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hatte seine Bedeutung. Konnte man auf diese Weise Verzeichnisse über Vorräte, Abgaben u. dgl. führen, so war dagegen dieses Erinnerungsmittel äusserst unvollkommen, wenn es sich um Meldungen, oder gar Erzählungen von Ereignissen u. dgl. handelte, wofür sie ebenso dienen mussten wie die mexikanische Bilderschrift. Aus dem ganzen Reich wurden diese Quippu nach der Hauptstadt geschickt, wo sie den Inhalt des Staatsarchives bildeten.

Dass die Inkareligion einen gewissen Erfolg in der sittlichen Erziehung des Volkes davongetragen hat, ist denn auch nicht zu leugnen, wenngleich der unter ihr herrschende Sittenzustand von Idealisten weit überschätzt worden ist. Nicht nur hat sie das Volk so schlimmer Unsitten wie der Anthropophagie gänzlich entwöhnt, sondern es muss auch das Sprichwort seinen Grund gehabt haben, das von den Peruanern jener Zeit sagte: Ama sua, ama qualla, amallulla: Keine Diebe, keine Faulenzer, keine Lügner! Verbrechen wie Diebstahl und Mord waren in der That sehr selten. Das Ganze erinnert an einen Bienenkorb, in welchem keine müssigen Drohnen geduldet werden, oder an einen Ameisenhaufen, dessen emsiges Völklein in der Regel nur Krieg führt, um sich gegen Eindringlinge zu verteidigen.

Aber allerdings ist der konsequente Sozialismus, welcher in diesem grossen südamerikanischen Reiche durchgeführt war, auch insofern lehrreich, als er zeigt, wie wenig die persönliche Freiheit in einem solchen Sozialstaate bestehen kann. Auch thut der Zwang und die Verkennung der individuellen Eigenart, welche freilich auf dieser Stufe zu entschuldigen war, dem sittlichen Werte des erreichten Erfolges Eintrag. Derselbe konnte nur so lange von Dauer sein, als nicht die abergläubische Ehrfurcht vor dem Inka und seiner Quippukratie erblich oder diese unfehlbare Autorität einem von aussen kommenden Feinde erlag, wie es thatsächlich eingetreten ist, als die Spanier mit einer lächerlich kleinen Schar das damals gerade durch dynastische Kämpfe geschwächte Reich sich unterwarfen. Als der Zwang der alten Ordnung aufhörte, kamen die alten Unarten des Volks bald genug wieder zu Tage.

Ein ethischer Mangel der alten Religion tritt auch an ihren Unsterblichkeitsvorstellungen zu Tage, von welchen schliesslich noch ein Wort zu sagen ist. Die Fortdauer der Seele wurde auch hier allgemein angenommen. Auch hier versorgte man bei der Bestattung die Abgeschiedenen mit dem, was sie drüben noch nötig haben mussten; man gab ihnen Kleider, Gefässe, Geräte in das Grab und stellte Speise und Trank auf die Gräber. Aber auch die Leichname wurden in hohen Ehren gehalten, vor allem die der Inka. Diese letztern wurden mumisiert und so an den Wänden des grossen Sonnentempels in Kuzko auf goldene Throne gesetzt und an den hohen Festen sogar auf den Marktplatz gebracht. Ähnlich sassen die alten Königinnen im Tempel der Mondgöttin. Man hat irriger Weise aus der sorgsamen Aufbewahrung

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der Leichen auf eine zu Grunde liegende Idee der leiblichen Auferstehung des Toten geschlossen. Vielmehr wird die dabei waltende Meinung die sein, dass das Los der Seele mit dem des Leibes zusammenhange. Auch diente die Mumie dem Totendienst, wie in Ägypten.

Was den Zustand der Seelen nach dem Tode betrifft, so glaubte man an die Versetzung der Inkaseelen nach der Sonne, zu der sie ja nach ihrer Abstammung gehörten. Diesen Aufenthalt im Reiche des Lichts dachte man sich natürlich wonnig und selig. Bei gemeinen Sterblichen dagegen ist die Wanderung der Seelen durch Tierleiber eine geläufige Vorstellung; damit wechselt aber auch die von einer dunkeln Unterwelt, die der unersättliche Totengott regiert. Von einer moralischen Vergeltung nach dem Tode verlautet nichts.

G. Ozeanische Gruppe ".

Einleitung.

Noch bleibt eine Völkergruppe zu besprechen, welche die Inselwelt des Grossen Ozeans oder der Südsee bewohnt, vor allem das gewaltige Eiland, das unter dem Namen Australien oder „Neu-Holland" bekannt ist, dann die aus kleineren und grösseren Inseln bestehenden Archipel nördlich, nordöstlich und östlich von Australien. Die nordwestlich gelegenen Inseln Java, Borneo, Sumatra u. s. f. schliessen sich religionsgeschichtlich mehr an Indien an und sind von dessen Religionen und dem Islam beeinflusst. Aber jene abgelegeneren Inselgruppen, die man unter den Namen Melanesien, Mikronesien und Polynesien zusammenfasst, sind, wie Australien selbst, von solchen Einflüssen unberührt geblieben und weisen in religiöser Hinsicht manches Eigenartige auf. Zwar begünstigte die abgeschnittene Lage der Insel bewohner eine starke Zersplitterung auch in Sitten und religiösen Vorstellungen. Aber ausser der Ähnlichkeit, welche man bei den Religionen aller uncivilisierten Stämme wahrnimmt, lassen sich bestimmte Züge erkennen, welche diesen Ozeaniern eigen sind. Der Menschenschlag selbst weist grosse Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit auf. Doch pflegt man alle diese Völker unter dem Namen „Ozeanischer Stamm" oder „Malajische Rasse" zusammenzufassen. Die eigentlichen Malajen, d. h. die Bewohner der Halbinsel Malakka und der Insel Sumatra, bleiben freilich hier ausser Betracht. Doch lässt sich gerade bei der östlichsten von uns zu behandelnden Gruppe, den Polynesiern, der Zusammenhang mit den Malajen nicht verkennen. Manche Anzeichen führen darauf, dass diese östlichen Insulaner von Westen,

1) Das Hauptwerk ist: Th. Waitz, Anthropologie, Teil V und VI von Georg Gerland (Leipzig 1865–1872). Die Litteratur siehe zu Anfang von V, 2 und VI. Ferner verdient besonders hervorgehoben zu werden A. Réville, Les Religions des peuples non-civilisés II, Paris 1883.

Die Australier und Tasmanier.

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vom Malajenland nach Osten vorgedrungen sind, um auf den zum Teil sehr fruchtbaren Inseln ihren Unterhalt zu finden. Die Frage, wie sich zu diesen Malajen im weitern Sinne die besonders in Melanesien ansässigen Papua und die wieder anders beschaffenen Australier ethnographisch verhalten, lassen wir auf sich beruhen.

1. Die Australier und Tasmanier ').

Wir beginnen mit der Bevölkerung, welche man in Australien (Neu Holland) und auf der südlich davon gelegenen Insel Tasmanien (Vandiemensland) vorgefunden hat. Auf der letztern Insel sind übrigens die Eingeborenen ganz verschwunden; in Australien sind sie mehr ins Innere zurückgedrängt. Diese Bewohner der letzteren Weltinsel, welche freilich auch unter sich noch starke Unterschiede aufweisen, werden „Australneger" genannt, da ihre Farbe und Gesichtsbildung zwischen der der Neger und Malajen in der Mitte steht. Die Hautfarbe ist schwarzbraun, Arme und Beine lang, der Bauch vorhängend, die Augen klein und tiefliegend, die Nase oben eingedrückt, unten breit, der Mund gross, die Lippen dick, das Haar fein, oft wollig, schwarz, der Bartwuchs stark. Einzelne Stämme sind abstossend hässlich und machen mit ihrem behaarten Leib und ihren zum Greifen, besonders zum Klettern, geschickten Füssen einen affenartigen Eindruck. Allein die abschätzigsten Urteile über ihre Fähigkeiten beruhen auf Übertreibung und unrichtiger Verallgemeinerung. Richtig ist, dass sie die ekelhaftesten Dinge essen, zumal im Innern des Landes, das an Vegetation sehr arm ist und auch keine ausgiebige Jagd gewährt. Auch werden Feinde aus Hass und Kinder aus Liebe nicht selten gefressen. Die eigentümliche Waffe der Australier ist der Bumerang, ein gebogenes Wurfholz, das sie mit grosser Geschicklichkeit handhaben. So tief sie aber in ihrer Bildung stehen mögen, so haben sie doch nicht bloss ihre umständlichen Höflichkeitsformen, unter denen das Reiben der Nasen an einander obenansteht, sondern lieben auch Lieder und Malereien, ja Gerland weist auf Anzeichen hin, die dafür sprechen, dass die Australier einst auf einer höheren geistigen Stufe standen 2). Die Verfassung, wenn von einer solchen gesprochen werden kann, ist eine patriarchalische. Wer eine grosse Familie hat, aber auch wer sich durch Tapferkeit auszeichnet, ist Häuptling. Jede Familie hat ihr „Kobong", welches dem Totem der Indianer entspricht, ihr heiliges Tier, das kein Glied der Familie essen wird. Die Familie, bezw. der Stamm ist solidarisch verbunden, was namentlich für das Gesetz der Blutrache, welches allgemein gilt, von

1) Siehe Waitz-Gerland a. a. O. VI, 706 ff. Réville a. a. O. II, 143 fr. 2) Vgl. Waitz-Gerland VI, 789. 796.

Wichtigkeit. Wie bei allen Ozeaniern findet sich auch hier eine Teilung der Bevölkerung in verschiedene Stände oder Kasten1). Stammes- und Familienzeichen wurden auch bei der Tätowierung der Haut aufgetragen, welche Handlung bei einzelnen Stämmen mit religiöser Feierlichkeit vollzogen wurde.

Religion hat man früher etwa den Australiern ganz abgesprochen mit Unrecht. Nur ist diese Religion ganz ausgeartet, ganz zu Grunde gegangen in wilder, zusammenhangsloser, oft unglaublich abgeschmackter Dämonologie" ). Im Süden und Südosten ist die Verehrung des Himmelsgottes nachgewiesen, der bei den einzelnen Stämmen verschiedene Namen trägt: Koy an oder Peia mei. Er wohnt im Himmel und hat Alles geschaffen, heisst deshalb auch Mahmam-mu-rok, „Allvater". Er ist leicht zum Zorne gereizt, man beschwichtigt ihn durch Tänze. Anderswo unterscheidet man zwei Brüder, den guten Baiamai (= Peiamei), der auf einer Insel im fernen Osten wohnt, den Schöpfer aller Dinge (welches Werk wieder von andern dem Sohne desselben, Burambin zugeschrieben wird), der im Februar durch Lieder und Tänze gefeiert wird, und seinen misslaunischen Bruder Dararwigal, der im Westen wohnt. Von diesem erzählt man u. a., er habe, da er sein Messer verloren, aus Ärger die Blattern dem Lande geschickt. Um ihn zu besänftigen, opferte man ihm ein neues Messer. Die Überlegenheit der Weissen spricht ein Mythus aus, welcher von dem Gott der Australier (Pungil) erzählt, er sei vom Gott der Weissen besiegt und gebunden in die Eingeweide der Erde hinabgestürzt worden. Durch den Regenbogen befruchtet der Himmelsgott die Erde. Die Sterne sind ein früheres Menschengeschlecht, das zuerst die Erde bewohnte, aber durch eine allgemeine Flut weggerafft wurde. Diese Sternengeister besuchen die Erde oft in Tiergestalt und wirken auf das Menschenleben ein. Im Osten weiss man von einem gigantischen Manne oder Gott Motogon, der die Erde durch Blasen gemacht habe jetzt aber alt geworden sei und nichts mehr thue. Ähnliche mythische Sagen ohne rechten Zusammenhang gibt es noch manche. In Südaustralien wurden Sonne und Mond durch Tänze verehrt. Der Mond gilt als Gatte der Sonne, die ihren Mann jeden Monat tötet. Auch diese beiden bewohnten einst die Erde. Ausserdem gibts viele lokale Götter oder Geister, von denen der eine oder der andere mit schon genannten identisch sein mag, z. B. Nganno, ein grosser Fisch; Tarrotarro, eine Gottheit in Gestalt einer grossen Eidechse, welche die Geschlechter trennte, also den Unterschied von Mann und Weib einführte; Tarnda, ein göttliches Känguruh, welches die Menschen das Tätowieren. lehrte; Jura, eine Riesenschlange, welche die Beschneidung vorschrieb und deren Unterlassung strafte; sie lebt im Strom der

1) Waitz-Gerland S. 789.
2) Ebenda VI, 796.

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