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Choral klassisch genannt werden könne? ob nicht auch er in Rom üblich gewesen wie die Polyphonie? früher und länger als sie? ob der alte Choral vielleicht weniger den Forderungen entspricht, welche die Kirche im liturgischen Gesang erfüllt sehen will? Päpste, Concilien, Bischöfe haben ihn mit Lobsprüchen geehrt. Ihr Urtheil wurde nicht „diskreditirt“, als die Ritencongregation vor 30 Jahren eine gekürzte Version empfahl. Ebenso bleibt die Entscheidung der Congregation in Ehren, wenn wir den Liebling der alten Kirche, den alten Choral auf eine Linie stellen mit den viel jüngeren „Alten“ des polyphonen Stils und selbst dann noch, wenn wir mit vielen Freunden firchlicher Kunst wünschen, die römische Behörde möchte in dieser Angelegenheit zur Anschauung der alten Kirche zurückkehren..

(Ein zweiter Artikel folgt.)

XXI.

Zeitläufe.

Rußland und die Mächte in China.

Den 24. Januar 1901.

Eines der bedeutendsten Organe der großkapitalistischen Aera hat zum Neujahr geschrieben: „Die mächtigen Schöpfungen des Nationalgeistes haben sich in ungeahnter Fülle entwickelt, und es gibt keinen genügsamen Bestand der großen Staatsgebilde mehr außer in der fortwährenden Erneuerung der politischen und wirthschaftlichen Kraft durch coloniale Verwerthung des Ueberschusses mittelst des überseeischen Handels und Verkehrs. Und indem die Concurrenz sich begegnet, stoßen neue Mächte zusammen. Das ist die Histor. polit Blätter CXXVII. 3. (1901)

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Signatur der Zeit und das Ende des neunzehnten und der Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.“ 1)

So ist das alte Spanien von seiner ehrwürdigen Vergangenheit herabgestürzt, und erwarten die Goldländer in Südafrika den blutigen Abschluß des grausamen Vernichtungs- und Ausrottungskrieges. Die neuen Weltmächte werden in erster Reihe Rußland und Nordamerika seyn, welche sich schon bei den Verhandlungen der Mächte in Peking im Wetteifer durch Hervorrufen von Schwierigkeiten ausgezeichnet haben. Ob auch das Deutsche Reich in ihrer Mitte erscheinen wird, steht dahin. Vor Monaten hat allerdings sogar in England noch die Meinung bestanden, daß es zur Erneuerung des Dreibunds von 1895, Rußland, Frankreich und Deutschland, kommen dürfte.2) Aber mit diesem Dreibund, und mit der Beraubung Japans um die Früchte seines Sieges, hat man doch auch in Berlin keine guten Geschäfte gemacht, was sich jezt mehr und mehr offenbart.

Wenn die ganze Mandschurei jezt russisch wird, so ist dieß der Bündelei gegen Japan zu verdanken. Ueberhaupt wäre das ganze unsagbare Elend, welches über China hereingebrochen ist, vermieden worden, wenn die russische Hinterlist nicht von westeuropäischen Mächten blindlings unterstüt worden wäre. Bekanntlich haben die Mächte in ihren Friedensvorschlägen verlangt, daß der Kaiser von China für die Ermordung des deutschen Gesandten an dessen Hof in Berlin Abbitte leisten lasse, und zu dieser Sendung ist im Anfang des Monats angeblich der Prinz Tschun, der Bruder des Kaisers, ernannt worden. Nach einer Mittheilung aus Washington erklärte der Prinz unter Anderem:

Die Friedensfrage müsse auch vom chinesischen Gesichtspunkte aus betrachtet werden. Doch schienen die Fremden.

1) Wiener Neue freie Presse“ vom 1. Januar d. Js. 2) Mr. Colquhoun in London s. Münchener „Allg. Zeitung“ vom 25. August 1900.

das nicht zu thun. China erhebe Einspruch gegen die verlangten beständigen Gesandtschaftswachen und wolle diese nur als zeitweilige Maßregel zulassen, weil sie nicht nothwendig seien. Die Boxerbewegung sei eine rein patriotische. Die fremden Nationen hätten viele Jahre hindurch Handelsprivilegien erbeten und seien, nachdem sie diese erhalten hätten, durch den in Folge dessen erzielten Gewinn reich geworden. Sie hätten China unvortheilhafte Verträge aufgezwungen, unter der Drohung, im Weigerungsfalle die besten Theile des Landes wegzunehmen. Das chinesische Volk wurde nach und nach durch den Verlust Wei-hai-wei's, Port Arthurs und anderer Gebiete aufgeregt. Bei allen orientalischen Völkern könnten ähnliche Aufstände von Zeit zu Zeit vorkommen. Die Chinesen seien das friedlichste Boll der Erde. Aehnliche Wirren, wie die legten, würden wahrscheinlich Jahrhunderte lang nicht wiederkehren. China glaube, der Kaiser sei den Fremden freundlich gesinnt, die Kaiserin-Wittwe habe keine unbeschränkte Macht, wenn sie auch natürlicher Weise einflußreich sei". 1)

Unmittelbar vorher war die Nachricht aus St. Petersburg gekommen, daß ein Abkommen zwischen Rußland und China abgeschlossen sei wegen der Anerkennung der russischen Oberherrschaft in der Mandschurei, insbesondere wegen des Protektorates in der Provinz Fengtien (Mukden), mit der Abtretung des Vertragshafens Niutschwang und der einer englischen Gesellschaft gehörigen Bahnlinie bis Schanhaikwan. Gleichzeitig verlautete, daß Rußland auf eine Entschädigung verzichte und dafür die Verpachtung der Halbinsel Liaotung mit Port Arthur verlange. Die Mandschurei ist größer als ganz Desterreich und Liaotung wäre der Siegespreis Japans gewesen. Rußland kann vorerst zufrieden seyn. Das Blatt des vielgenannten Berathers des Czaren, Fürst Uchtomsky, aber schreibt den ganzen Verlauf der Krisis der deutschen Einmischung mit Kiautschou zu:

1) Aus Peking s. Münchener „Allg. Zeitung“ vom 13. Januar Vgl. Histor.polit. Blätter". 1900. Band 126.

d. Js.

S. 292 ff.

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Seit jenem unglücklichen Tage, wo die Deutschen unter dem Vorwande der Sühne für die Missionäre das übrigens wenig werthvolle Kiau-tschou nahmen, wurde faktisch die Integritä: des Himmlischen Reiches mehr als zweifelhaft. Die unglückliche Zentralregierung sah sich in die Nothwendigkeit verseßt, in neue territoriale Concessionen, in jegliche neue Demüthigungen einzuwilligen. Im Resultat hat der Wirrwarr, welchen an der chinesischen Küste der deutsche Diplomat Baron Heyfing eingerührt hat, schon jezt das Blut von Hunderten gekostet und wird leider noch weitere Opfer fordern. Der an und für sich gleichgültige Urheber der großen Nöthe ist in dem Augenblick der Bezahlung für die alten Sünden schon nicht mehr in Peking. Aber wie schwer ist es zu wissen, daß sich fremder Irrthümer wegen das Leben von noch vielen Russen in Gefahr befindet!" 1)

Vorerst steht der unberechenbare Gewinn Rußlands fest. Allerdings fehlt es nicht an Vorwänden und Verdeckungen von Seite Rußlands. Eine Oberherrschaft und Protektorat: das sei noch keine Einverleibung, im Civil würden die Mandschuren nach wie vor von Chinesen regiert und verwaltet. Aber es wird gehen, wie es von Anfang an auf der anderen Seite ergangen ist. „Als man in Berlin und Frankreich zur

für das Zusammengehen mit Rußland energischen Vertretung der russischen Forderungen in Tokyo sich entschied, versicherten unsere Officiösen, daß die wirthschaftlichen Erwägungen und Interessen nunmehr hinter den hochpolitischen zurücktreten müßten."2) Freilich hat gerade Rußland entschieden seine Uneigennütigkeit unter den Mächten betont, und geltend gemacht, daß es die erste Macht gewesen sei, welche als Grundlage ihrer chinesischen Politik die Aufrechthaltung der Integrität des Himmlischen Reichs angenommen habe." So war es nicht verwunderlich, daß

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1) Aus der „Wedomosti" s. Münchener Allg. Zeitung" vom 29. Juni 1900.

2) Münchener Allg. Zeitung" vom 31. Juli 1895.

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selbst französische Stimmen über den Wortbruch stußig wurden.1) Am 1. September v. I. hatte der russische Regierungsbote noch feierlich erklärt, „irgendwelche selbstsüchtige Pläne seien der kaiserlichen Regierung ferne; sobald in der Mandschurei die dauernde Ordnung wieder hergestellt seyn wird, werde auch das Nachbarreich Rußland nicht ermangeln, seine Truppen zurückzuziehen, vorausgeseßt, daß die Handlungsweise anderer Mächte dem nicht im Wege stehen wird.)

So ist es nicht zu verwundern, daß auch im Deutschen. Reiche sich die Frage erhob: was wird von da aus geschehen? Die Antwort wird voraussichtlich lauten: Deutschland hat keine Interessen in der Mandschurei. Indeß hatte selbst das conservative Hauptblatt in Berlin dem nicht ganz beigestimmt: „Auch die moralische Bedeutung der endgültigen Aneignung der Mandschurei für Rußland darf nicht außer Acht gelassen werden. Sie wird das an's Wunderbare grenzende Ansehen, das der ‚Weiße Czar' schon jetzt bei den meisten Völkern Asiens genießt, noch beträchtlich verstärken und besonders in Ostasien die dort schon vorherrschende Meinung, daß keine Macht, auch England nicht, Rußland am siegreichen Vordringen nach Süden hindern könne, weiter verbreiten und befestigen."3)

Wie sehr das Ziel der Russen grundsäglich darauf hinausging, sich bei den Chinesen, und auch bei den Boxern nebst ihren hohen Gönnern, lieb' Kind zu machen, offenbarte bereits die Anfangs September befannt gewordene und unter den Mächten der alten Welt Bestürzung erregende Entschließung Rußlands, Peking zu räumen. Die Note erhielt zwar einen Commentar, der Wasser in den Wein schüttete,

der Zweck, das Compliment für den chinesischen Hof

1) Wochenblatt der „Frankfurter Zeitung" vom 11. Jan. d. Js. 2) „Kölnische Volkszeitung“ vom 9. Januar d. Is. 3) Berliner „Kreuzzeitung“ vom 13. Dezember 1900.

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