosse Mehrzahl der Menschen aber kommt ins düstere Totenreich, welches Miktlan heisst und in der Unterwelt liegt. Der Gott dieser Unterwelt heisst Miktlaneuktli und hat eine Gemahlin namens Miktlanzihuatl. Beide sperren als Todesgötter immer den Rachen auf, um die Menschen zu verschlingen. Der Weg in dieses dunkle Reich ist umständlich und gefährlich. Man muss zwischen zwei Bergen durch, die mit einander fechten. Eine grosse Schlange und ein Krokodil fallen überdies etwa die Wanderer an. Alle diese Vorstellungen vom jenseitigen Leben sind nicht wesentlich verschieden von dem, was wir in dieser Hinsicht schon bei den wilden Indianern gefunden haben.

III. Die Peruaner 1).

Einleitung.

Auf ein grosses, civilisiertes Reich stiessen die Spanier zu ihrer nicht geringen Überraschung auch in Südamerika und zwar an der Westküste dieses Weltteils auf dem verhältnismässig schmalen aber langgestreckten Streifen Landes, der zwischen dem mächtigen Gebirgszug der Cordilleren und dem stillen Ozean sich hinzieht.

1) Vgl. auch hier die S. 770 angeführten Werke: Waitz IV, 378 ff., J. G. Müller, a. a. O. S. 293 ff. Diese an Material reiche Zusammenstellung aus den Quellen bildet wie diejenige Müllers über die mexikanische Religion die Grundlage der neuern Darstellungen und ist im folgenden benützt worden, auch wo nicht ausdrücklich darauf verwiesen ist. A. Réville a. a. O. S. 273 ff. Vgl. H. Wuttke a. a. O. I, 303 ff. J. J. von Tschudi, Reiseskizzen nach Peru, St. Gallen 1846.

Orelli, Religionsgeschichte.

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