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Wir haben vielmehr bei den afrikanischen Religionen, die man als Fetischismus zu bezeichnen pflegt, gesehen, dass dieser vielmehr einen bestimmten Geisterglauben zur Voraussetzung hat und etwas von diesem abgeleitetes ist. Es ist aber überhaupt misslich, die geistloseste Form der Religion herauszusuchen und von vornherein als die ursprüngliche zu bezeichnen. Nicht einmal hinsichtlich der Kultur ist es wohlgethan, den Zustand der heutigen Wilden als den uranfänglichen der ganzen Menschheit zu bezeichnen. Warum bringen diese Wilden keine Kultur hervor, warum arbeiten sie sich nicht auf eine höhere Stufe empor, wenn alle Kulturarbeit von diesem ihrem Zustande ausgegangen ist? Thatsächlich stellen diese Wilden nicht den normalen Anfangszustand dar, sondern ein abnormes Verharren in der Unkultur, welches die betreffenden Völker zu sehr abgestumpft hat, als dass sie noch eine nennenswerte Kultur erzeugen könnten. Mit Mühe nehmen sie eine fremde Kultur an, die man ihnen beibringt, manche gehen aber auch an einer solchen zu grunde. Am Anfang der gesamten Kulturentwicklung hätten wir uns also ein Geschlecht zu denken, das die Kulturarbeit noch nicht begonnen, aber alle zu ihrer Erzeugung nötigen Fähigkeiten hätte. Ähnlich verhält sichs mit der Religion. Auch hier ist die Frage berechtigt: Warum sehen wir aus den Fetischreligionen keine höheren hervorgehen, wenn doch alle höheren daraus sollen hervorgegangen sein?

Ähnlich verhält es sich mit 2. dem Animismus, den man neuerdings oft an die Spitze stellen und aus dem man alle Religionen herleiten möchte, d. h. mit der Verehrung ungezählter Seelen oder Geister, von welchen die Welt voll ist. So namentlich der englische Kulturhistoriker Edward B. Tylor) und der Deutsche Julius Lippert 2); auch der Holländer Tiele in seinem Kompendium 3). Diese Geister können zum Teil Naturgeister sein, namentlich aber sind sie Seelen von Abgeschiedenen, Ahnen (Totemismus). Vom Ahnendienst alle Religion abzuleiten sucht namentlich auch Herbert Spencer. Der Geisterdienst im allgemeinen wird auch Schamanismus genannt, da das Institut der Zauberer oder Zauberpriester, welche die verschiedenen Geister zu behandeln wissen, notwendig mit dieser Gesamtanschauung sich verknüpft. Wie man dazu gekommen sei, solche Seelen oder Geister anzunehmen, wird in verschiedener, wenig plausibler Weise erklärt aus dem Traumleben, Alpdrücken u. dgl. O. Caspari, Urgeschichte der Menschheit,

1) Edward B. Tylor, Primitive Culture, Lond. 1871. Deutsch von Spengel und Poske: Die Anfänge der Kultur, 2 Bde. Leipz. 1873. Derselbe, Anthropology, Lond. 1881.

2) Julius Lippert, Die Rell. der europäischen Kulturvölker in ihrem geschichtl. Ursprunge, Berlin 1881. Derselbe, Der Seelenkult nach seinen Beziehungen zur hebr. Rel., Berlin 1881.

3) Compendium 1880. Vorsichtiger derselbe, Gesch. der Rel. (1885) 1, 6 ff.

Animismus? Naturismus?

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leitet den Ahnendienst von dem hohen Ansehen ab, welches der lebende Häuptling genoss, und aus diesem Ahnendienst soll dann alle Religion hervorgegangen sein. Allein Religion und Geisterdienst finden sich auch z. B. bei den Buschmännern, wo es zu staatlicher Gliederung gar nicht gekommen ist. Dass der naive Mensch leicht alles beseelt sich vorstellt, ist gewiss; aber eine andere Frage ist, ob sich die früheste Religion darin erschöpfte oder ihr Wesen in diesem Geisterglauben hatte. Thatsächlich sehen wir in der Regel den Verehrer von Geistern einen Unterschied machen zwischen diesen und der eigentlichen Gottheit, welche über dem menschlichen Seelen- und Geistesleben erhaben gedacht wird. Man kann sich dem Eindrucke nicht entziehen, dass gerade die Verehrung des Überirdischen, Himmlischen zum Urbestand der Religion gehört. Manche nehmen daher mit A. Réville an, dem Animismus gehe ein gewisser

3. Naturkultus voraus, in welchem Naturmächte wie Himmel und Erde, Elemente u. dgl. verehrt werden. Oft nehmen dieselben für die menschliche Phantasie Tiergestalt an. Was letzteres anlangt, so ist auf einer gewissen Kindheitsstufe das, was den Menschen adelt, noch nicht mit klarem Bewusstsein durchschaut; das Tierische erscheint daher ebenso würdig, vielleicht noch geeigneter, die göttlichen Mächte darzustellen. Nur muss dabei nicht vergessen werden, dass diese Mächte doch überirdische sind und der Zoomorphismus in ihrer Vorstellung und Darstellung nur den naiven Mangel an Reflexion verrät. Dass die früheste Religionsstufe, welche die oben betrachteten Religionen erkennen lassen, die Gottheit in stark naturbefangener Weise darstellt, darin sind wir mit dieser Anschauung einverstanden. Nur so erklärt sich, dass in den meisten Fällen eine mehr oder weniger reiche Mythologie sich aus den Anfangsgründen entfaltete.

Allein einen wesentlichen Zug vermissen wir bei diesem primitiven Naturismus, wie er gewöhnlich dargestellt wird, nämlich die Koncentration des Göttlichen in der überirdischen Sphäre, im Him

Dies ist ein so durchgehender Zug bei den frühesten Vorstellungen, die wir erkennen können, dass er nirgends zufällig sein kann, sondern auf tieferen Gründen beruhen muss. Die früheste Fassung der Gottheit ist in der Regel einheitlicher und erhabener als die jüngeren Vorstellungen. Den Polytheismus, d. h. eine Menge von einander gleichberechtigten Göttern, kann man nicht an die Spitze der Entwicklung stellen; haben wir doch gesehen wie die Bildung solcher Götterkreise allenthalben, in Ägypten wie in Babylonien, bei den Germanen wie bei den Mexikanern etwas später eingetretenes ist, indem nämlich verschiedene Kultuskreise sich verschmelzen mussten, um zu einem solchen Pantheon zu führen und daneben auch ursprünglich untergeordnete Geister auf eine höhere Rangstufe emporgehoben wurden. Polytheismus kann man es noch nicht nennen, wenn wie z. B. im alten China die Ahnengeister reichliche Verehrung geniessen, doch so, dass man

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ihrer Unterordnung unter den Himmel", die oberste und eigentliche Gottheit, sich sehr wohl bewusst ist.

Man könnte sagen, wenn damit etwas erklärt wäre: Die Menschen zeigen in der frühesten erkennbaren Zeit wie auch vielfach späterhin trotz aller entgegenstehenden Neigungen einen instinktiven Drang das Göttliche einheitlich zu setzen und seine Erscheinung an das höchste zu knüpfen, was dem sinnlichen Auge sich darbietet, den Himmel, wobei bald mehr das Ganze des allumspannenden Gewölbes, bald mehr die daran herrschende Erscheinung der Sonne als die Verkörperung des überirdischen Wesens gilt, die aber in der Regel noch deutlich als das Auge der Gottheit von ihr selbst unterschieden wird. Der Himmelsgott kann eben deshalb in Menschengestalt, aber auch in Tiergestalt vorgestellt werden, welche letztere dem ungebildeten Urteil oft ebenso ehrwürdig oder gar noch ehrwürdiger erschien als die menschliche. Diese Verbindung der Gottheit schlechthin mit dem Himmel fanden wir bei den Chinesen und den turanischen Stämmen wie bei den Völkern der Indogermanen, bei den Negern Afrika's wie bei den Ozeaniern; die Sonne tritt bestimmter hervor in Ägypten, Peru und Südamerika. Bei den Semiten, wo die Gottheit abstrakter gefasst wird, ist jener Zug zur Einheit besonders stark; aber auch anderswo ist es das früheste Stadium, dass ein Stamm eine Gottheit verehrt; erst durch Vereinigung mehrerer Stämme zu einer Nation kommt es in der Regel zu einer Vielheit von Göttern.

Die früheste Auffassung der Gottheit, wie sie diese oben geschilderten Religionen erkennen lassen, ist aber wenn auch einheitlich und verhältnismässig erhaben, doch eine naturbefangene. Die Gottheit wird so innig mit dem Phänomen des Himmels oder der Sonne, oder des Windes, der den Himmel beseelt, zusammengeschaut und gedacht, dass sie leicht in solcher Besonderung verendlicht wird und eine Vervielfältigung eintritt. Monotheismus ist dieses Stadium darum nicht zu nennen, weil kein bewusster prinzipieller Gegensatz gegen eine mehrheitliche Fassung vorhanden ist. Richtiger nennt man es nach Schelling, F. Max Müller Henotheismus. Aus diesem kann, eben weil er noch nicht die innere Notwendigkeit der Einheit erkannt hat, leicht eine Mehrheit hervorgehen. Eine solche ist in der Regel daraus erwachsen. Der Himmelsgott verlangte zur Ergänzung etwa eine Göttin der Erde, der Sonnengott eine Göttin des Mondes, der Stammgott kam in Berührung mit einem anders benannten Doppelgänger, der eigentlich mit ihm identisch war, jetzt aber in seiner anders gearteten Ausprägung von ihm unabhängig schien. Je mehr die Vorstellung der Gottheit an einem Phänomen haftete und die Mythologie durch rege Phantasie ausgesponnen war, desto reicher gestaltete sich das Pantheon; ebenso vermehrte es sich durch politische Berührungen und Verschmelzungen; doch blieb nicht selten ein gewisses Bewusstsein davon, dass solche nebeneinander gestellten Götter im Grund dasselbe Wesen darstellen; daher sie wieder untereinander kombiniert wurden.

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Einen sprechenden Beweis von dem, was wir den Instinkt nannten, die Gottheit einheitlich zu verehren, ist die Erscheinung, welche man Kathenotheismus genannt hat (Max Müller). Im Rig-Veda, wo dieselbe besonders augenfällig sich darbot, werden zwar viele Götter angerufen; aber nicht nur sind diese Gottheiten noch im Fluss begriffen und gehen vielfach in einander über, sondern es wird auch bei der Anrufung einer solchen oft von allen andern abgesehen, als wären sie nicht vorhanden; wenigstens wird gerade diejenige, welcher die Anrufung gilt, so gepriesen als allmächtig, Schöpfer der Welt, u. s. f., dass für die andern kein Raum mehr bleibt, was nicht hindert, dass nachher wieder andere ebenso gefeiert werden. Da haben wir noch deutlich den Übergang von der Verehrung Eines Gottes zur Anbetung vieler vor Augen. Eigentlich ist es dieselbe Gottheit, die unter dem Anblick des Himmels, der Sonne, des Gewitters u. s. w. besungen wird. Erst mit der Zeit hat sich die einzelne Gottheit fixiert und wurde mit bestimmten Grenzen umschrieben, worauf sie natürlich der Ergänzung durch andere bedurfte. Jene Weise der Anrufung, die sich keineswegs bloss in Indien findet, ist aber noch eine Kundgebung des natürlichen Gefühls, das dem Menschen eingibt, Alles der Gottheit zuzutrauen und zuzuschreiben, d. h. sie einheitlich zu fassen.

Was wir aber Instinkt oder unmittelbares Gefühl nannten, das ist im Lichte der hl. Schrift und unseres christlichen Glaubens nichts anderes als die Selbstbezeugung Gottes am Gefühl wie auch am Intellekt und Gewissen aller Menschen, auch der Heiden 1). Verglichen mit dem wahren Gotte freilich, den uns die Bibel vom ersten Blatte an vor Augen stellt, ist jene henotheistische Gottheit der frühesten erkennbaren Zeit ein unsicheres, verschwommenes Abbild. Es mangelt ihr jene Erhabenheit über der Welt, welche den biblischen Gott auszeichnet; sie ist naturbefangen. Die Bibel kennt einen anfänglichen Zustand, wo der Mensch unmittelbar mit Gott verkehrte; aber in Folge der Sünde des Menschen wurde dieser aus dem Paradiese vertrieben; seitdem ist der Anblick Gottes für ihn tödlich. Das Heidentum weiss zwar auch von einer seligen Anfangszeit; aber das gegenwärtige Geschiedensein von der Gottheit ist dort weniger bewusst; der Mensch glaubt diese unmittelbar in der Natur zu schauen, zieht sie aber eben dadurch in die Natur herab und besitzt nur noch ein verzerrtes Schattenbild oder Schattenbilder vom wahren Gott. Wie der Apostel Röm. 1 es skizziert, verendlichte und versinnlichte man das Göttliche immer mehr, teils durch die Bildrede des Mythus, teils durch konkrete Bilder. Damit ging Hand in Hand eine sittliche Entartung der Religion und ihrer Bekenner. Dies setzt voraus, dass die uranfängliche Gottesvorstellung nicht ohne eine sittliche Würde und Autorität war. Dem wird nun allerdings von denen bestimmt

1) Röm. 1, 19 f.; Apostelg. 17, 27f.; Röm. 2, 14 f.

widersprochen, welche die niedrigsten Menschengruppen der Gegenwart als getreue Vertreter der Urmenschheit betrachten und behaupten, bei diesen fehle noch jeder Zusammenhang zwischen Religion und Sittlichkeit, beides sei erst auf einer weit höheren Stufe verbunden worden. Wir haben schon in der Einleitung (S. 4 f. 9 f.) nachgewiesen, dass jede Religion nach ihrem Wesen auch den Willen in Anspruch nimmt und die Lebenssitte bestimmt. Die Frage aber, vor welcher wir hier stehen, ist die, ob die früheste erkennbare Religion, die wir von der wissenschaftlich rein hypothetischen Urreligion wohl unterscheiden, einen im engern Sinn sittlichen Begriff mit der Gottheit verbunden habe. Hierüber lässt sich streiten. Allein es will doch wohl beachtet sein, dass jene nachgewiesene uralte Verehrung des Himmelgottes überall diese Verbindung aufweist. Dies ist nicht nur im Rig-Veda und Avesta, bei Griechen, Römern und Germanen, sondern auch in Afrika und Nordamerika recht augenscheinlich der Fall. Der allumspannende Himmel ist nicht bloss als die oberste allbeschirmende Macht den frühesten Geschlechtern, die wir bemerken können, erschienen, sondern auch als das Gewissen der Menschheit, genauer die Macht, welche dieses Gewissen weckt und seiner anklagenden Stimme Nachdruck verleiht 1). Je mehr aber diese Gottheit in die sichtbare Natur verflochten und zersplittert wurde, desto mehr verlor sich ihre sittliche Würde, und die Verehrung der ungeheiligten Naturmacht wirkte sogar entsittlichend zurück auf ihre Verehrer. Der tiefste Grund des Abirrens vom unsichtbaren Gott zum vergotteten Geschöpf war nach dem Apostel ein ethischer und der schlimmste Irrtum des Heidentums bleibt ein ethischer bei allen Fortschritten, welche Verstand und Kunst in der Erfassung des Göttlichen und der Ausgestaltung des Kultus machen mochten.

3. Verhältnis der Völkerreligionen zum Christentum.

Es wird in der Gegenwart oft versucht, diejenige Religion, welche man als die höchste anerkennt, die christliche auf dem Wege eines natürlichen genetischen Prozesses aus den niedrigeren Gebilden dieser Art abzuleiten. In Nachahmung der Naturgeschichte und -philosophie glaubt man auch auf religiösem Gebiete das Höchste durch den natürlichen Prozess der Evolution erklären zu können. Das religiöse Leben wäre dann ein Strom gewissermassen, der sich naturgemäss fortwährend läuterte und veredelte, ohne dass von aussen, von oben eine übermenschliche Macht eingriffe. Auch die religiösen Genie's, ein Mose, Buddha, Christus, wären nur strahlende Reflexe, welche dieser Strom im Vorübergehen erzeugte; die absolut wahre Erkenntnis Gottes hätte selbstverständlich keiner dieser leuchtenden Träger des religiösen

1) Röm. 2, 15.

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