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Schlussbemerkungen.

1. Allgemeinheit der Religion.

Die Allgemeinheit der Religion bei den Menschen ist durch die Religionsforschung sowohl der Zeit als dem Raume nach erwiesen. Sie lässt auf Ursprünglichkeit der Religion schliessen und bildet einen Beweis für die geistige Einheit des Menschengeschlechts, während die historische Einheit desselben sich durch religionsgeschichtliche Thatsachen nicht hinreichend darthun lässt, immerhin aber berechtigte Hypothese bleibt.

Ein Ergebnis, welches unsere Übersicht geliefert hat, ist die Allgemeinheit der Religion bei den Menschen nach Zeit und

Wir sind keinem Volke der Vergangenheit begegnet, das uns etwas näher bekannt wäre und bei welchem sich keinerlei Religion nachweisen liesse. Ebensowenig haben wir in der Gegenwart ein noch so kümmerlich lebendes, geistig niedrig stehendes Volk angetroffen, bei welchem die religiösen Erscheinungen gänzlich fehlten.

Zu dem selben Ergebnis wurden die Weisen des Altertums durch ihre Beobachtungen geführt. So sagt Aristoteles1): „Alle Menschen nehmen an, dass es Götter gebe, und alle räumen den obersten Raum den Göttern ein." Auch die Epikuräer stimmten dem zu und nannten das eine лóhηчis 2). Namentlich aber betonten es die Stoiker und rechneten diese Annahme zu den

Stammbegriffen der Menschheit (zowai evroiai). Das Facit der Meinungen des Altertums hat Cicero gezogen: Es findet sich kein noch so wildes Volk, das nicht eine Idee der Gottheit hätte. Haben auch viele Völker falsche Begriffe von den Göttern, so glauben doch alle an eine göttliche Kraft und Natur, und zwar aus sich selbst, ohne alle Verabredung. In jeder Sache ist aber eine solche Übereinstimmung aller Völker als ein Naturgesetz anzusehen 3).

1) Aristoteles, de coelo 1, 1, 3: πάντες γὰρ ἄνθρωποι περὶ θεῶν ἔχουσιν ὑπόληψιν, καὶ πάντες τὸν ἀνωτάτω τοῖς θεοῖς τόπον ἀποδιδόασι.

2) Cicero, de natura deorum 1, 16, 43; 1, 17, 44.

3) Cicero, Tusc. 1, 13. 30; de legg. 1, 8; de natura deor. 1, 16, 43; 1, 17, 44; 2, 4, 12.

Plutarch) sagt: „Du kannst Städte antreffen ohne Mauern, ohne Schrift, ohne Könige, ohne Häuser, ohne Geld, ohne Münzen, ohne Theater und Gymnasien; aber eine ohne Tempel und Götter, ohne Gebete, Eide und Orakel oder Opfer gibt es keine und hat es noch keine gegeben." Und Artemidoros aus Ephesus schreibt in seiner Oneirocritica 1, 9: „Kein Volk ist ohne Gott, ohne einen obersten Regenten; einige aber verehren so, andere wieder anders die Götter." Nur die Skeptiker unter den Alten, die Anhänger der neuen Akademie erhoben Zweifel gegen diese Allgemeinheit der Religion 2), ohne jedoch ihre Einwendungen durch Thatsachen stützen zu können.

In neuerer Zeit haben nicht selten reisende Geographen oder Naturforscher gewissen Stämmen und Völkern die Religion gänzlich abgesprochen, so den Buschmännern, den Papua, den Waldindianern u. a. m. Allein überall haben sich bei genauerem Zusehen religiöse Vorstellungen und Gebräuche gefunden, ja solche sind nicht selten von denselben Berichterstattern gemeldet worden, welche von Religion nichts entdeckt zu haben versicherten 3). So allgemein wie die Sprache ist bei den verschiedensten Gruppen der Menschheit die Religion, mag sie auch bei einzelnen noch so roh geblieben oder verkümmert sein. Th. Waitz sagt gerade in Bezug auf die „Naturvölker": „Das religiöse Element wird nirgends vermisst, wo die übrigen Charaktere der Menschheit sich zeigen; wenn es auch oft nur in verkrüppelter Gestalt auftritt, ist sein Einfluss auf das Leben der Völker im ganzen doch überall nachweisbar, und dieser Einfluss ist in allen genauer bekannten Fällen sogar ein sehr bedeutender 4). Dadurch werden alle die Theorieen lügen gestraft, welche die Religion aus berechnender Erfindung der Priester oder Könige ableiten 5), sie muss schon dagewesen sein, ehe es Priester und Könige gab; denn man findet sie selbst da, wo es keine gibt.

Aus dieser Allgemeinheit der Religion, die unzertrennlich mit den Menschen verbunden erscheint, soweit unser Erfahrungsgebiet reicht, lässt sich auch ein Schluss ziehen auf die Ursprünglichkeit der Religion. Ein Zustand, in welchem die Menschen noch ohne alle Religion gewesen wären, ist für uns nicht vorstell

Und nehmen wir hinzu, was in der Einleitung 6) hervorgehoben worden ist, dass nämlich je höher man in der Zeit hinaufgeht, destomehr das Dichten und Trachten der Menschen von der

1) Plutarch adv. Colotem 31.

2) Cicero, de natura deorum 1, 23, 63.

3) Siehe Beispiele bei Waitz, Anthropologie 12, 322 f.; Tischhauser, Grundzüge der Religionswissenschaft, S. 47 f.; J. G. Müller, Amerikanische Urreligion S. 11. 20. 168. 206. 251; W. Schneider, Rel. der afrikan. Naturvölker, S. 3 ff.

4) Waitz, Anthropologie I2, 321.

5) Siehe oben den Anonymus über die Impostores S. 23. Übrigens auch der Euemerismus trägt dieser Sachlage keine Rechnung.

6) Seite 8 ff.

Einheit des Menschengeschlechts.

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Religion umfangen erscheint, so führt dies vielmehr darauf, dass dieselbe gerade im frühesten Dasein des Menschen einen besonders starken Einfluss auf ihn gehabt haben wird. Doch davon im nächsten Abschnitt.

Jedenfalls bietet diese Wahrnehmung, welche alle Geschlechter und alle Stämme von Land zu Land zur Gottheit in einem besonderen Verhältnis stehend erweist, so dass sie bei aller Mannigfaltigkeit dieser Verhältnisse doch in dem Vorhandensein einer Religion übereinstimmen, ein nicht zu verachtendes Merkmal, welches die gesamte Menschheit im Gegensatz zu den niedrigeren Geschöpfen kennzeichnet. Dass einzelne Individuen, namentlich auch hochcivilisierte, religionslos erscheinen, verschlägt hiergegen nichts, da man es dabei mit einem verbildeten Zustand zu thun hat, wobei übrigens die wirkliche Religionslosigkeit selten lange dauert und wie mit Naturnotwendigkeit sich niedrigere Religionsvorstellungen an die Stelle der abgewiesenen höheren drängen, oder auch höhere an die Stelle der niedrigeren treten.

Wenn aber die Einheit der geistigen Anlage des Menschengeschlechts durch die Allgemeinheit der Religion erwiesen ist, so fragt sich weiterhin, ob auch ein Schluss auf seine historische Einheit, d. h. die gemeinsame Abstammung sich aus der Beschaffenheit der verschiedenen Religionen ziehen lässt. So weit reicht jedoch der Nachweis der religiösen Übereinstimmung einstweilen nicht. Die Sprach- und Religionsfamilien führen auf einen gemeinsamen Ursprung ihrer Glieder unter einander; wir sahen aber, dass ein grosser Teil der Menschheit sich überhaupt noch in keine solche Familien mit Sicherheit eingliedern lässt; noch weniger gelingt es heute, diese Gruppen zu den übrigen eigentlichen Familien in ein genealogisches Verwandtschaftsverhältnis zu bringen. Auch ohne dass man das vermöchte, wäre freilich die geschichtliche Einheit der Religionen bewiesen, wenn sich in allen solche gemeinsame Züge fänden, die nur aus Vererbung sich erklären liessen. Allein so frappante Berührungen sich auch zwischen den entlegensten Volksreligionen finden, so vorsichtig muss man mit der Schlussfolgerung sein, dass hier ein historisch überkommenes Erbe vorliege, da sich fragt, ob nicht solche Züge auf späterer Übertragung beruhen oder spontan an verschiedenen Orten ihren Ursprung genommen haben können. Als berechtigte Hypothese bleibt aber sicherlich die einheitliche Abstammung der Menschheit bestehen, für welche auch von naturwissenschaftlicher Seite gewichtige Gründe geltend gemacht werden.

2. Die Frage nach der frühesten Gestalt der Religion.

Die früheste Gestalt der Religion, welche aus den historisch bekannten Erscheinungen der Religionen sich erschliessen lässt, übrigens von der Urreligion wohl zu unterscheiden ist, war weder

Fetischismus noch Animismus, weder zerfahrener Polytheismus noch lehrhafter Monotheismus gewesen, sondern nach manchen Anzeichen ein naiver Henotheismus, wobei die stark empfundene Gottheit mit der Natur, beziehungsweise der höchsten Naturerscheinung, dem Himmel, zusammengeschaut, wenn auch nicht für identisch angesehen wurde. Diese Gottheit entbehrte als oberste Autorität für den Menschen auch nicht eines ethisch normierenden Einflusses.

Wenn die Menschheit nach allen Anzeichen auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgeht oder doch an den verschiedenen Stellen des Planeten dieselbe Entwicklung durchgemacht hat, dann liegt die Frage nach der Urreligion nahe, von welcher die historischen alle abzuleiten wären, oder nach der ursprünglichen Form, welche das religiöse Verhältnis bei den verschiedenen Gruppen der Menschheit angenommen habe. Allein diese Frage entfernt sich zu weit vom historischen Bereich, als dass ihre Beantwortung einen geschichtlichen Wert beanspruchen könnte. Wir fragen daher bescheidener nach der frühesten Gestalt der Religion, die sich aus den historisch bekannten erschliessen lasse.

Früher pflegte man ohne weiteres, von den Mitteilungen der Bibel über den Urstand des Menschen ausgehend, eine monotheistische Urreligion anzunehmen. Man dachte sich sogar das religiöse Bewusstsein Adams als ein sehr lehrhaftes: Gott habe ihm die Hauptdogmen über Monotheismus, Trinität u. dgl. beigebracht. Eine ununterbrochene Tradition hätte von diesem Ursprung her solche Erkenntnis dem Abraham vermittelt, von welchem sie sich auf Israel vererbte, während allerdings der weitaus grösste Teil der Menschheit dieses Lichtes ermangelte. Allein damit hat man viel bestimmteres aus jenen Blättern der Genesis herausgelesen, als darin steht. Auch lässt sich so wenig die Lücke, welche unserem geschichtlichen Wissen am Anfang entgegenklafft, einfach durch biblische Daten ausfüllen, als die geologischen Forschungen über die Erdbildung durch Genesis 1 ersetzt und überflüssig gemacht werden könnten. Aber auch die Wissenschaft hat sichs oft zu leicht gemacht mit der Aufstellung einer Urreligion oder eines religiösen Anfangsstadiums, statt einzusehen, dass unser Material uns nur Schlüsse auf ein vorgeschichtliches Entwicklungsstadium gestattet, damit aber noch lange nicht notwendig die Urreligion erreicht ist.

In welcher Richtung sucht man nun die anfängliche Religion? Nach jener traditionellen Weise stellte man sich dieselbe relativ vollkommen vor, man setzte das höchste, reinste Gottesverhältnis an den Anfang und betrachtete die verschiedenen Gestaltungen der Religionen mit Einer Ausnahme als Erzeugnisse des Abfalls und Verfalls. Umgekehrt liebt es die neuere Weltanschauung, das Höhere in stetigem Fortschritt aus dem Niedrigen hervorgehen zu lassen. Seit Isaak Iselin seine Geschichte der Menschheit" (Zürich 1764-70, 2 Bde.) schrieb, Lessing seine „Erziehung

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des Menschengeschlechts" (1780), J. G. Her der seine „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" (Riga 1784-91, 4 Teile), gewöhnte man sich daran, die Menschheitsgeschichte als ein organisches Aufwachsen aus der Niedrigkeit zur Höhe anzusehen. Die Kulturgeschichte wies ja unverkennbar eine solche aufsteigende Entwicklung, wobei je das spätere Geschlecht auf den Schultern des früheren steht. Die Naturgeschichte vollends wollte bald den Menschen selbst nur als eine Phase der aufwärtsstrebenden Evolution fassen, sein Dasein als die Frucht einer aus niedrigeren Gebilden aufsteigenden Entwicklung (Darwin, Vogt, Häckel). Wie sollte nicht auch die Religionsgeschichte eine solche aufsteigende Stufenleiter darstellen? Man suchte also die ursprünglichste Religion auf der niedrigsten Stufe.

1. Der Fetischismus sollte die Urreligion sein. So z. B. schon Aug. Comte, der Gründer des Positivismus; E. Meiners, Allgemeine kritische Geschichte der Religionen 1806; Sir John Lubbock, der aber dem Fetischismus noch den Atheismus vorangehen lässt, indem er vorgeblich eine lange Reihe religionsloser Völker gefunden hat. Besonders theoretisch ausgeführt vertritt diese Meinung von der Ursprünglichkeit des Fetischismus Fritz Schultze: Der Fetischismus, Leipzig 1871. Nach ihm läge der Grund aller Religion in dem Bedürfnis des Verstandes, für jede Erscheinung eine Ursache zu suchen. Der Naturmensch nun sucht die Ursache aller Wirkungen in den nächstliegenden sinnlichen Gegenständen. Aus diesen beiden sehr angreifbaren Prämissen leitet Schultze die These ab: Der Anfang aller Religion war Fetischdienst, Verehrung von Steinen, Klötzen u. s. f., in welchen man zuerst die Ursachen der Dinge vermutete. Mit der Entwicklung des Erkenntnisvermögens steige aber die Verehrung: vom blossen Stein schreite man fort zu ganzen Bergen, vom blossen Klotz zu ganzen Bäumen, dann zu Tieren, zu Menschen. Von den der Erde angehörigen Objekten, in welchen er den zureichenden Grund des Geschehens nicht auf die Dauer finde, erhebe sich dann der denkende Geist zum Himmel, wo ihm Mond und nächtliche Gestirne zuerst Eindruck machen, erst später die Sonne, zuletzt der Taghimmel. Da aber auch dabei das Causalitätsbedürfnis sich auf die Länge nicht beruhigen könne, müsse noch über den obersten Fetisch, den sichtbaren Himmel, hinaufgestiegen werden zu einem übersinnlichen Geist oberhalb desselben. So entstehe Monotheismus. Diese Begründung der Religion aufs blosse Causalitätsbedürfnis ist ein Rationalismus, der durch Schleiermacher beseitigt sein sollte. Auch macht Ed. von Hartmann mit Recht dagegen geltend, dass der Wilde niemals einen Fetisch habe handeln sehen, und es somit gar nichts naheliegendes sei, wenn er ihm besondere Wirkungen zuschreibe. Anders verhalte es sich mit dem Himmel, dessen Wirkungen die Menschen sehen.

Zudem ist die Auffassung falsch, als sähe der Fetischdiener den sinnlichen Gegenstand, den er verehrt, als handelndes Agens

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