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Noch ein Beispiel aus den Stimmen und Gestalten":

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„Die Stadt liegt noch im Werktagsrauche

Und spiegelt trüb im Fluß sich ab,
Da tönt uralt mit sanftem Hauche
Der Sonntagsgruß vom Thurm herab.

Des Erzes weitgetragne Stimmen
Erschallen in den reinen Höhn,
Die Sterne fangen an zu glimmen

Und fromm verstummet das Getön.“

(Thurm-Choral.)

Mit der Natur ist das ihr entstammte Volkslied unzertrennbar geeint. Seine Eigenart, vorab die süße, zarte, träumerische Melancholie der Erotif, deren Reinheit wir mitten in dem schwülen Dunste einer in chnischen Nacktheiten schwelgenden abtrünnigen Kunst mit fast ungläubigem Staunen auf uns wirken lassen, hat Greif, diese anima candida mit ihren hellen Augen, erfaßt, wie faum einer zuvor. Als rechte Singvogelnatur sucht er nicht nach packenden Motiven und blizenden Pointen, ihm sind die alten, verpönten, abgedroschenen Stoffe gerade neu genug; aber freilich, er weiß sie auch mit einem Dufte zu umkleiden, daß sie uns ankommen wie Gedanken, die wir nie zuvor gehegt, die aber ein unbestimmtes Erinnern in sich bergen und gerade mit diesem leisen Widerstreite unser Herz gefangen nehmen.

Und nun ein fleiner Vergleich mit dem verwöhnten Liebling des deutschen Parnasses von heute, Detlev von Liliencron, auch von Natur und Volkslied groß gezogen. Er liegt um so näher, als dieser die Sprachweise älterer Lyrik, wie sie bei Greif sich findet, mit Aufbietung seines ganzen Sarkasmus lächerlich gemacht hat.') Das ist so recht moderne Arroganz, das bischen Gute sich selbst

1) Auf Meyer's Glossen über Greif's Reimtechnik gehen wir, ohne ihnen die Berechtigung ganz abzusprechen, nicht ein; für einen ordentlichen Greifkenner fallen sie so ziemlich in nichts zusammen.

zuzuschreiben und das Alte, so man es kennt, zu verläugnen, als ob man so ohne weiteres als fertiger Apoll wie ein Meteor in die Menschheit hereingeschneit worden wäre. Also die Hand auf's Herz! wenn Liliencron singt:

„Brauner dunkelt längst die Heide,

Blätter zittern durch die Luft,

Und es liegen Wald und Weide
Unbewegt in blauem Duft;

wo hat er eine solche prächtige Kunst gelernt, oder wenigsteus, wo findet sie sich in ihrer ganzen Vollkommenheit schon lange vor ihm? Ja, nehmen wir einmal eine jener föstlichen. Momentphotographien, die den ganzen Liliencron wiederspiegeln, den bekannten „Viererzug“:

„Vorn vier nickende Pferdeköpfe,

Neben mir zwei blonde Mädchenzöpfe,
Hinten der Groom mit wichtigen Mienen,
An den Rädern Gebell.

In den Dörfern windstillen Lebens Genüge,
Auf den Feldern fleißige Spaten und Pflüge,

Alles das von der Sonne beschienen

So hell, so hell!

Das ist ein Kunstwerk fürwahr, man ist mit Recht darüber in Entzückung gerathen. Aber die Hand auf's Herz, war das Eigenständige darin, abgesehen von der persönlichen Kraft des Niederdeutschen, so ganz neu, so gar noch nie dagewesen? Uns dünkt, es steckt viel Greif in solch' knappen. Vierzeilern; ja gewiß, es steckt viel, sehr viel Greif in der neuen deutschen rein gestimmten Naturbildlyrik, in Busse, Falke, Bethge. Es ist das Verdienst der „Dichterstimmen“ (1897, Dr. Gustav A. Müller),1) auf den Gestalter des Naturbildes als katholischen Dichter wieder aufmerksam.

1) Als Mitarbeiter dieser Zeitschrift (1909, S. 4) steuerte Greif das liebliche Bildchen Der Weiler im Hochgebirge" bei.

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gemacht zu haben, denn lange war er seinen Glaubensgenossen fremd, was in der ersten Veremundus-Broschüre einen Anhaltspunkt zu ernster Rüge der katholischen Theilnahmslosigkeit an den allgemeinen künstlerischen Bestrebungen der Nation" bildete. Muth's und Müller's vorwurfsvolles Warum? ist leicht zu beantworten, wenn man den ganzen Greif gelesen hat. In seinem „Nachruf an einen Naturfreund" verherrlicht er die Feuerbestattung des Dr. Karl Spandau (Gotha 1880). Die katholische Kirche hat bekanntlich die Leichenverbrennung „sub gravi“ verboten, zwar erst 1886, aber das Gedicht steht noch in der Gesammtausgabe von 1895. Daß es sich in der nächsten, hoffentlich recht bald nothwendigen Auflage nicht mehr finden. wird, davon sind wir fest überzeugt. Dieses kleine Poem dürfte jedoch nicht so schwer in die Wagschale fallen, wie die frei rhythmische, schwungvolle Hymne „Zu Bismarc's siebzigstem Geburtstag" und unter mehreren anderen künstlerischen Gaben zum 80jährigen „Wiegenfest des Allverehrten", vor allem sein 1895 erschienenes, dem „großen nationalen Helden" gewidmetes Festspiel „Das erste Blatt zum Heldenkranz“, das in mehr als einem Dußend größerer Städte damals aufgeführt wurde. Ueber seine Stellung zur nationalliberalen Partei gab Frey in der Bismarckumfrage der

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Gegenwart" [herausgegeben von Theophil Zolling, Nr. 14, 1895] deutlichen Aufschluß. Der eiserne Mann von Friedrichsruh schläft in der Erde und so viele Wunden er uns auch geschlagen hat, Zeit und Kunst verharschen und vernarben sie wieder; man wird die Mittel seiner Politik vergessen wir reden hier nicht von der richtenden Geschichte und nur noch das einige Deutschland, sein großes Werk vor Augen haben. Gerade als Schöpfer des neuen Deutschen Reiches, das nun einmal als ein gewaltiges Resultat dasteht, hat ihn auch Greif gepriesen. Heute verstehen wir das eher und können es ihm nicht mehr so zum Vorwurf machen, wie in jenen Tagen des Kampfes

128 Kreuz- und Querzüge durch die neuere katholische Poesie.

um die heiligen Güter der katholischen Religion. Genügt diese Antwort auf das mehrfache: „Warum?"

Einen Lyriker, der den großen Frühling seines Herzens in Tausenden duftiger Blumensterne über den fahlen Werktag unserer mittelschlächtigen Zeit selbstlos und liebevoll ausgeschüttet, kann man nicht auf ein paar Seiten würdigen, selbst wenn man, wie wir, nur das besonders Charakteristische eines Theiles seiner Lieder zum Gegenstande der Besprechung macht; über jedes kleine Kunstwerk seiner Leier könnte man Commentare schreiben. Wir wollten kein Gesammtbild geben, sondern nur kränkende Angriffe neuesten Datums von einem Dichter abwehren, in dessen Liedern der deutsche Ernst und das deutsche Gemüth nächst Goethe) den reinsten künstlerischen Ausdruck gewonnen haben. Greif's Wunsch ist daher auch der unsrige:

Beuron.

„Nicht des Alters Last Natur
Sollst du deinem Freund ersparen,
Eine Gunst gewähr' ihm nur,
Wenn er werth, sie zu erfahren.

Sorge, daß ein Liedertraum
Bis zulezt sein Haupt umflieget,
Wann im Mai der Fliederbaum
Sich verjüngt in Blüthen wieget."

P. Ansgar Pöllmann O. S. B.

1) Mit seinem großen Vorbilde ist Frey laut eigener Mittheilung (Litterarisches Echo, 1899, Heft 22 Goethe und unsere Zeit“) durch lebhafte Familientradition verbunden. In der „Widmung“ „Am Schönberg in Tirol“ hat er ihm in drei kleinen Strophen, Greifstrophen wie sie im Buche stehen“, ein werthvolleres Denkmal gejeßt, als sie auf den deutschen Promenaden in schmußiger Bronze zu stehen pflegen.

XII.

Der dritte Band von A. Baumgartuer's Weltliteratur.

(Das klassische Alterthum.)

Mit dem dritten Bande seiner Geschichte der Weltliteratur1) betritt P. A. Baumgartner nunmehr den europäischen Boden. Hatten die ersten zwei Bände, die Literaturen Westasiens und der Nilländer und die Indiens und Ostasiens behandelnd, das groß angelegte Werk glänzend inaugurirt, so stellt sich ihnen der neu erschienene dritte bezüglich der Bearbeitung ebenbürtig zur Seite, überragt sie aber noch an Bedeutsamkeit und allgemeinem Interesse seines Inhalts.

Er führt ja den literarischen Werdegang jener beiden Völker vor, deren Schriftwerke für die formale Bildung aller christlichen Völker des Morgen- und Abendlandes grundlegend geworden und bis heute geblieben sind. Er spricht daher naturgemäß die Aufmerksamkeit aller Gebildeten an, jener zumal, die selbst durch die Schule der Alten gegangen sind und eine „klassische Bildung“ genossen haben; für sie ist hier eine einladende Gelegenheit, unter Begleitung eines so gelehrten wie geistreichen Führers eine Wanderung durch die antike Welt und die geistigen Werkstätten ihrer Meister zu

1) Alexander Baumgartner S. J., Die griechische und lateinische Literatur des klassischen Alterthums. (Geschichte der Weltliteratur, Band III, Lieferung 17-23.) Freiburg i/B., Herder'sche Verlagsbuchhandlung 1900, XII und 595 S., 8° (Preis: Mt. 8.40). Hiftor.-volit. Blätter CXXVII 2. (1901.)

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