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Erfüllung" die Synthesis von Hegel und Häckel.1) Nun sind freilich materialistischer und pantheistischer Monismus so wenig eins und dasselbe, wie Nordwind und Südwind. Gewiß, ein Orfan wirst Buden und Baracken um, ob er von Norden bläst oder von Süden, und so zerstört der Monismus, ob er Materialismus heißt oder Pantheismus, zunächst alle widerstandsunfähige Religion, weiterhin auch alle Möglichkeit einer socialpsychischen Einheit, die Möglichkeit einer gemeinsamen Weltanschauung. Nichtsdestoweniger, oder gerade deßhalb, versucht man immer wieder sie als eine höhere Einheit von Nordwind und Südwind darzustellen. Darum hat sich schon der Schulmeister und Erzphilister des Unglaubens, David Friedrich Strauß, energisch bemüht. Als der Windumschlag nach Norden definitiv eintrat, sprach er etwa wie folgt: Kindlein, liebet einander! Ihr Bläser von Norden und ihr Bläser von Süden – Brüder seid ihr, sage ich euch, Brüder und Zwillinge. Ich, der anerkannte Beweiser, beweise ench spielend, daß ihr in der nämlichen Richtung blaset. Schet da draußen in der Ebene die alte, baufällige Kirche. Der Nordwind stürmt dawider, als wollte er sie umwerfen, möge ihm bester Erfolg beschieden sein! Der Südwind erschüttert sie, daß das Gebälke erzittert und die Fundamente wanfen, wir wünschen gutes Gelingen! Der Nordwind ist wider die Kirche, auf den Einsturz der Kirche gerichtet, und ebenso der Südwind. Sagte ich euch nicht, sie hätten die

1) Vgl. Julius Hart: „Zukunftsland I. Der neue Gott"; nebst dem

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Bruder Heinrich" dem Freunde W. Völsche" gewidmet. Eugen

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Diederichs, Florenz und Leipzig 1899. Das Zukunftsland II, die neue Kunst, erscheint 1901"; „Zukunftsland III, die neue Erde, Erscheinungstermin noch unbestimmt". Mittlerweile erschienen im gleichen Verlag: „Heinrich Hart, Julius Hart. Vom höchsten Wissen, vom Leben im Licht. Das Reich der Erfüllung Flugschriste: Heft 1". 1900. „Heinrich Hart, Julius Hart, Gustav Landauer, Felix Holländer“: „Die neue Gemeinschaft Das Reich der Erfüllung. Flugschriften Heft 2". 1901.

gleiche Richtung, und bin ich nicht der große Beweiser! Noch einmal, monistische Kindlein, liebet einander."

Der Herr Vorredner hat mit Recht hervorgehoben, daß, was baufällig ist, im Sturm, woher immer er wehe, nicht Stand halten kann. Nun aber, wo die Philosophie, welche das socialpsychische Gemeingut und Erbgut, die religiöse Weltanschauung, bilden und bauen soll, in den weiten Tiefebenen und Flachländern der Bildungsmenschheit alle Weltanschauung störte und stürzte, spricht man inmitten eines Fortschritts ohnegleichen von Niedergang und Entartung, von Gedankenund Gefühlsanarchie. Kein Zweifel Sehnsucht nach Religion ist weit stärker vorhanden als vor einem Viertel-. jahrhundert. Zu dem Bewußtsein, daß Religion dahinschwand, dämmert das ergänzende Bewußtsein auf, daß ohne Religion, weder individuell noch social zu leben ist. Darum werden Surrogate auf den Markt geworfen, die vielfach klägliche Fragen sind; Secessionsgößen, neben denen Huigilopochtli sich wie ein Apoll vom Belvedere ausnimmt, und die uns zudem so conventionell als möglich vorgeführt werden: erlaube mir vorzustellen, der neueste Gott."

Religion verlieren ist nämlich unter Umständen leicht, Religion wiederzubekommen in allen Fällen schwer. Gilt das schon von dem sich selbst überlassenen Individuum, so gilt es in noch höherem Grade von den Menschen in Masse. Schaaren von jungen Leuten der Religionslosigkeit zuzuführen, ist für einen erfahrenen Heerdentreiber nicht schwierig, und der Religionslosigkeit in tiefen Schichten Massenverbreitung zu geben, nachgerade das ordinärste aller Geschäfte; sogar einer pöbelhaften Halbbildung gelingt das mit Leichtigkeit. Steinharte Unmöglichkeit aber ist es, irreligiösen Maffen Religion wiederzugeben. Denn erstens sterben Tausende darüber weg und dann ist es zu spät. Zweitens übersteigt das überhaupt menschliche Kräfte, sowohl die des genialsten Individuums, wie die der größten Arbeitsorganisation. Wir fürchten, der socialpsychische Nothstand dieser steinharten Un

möglichkeit werde auf dem XX. Jahrhundert empfindlich genug drücken und lasten.

Aber nicht alles, was führenden Geistern des XVIII. oder XIX. Jahrhunderts baufällig schien, war es wirklich. Am lautesten lärmten und am wildesten tobten die Cyclonen. des irreligiösen Zeitgeistes um die Zinnen und Mauern des Gottesbaues der Weltkirche. Weil da kein Stein wankte noch wich, haben die Winddämonen die Parole ausgegeben: Die in dem Gemäuer wohnen, sind Feinde des Lichtes, des Fortschritts, der Freiheit und der Cultur. Mitten im heulenden Sturm ist es schwer, auf große Entfernungen hin sich zu verständigen. Früher oder später muß die Einsicht aber doch aufgehen daß ungebeugter und ungebrochener Widerstand in solchen Umständen höchste Bewährung siegreicher Kraft ist.

Vor einem Jahre hielt der gegenwärtige Rektor der Berliner Universität, Professor A. Harnack, vielbesuchte Vorlesungen für Studenten aller Fakultäten, die in der Buchausgabe den Titel führen: „Das Wesen des Christenthums". Großes und berechtigtes Aufsehen fand in katholischen Kreisen der Satz: „Die römische Kirche ist das umfaffendste und gewaltigste, das complicirteste und doch am meisten einheitliche Gebilde, welches die Geschichte, so weit wir sie kennen, hervorgebracht hat." Auch das unmittelbar Folgende ist zu beachten: „Alle Kräfte des menschlichen Geistes und der Seele und alle elementaren Kräfte, über welche die Menschheit verfügt, haben an diesem Baue gearbeitet.“ 1) Es dünkt uns eine sinngemäße Paraphrase dieser monumentalen Säße, wenn wir so sagen: Von dem hohen Standpunkt heutiger Geschichtskenntniß aus erscheint die römisch-katholische Kirche als ein religiös-sociales Gebilde von so umfassender Anlage, so gewaltiger Wucht unerschütterter Fortexistenz, so erstaunlicher Vielfältigkeit ununterbrochener, social geordneter Arbeitsleistung, dabei von so vollendeter Einheit des Stiles,

1) A. a. D. 153.

in ihrer historischen Entwicklung und in ihrem gegenwärtigen Bestand, wie es kein religiöses oder sociales Gebilde jemals gegeben hat. Wir kennen ihre historische Entwicklung und können die nächsten Ursachen bezeichnen, welche sie hervorgebracht haben. Es sind die nämlichen, welche als Triebkräfte in jeder socialen Entwicklung sich vorfinden: individuellpsychische und collektivpsychische; d. h. erstens, große Individuen, mit ihrer ganzen Seele und ihrem ganzen Leben; zweitens, das Princip der getheilten und vereinten Arbeit.

Es widerstrebt uns auch nur der Anschein, als wollten wir Säße ohne weiteres in einem Sinne ausbeuten, der ihrem Urheber fern lag: deßhalb sei ausdrücklich gesagt, daß der Verfasser im römischen Katholicismus als „äußerer Kirche“ einen grundsäglichen Widerspruch gegen das Evangelium sicht.1)

Lösen wir aber die oben citirten Worte aus den Zusammenhängen aktueller Polemik, betrachten wir den klaren Sinn, den sie haben, aus der Ferue historischer Betrachtung, so drängt sich die nachstehende Erwägung auf. Im Berlin Friedrichs des Großen sind, vier Menschenalter nach ihm, diese Säße vom unbestrittenen Führer und Fürsten protestantisch theologischer Forschung gesprochen worden. Aber noch vor hundert Jahren hätte auch das größte Genie und der größte Gelehrte, auf protestantischem Standpunkt stehend, nicht so zu reden vermocht. Friedrich selbst hat dem katholicismus immer wieder kläglichen Untergang vorhergesagt; oft und nachdrücklich sprach er vom „Bankbruch“, „schwindendem Zauber", fortschreitendem „Einsturz“; gab Recepte für die Beschleunigung dieses Vorgangs. Um die vorlegte Jahrhundertwende wäre eine Charakterisirung des Katholicismus, wie die durch Harnack, an solcher Stelle unseres Erachtens einfach unmöglich gewesen. Es haben sich demnach die Zeiten gründlich geändert. So dichte Wolkenknäuel hatte

1) A. a. D. 165.

die Aufklärung zusammengeschrieben und zusammengetrieben, daß der Gottesban der Weltkirche wie von dunklen Nebeln bedeckt war. Jahrzehnt um Jahrzehnt erfolgten Gewitterentladungen, und unsausgesett tobten die Stürme, deren oben gedacht wurde. Es findet sich, daß die Luft erheblich geklärt ist. Der Riesenbau tritt in voller Klarheit hervor, so daß jeder ihn sehen muß, wie immer er darüber denken mag.

Es findet sich ferner, daß der Katholicismus in ganz wesentlichen Dingen nicht bloß sich in siegreicherer Defensive behauptete, sondern in lebensvoller, fortschreitender Entfaltung begriffen ist und einer neuen Welt profaner Cultur sich ebensowohl anzupassen vermag, wie er es immer zu thun verstand. Nie hat der Begriff der Katholicität, der Weltkirche vollere Verwirklichung gefunden, als in diesem Jahrhundert; kaum jemals ist die Einheit dergestalt allen zum Bewußtsein gekommen und ward so vielfach bethätigt. In reger, christlicher Arbeitsfreude hat private Initiative hundertfältige Arbeitsorganisationen geschaffen, und dennoch erlitt die sociale Einheit dabei keine Einbuße, erfuhr vielmehr Steigerung. Und trotzdem die weltweite, säculare Majestät der Weltkirche schon etwas historisch Einziges ist, wird die Schönheit ihres Anblicks dadurch zumal vollendet, daß nichts stilvoll ist wie der Katholicismus. Seine sociale Erscheinung dünft uns vollkommener Einklang von Autorität und Freiheit, sein Lehrsystem vollkommener Einklang von Wissen und Glauben, von Geist und Gemüth, seine historische Entwicklung vollkommener Einklang von Continuität und Fortschritt. An dieser historischen Entwicklung, an der Ausgestaltung des Lehrsystems, an der socialen Verkörperung haben griechischer und römischer, romanischer und germanischer Geist gearbeitet, ohne daß die Sonderart der Werkmeister, ohne daß die mannigfachen Cultureinflüsse, ohne daß die Entlehnungen und Anpassungen jemals die Einheit des Baustils der Weltkirche getrübt hätten; - den Einklang von Autorität und Freiheit, von Glauben und Wissen, von Continuität und von Fortschritt.

Feldkirch im Vorarlberg.

Robert v. Nostip-Rienec S. J.

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